JudikaturJustizDs7/14

Ds7/14 – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
26. November 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Greller als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Bott und DI Dr.Luger, im Beisein der Richteramtsanwärterin MMaga.Grabner als Schriftführerin, in der Dienststrafsache gegen die Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft ***** Mag a .T*****, nach am 26.November 2015 durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Ersten Oberstaatsanwaltes Mag.Kloibhofer als Disziplinaranwalt und der Disziplinarbeschuldigten sowie ihres Verteidigers Dr.Norbert Kollerics, Rechtsanwalt in Graz, zu Recht erkannt:

Spruch

Mag a .T ***** ist

schuldig,

sie hat als Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft ***** im Zeitraum 2009 bis 25.August 2014 dadurch, dass sie

A) zwischen 2009 und 2014

1. in den von ihr zu bearbeitenden Strafsachen ***** UT *****/11i (= ***** St *****/13z), ***** St *****/08y, ***** St *****/10k, ***** St *****/09t, ***** St *****/08x, ***** BAZ *****/08i, ***** UT *****/12h, ***** St *****/10k, ***** St *****/13h, ***** St *****/11m, ***** St *****/13z und ***** St *****/12a, je der Staatsanwaltschaft *****, teils unvertretbare Bearbeitungsverzögerungen (in der Dauer von bis zu zweieinhalb Jahren) bewirkte, teils gänzlich untätig blieb,

2. in Bezug auf die von ihr zu bearbeitenden Strafsachen ***** UT *****/11i (= ***** St *****/13z), ***** St *****/09t, ***** St *****/13h, ***** St *****/11m, ***** St *****/13z und ***** St *****/12a, je der Staatsanwaltschaft *****, ausdrückliche Anordnungen der Dienststellen– und Gruppenleitung ignorierte,

3. auf von der Dienstbehörde sowie der Dienststellen- und Gruppenleitung (insbesondere per Telefon und per Mail bzw schriftlich) wiederholt lancierte dienstliche Kontaktaufnahmeversuche nicht reagierte bzw im Dienst wiederholt nicht erreichbar war,

4. im Jänner 2014 die ordnungsgemäße Meldung über die Rückkehr in den Dienst nach einem Krankenstand gegenüber der Dienststellenleitung unterließ,

B) im Zeitraum 9.Jänner bis 29.Juli 2014 in der von ihr zu bearbeitenden Strafsache ***** St *****/13t der Staatsanwaltschaft ***** untätig blieb,

C) zwischen Juni 2012 und Sommer 2014 in der von ihr zu bearbeitenden Strafsache ***** St *****/12v der Staatsanwaltschaft ***** die gebotenen Ermittlungsschritte gegen den des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB bezichtigten K***** H***** sowie gegen mehrere, im zu ***** Hv *****/*****f des Landesgerichtes ***** abgeführten und mit rechtskräftigem Urteil vom 13.Juni 2012 abgeschlossenen Hauptverfahren ausgesagt habende Zeugen wegen des Verdachtes der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB bis 29.Juli 2014 unterließ,

die in § 57 Abs 1, 2 und 3 RStDG normierten Pflichten, sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, die Pflichten ihres Amtes gewissenhaft zu erfüllen, die ihr übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen, den dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten Folge zu leisten und dabei die ihr anvertrauten Interessen des Dienstes nach bestem Wissen und Können wahrzunehmen, sowie sich im Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihres Berufsstandes nicht gefährdet wird, verletzt.

Sie hat hiedurch ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG begangen.

Über sie wird hiefür gemäß § 104 Abs 1 RStDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von zwei Monatsbezügen verhängt.

Gemäß § 137 Abs 2 zweiter Satz RStDG hat die Disziplinarbeschuldigte die mit EUR 1.000,00 bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Hingegen wird Mag a .T***** vom weiteren Vorwurf, sie habe

1. von Oktober 2009 bis November 2010 in der von ihr zu bearbeitenden Strafsache ***** UT *****/09a der Staatsanwaltschaft ***** eine Bearbeitungsverzögerung bewirkt,

2. ab 23.Juli 2014 in der von ihr zu bearbeitenden, mit einem Dringlichkeitsvermerk gekennzeichneten Strafsache ***** UT *****/14k der Staatsanwaltschaft ***** ohne Vornahme der dringend gebotenen Erledigung das zugehörige Tagebuch lediglich mit dem Hinweis „Vertretungsbereitschaft (eingelangt nach meinem Urlaubsantritt)“ versehen,

freigesprochen .

Text

GRÜNDE:

Der seit 1.Jänner 2006 als Staatsanwältin tätigen und bei der Staatsanwaltschaft ***** ernannten Disziplinarbeschuldigten wurde mit Disziplinaranzeige des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft ***** vom 24.März 2014 (ON 1) und dessen Nachtragsanzeigen vom 13.August 2014 (ON 23) und vom 15.Oktober 2014 (ON 36) die aus dem Urteilsspruch ersichtlichen Dienstpflichtverletzungen angelastet. Nach der im Rahmen der Disziplinaruntersuchung durchgeführten Vernehmung der Disziplinarbeschuldigten (zur Anzeige ON 1) durch den Untersuchungskommissär (ON 10, AS 1ff), Einholung von Befund und Gutachten des psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen ao. Univ.-Prof. Dr.Peter Hofmann vom 7.Oktober 2014 (ON 32) und Beischaffung der zu den obangeführten Aktenzeichen geführten Akten und Tagebüchern wurde die Strafsache mit Verweisungsbeschluss des Disziplinargerichtes vom 5.März 2015 (ON 58) zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

In dieser gestand die Disziplinarbeschuldigte – wie bereits in ihrer obangeführten Vernehmung – den angezeigten objektiven Sachverhalt in praktisch allen Punkten als zutreffend ein, verwies allerdings in Übereinstimmung mit der psychiatrisch-neurologischen Expertise auf ihre seit zumindest 2007 bestehende psychische Erkrankung und eine bei ihr dadurch eingetretene Blockade insofern, als diese sie an der Bearbeitung der genannten Strafsachen gehindert habe. Ihre sich mit der Zeit verstärkt habende Depression sei auch ursächlich dafür gewesen, dass sie Anordnungen ihrer Vorgesetzten nicht befolgt und auch auf deren Kontaktaufnahmeversuche mit ihr schließlich überhaupt nicht mehr reagiert habe.

Zur Person der Disziplinarbeschuldigten:

Die am ***** geborene Disziplinarbeschuldigte legte am 6.März 2002 die Richteramtsprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg ab. Sie wurde mit 1.Februar 2003 zur Richterin ernannt, war in der Folge an mehreren Gerichten im Raum ***** und im ***** insbesondere in Strafsachen tätig und bewarb sich anschließend auf die Stelle einer Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft *****, die sie seit 1.Jänner 2006 inne hat. Sie war durchwegs in einer Abteilung für Jugendstrafsachen und Strafsachen junger Erwachsener, in der zu einem geringeren Teil auch allgemeine Strafsachen zu bearbeiten waren, tätig. Der Anfall in ihrem Referat entsprach jenem in den anderen Referaten der Behörde. Das kriminalistische Element ihrer Tätigkeit gefiel ihr schon immer und forderte sie. Seit ihrer Ernennung zur Richterin identifizierte sie sich primär über ihre an sechs bis sieben Tagen der Woche ausgeübte berufliche Tätigkeit. Etwa 2005 scheiterte eine mehr als fünfjährige Beziehung zu einem Mann. Die Disziplinarbeschuldigte ist kinderlos und ledig. Sie zog sich in der Folge im Privatleben und auch beruflich immer mehr zurück. Bereits 2007 begab sie sich wegen Schlafstörungen, Erschöpfungszuständen, Konzentrationsschwächen erstmals in Behandlung, wobei sie bei Dr.B***** einer praktischen Ärztin, die sie auch mit Cipralex psychopharmakologisch behandelte, eine einjährige Psychotherapie absolvierte. In diese Zeit fiel auch ein durch jene Symptome bedingter zweiwöchiger Krankenstand. Nach cirka einjähriger Behandlung brach sie die Therapie wegen Erfolglosigkeit ab, ohne dass sich ihr Zustand in der Folge besserte. Vielmehr verstärkten sich die Symptome, sodass sie am 2.November 2010 neuerlich einen etwa zweieinhalbmonatigen Krankenstand antrat. Bei Dr.F*****, Allgemeinmedizinerin und Psychotherapeutin, absolvierte sie ab 29.Oktober 2010 eine psychotherapeutische Behandlung, in der sie Citalopram erhielt, und eine systemische Familientherapie in Form einer einmaligen Sitzung pro Woche. Die Behandlung brach sie neuerlich ab. Ihre depressive Störung in den Jahren 2007 bis 2010 erreichte – mit Ausnahme jener beiden Krankenstände – nie einen mit Arbeitsunfähigkeit einhergehenden Schweregrad. Wohl war seit September 2009 bei ihr eine partielle Dienstunfähigkeit, die allerdings durch eine professionellere Therapie bei einem Facharzt behoben hätte werden können, gegeben.

Nachdem die Disziplinarbeschuldigte am 20.Oktober 2010 bei der Leiterin der Staatsanwaltschaft *****, die sie auf in ihrem Referat im Jahr 2009 entstandene Bearbeitungsverzögerungen ansprach, unter Tränen erklärte, sie stünde am Rande eines „Burnout“ und „könne manchmal Akten nicht angreifen“, wurde die Disziplinarbeschuldigte im Auftrag der Oberstaatsanwaltschaft ***** von ao. Univ.-Prof.Dr.Peter Hofmann, der eine chronische Depression im Sinne einer Dysthymie samt Zustand nach schwerer depressiver Episode konstatierte und die oberwähnte krankheitsbedingte partielle Dienstunfähigkeit der Disziplinarbeschuldigten annahm (Gutachten vom 18.März 2011 – ON 2), exploriert. Die Dienstbehörde schlug hierauf ein „Coaching“ bei einem externen Coach vor, das die Disziplinarbeschuldigte auch einige Zeit in Anspruch nahm und dessen Kosten der Bund zumindest mitfinanzierte. Ungeachtet des nach Abbruch der erfolglos gebliebenen Behandlung bei Dr.F***** im Juli 2013 erstmals bei einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, nämlich Dr.H*****, die auch Psychotherapeutin ist, begonnenen Behandlung, die die Disziplinarbeschuldigte für erfolgversprechend hielt, verschlechterte sich ihr Zustand auch in der Folge. Sie zog sich beruflich immer mehr zurück, nachdem ab Anfang Februar 2013 über ihren Wunsch ihre regelmäßige Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt worden war. Auch im Privatbereich entglitten ihr einfache Verrichtungen. Ohne finanziellen Grund traten Wohnungsmietzinsrückstände ein. Wegen offener Telefongebühren wurde das private Festnetztelefon gesperrt. Die Disziplinarbeschuldigte hielt privat nur mehr mit ihrer Mutter Kontakt. Nach einem vierwöchigen Urlaub vom 24.Juli bis 22.August 2014 trat sie am 25.August 2014 einen Krankenstand an, der weiterhin andauert.

Mit 16.Juli 2014 war die Disziplinarbeschuldigte im Auftrag des Disziplinargerichtes wiederum von ao. Univ.-Prof.Dr.Peter Hofmann exploriert worden, wobei sie sich als dienstfähig erachtete, jedoch konzedierte, dass sich ihre psychischen Probleme trotz andauernder Therapie bei Dr.H***** unter Einnahme von 10 mg Cipralex täglich nicht gebessert hätten. Der Sachverständige kam hierauf in seinem schriftlichen Gutachten vom 7.Oktober 2014 zum Ergebnis, dass bei der Disziplinarbeschuldigten eine mittelgradige bis schwere depressive Episode vorliege, wobei nicht mehr das dysthyme Element einer niedrig ausgeprägten Depression im Vordergrund stehe, sondern es mittlerweile zum Vollbild einer dauerhaft vorliegenden mittel- bis höhergradigen Depression gekommen sei. Als Therapie sei ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik mit deutlich verstärkter pharmakologischer Therapie samt einem anschließenden psychiatrischen Rehabilitationsverfahren von Nöten (ON 32).

Am 9.September 2014 regte die Oberstaatsanwaltschaft ***** aufgrund der dem letztgenannten Gutachten entnommenen Problematik eine Sachwalterbestellung bei der Disziplinarbeschuldigten an. Im Sachwalterschaftsverfahren ***** des BG ***** wurde die Mutter der Disziplinarbeschuldigten zur einstweiligen Sachwalterin und zur Verfahrenssachwalterin bestellt. Mit Beschluss vom 13.Juli 2015 konnte, weil die Disziplinarbeschuldigte im Rahmen des Familienverbandes ausreichend unterstützt und versorgt werde, das Sachwalterverfahren betreffend die Disziplinarbeschuldigte eingestellt werden.

Mit 27.Oktober 2014 trat die Disziplinarbeschuldigte einen fünfmonatigen stationären Aufenthalt an der Klinik für Psychiatrie des ***** an, dem im Mai/Juni 2015 eine ambulante Rehabilitation im Zentrum für seelische Gesundheit ***** folgte.

Mit 6.Mai 2015 erließ die Oberstaatsanwaltschaft ***** einen Bescheid, mit dem die Disziplinarbeschuldigte gemäß § 14 Abs 1 und 2 BDG iVm § 206 RStDG in den Ruhestand versetzt wurde. Über Beschwerde der Disziplinarbeschuldigten wurde von der Dienstbehörde mit Bescheid vom 11.Juni 2015 im Wege einer Beschwerdevorentscheidung der angefochtene Bescheid vom 6.Mai 2015 aufgehoben (ON 63, 64).

Nach der zuletzt vorgenommenen Begutachtung bei der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter vom 5.November 2015 sind trotz einer deutlichen Besserung des psychischen Zustandsbildes der Disziplinarbeschuldigten aufgrund ihrer eingeschränkten psychischen Belastbarkeit, bei der nur ein durchschnittlicher Zeitdruck verkraftbar und nur eine durchschnittliche Belastbarkeit zumutbar ist, die Erfordernisse für eine Tätigkeit der Disziplinarbeschuldigten als Staatsanwältin derzeit (weiterhin) nicht gegeben, weswegen die Weiterführung der regelmäßigen Behandlungen durch den Facharzt für Psychiatrie/Neurologie Dr.B***** und beim klinischen Psychologen Dr.D***** geboten ist, ehe in etwa einem halben Jahr der Zustand neuerlich geprüft werden müsse.

Zur Sache:

Zu ***** UT *****/11i, fortgesetzt zu ***** St *****/13z je der StA *****:

Am 8.April 2011 langte bei der Staatsanwaltschaft ***** eine Anzeige des Opfers gegen einen unbekannten Täter wegen beharrlicher Verfolgung nach § 107a StGB ein. Am 29.April 2011 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den unbekannten Täter aus rechtlichen Gründen gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt. Auf den Fortführungsantrag des Opfers vom 13.Mai 2011 wurde von der Disziplinarbeschuldigten als zuständiger Referentin nicht reagiert. Das Opfer gab vielmehr am 13.September 2011 ***** als möglichen Täter bekannt. Am 27.Dezember 2011 begehrte das Opfer durch seinen Rechtsvertreter schriftlich Akteneinsicht, wobei selbiges Begehren telefonisch wiederholt wurde, ohne dass das weiterhin Verfolgungshandlungen ausgesetzte Opfer den von seinem Vertreter erbetenen Termin für eine Akteneinsicht mitgeteilt bekam. Wegen dieser Verweigerung der Akteneinsicht erhob das Opfer am 30.Dezember 2011 Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß § 106 StPO. Einspruch und Fortführungsantrag blieben durch die Disziplinarbeschuldigte unbearbeitet, ehe im April 2012 der zwischenzeitig jedenfalls nach dem 19.Mai 2011 in Verstoß geratene Akt rekonstruiert, von der Disziplinarbeschuldigten am 10.August 2012 eine negative Stellungnahme zum Fortführungsantrag abgegeben und der Akt dem Landesgericht ***** vorgelegt wurde. Dieses gab am 14.November 2012 dem Fortführungsantrag statt. Nach noch im November 2012 erfolgtem Rücklangen des Aktes blieb die Disziplinarbeschuldigte weiterhin säumig, weswegen die für die Disziplinarbeschuldigte zuständige Gruppenleiterin Dr.T***** am 15.Jänner 2013 einen Erhebungsauftrag an die Polizei erteilen und eine Rufdatenrückerfassung beim Ermittlungsrichter beantragen musste, die am 17.Jänner 2013 auch bewilligt und in der Folge von der Anklagebehörde angeordnet wurde. Zumal der Akt in der Folge wiederum in Verstoß geriet und ein weiteres Mal rekonstruiert werden musste, bearbeitete die Disziplinarbeschuldigte den im Februar 2013 einlangenden Abschlussbericht der Kriminalpolizei (neuerlich) nicht, weswegen ihr von der Behördenleiterin am 15.April 2013 die schriftliche Weisung erteilt wurde, die Strafsache zu erledigen und zum Einspruch wegen Rechtsverletzung Stellung zu nehmen. Dieser Weisung entsprach die Disziplinarbeschuldigte vorerst nicht, ehe am 24.Juni 2013 das nunmehr gegen den bekannten Beschuldigten zu ***** St *****/*****z der Staatsanwaltschaft ***** fortgesetzte Ermittlungsverfahren am selben Tag von der Beschuldigten gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt wurde. Der am 27.Juni 2013 vom Opfer gestellte Antrag auf Übermittlung einer Einstellungsbegründung wurde von der Disziplinarbeschuldigten wiederum nicht erledigt, was eine Dienstaufsichtsbeschwerde des Opfervertreters und den Auftrag der Leiterin der Staatsanwaltschaft ***** vom 13.August 2013 an die Disziplinarbeschuldigte, diese Begründung zu erstellen sowie zum Säumnisvorwurf Stellung zu nehmen, zur Folge hatte. Den Auftrag der Gruppenleiterin an die Disziplinarbeschuldigte, den Akt bis 23.August 2013 zu bearbeiten, erfüllte die Disziplinarbeschuldigte, die den Akt bis 26.August 2013 unbearbeitet auf ihrem Tisch liegen ließ, nicht. Infolge weiterhin gegebener Säumnis der Disziplinarbeschuldigte erstattete schließlich die Gruppenleiterin Dr.***** am 26.August 2013 die Einstellungsbegründung sowie eine Stellungnahme zum Einspruch vom 30.Dezember 2011. Der Einspruch wurde schließlich von der zuständigen Ermittlungsrichterin am 1.Oktober 2013 mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Ermittlungsverfahren zwischenzeitig beendet worden sei. Zwischenzeitig ist der Ermittlungsakt, dessen wesentliche Bestandteile aus dem VJ-Register jederzeit ausgedruckt hätten werden können, wiederum, und zwar zum dritten Mal in Verstoß geraten, wobei nicht festgestellt werden kann, dass die Disziplinarbeschuldigte ursächlich für irgendeinen Fall der Nichtauffindung des Aktes gewesen ist. Einer umgehenden Erledigung der unterbliebenen Maßnahmen nach ev. Aktenrekonstruktion wären zu keiner Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegengestanden.

Zu ***** St *****/08y der StA *****, nunmehr ***** Hv *****/08w des LG *****:

Gegen den mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ***** vom 26.November 2007 wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2, 3 und 4 Z 3 SMG Angeklagten war infolge dessen Unauffindbarkeit die Hauptverhandlung nicht durchführbar, weswegen der Akt in das Referat der Disziplinarbeschuldigten übertragen und von dieser zu ***** St *****/08y seit 3.Juli 2008 zu bearbeiten war. Nach inländischer Ausschreibung zur Festnahme wurde der Angeklagte am 22.August 2008 in Dänemark, wo er sich seit 3.März 2008 in Untersuchungshaft befand, zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Disziplinarbeschuldigte beantragte hierauf am 7.August 2009 bei Gericht die Erlassung eines Europäischen Haftbefehles und die Erwirkung der Übergabe aus Dänemark, woraufhin das Gericht den Akt am 4.September 2009 mit dem Bemerken rückübermittelte, dass ein Europäischer Haftbefehl von der Anklagebehörde zu erlassen sei. Die Disziplinarbeschuldigte ließ ungeachtet dessen den Akt unbearbeitet, ehe sie über Intervention der Behördenleiterin am 21.Oktober 2010 den Europäischen Haftbefehl, der hierauf am 10.Dezember 2010 vom Gericht bewilligt wurde, erließ, wobei mangels rechtlicher oder tatsächlicher Problematik keinerlei Hindernis für eine unverzügliche Erlassung des europäischen Haftbefehles vorlag.

Zu ***** St *****/10k der StA *****:

Im am 9.Mai 2010 im Referat der Disziplinarbeschuldigten angefallenen Akt, laut dem das Opfer, ein Imam einer tschetschenischen Moschee, einer versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB durch einen bekannten Beschuldigten ausgesetzt gewesen sein soll, langte der Zwischenbericht des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vom 16.August 2010 ein, mit dem eine Rufdatenrückerfassung für den Zeitraum 1.März bis 31.Mai 2010 angeregt wurde. Die Disziplinarbeschuldigte unterließ in der Folge die Bearbeitung dieses Aktes, sodass eventuell weitere belastende Ermittlungsergebnisse hiedurch nicht zu erlangen waren und am 19.November 2010 die Einstellung des Verfahrens aus Beweisgründen gemäß § 190 Z 2 StPO stattfand. Einer unmittelbaren Erledigung des Ersuchens der Kriminalpolizei hätten weder rechtliche noch tatsächliche Schwierigkeiten entgegengestanden.

Zu ***** St *****/09t der StA *****:

Im Referat der Disziplinarbeschuldigten fiel dieser Akt, in dem mehreren Beschuldigten das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB vorgeworfen wurde, am 14.Oktober 2008 an. Die Disziplinarbeschuldigte ließ den Akt ohne ersichtlichen Grund bis zum Antritt ihres erwähnten zweieinhalbmonatigen Krankenstandes am 2.November 2010 unbearbeitet, weswegen ihre Gruppenleiterin in der Folge am 15.November 2010 hinsichtlich der Mehrzahl der Beschuldigten das Verfahren aus Beweisgründen nach § 190 Z 2 StPO einstellte, das Verfahren hinsichtlich eines verbleibenden bekannten Beschuldigten allerdings nach Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung abbrach. Schon am 4.Juli 2011 fiel bei der Staatsanwaltschaft *****

*****

St *****/11z ein Ermittlungsverfahren gegen sieben andere Beschuldigte wegen Vermögens-, Urkunds- und Amtsmissbrauchsdelikten an. Es wurde im Wege der ***** am 21.Juli 2011 gemäß § 28a Abs 2 (idF BGBl I Nr. 142/2009) der zuständigen Staatsanwaltschaft *****, in der der Akt zu ***** St *****/11g eingetragen wurde, übertragen. Ohne erkennbaren Konnex wurde der Akt am 1.August 2011 zum von der Disziplinarbeschuldigten geführten Verfahren ***** St *****/09t der Staatsanwaltschaft ***** übermittelt. Die Disziplinarbeschuldigte unterließ die gebotene registermäßige Erfassung bzw eine diesbezügliche Ermittlungstätigkeit vor und nach ihrem obgenannten Krankenstand ebenso wie die Bearbeitung des am 1.März 2013 bei der Staatsanwaltschaft ***** zu ***** St ***** anhängig gemachten Ermittlungsverfahrens gegen mehrere Beschuldigte, darunter den von obiger Abbrechung betroffenen Beschuldigten wegen verschiedener Gewaltdelikte, das am 4.April 2013 zuständigkeitshalber zur Einbeziehung in das von der Disziplinarbeschuldigten geführte Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft ***** übermittelt wurde. Anlässlich einer Einschau im Dienstzimmer der Disziplinarbeschuldigten wurden die genannten Akten von der Gruppenleiterin am 1.Dezember 2013 unerledigt vorgefunden. Die Gruppenleiterin erteilte der Disziplinarbeschuldigten hierauf den im Tagebuch vermerkten Auftrag, den Akt bis 20.Dezember 2013 zu bearbeiten, wobei die Disziplinarbeschuldigte auch diesen Auftrag ignorierte und der Akt auch in der Folge unerledigt blieb, ehe die Gruppenleiterin am 17.Jänner 2014 konkrete Aufträge an die Disziplinarbeschuldigte erteilte und die Behördenleiterin informierte, die der Disziplinarbeschuldigten eine Bearbeitung bis Ende März 2014 auftrug. Gegen den von der obgenannten Abbrechung betroffenen Beschuldigten wurde am 28.Jänner 2014 der von der Disziplinarbeschuldigten verfasste Strafantrag wegen der teils versuchten Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 87 Abs 1, 15 StGB eingebracht. Das diesbezügliche Hauptverfahren wurde neuerlich zur Ausschreibung des Angeklagten zur Aufenthaltsermittlung abgebrochen. Einer sachgerechten früheren Erledigung der unterbliebenen Maßnahmen seitens der Disziplinarbeschuldigten standen keine Hindernisse im Wege.

Zu ***** UT *****/09a der StA *****:

Das Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Täter wegen beharrlicher Verfolgung des Opfers gemäß § 107a StGB wurde von der Disziplinarbeschuldigten ab 6.Oktober 2009 geführt. Schon im Anlassbericht der Bundespolizeidirektion *****, *****, vom 5.Oktober 2009 wie auch im Zwischenbericht jener Dienststelle vom 11.März 2010 wurde eine Rufdatenrückerfassung samt Stammdatenauskunft des zur Tat offensichtlich benutzten Wertkartenhandys von der Kriminalpolizei beantragt. Wie bei Anzeigen gegen unbekannte Täter üblich, wurde registermäßig bereits am 6.Oktober 2009 im Tagebuch die Abbrechung des Verfahrens gegen unbekannte Täter vermerkt. Nicht festgestellt werden kann, dass das Tagebuch samt kriminalpolizeilichem Anlassbericht je der Disziplinarbeschuldigten als zuständiger Referentin vorgelegt wurde. Am 10.Mai 2010 war das Originaltagebuch nicht mehr auffindbar. Es wurde ein Ersatztagebuch angelegt und mit den kriminalpolizeilichen Berichten vorgelegt. Infolge Verstreichens des für Verrechnungszwecke erforderlichen Speicherdauer bei der erstmaligen Vorlage des Aktes an die Gruppenleiterin am 11.Mai 2010 wurde von der Anordnung der Erteilung der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung abgesehen und nach Einholung einer weiteren Auskunft des Opfers, in der dieses erklärte, seit Mitte Jänner 2010 nicht mehr belästigt worden zu sein, das Verfahren von der Gruppenleiterin am 8.November 2010 gemäß § 197 StPO abgebrochen. Nicht festgestellt werden kann, dass ein Verhalten der Disziplinarbeschuldigten für die obangeführte Unauffindbarkeit der Akten(-teile) ursächlich war.

Zu ***** St *****/08x der StA *****:

In diesem seit 30.September 2008 anhängigen Ermittlungsverfahren gegen vorerst einen und in der Folge nachgetragene weitere Beschuldigte wegen schweren gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127ff StGB traf die Disziplinarbeschuldigte als zuständige Referentin ab Mitte März 2010 und der zu diesem Zeitpunkt vorgenommenen teilweisen Ausscheidung des Verfahrens gegen einzelne Beschuldigte und nach Teileinstellung aus Beweisgründen gemäß § 190 Z 2 StPO hinsichtlich verbliebener Beschuldigter sowie der diversionellen Erledigung hinsichtlich eines weiteren Beschuldigten mit Ausnahme der Beischaffung einer Lichtbildmappe vom Bezirksgericht ***** keinerlei Verfügung. Mit 26.November 2009 war der Ermittlungsakt gegen zwei unbekannte Täter wegen Einbruchsdiebstahles nach §§ 127, 129 StGB zur gemeinsamen Führung mit dem Akt ***** St *****/08x der Staatsanwaltschaft ***** an die Disziplinarbeschuldigte übermittelt worden. Im einbezogenen Akt regte die Kriminalpolizei eine Rufdatenrückerfassung mit Standortbestimmung zur Klärung der Frage, ob einer der 14 Beschuldigten im Verfahren ***** St *****/08x der Staatsanwaltschaft ***** geführten Beschuldigten eines mehrfachen Einbruchsdiebstahles in Garderobenkästchen eines Standbades überführt werden könne, zumal er immerhin zwei der dort gestohlenen Gestände zumindest verhehlt habe, an. Die Disziplinarbeschuldigte unterließ auch diesbezüglich eine entsprechende Antragstellung auf Bewilligung einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung bis zu Beginn ihres Krankenstandes mit 2.November 2010, sodass sie wegen Ablaufes der (sechsmonatigen) Speicherdauer beim Telekommunikationsunternehmen anlässlich der vertretungsweise durch die Gruppenleiterin vorgenommenen weiteren Bearbeitung am 15.Dezember 2010 nicht mehr nachgeholt werden konnte. In der Folge wurde das diesen Beschuldigten betreffende Verfahren zu ***** St *****/11h der StA ***** ausgeschieden. In diesem Verfahren wurde – wie erwähnt – von der Disziplinarbeschuldigten (offenbar während ihres Krankenstandes) die Anklage vom 2.Dezember 2011 verfasst, die dem Angeklagten jene Badekästcheneinbrüche, hinsichtlich derer eine Teileinstellung erging, nicht mehr anlastete. Für die Bearbeitungsverzögerung bzw das Unterbleiben der genannten Antragstellung beim Ermittlungsrichter gab es keine sachlichen oder rechtlichen Ursachen.

Zu ***** BAZ *****/08i der StA *****:

Der am 11.Februar 2008 angelegte Ermittlungsakt fußt auf mehreren Anzeigen gegen fünf Beschuldigte wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. Gegen zwei Beschuldigte wurde das Verfahren sogleich aus Beweisgründen gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, hinsichtlich eines weiteren unbekannten Beschuldigten wurde das Verfahren abgebrochen. Am 13.März 2008 stellte der Privatbeteiligte den Antrag auf Fortführung des Verfahrens gegen die erstgenannten beiden Beschuldigten, ehe hinsichtlich eines vom Privatbeteiligten namhaft gemachten weiteren Beschuldigten durch einen Kollegen der Disziplinarbeschuldigten weitere kriminalpolizeiliche Ermittlungen initiiert wurden und schließlich am 4.August 2009 ein Abschlussbericht des Stadtpolizeikommandos *****, Polizeiinspektion *****, bei der Staatsanwaltschaft einlangte. In der Folge wurde spätestens mit 22.Dezember 2009 die Disziplinarbeschuldigte mit der Bearbeitung des Aktes betraut. Sie ließ den Akt vorerst bis 27.April 2010 ohne sachliche oder rechtliche Rechtfertigung unbearbeitet, ehe sie das Verfahren hinsichtlich eines der beiden erstgenannten Beschuldigten wiederum gemäß § 190 Z 2 StPO einstellte und hinsichtlich des dritten Beschuldigten wiederaufnahm und neuerlich abbrach, ehe eine weitere Kollegin der Disziplinarbeschuldigten die weitere Bearbeitung des Ermittlungsaktes wegen der am 8.November 2007 begangenen Straftat übernahm und letztlich am 3.Mai 2010 auch hinsichtlich der restlichen Beschuldigten eine Einstellung gemäß § 190 Z 2 StPO vornahm.

Zu ***** UT *****/12h der StA *****:

Das von der Disziplinarbeschuldigten zu bearbeitende Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB zum Nachteil eines zwischenzeitig verstorbenen Opfers, dessen Nichte durch ihren Rechtsvertreter Strafanzeige erstattete und sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anschloss, wurde unmittelbar nach Einlangen der Anzeige am 12.Jänner 2012 abgebrochen. Einen Monat später begehrte der Privatbeteiligtenvertreter Akteneinsicht, wobei er diesen Antrag am 28.Februar 2012 wiederholte und mangels Gewährung von Akteneinsicht schließlich am 13.März 2012 deswegen einen Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß § 106 StPO erhob. Wegen der seit Erstantragstellung gegebenen Untätigkeit der Disziplinarbeschuldigten, die ebenso wie die folgenden Bearbeitungsverzögerungen weder sachlich noch rechtlich begründet waren, urgierte er am 28.März 2012 die Vorlage des Einspruches an das Gericht, ohne dass die Disziplinarbeschuldigte hierauf reagierte, sodass der Privatbeteiligtenvertreter bei der Leitenden Staatsanwältin urgierte und hingewiesen wurde, dass diese die Disziplinarbeschuldigte mit der Erledigung der Sache unmittelbar nach deren Urlaubsrückkehr (Urlaub vom 10. bis 25.Mai 2012) beauftragt hatte. Weitere Kontaktaufnahmeversuche des Privatbeteiligtenvertreters mit der Disziplinarbeschuldigten per Telefon bzw per E-Mail blieben erfolglos, ehe die Disziplinarbeschuldigte am 9.August 2012 die schon in der Anzeige angeregte Fachverbandsabfrage nach §§ 109 Z 3 lit a, 116 Abs 1 StPO anordnete, gerichtlich bewilligen ließ und der Kriminalpolizei zur Durchführung übermittelte sowie schließlich am 23.August 2012 dem Privatbeteiligtenvertreter Akteneinsicht gewährte. Erst am 4.April 2013 nahm die Disziplinarbeschuldigte zum Einspruch wegen Rechtsverletzung Stellung und übermittelte den Akt samt den bei ihr im September 2012 eingelangten Beschwerden der Fachverbände der Ermittlungsrichterin, die die Beschwerden dem Beschwerdegericht vorlegte, das den Beschwerden am 24.April 2013 Folge gab und die Anträge der Anklagebehörde abwies. Die Ermittlungsrichterin gab ferner am 17.Mai 2013 dem Einspruch wegen Rechtsverletzung Folge und stellte eine Gesetzesverletzung durch die nicht (bzw verspätet) gewährte Akteneinsicht fest. Schließlich wurde das Ermittlungsverfahren am 7.September 2013 (neuerlich) gemäß § 197 StPO abgebrochen. Auch im gegenständlichen Fall gerieten Ermittlungsakt samt Tagebuch im November 2012 und im Jänner 2013 in Verstoß, sodass sie über Intervention der Gruppenleiterin und nach Rücksprache des Ersten Staatsanwaltes Dr.F***** mit der Disziplinarbeschuldigten zweimal rekonstruiert werden mussten, was auch jeweils binnen weniger Tage geschah. Wegen der genannten Unauffindbarkeiten des Aktes wurde dieser ab 24.Dezember 2012 über Weisung der Behördenleiterin nur mehr gegen Unterschriftsleistung innerhalb der Behörde weitergegeben. Nicht festgestellt werden konnte, das ein Verhalten der Disziplinarbeschuldigten für die mehrfache Unauffindbarkeit der Akten ursächlich war.

Zu ***** St *****/10k der StA ***** = ***** Hv *****/10d des LG *****:

Aus dem von der Disziplinarbeschuldigten geführten Ermittlungsverfahren 401 St 445/08t wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten wegen Körperverletzung, Diebstahles und Raubes nach §§ 83 Abs 1, 127, 142 Abs 1 StGB ausgeschieden, woraufhin die Disziplinarbeschuldigte zu ***** St *****/10k am 19.Jänner 2010 Anklage gegen diesen Beschuldigten erhob. Mit Urteilen des Landesgerichtes ***** vom 11.April 2012 und ferner vom 30.Mai 2012, ***** Hv *****/10d, wurde der Angeklagte vorerst vom Vorwurf der Körperverletzung und schließlich von der Anklage betreffend die Fakten Diebstahl und Raub mangels Erbringung eines Schuldbeweises freigesprochen. Weil ein Zeuge und der Angeklagte in der Hauptverhandlung vom 30.Mai 2012 eine andere Person als möglichen Täter bezeichneten, beantragte die Sitzungsvertreterin der Anklagebehörde am Schluss der Verhandlung vom 30.Mai 2012 die Übermittlung eines Hauptverhandlungsprotokolles an die Anklagebehörde. Sie vermerkte im Tagebuch den Grund hiefür, nämlich eine vorzunehmende Strafverfolgung dieses möglichen Täters. Ungeachtet dessen, dass der Akt bzw das Hauptverhandlungsprotokoll spätestens am 4.Juni 2012 der Disziplinarbeschuldigten übermittelt wurde und auch Kopien des Hauptverhandlungsprotokolles und mehrere Aktenteile zum Tagebuch genommen wurden, kalendierte die Disziplinarbeschuldigte in der Folge den Akt lediglich achtmal und zuletzt bis 20.September 2013. Am 25.September 2013 stellte die Gruppenleiterin fest, dass gegen den vermeintlichen bekannten Täter, der im Akt eindeutig belastet wurde, keinerlei Ermittlungsschritte gesetzt worden waren und nicht einmal eine Eintragung desselben als Beschuldigter im Register von der Disziplinarbeschuldigten verfügt worden war. Für diese Unterlassungen der Disziplinarbeschuldigten gab es keine sachlichen oder rechtlichen Gründe. Erst in der Folge wurden vorerst weitere Veranlassungen getroffen, ehe mangels ausreichendem Tatverdacht weitere Ermittlungen unterblieben.

Zu ***** St *****/13h der StA *****:

Der Ermittlungsakt gegen eine weibliche Beschuldigte, die sich wegen des Verdachtes des versuchten Mordes seit 11.Juli 2013 in Haft befand, wurde an diesem Tag im Referat der Disziplinarbeschuldigten angelegt. Nach Antragstellungen auf Verhängung der Untersuchungshaft und auf Bewilligung der angeordneten Durchsuchung von Räumlichkeiten wurde der Ermittlungsakt schließlich am 29.Juli 2013 von der Geschäftsabteilung an die Disziplinarbeschuldigte übermittelt. Die Disziplinarbeschuldigte sah nunmehr die Zuständigkeit des Referates für familienrechtliche Angelegenheiten in der Anklagebehörde gegeben und übermittelte den Akt an diese, ohne dass sie ihre zuständige Geschäftsabteilung befasste und die registermäßige Übertragung veranlasste und in der Folge auch überwachte. Von der zuständigen Haft- und Rechtsschutzrichterin war für 28.August 2013 die zweite Haftverhandlung anberaumt worden. Im Vorfeld dieser Haftverhandlung war der Ermittlungsakt nicht auffindbar. In der Haftverhandlung wurde die im 21.Lebensjahr befindliche Beschuldigte gegen gelindere Mittel enthaftet. Am 29.August 2013 erhielt die Disziplinarbeschuldigte von der Gruppenleiterin den Auftrag, den Akt zu rekonstruieren, den die Disziplinarbeschuldigte bis zum Antritt ihres einwöchigen Urlaubes am 6.September 2013 nicht befolgte, sodass die Gruppenleiterin am 9.September 2013 die Rekonstruktion selbst bewerkstelligen musste. Nicht festgestellt werden konnte, dass die Disziplinarbeschuldigte die Unauffindbarkeit des Aktes vorsätzlich bewirkte. Im Verfahren ***** St *****/13z wurde schließlich von dem für jenes familienrechtliche Referat zuständigen Staatsanwalt am 12.März 2014 Anklage gegen die Beschuldigte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und 2 erster Fall StGB erhoben. Gründe, die es der Disziplinarbeschuldigten verunmöglicht hätten, dem Auftrag zur Aktenrekonstruktion nachzukommen, lagen ebensowenig vor wie ein Hindernis für eine ordnungsgemäße Übertragung der Strafsache an die familienrechtliche Abteilung samt deren Überwachung, die eine Verzögerung durch die im Referat der Disziplinarbeschuldigten vorzunehmende Aktenrekonstruktion vermieden hätte.

Zu ***** St *****/11m und ***** St *****/13z je der StA *****:

Im von der Disziplinarbeschuldigten zu bearbeitenden Ermittlungsakt ***** St *****/11m wurde ab 15.Juni 2011 der des am 17.April 2007 begangenen Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB verdächtigte, im Tatzeitpunkt im 20.Lebensjahr stehende Beschuldigte als solcher geführt, nachdem er aufgrund einer DNA-Spur als in Rumänien in Haft befindlicher Beschuldigter ausgemittelt werden konnte. Das Ergebnis der im Rechtshilfeweg in Rumänien vorgenommenen Ermittlungen langte am 24.Februar 2012 ein und wurde der Disziplinarbeschuldigten am 27.Februar 2012 übermittelt, die den Akt in der Folge bis 5.Juni 2012 nicht bearbeitete. Beamte des zuständigen Landeskriminalamtes ***** versuchten hierauf die Disziplinarbeschuldigte zu erreichen, was ihnen nicht gelang. Auch eine Zusage der Disziplinarbeschuldigten, sich bei den Beamten telefonisch rückzumelden, wurde von ihr nicht eingehalten. Nachdem sich die Beamten über die Leitung der Anklagebehörde nach dem Grund hiefür informiert hatten, wurde die Gruppenleiterin in der Sache tätig, die der Disziplinarbeschuldigten noch im letzten Quartal 2012 den Auftrag erteilte, sich mit der Kriminalpolizei in Verbindung zu setzen und die sonst erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen, was die Disziplinarbeschuldigte jedoch jeweils unterließ, sodass die Gruppenleiterin am 24.Jänner 2013 den Akt an sich nahm und ein neuerliches Rechtshilfeersuchen an die rumänischen Behörden verfasste. Mit 21.Juni 2013 langte die Anregung des Landeskriminalamtes ***** ein, eine Festnahmeanordnung und einen Europäischen Haftbefehl gegen den nun angeblich in Frankreich aufhältigen Beschuldigten zu erlassen. Auch der diesbezügliche Bericht blieb durch die Disziplinarbeschuldigte zwischen 21.Juni 2013 und 27.August 2013 unbearbeitet, ehe die Gruppenleiterin am letztgenannten Tag den Akt anlässlich einer Zimmerkontrolle bei der abwesenden Disziplinarbeschuldigten an sich nahm und die entsprechenden Anordnungen am 29.August 2013 erließ. Tatsächlich wurde der Beschuldigte auch festgenommen und am 22.September 2013 in die Justizanstalt ***** eingeliefert, ehe am 12.Dezember 2013 von der Gruppenleiterin die Anklage gegen den Beschuldigten wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB verfasst wurde. Gegen den Beschuldigten erging schließlich das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht ***** vom 20.Februar 2014, das wegen Totschlages nach § 76 StGB eine zweijährige Freiheitsstrafe aussprach. Mit Ausnahme eines Krankenstandes der Disziplinarbeschuldigten vom 23. bis 28.August 2013 gab es keinerlei sachliche oder rechtliche Gründe für die genannten Bearbeitungsverzögerungen und die Nichtbefolgung des Auftrages der Gruppenleiterin.

Zum Akt ***** St *****/13z der StA ***** sei auf die obgenannten Ausführungen zu diesem Akt und zum Akt ***** UT *****/11i der StA ***** verwiesen.

Zu ***** St *****/12a mit einbezogenem Verfahren ***** UT *****/11g je der StA *****:

Aufgrund einer Anzeige eines österreichischen Kreditinstitutes gegen unbekannte Täter wurde am 8.April 2011 bei der Staatsanwaltschaft ***** das Ermittlungsverfahren ***** UT *****/11g eingeleitet, in dem insbesondere Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte gemäß § 116 StPO eingeholt und auch Rechtshilfeersuchen an japanische, malaysische, chinesische und türkische Strafverfolgungsbehörden (am 8.September 2011) abgefertigt wurden. Nachdem durch die Ermittlungen zumindest ein Beschuldigter eruiert werden konnte, wurde der Akt einerseits zu ***** St *****/12k der Staatsanwaltschaft ***** und andererseits im Referat der Disziplinarbeschuldigten zu ***** St *****/12a jeweils ab Anfang April 2012 gegen zumindest einen Beschuldigten und nach Nacherfassung auch gegen einen zweiten Beschuldigten weitergeführt. Mit Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 12.Februar 2013 wurde der Staatsanwaltschaft ***** im Wege der Oberstaatsanwaltschaft ***** eine Note des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten vom 11.Februar 2013 mit einem Schreiben der österreichischen Botschaft in Kuala Lumpur, Malaysia vom 5.Februar 2013, laut dem die Generalstaatsanwaltschaft Malaysia zum Rechtshilfeersuchen um Zusatzinformation ersuche, übermittelt. Dieses Ersuchen der malaysischen Justizbehörden wurde von der Disziplinarbeschuldigten in der Folge nicht bearbeitet. Versuche der Oberstaatsanwaltschaft *****, die Disziplinarbeschuldigte zu erreichen, scheiterten. Am 21.Oktober 2013 wurde der Akt letztmalig der Disziplinarbeschuldigten vorgelegt, ehe er bei einer nachfolgenden Einschau durch die Geschäftsabteilung im Dienstzimmer der Disziplinarbeschuldigten gesehen wurde, dann aber dort nicht mehr vorhanden war, weil die Disziplinarbeschuldigte diesen nach Hause genommen hatte. Mit Erlass der Oberstaatsanwaltschaft ***** vom 27.November 2013 wurde mangels Reaktion seitens der Disziplinarbeschuldigten die Staatsanwaltschaft ***** förmlich um Berichterstattung ersucht. Auch insofern blieb eine Reaktion aus, weswegen die Oberstaatsanwaltschaft ***** am 14.Jänner und 10.Februar 2014 den ausstehenden Bericht urgierte. Daraufhin ersuchte die Leiterin der Staatsanwaltschaft ***** die Disziplinarbeschuldigte mit einem an diese gerichteten E-Mail vom 13.Februar 2014 dringend um Berichterstattung. Auch diese Weisung ignorierte die Disziplinarbeschuldigte, die im fraglichen Zeitraum lediglich zwischen 23. und 28.August 2013, von 30.Jänner 2014 bis 7.Februar 2014 und von 27.März bis 2.April 2014 in Krankenstand war. Im August 2014 wurde der Geschäftsabteilungsleiter VB G***** S***** mit der Rekonstruktion des unauffindbaren Aktes betraut, die sich als sehr schwierig darstellte, zumal auch die Disziplinarbeschuldigte ab 25.August 2014 krank war. Die den Akt in der Folge bearbeitende Gruppenleiterin und die Leiterin der Staatsanwaltschaft sahen sohin aufgrund des Auslandsbezuges und des nicht mehr vollständig rekonstruierbaren Akteninhaltes keine weiteren Möglichkeiten zur Erbringung des Schuldnachweises, weshalb das wegen teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB geführte Ermittlungsverfahren am 3.November 2014 hinsichtlich beider Beschuldigter eingestellt wurde. Am 20.November 2014 teilte die Leiterin der Staatsanwaltschaft ***** der Generalstaatsanwaltschaft in Malaysia unter Entschuldigung auf die verspätete Reaktion mit, dass das Rechtshilfeersuchen an die malaysischen Behörden vom 21.November 2011 zurückgezogen werde. Für das Unterbleiben einer Reaktion auf die Rückfrage der malaysischen Justizbehörden bestand ebensowenig ein rechtlicher oder sachlicher Anlass bei der Disziplinarbeschuldigten wie für die von ihr unterlassene Reaktion auf die Erlässe der Oberstaatsanwaltschaft ***** und auf die Weisung der Leitenden Staatsanwältin. Nicht festgestellt werden kann, dass die Disziplinarbeschuldigte ein für die Unauffindbarkeit des Aktes kausales Verhalten setzte.

Zu ***** St *****/13t der StA *****:

In diesem von der Disziplinarbeschuldigten zu bearbeitenden, mit 18.September 2013 angefallenen Ermittlungsverfahren gegen zwei Beschuldigte wegen Vollstreckungsvereitelung nach §§ 162 Abs 1 und 2, 163 StGB wurden vorerst Ermittlungen geführt, am 20.Dezember 2013 das Verfahren aber aus Beweisgründen gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt. Das die Anzeige eingebracht habende Opfer beantragte am 30.Dezember 2013 die Zustellung einer Einstellungsbegründung, wobei der Akt auch am 9.Jänner 2014 samt dem Tagebuch an die Disziplinarbeschuldigte vorgelegt wurde, die Disziplinarbeschuldigte jedoch untätig blieb. Am 29.Juli 2014 wurde während eines Urlaubes (24.Juli bis 22.August 2014) der Akt bei ihr unerledigt von einer Kanzleibediensteten aufgefunden und der Gruppenleiterin übergeben. Die informierte Leiterin der Anklagebehörde betraute einen Vertreter mit der Erledigung, der am 1.August 2014 die Einstellungsbegründung an das Opfer abfertigen ließ. Der Säumnis der Disziplinarbeschuldigten lagen keinerlei sachliche oder rechtliche Gründe zugrunde.

Zu ***** UT *****/14k der StA *****:

Der mit einem Dringlichkeitsvermerk versehene Anlassbericht der Landespolizeidirektion ***** vom 23.Juli 2014, der einem unbekannten Täter die gewerbsmäßige Überlassung von 5 Gramm Heroin an einen verdeckten Ermittler und sohin das Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgift nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG anlastet und die Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung betreffend das anonyme Wertkartenhandy des Täters sowie die Anordnung einer verdeckten Ermittlung und eines Scheingeschäftes anregt, langte am Mittwoch, dem 23.Juli 2014 um 14.16 Uhr per Telefon bei der Staatsanwaltschaft ***** ein. Die zu diesem Zeitpunkt in Halbauslastung befindliche Disziplinarbeschuldigte hatte mit ihrer Vertreterin in der staatsanwaltschaftlichen Gruppe vereinbart, dass sie ihre 20-stündige Wochenarbeitszeit am Mittwoch von 7.30 Uhr bis 11.30 Uhr und donnerstags und freitags je ganztägig ableistete. Die Disziplinarbeschuldigte hatte auch schon ab Donnerstag, dem 24.Juli 2014, bis zum 22.August 2014 einen längerfristigen Erholungsurlaub angemeldet und offensichtlich von der Behördenleitung bewilligt bekommen. Nach dem üblichen vor-mittägigen Dienst und einer am Nachmittag absolvierten Therapieeinheit kehrte sie am Nachmittag nochmals in die Anklagebehörde zurück und fand dort den genannten Anlassbericht samt dem Tagebuch vor, versah letzteres mit einem „post-it“ und vermerkte darauf „Vertretungsbereitschaft-eingelangt nach meinem Urlaubsantritt“, ehe sie Tagebuch und Akt auf den Tisch des wegen des Endes der Dienstzeit um 15.30 Uhr nicht mehr anwesenden Geschäftsabteilungsleiters legte, um dessen weitere Veranlassung am nächsten Morgen sicherzustellen. Am 24.Juli 2014 wurden hierauf von einer anderen Staatsanwältin (im Journaldienst) die von der Kriminalpolizei erbetenen Anordnungen getroffen und weitergeleitet.

Zu ***** St *****/12v der StA *****:

Zu ***** St *****/11f der Staatsanwaltschaft ***** wurden seit 13.November 2011 aufgrund eines Abschlussberichtes des Landeskriminalamtes ***** vom 12.November 2011 Ermittlungen gegen vorerst vier Beschuldigte teils wegen versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB, teils wegen Raufhandels nach § 91 Abs 2 StGB geführt, wobei am 21.Februar 2012 gegen einen Beschuldigten von einem Kollegen der Disziplinarbeschuldigten Anklage wegen versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB erhoben und hinsichtlich der restlichen nunmehr sechs Angeklagten wegen Raufhandels nach § 91 Abs 2 StGB das Verfahren ausgeschieden und im BAZ-Register weitergeführt wurde. Am 12. und 13.Juni 2012 wurde über die Anklage vor den Geschworenen zu ***** Hv *****/12f des LG ***** verhandelt. Da in der Hauptverhandlung der Angeklagte den ihm angelasteten Stich mit einem Messer in die linke Brustkorbhälfte des Opfers bestritt und K***** H*****, einen der wegen Raufhandels verfolgten Beschuldigten, bezichtigte, auf das Opfer eingestochen zu haben, während der genannte Beschuldigte als Zeuge behauptete, die mehreren anderen Personen, die behaupten würden, er sei am Tatort gewesen, würden alle lügen, wurde der Angeklagte gemäß § 336 StPO freigesprochen. Der Sitzungsvertreter der Anklagebehörde gab unmittelbar nach Verkündung des Urteiles keine Erklärung ab. Allerdings meldete die zwischenzeitig für den Akt zuständig gewordene Disziplinarbeschuldigte am 14.Juni 2012 die Nichtigkeitsbeschwerde an, die sie nach Einlangen des Gerichtsaktes am 28.Juni 2012 zurückzog. Spätestens zu diesem Zeitpunkt nahm die Disziplinarbeschuldigte wahr, dass der Sitzungsvertreter der Anklagebehörde in der Hauptverhandlung beantragt hatte, das Hauptverhandlungsprotokoll zwecks weiterer Verfolgung des K***** H***** sowie zur weiteren Verfolgung mehrerer Zeugen wegen falscher Beweisaussage auszufertigen. Ungeachtet dessen eröffnete die Disziplinarbeschuldigte hinsichtlich K***** H***** und hinsichtlich dieser vom Sitzungsvertreter gemeinten Zeugen kein neues Tagebuch, sondern kalendierte den Akt immer wieder, wobei der Gerichtsakt schließlich am 15.Jänner 2014 neuerlich angefordert und letztlich am 27.Jänner 2014 der Disziplinarbeschuldigten vorgelegt wurde, die ihn weiterhin nicht bearbeitete, ehe er im Urlaub der Disziplinarbeschuldigten von der Gruppenleiterin am 29.Juli 2014 zu sich genommen wurde. Während im Hinblick auf das lange Zurückliegen von Tat und Hauptverhandlung die Gruppenleiterin eine Verfolgung der Zeugen nicht mehr für zielführend erachtete, wurde am 6.September 2014 das Verfahren gegen K***** H***** wegen §§ 15, 75 StGB zum Verfahren ***** St *****/14v der Staatsanwaltschaft ***** ausgeschieden. Es wurden weitere Ermittlungsaufträge erteilt, hinsichtlich K***** H***** das Verfahren jedoch am 3.November 2015 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt. Für die genannten Bearbeitungsverzögerungen durch die Disziplinarbeschuldigte lagen keine sachlichen und rechtlichen Ursachen vor.

Zu den Schuldspruchpunkten A)3. und 4.:

Wegen der bei der Disziplinarbeschuldigten in extrem gehäufter Form vorkommenden Unauffindbarkeit von Ermittlungsakten und Tagebüchern erteilte die Leiterin der Anklagebehörde am 30.Jänner 2013 der Disziplinarbeschuldigten die schriftliche Weisung, künftig Tagebücher und Akten ausschließlich in den Amtsräumen der Staatsanwaltschaft zu bearbeiten, diese nicht außer Hauses (zwecks Bearbeitung zu Hause) zu verbringen und sie ausschließlich im Einvernehmen mit der Geschäftsabteilung aus jener zu entfernen. Anlässlich der Unauffindbarkeit des Aktes ***** St *****/13h im Vorfeld einer anstehenden Haftverhandlung ist erstmals dokumentiert, dass die Disziplinarbeschuldigte per SMS von ihrer Vertreterin mehrfach ersucht wurde, Rücksprache zu nehmen, aber auf derartige SMS wie auch auf Telefonate nicht reagierte. Schon zuvor war allerdings eine Kontaktaufnahme mit ihr mehrfach schwierig, zumal sie sich auch gegenüber ihren Mitarbeitern zurückzog. Nach dem obangeführten „Coaching“ merkte die Leiterin der Anklagebehörde aber ein deutlich kommunikationsfreudigeres Verhalten der Disziplinarbeschuldigten. Im Zuge der Aktensuche vor jener Haftverhandlung kam auf, dass unter dem Einlauffach der Disziplinarbeschuldigten, aus dem sie üblicherweise den Aktenanfall entnimmt, ein weiteres Fach vorhanden war, in dem sie Einlaufstücke durchaus länger liegen ließ. Andererseits entnahm sie wieder - entgegen obiger schriftlicher Weisung - von sich aus auf Kalender gelegte Akten vor dem kalendermäßigen Termin und nahm sie an sich.

Am 29.August 2013 führte der für die Dienstaufsicht zuständige Erste Staatsanwalt Dr.F***** mit der Disziplinarbeschuldigten ein ausführliches Gespräch, in der diese psychische Probleme einbekannte und eingestand, dass es ihr überaus schwer falle, gewisse Akten zu bearbeiten, ohne dass bei diesen Akten ein generelles Schema zu erkennen sei. Sie schlug vor, solche derartige Akten („Problemakten“) während ihrer für September 2013 geplanten mehrwöchigen Urlaubszeit zu erledigen.

Die Prüfliste zum Stichtag 1.Oktober 2013 ergab deutliche Bearbeitungsrückstände der Disziplinarbeschuldigten. Der für die Dienstaufsicht zuständige Erste Staatsanwalt versuchte deswegen zwischen Anfang Jänner und 28.Jänner 2014 ohne jeglichen Erfolg, Kontakt mit der Disziplinarbeschuldigten herzustellen. Diese reagierte in keiner Weise auf Telefonanrufe, E-Mails oder SMS. Im Dienstzimmer, in dem sie sich lediglich in den frühen Morgen und den späten Abend-/Nachtstunden aufhielt, hatte sie sogar ihr Festnetztelefon ausgesteckt. Dienstliche E-Mails blieben ebenso wie Anrufversuche und SMS-Übermittlungen auf ihrem privaten Mobiltelefon unbeantwortet. Zu Kollegen innerhalb der Behörde hatte die Disziplinarbeschuldigte überhaupt keinen Kontakt (mehr).

Am 10.Jänner 2014 meldete sich die Disziplinarbeschuldigte krank. Obwohl sie in der Folge Dienst versah, was die Geschäftsabteilung anhand des Aktenumlaufes feststellen konnte, unterließ sie eine Gesundmeldung. Das Präsidium der Anklagebehörde versuchte sie deswegen mehrfach per E-Mail zu erreichen, dies auch, um ihr den Bescheid vom 20.Jänner 2014 über die (neuerliche) Herabsetzung ihrer Wochendienstzeit ab Februar 2014 zuzustellen. Am 30.Jänner 2014 meldete sich die Disziplinarbeschuldigte telefonisch erneut krank, wobei sie auf das Fehlen der vorangehenden Gesundheitsmeldung hingewiesen wurde. Nicht festgestellt werden kann, dass sie obige Unterlassung vorsätzlich beging. Sie vergaß vielmehr auf eine Gesundmeldung.

Während des gesamten Tatzeitraumes lag bei der Disziplinarbeschuldigten zwar eine depressive Erkrankung in teils leichterer, teils schwererer Form vor. Ungeachtet dieser erkannte die Disziplinarbeschuldigte, dass sie durch ihre obgeschilderten Bearbeitungsverzögerungen, das Ignorieren von Weisungen der Oberstaatsanwaltschaft, der Leiterin und des für die Dienstaufsicht zuständigen Ersten Staatsanwaltes der Anklagebehörde sowie ihrer Gruppenleiterin und durch das Vereiteln der von den genannten Stellen wiederholt initiierten Kontaktaufnahmeversuche (per Telefon, per Mail bzw im schriftlichen Wege), wobei sämtliche dieser Verhaltensweisen zumindest von ihrem bedingtem Vorsatz umfasst waren, ihre Amtspflichten verletzte. Sie wäre auch in der Lage gewesen, auf jene Kontaktaufnahmeversuche zu reagieren und die ihr von den obgenannten Stellen erteilten Anordnungen bzw Weisungen zu erfüllen. Selbst wenn es ihr aufgrund ihrer psychischen Erkrankung teilweise nicht möglich war, die von ihr als solche erkannten Bearbeitungsverzögerungen zu beheben bzw das Entstehen von solchen aufgrund ihrer psychischen Beeinträchtigung zu verhindern, wäre sie in der Lage gewesen, durch Meldung ihrer Beeinträchtigungen schon vor Eintritt der dadurch bewirkten Pflichtverletzungen entsprechende Gegenmaßnahmen durch die Leitung der Anklagebehörde bzw durch die Dienstbehörde in die Wege leiten zu lassen. Durch entsprechende Vertretungsregelungen und sonstige Maßnahmen (zB Beistellung von Richteramtsanwärtern) hätten auf diesem Wege die Dienstpflichtverletzungen verhindert werden können. Dies war der Disziplinarbeschuldigten ebenso bewusst wie der Umstand, dass sie, wenn auf diese Weise eine ordnungsgemäße Bearbeitung der ihr zugewiesenen Akten nicht bewirkt hätte werden können, verpflichtet gewesen wäre, einen (längerfristigen) Krankenstand anzutreten. In diesem wie auch während des gesamten Tatzeitraumes wäre es ihr oblegen, durch Inanspruchnahme der bestmöglichen fachkundigen Betreuung, insbesondere durch Behandlung durch einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie bzw über dessen Überweisung durch entsprechende therapeutische Maßnahmen, sei es in stationärer, sei es in ambulanter Form, eine raschestmögliche Wiederherstellung ihrer vollen Dienstfähigkeit zu erzielen.

Beweiswürdigend hat die Disziplinarbeschuldigte im Wesentlichen den sich aus den Disziplinaranzeigen samt deren Beilagen, den beigeschafften staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten und den Gerichtsakten sowie durch Einschau in VJ-Register-Ausdrucke sich ergebenden objektiven Sachverhalt betreffend ihr dienstliches Verhalten eingestanden.

Selbst wenn Tagebuch und Ermittlungsakt zu ***** UT *****/11i bzw ***** St *****/13z der StA ***** weiterhin nicht auffindbar sind, rechtfertigen die Wahrnehmungen der Leiterin der Staatsanwaltschaft ***** laut Bericht vom 31.Dezember 2013 in Verbindung mit den vorhandenen Ausdrucken aus der VJ die zu diesem Akt getroffenen Feststellungen, zumal auch die Disziplinarbeschuldigte vermeint, der diesbezüglich in ON 1, AS 5ff geschilderte Sachverhalt werde richtig sein (vgl ON 10, AS 31). Sofern die Disziplinarbeschuldigte einzelne von ihr unterlassene Ermittlungsmaßnahmen aus ihrer Sicht als unzweckmäßig bzw unnötig etc bezeichnet (vgl ON 10, AS 33, 37), ist dies in keiner Weise relevant, wird der Disziplinarbeschuldigten doch nicht die Art der getroffenen Erledigung im materiellen Sinn, sondern das Unterbleiben jeglicher Erledigung im formellen Sinn an sich angelastet. Sofern im Übrigen eine überdurchschnittliche Anzahl von, von der Disziplinarbeschuldigten zu bearbeitenden Akten infolge (teils mehrfacher) Unauffindbarkeit rekonstruiert werden mussten, war deren (bedingt) vorsätzliche Unterdrückung seitens der Disziplinarbeschuldigten einerseits nicht erweislich, auch wenn jener Umstand für eine wenig geordnete Arbeitsweise und das (jedenfalls aufgrund der konkreten schriftlichen Weisung der Leiterin der StA ***** vom 30.Jänner 2013 ab Februar 2013 ausdrücklich verbotene) Mitnehmen der Akten durch die Disziplinarbeschuldigte nach Hause spricht. Die konkreten Bearbeitungsverzögerungen der Disziplinarbeschuldigten werden zudem auch durch die verschrifteten Wahrnehmungen der für die Disziplinarbeschuldigten zuständigen Gruppenleiterin Dr.***** und des für die Dienstaufsicht zuständigen EStA Dr.********** bestätigt. Dass die Bearbeitungsverzögerungen im gesamten Tatzeitraum, somit schon ab 2009, und noch eher ab ihrer Halbauslastung ab Februar 2013, bei pflichtgemäßem Verhalten der Disziplinarbeschuldigten unterblieben wären, ergibt sich einerseits daraus, dass die Disziplinarbeschuldigte selbst konzediert, der von ihr zu bewältigende Aktenanfall sei im Vergleich zu sonstigen staatsanwaltschaftlichen Abteilungen praktisch gleich gewesen. Für die Vermeidbarkeit jener Rückstände spricht auch der Umstand, dass die Leiterin der Staatsanwaltschaft ***** bezeugt, bis zum Beginn ihres nunmehrigen Krankenstandes mit 26.August 2014 habe die Disziplinarbeschuldigte in der überwiegenden Zahl der nicht inkriminierten Verfahren durchaus ordentliche Arbeit geleistet. Schließlich hat auch die Disziplinarbeschuldigte ihr Verhalten insofern beschrieben, als sie durch den Arbeitsanfall nicht überfordert worden sei, es ihr aber nicht gelungen sei, die von ihr als solche bezeichneten inkriminierten „Problemakten“ einer Erledigung zuzuführen, wobei jene Akten keinesfalls rechtlich oder sachlich besonders anspruchsvoll gewesen seien (ON 10, AS 33).

Auch den Vorwurf der Nichtbefolgung von Anordnungen ihrer Dienstvorgesetzten, der sich aus den vorliegenden Akten ergibt, hat die Disziplinarbeschuldigte nicht bestritten. Selbiges gilt hinsichtlich ihrer sich im Tatzeitraum immer mehr verstärkenden Tendenz, Kontaktaufnahmeversuche ihrer Vorgesetzten, von Mitarbeitern der Kriminalpolizei und von Parteienvertretern ihrerseits durch die Wahl ihrer Anwesenheitszeit in der Dienstbehörde (außerhalb der allgemeinen Dienststunden), durch Nichtreaktion auf schriftliche Ersuchen, Telefonate, E-Mails und dergleichen scheitern zu lassen. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass Mitarbeiter der Disziplinarbeschuldigten in deren Amtsraum das Diensttelefon „ausgesteckt“ vorfanden.

Die Beschuldigte hat auch zugestanden, eine „Gesundmeldung“ nach ihrem ersten Krankenstand im Jänner 2014 übersehen zu haben.

Was die vom Freispruch umfassten beiden Anschuldigungspunkte anlangt, ist im Akt ***** UT *****/09a der StA ***** eine Tagebucheintragung von der Gruppenleiterin Dr.***** enthalten, laut der diese es als zweifelhaft ansieht, ob dieser Akt jemals einer Referentin und sohin der Disziplinarbeschuldigten zur Bearbeitung vorgelegt wurde. Ungeachtet des Anzeigevorbringens (ON 1, AS 11) konnte sohin der Disziplinarbeschuldigten ein Fehlverhalten nicht nachgewiesen werden. Ebenso waren ihre Darstellungen, was den Akt ***** UT *****/14k der StA ***** anlangt, nicht widerlegbar. Einerseits spricht die Uhrzeit des Sendeberichtes des Telefax der Kriminalpolizei für die Richtigkeit der Verantwortung der Disziplinarbeschuldigten, sie habe erst am Mittwoch nachmittag nach Dienstschluss den gegenständlichen Akt vorgefunden. Weiters ist die Vereinbarung mit ihrer Vertretung nicht unplausibel, dass sie infolge ihrer Halbauslastung an Mittwoch-Nachmittagen nicht (mehr) Dienst versehe, weshalb sie aufgrund ihres mit 24.Juli 2014, einem Donnerstag, angetretenen mehr als vierwöchigen Erholungsurlaubes nach den zwischen ihr und der Vertretungsbereitschaft bestehenden Vereinbarungen zur Anordnung der von der Kriminalpolizei angeregten Maßnahmen nicht mehr verpflichtet war.

In subjektiver Hinsicht muss der Disziplinarbeschuldigten ihr Vorsatz, in den vom Schuldspruch umfassten Akten durch die von ihr hervorgerufenen Verfahrensverzögerungen und die Nichtbefolgung von Anordnungen sowie durch die durch sie bewirkte Unerreichbarkeit im Dienst bzw das durch sie bewirkte Scheitern von Kontaktaufnahmeversuchen (per Telefon, per Mail und schriftlich) ihre Dienstpflichten zu verletzten, angelastet werden. Hinsichtlich der unterbliebenen Gesundmeldung hat die Beschuldigte selbst eine Sorglosigkeit ihrerseits eingeräumt. Nach dem Gutachten des psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen Univ.-Prof.Dr.Peter Hofmann war der Disziplinarbeschuldigten die Problematik der inkriminierten dienstlichen Verhaltensweisen während des gesamten Deliktszeitraumes (2009 bis 2014) bewusst (vgl ON 2, AS 21; ON 32, AS 21). Dies geht auch aus ihren von der Leiterin der Staatsanwaltschaft ***** als Zeugin geschilderten Angaben, die sich mit deren Aktenvermerken und jenen vom Ersten Staatsanwalt Dr.***** (vom 29.August 2013) und der Gruppenleiterin Dr.***** decken, hervor. Im Übrigen ergeben sich aus dem gesamten Akt keinerlei Hinweise auf Realitätsverkennungen, Wahnbildungen, halluzinativem Erleben oder ähnlichem bei der Disziplinarbeschuldigten, sodass der Gerichtssachverständige am 2.März 2011 die Kritikfähigkeit und den Realitätsbezug der Disziplinarbeschuldigten als gegeben (ON 2, AS 13) bzw am 16.Juni 2014 lediglich als herabgesetzt bezeichnete (ON 32, AS 23).

Im Übrigen sind sowohl die Gutachten des Gerichtssachverständigen (ON 2, 16, 27, 32) wie auch die Expertisen der Ärzte der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (laut Noten vom 7.Jänner und vom 9.November 2015) und des im Sachwalterschaftsverfahren beigezogenen psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen Univ.-Doz.Dr.***** vom 24.März 2015 übereinstimmend. Unbedenklich sind auch die diesem Gutachten beiliegenden Bestätigungen der behandelnden Ärzte bzw Psychotherapeuten und die zu ihrer persönlichen Verfassung getätigte Einlassung der Disziplinarbeschuldigten vom 21.Mai 2014 (ON 10) und in der öffentlichen Verhandlung. Im Zusammenhang mit diesen muss davon ausgegangen werden, dass die Disziplinarbeschuldigte aus falsch verstandener Scham und dem Interesse daran, in ihrem Berufsleben keine Blöße zu zeigen, ihre psychische Beeinträchtigung gegenüber ihren Mitarbeitern bzw gegenüber der Leiterin der Staatsanwaltschaft ***** bis 20.Oktober 2010 überhaupt verschwieg (vgl ON 2, AS 5) und sie auch in der Folge ihren Vorgesetzten gegenüber - teils durch Verweigerung des Kontaktes mit diesen - nicht vollständig offenlegte, wobei sie insgesamt bis in den Sommer 2014 eine notwendige umfassende fachärztliche und auch medikamentös ausreichend unterstützte psychiatrische Fachbehandlung nicht in Anspruch nahm (vgl ON 2, AS 19f; ON 32, AS 25f). Die gegenteiligen Darstellungen der Disziplinarbeschuldigten sind nicht in der Lage, diese schlüssige Darstellung des Gerichtssachverständigen in Zweifel zu ziehen. Insgesamt ist in Übereinstimmung mit dessen Expertise sohin davon auszugehen, dass die Disziplinarbeschuldigte während des gesamten Tatzeitraumes in der Lage war, das Unrecht ihrer Dienstpflichtverletzungen einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Die ergänzende Beiziehung des psychiatrisch-neurologischen Sachverständigen zwecks Gutachtenserstattung „zur Abklärung der Frage, wann die Disziplinarbeschuldigte unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Krankheitsbildes welche konkreten medizinischen und therapeutischen Maßnahmen in Anspruch nehmen hätte müssen, um ihre vollständige Leistungsfähigkeit wiederherzustellen“ bzw „zum Beweis dafür, dass die (gemeint:) schuldspruchsgegenständlichen Verfahrensverzögerungen der Disziplinarbeschuldigten Resultat ihrer Erkrankung“ sind, war entbehrlich, weil einerseits eine nähere Spezifikation der gebotenen psychotherapeutischen Maßnahmen für die Klärung der Sach- und Rechtslage nicht erheblich ist, andererseits der Einfluss der psychiatrischen Erkrankung der Disziplinarbeschuldigten auf ihre Arbeitsleistung ebenso unstrittig ist wie der Umstand, dass die Diskretions- wie auch die Dispositionsfähigkeit der Disziplinarbeschuldigten im gesamten Tatzeitraum eingeschränkt, aber selbst unmittelbar vor Beginn des auch nunmehr andauernden Krankenstandes (bzw des diesem vorangehenden Urlaubes) nicht gänzlich aufgehoben war. Das von der Disziplinarbeschuldigten in ihrem Beweisantrag genannte Beweisthema kann auch bei für die Disziplinarbeschuldigte günstigster Lesart nicht in letztgenanntem Sinne aufgefasst werden.

Rechtliche Beurteilung

In rechtlicher Hinsicht hat die Disziplinarbeschuldigte nach den getroffenen Feststellungen in gravierender Weise die sie gemäß § 57 Abs 1, 2 und 3 StGB treffenden Verpflichtungen, sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, die Pflichten ihres Amtes gewissenhaft zu erfüllen, die ihr übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen, den dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten Folge zu leisten und dabei die ihr anvertrauten Interessen des Dienstes nach bestem Wissen und Können wahrzunehmen, sowie sich im Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihres Berufsstandes nicht gefährdet wird, verletzt. Sie hat zu A)1., B) und C) im festgestellten Zeitraum von über vier Jahren Bearbeitungsverzögerungen in der Dauer von bis zu zweieinhalb Jahren bewirkt bzw ist bis zur Erledigung durch eine andere Referentin über diese Zeitspanne gänzlich untätig geblieben, wobei die Verzögerung bzw Unterlassung der Bearbeitung nach den Feststellungen vorsätzlich geschah und teils den Staat in seinem Interesse auf Strafverfolgung schädigte, teils die namentlich bekannten Beschuldigten durch die unverhältnismäßige Länge des Ermittlungsverfahrens ungebührlich lange im Zweifel über die gegen sie vorzunehmenden Maßnahmen ließ. Sie hat weiters den Anordnungen ihrer Vorgesetzten in den zu A)2. genannten Fällen entgegen § 57 Abs 2 RStDG iVm §§ 2 Abs 1 und 2, 5 Abs 4 StAG bewusst und gewollt nicht Folge geleistet, wobei auch dadurch weitere Verfahrensverzögerungen mit obgenannten Auswirkungen auftraten. Durch die vorsätzliche Unterbindung der Versuche der Oberstaatsanwaltschaft, der Leiterin der Staatsanwaltschaft *****, des für die Dienstaufsicht zuständigen Ersten Staatsanwaltes und ihrer Gruppenleiterin, insbesondere per Telefon, per Mail oder schriftlich mir ihr Kontakt herzustellen, hat sie nicht nur ihre sinngemäß aus § 60 RStDG abzuleitende Pflicht, ihre Anwesenheit im Amt derart einzurichten, dass sie für ihre obgenannten Dienstvorgesetzten - zumindest im Wege der Geschäftsabteilung - zumindest einmal je Arbeitstag erreichbar ist, verletzt. Sie hat auch hiedurch das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihres Berufsstandes insofern gefährdet, als sie für Parteienvertreter und Mitarbeiter der Kriminalpolizei unerreichbar war, obwohl sie verpflichtet war, an jedem ihrer drei Arbeitstage (Mittwoch, Donnerstag und Freitag) zumindest einmal während der Dienststunden ihr Dienstzimmer und die für sie zuständige Geschäftsabteilung aufzusuchen, um erforderlichenfalls Anfragen beantworten und Weisungen ihrer Dienstvorgesetzten entgegennehmen zu können bzw die sonst notwendigen Verfügungen zu treffen (vgl Fellner/Nogratnig, RStDG 4 § 60 Anm 1, 6). Da eine Pflichtverletzung nach § 57 RStDG nicht den Verstoß gegen ein konkretes Tatbild (eine bestimmte Norm) voraussetzt, sondern ein die Voraussetzungen des § 57 RStDG erfüllendes Verhalten allein Grundlage eines Dienstvergehens sein kann (vgl OGH 3.April 1978, Ds 4/77), und nicht nur absichtliches und vorsätzliches, sondern auch fahrlässiges Fehlverhalten eine Dienstpflichtverletzung begründen kann (vgl OGH 7.November 1983, Ds 11/83), ist auch die von der Disziplinarbeschuldigten zumindest fahrlässig unterlassene Gesundmeldung zu A) 4. ihr als Dienstpflichtverletzung anzulasten. Nach § 51 Abs 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, der auch für Staatsanwälte gilt (vgl Art IIa Abs 2, § 206 RStDG) hat der vom Dienst abwesende Beamte den Grund seiner Abwesenheit (zB Krankheit) unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden. Diese Meldepflicht soll den Dienstvorgesetzten - diesfalls die Leiterin der Staatsanwaltschaft - in die Lage versetzen, organisatorische Maßnahmen zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben der erkrankten Person durch anderweitige Personen zu treffen. Weil aber naturgemäß mit der Beendigung des Krankenstandes der zwischenzeitig Abwesende wiederum (anstatt einer vertretungsweise für ihn tätigen Person) sämtliche Dienstpflichten zu erfüllen hat, korrespondiert jene Meldepflicht auch mit einer Pflicht zur Meldung des Endes des Krankenstandes (= Gesundmeldung), ohne die ein geordneter Dienstbetrieb ebenso wenig vonstatten gehen kann. Die Unterlassung einer derartigen, der Disziplinarbeschuldigten jedenfalls auch zumutbaren Gesundmeldung ist ihr als auch subjektiv sorgfaltswidrige und somit fahrlässige Dienstpflichtverletzung anzulasten.

Zur vorsätzlichen Bearbeitungsverzögerung durch die Disziplinarbeschuldigte sei ergänzt, dass ein Staatsanwalt, der vorsätzlich Verfahren verzögert, auch dann pflichtwidrig handelt, wenn er in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, es aber unterlässt, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung seiner vollen Leistungsfähigkeit (sei es organisatorischer, sei es medizinisch-therapeutischer Art) zu ergreifen oder bei Unfähigkeit zur Pflichterfüllung als Staatsanwalt gebotene Schritte zu setzen (OGH 22.Oktober 2007, Ds 5/07). Die gegenständlichen Erledigungsverzögerungen waren durch sachliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Erledigung für die Disziplinarbeschuldigte keinesfalls gerechtfertigt. Alle dienstlichen Angelegenheiten sind möglichst und tunlichst unverzüglich in Angriff zu nehmen und zu erledigen. Selbst bei größerer Arbeitsbelastung ist es dem Staatsanwalt zuzumuten, vorübergehend auch außerhalb der Dienstzeit der Geschäftsstelle, an Wochenenden oder anderen dienstfreien Tagen die anhängigen Angelegenheiten möglichst rasch zu erledigen (RIS-Justiz RS0115556). Bei Dienstunfähigkeit infolge Krankheit hat sich der Staatsanwalt krank zu melden. Sich nach außen den Anschein der Dienstfähigkeit zu geben, die Arbeit aber unerledigt zu lassen, verstößt gegen die Dienstpflichten. Nach den Feststellungen hat die Disziplinarbeschuldigte die genannten Verfahrensverzögerungen vorsätzlich herbeigeführt. Sie war in der Lage, diese Verfahrensverzögerungen ebenso wie die ihr sonst angelasteten Dienstpflichtverletzungen als solche zu erkennen und zu deren Beseitigung bzw zur Vermeidung weiterer Verzögerungen durch vollständige Offenlegung ihrer psychischen Verfassung und ihrer Versäumnisse bei der Leiterin der Staatsanwaltschaft entsprechende Abhilfemaßnahmen bzw Hilfestellungen zu bewirken bzw selbst ausreichend medizinisch-therapeutische Schritte zur Wiederherstellung einer, jene Verzögerungen vermeidenden Leistungsfähigkeit zu setzen bzw, sofern diese mit ihrer gleichzeitigen Dienstleistung nicht vereinbar gewesen wäre, sich zwecks Intensivierung der Behandlung inklusive einer eventuellen stationären Krankenanstaltsaufnahme krank zu melden (vgl OGH 10.April 1961, Ds 6/60). Bei der Beurteilung von disziplinären Erledigungsverzögerungen ist zudem nach ständiger Rechtsprechung ein strenger Maßstab anzulegen (OGH 29.September 2009, Ds 10/09).

Die in einer Vielzahl von Verfahren festgestellten Bearbeitungsverzögerungen über bis zu zweieinhalb Jahre, die Nichtbefolgung der obgenannten Weisungen und die sonstigen im Schuldspruch zu A) 3. und 4. referierten Verhaltensweisen der Disziplinarbeschuldigten stellen nach Art und Schwere ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG dar, betrachtet man das gesamte vom Schuldspruch umfasste Verhalten der Disziplinarbeschuldigten. Hiebei ist es irrelevant, ob jede einzelne von mehreren pflichtverletzenden Handlungen per se ein Dienstvergehen begründet, gilt doch der Grundsatz der einheitlichen Beurteilung inkriminierten Verhaltens (vgl Fellner/Nogratnig RStDG 4 § 101 Anm 4).

Bei der Bestimmung der Disziplinarstrafe ist nach § 101 Abs 1 RStDG auf die Schwere des Dienstvergehens und die daraus entstehenden Nachteile sowie auf den Grad des Verschuldens und das gesamte bisherige Verhalten der Disziplinarbeschuldigten Bedacht zu nehmen. Dabei sind unter Bezugnahme auf die allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung gemäß §§ 32ff StGB auch Erwägungen der General- und Spezialprävention anzustellen (vgl OGH 4.März 2014, Ds 26/13; OGH 22.September 1997, Ds 4/97).

Bei der Strafbemessung wirkten die Mehrzahl der Pflichtwidrigkeiten, die teilweise sehr lange Dauer der verschuldeten Verfahrensverzögerungen und der lange Zeitraum der Pflichtverletzungen erschwerend, mildernd hingegen das bis zum Tatzeitraum tadellose disziplinäre Verhalten der Disziplinarbeschuldigten und ihre durch ihre psychische Erkrankung gegebene eingeschränkte Diskretions- bzw Dispositionsfähigkeit. Es kann hiebei nicht übersehen werden, dass diese Verzögerungen sich in obgenannter Weise zumindest teilweise auf den staatlichen Strafanspruch und die Rechte der Beschuldigten auswirkten sowie teilweise den Parteien und der Kriminalpolizei zur Kenntnis gelangten. Hiebei fiel zu Lasten der Disziplinarbeschuldigten besonders ins Gewicht, dass sie im Verhältnis zu sonstigen Fällen säumiger Justizorgane die Beseitigung jener Verfahrensverzögerungen noch zusätzlich dadurch erschwerte, dass sie den Kontakt zur Dienststellenleitung, zum für die fachliche Dienstaufsicht zuständigen Ersten Staatsanwalt und zu ihrer Gruppenleitung durch ihr Verhalten bewusst erschwerte bzw diesen schlussendlich gänzlich abbrach. Diesen Strafzumessungsgründen sowie den Erfordernissen der General- und Spezialprävention Rechnung tragend, kann mit einem Schuldspruch unter Absehen von der Verhängung einer Disziplinarstrafe gemäß § 101 Abs 3 RStDG oder einem Verweis gemäß § 104 Abs 1 lit a RStDG nicht mehr das Auslangen gefunden werden. Vielmehr bedarf es der Verhängung einer der Tatschuld angemessenen, keineswegs jedoch existenzgefährdenden, wohl aber als wirtschaftlicher Nachteil ausreichend spürbaren Geldstrafe in der Höhe von zwei Monatsbezügen gemäß § 104 Abs 1 lit b RStDG, um die Disziplinarbeschuldigte in Hinkunft von weiteren unvertretbaren Verzögerungen abzuhalten und auch eine vorsätzliche Untätigkeit bei anderen der Disziplinargewalt der Disziplinargerichte für Richter und Staatsanwälte unterstehenden Organen zu vermeiden.

Bei der Bestimmung der von der Disziplinarbeschuldigten zu ersetzenden Kosten wurde auf ihre wirtschaftliche Situation und den keineswegs geringen Verfahrensumfang Bedacht genommen.

Oberlandesgericht Graz als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte

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