JudikaturJustizOBm1/10

OBm1/10 – OPMS Entscheidung

Entscheidung
22. September 2010

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. SCHENK als Vorsitzende, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. PILZ, Dr. PRÜCKNER und Dr. JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. GÖRNER als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma   F *****, Schweiz, vertreten durch die Herren Patentanwälte Dr. Paul N. TORGGLER, Dr. Stephan HOFINGER, Dr. Markus GANGL, Wilhelm-Greil-Straße 16, 6020 Innsbruck, wegen Zuerkennung des Schutzes für Österreich für die Marke Nr 896 202, über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 28. Jänner 2010, GZ Bm 56/2008-1, womit die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung Internationales Markenwesen des Österreichischen Patentamtes vom 13. Oktober 2008, GZ IR 1477/2007-3, abgewiesen und der angefochtene Beschluss bestätigt wurde, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

G r ü n d e :

Die Antragstellerin ist Inhaberin der internationalen Marke Nr 896 202 „MARKANT“, die mit Priorität 1. März 2006 für die Waren „Bodenbeläge“ („Revêtements de sols“) in Klasse 27 registriert wurde.

Mit Beschluss vom 13. Oktober 2008 verweigerte die Rechtsabteilung Internationales Markenwesen des Österreichischen Patentamtes der am 30. August 2006 beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf hinterlegten Marke den Schutz in Österreich.

Der Schutzzulassung stehe die fehlende Unterscheidungskraft im Sinne von § 4 Abs 1 Z 3 MSchG entgegen.

Das Wort MARKANT werde in Zusammenhang mit den so bezeichneten Waren der Klasse 27 (Bodenbeläge) von den beteiligten Verkehrskreisen als allgemeiner Hinweis auf die Ausgestaltung der Waren erkannt, dass nämlich die so bezeichneten Waren besonders stark ausgeprägt seien. Weiters werde angemerkt, dass – entgegen der Meinung der Vertreter der Markeninhaberin – das Wort MARKANT in Zusammenhang mit Bodenbelägen aller Art (Laminatböden, Teppichböden usw) ein gängiger und oft verwendeter Begriff sei, was mit einigen Internet-Fundstellen deutscher bzw Schweizer Herkunft zu belegen sei.

Mit ihrer am 9. Dezember 2008 eingebrachten Beschwerde beantragte die Antragstellerin, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Antragstellung abzuändern.

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes wies die Beschwerde ab. Aus der Begründung ist zusammenfassend Folgendes hervorzuheben:

Marken könnten nach § 1 MSchG alle Zeichen sein, die geeignet seien, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Gemäß § 4 Abs 1 MSchG seien Zeichen von der Registrierung als Marke ausgeschlossen die keine Unterscheidungskraft haben (Z 3) bzw ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können (Z 4). Nach der Rechtsprechung des EuGH (zu den gleichlautenden Bestimmungen der MarkenRL bzw der GMV) und der dieser folgenden des VwGH (Zl 2005/04/0022) sei jedes der beiden genannten Eintragungshindernisse von dem anderen unabhängig und getrennt zu prüfen. Dabei gebe es aber eine offensichtliche Überschneidung der jeweiligen Anwendungsbereiche. Ob ein Zeichen Unterscheidungskraft habe oder eine beschreibende Angabe sei, hänge von der Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise ab, für Bodenbeläge der Klasse 27 also von Innenausstattern, Handwerkern, Bauunternehmen und von Endkonsumenten. Hier komme es auf das Verständnis eines verständigen Endverbrauchers an, weil der Begriff „Markant“ kein Fachbegriff sondern ein solcher der Alltagssprache sei. Im Duden fänden sich zum Adjektiv „markant“ die Eintragungen „auffallend; eigenartig; stark ausgeprägte Merkmale habend“. Die Online-Bibliothek „dictionary.sensa-gent.com“ führe hinsichtlich des Zeichens „Markant“ folgende Synonyme an:

„auffallend, augenfällig, charakteristisch, einprägsam, frappant, krass, offenbar, scharf umrissen, schreiend, unübersehbar, wesenseigen“. Die Rechtsfrage sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu lösen. Unter „markanten“ Bodenbelägen verstünden die Verkehrskreise Bodenbeläge mit einer charakteristischen, einprägsamen, stark ausgeprägten, auffallenden und zumeist kontrastreichen Oberflächenausgestaltung. Der Rüge der Antragstellerin, dass die von der ersten Instanz ausgeführten ausländischen Internetseiten (aus Deutschland und Schweiz) für das vorliegende Verfahren nicht relevant seien, sei entgegenzuhalten, dass es sich bei „Markant“ um keinen Fachbegriff handle und dieser Begriff auch keine wissenschaftliche Bedeutung habe, sondern dass dessen Bedeutung aus der allgemeinen Lebenserfahrung abgeleitet werden könne, weshalb die Bedeutung des Eigenschaftsworts im Bezug auf Bodenbeläge eine allgemein bekannte Tatsache darstelle. Beim Eintragungshindernis des insoweit mit § 4 Abs 1 Z 3 MSchG übereinstimmenden Art 3 lit b der MarkenRL sei nach der Rechtsprechung des EuGH darauf abzustellen, dass die Hauptfunktion der Marke darin bestehe, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermögliche, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Der Begriff „Markant“ im Bezug auf Bodenbeläge bezeichne solche mit charakteristischen, einprägsamen, stark ausgeprägten, auffallenden und zumeist kontrastreichen Oberflächenausgestaltungen. Die Verkehrskreise würden also darunter weder neutrale noch charakterarme Bodenbeläge verstehen. Der Begriff beschreibe eine auffällige und charakteristische Eigenschaft, ohne die konkrete Eigenschaft präzise zu nennen. Für den Verbraucher handle es sich um eine werbemäßige Anpreisung dahin, dass die Beläge besonders einprägsam ausgestaltet wurden, nicht aber um ein Unternehmenskennzeichen.

Eine Verkehrsgeltung ihrer internationalen Marke (§ 4 Abs 2 MSchG) habe die Antragstellerin weder behauptet noch nachgewiesen.

Mit ihrer Beschwerde beantragte die Antragstellerin die Aufhebung (richtig: Abänderung) dahin, dass ihre internationalen Marke der beantragte Schutz in Österreich gewährt werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin steht zunächst auf den Standpunkt, der von der Rechtsmittelabteilung angenommene Sachverhalt, der Begriff „Markant“ werde üblicherweise bei der Vermarktung von „Bodenbelägen“ verwendet und von den Verkehrskreisen lediglich als werbemäßige Anpreisung verstanden, sei keine allgemein bekannte Tatsache und hätte daher nachgewiesen werden müssen. Dabei sei der nationale (österreichische) Verkehrskreis maßgeblich. Es seien nur deutsche und Schweizer Internetseiten zitiert worden, auf die es nach der Rechtsprechung des VwGH (Zl 2005/04/0022) nicht ankomme. Schließlich dürfe eine fehlende Unterscheidungskraft im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG nicht mit dem beschreibenden Aussagegehalt einer Bezeichnung begründet werden. Zu diesem Rechtsmittelvorbringen ist Folgendes auszuführen:

1. Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (4 Ob 139/02y). Ob ein Zeichen zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren im Verkehr allgemein gebräuchlich ist, ist eine Rechtsfrage, wenn zu deren Beurteilung die allgemeine Lebenserfahrung des Richters oder dessen Fachwissen ausreicht (RIS-Justitz RS0043658). Es ist aber immer dann eine Tatfrage, wenn dies nicht der Fall ist (4 Ob 38/03x). Diese Judikatur weicht dennoch nicht von der von der Rechtsmittelwerberin zitierten Entscheidung des EuGH (C-273/05 – Celltech) ab. Dass schon nach allgemeiner Lebenserfahrung auch in Österreich der Begriff „Markant“ bei Werbung und Verkauf von Bodenbelägen verwendet und vom angesprochenen Kundenkreis nur als Warenhinweis verstanden wird, ist keine Fehlbeurteilung. Es ist daher – auch wenn es entscheidend auf die österreichischen Verkehrskreise ankommt – nicht entscheidungswesentlich, dass die Vorinstanzen sich zur Stützung ihrer Ansicht über die Zeichenverwendung und das Verständnis darüber nur auf deutsche und Schweizer Internetseiten beriefen. Letztere könnten hier immerhin als Indiz für ähnlich Marktverhältnisse in Österreich gewertet werden. Der Hinweis der Rechtsmittelwerberin auf die Entscheidung des VwGH vom 18. Oktober 2006 (Zl 2005/04/0022) belegt nur die dort ausgesprochene Möglichkeit „dass eine Marke wegen sprachlicher, kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten in einem Mitgliedstaat ohne Unterscheidungskraft ist, in einem anderen Mitgliedstaat aber nicht“. Derartige, insbesondere sprachliche Unterschiede liegen jedoch im Vergleich mit Deutschland keinesfalls vor, sodass den bekämpften ausländischen Belegstellen nicht a priori jede Bedeutung für den österreichischen Markt abgesprochen werden kann. Darauf kommt es aber im Hinblick darauf, dass schon nach allgemeiner Lebenserfahrung vom bekämpften Verbraucherverständnis auch in Österreich auszugehen ist, nicht entscheidend an.

2. Die Eintragungshindernisse gemäß § 4 Abs 1 Z 3 und 4 MSchG stimmen mit jenen des Art 3 Abs 1 lit b und lit c der MarkenRL und des Art 7 Abs 1 lit b und c der Verordnung des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (GMV) überein. Daher ist die Rechtsprechung des EuGH zur MarkenRL und zur GMV von Bedeutung und kann wegen der gebotenen gemeinschaftskonformen Interpretation zur Auslegung der Bestimmungen des MSchG herangezogen werden. Es ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH zwischen den beiden Eintragungshindernissen zu unterscheiden und diese getrennt zu prüfen sind (C-37/03P). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin führt diese Prüfung aber zur Bestätigung der Ansicht über eine fehlende Unterscheidungskraft:

Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der mit der Marke gekennzeichneten Ware zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht diese Ware ohne Verwechslungsgefahr von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden. Unterscheidungskraft im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften ist die einer Marke innewohnende konkrete Eigenschaft, vom geschäftlichen Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren gegenüber denjenigen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (Om 7/07-2 mwN). Das Zeichen muss als individualisierender Hinweis auf ein konkretes Unternehmen erkannt werden können. Wenn der Durchschnittsverbraucher aber den Begriff „Markant“ im Bezug auf Bodenbeläge nur als – wenn auch nicht präzisen – Hinweis auf eine Wareneigenschaft auffasst und keine Aussage zur Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen erkennt (PBl 2002, 97), fehlt die dargelegte Unterscheidungskraft. Der Beschwerde ist daher nicht Folge zu geben.

Rechtssätze
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