JudikaturJustiz9ObA80/94

9ObA80/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Mai 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Kurt Resch und Winfried Kmenta in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag.Manfred F*****, vertreten durch Dr.Clement Ahammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Land Vorarlberg, Bregenz, Landhaus, vertreten durch Dr.Reinhold Moosbrugger, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Feststellung des aufrechten Bestandes eines Dienstverhältnisses, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.Dezember 1991, GZ 5 Ra 185/91-23, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 8.Juni 1991, GZ 35 Cga 118/90-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 19.071,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 3.178,20 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Wirkung vom 1.10.1984 wurde der Kläger über seine Bewerbung vom beklagten Land Vorarlberg in der Verwendungsgruppe a angestellt, auf einen Dienstposten des Volksbildungsdienstes ernannt und dem Amt der Vorarlberger Landesregierung zur Dienstleistung zugeteilt. Dabei wurde dem damals 36-jährigen Kläger die Aufnahme in das Beamtenverhältnis auch nach Vollendung des 40.Lebensjahres bei Erfüllung der sonstigen Anstellungserfordernisse zugesagt. Der Kläger versah ab Oktober 1984 in der Abteilung II b des Amtes der Vorarlberger Landesregierung "Wissenschaft und Volksbildung" Dienst. Leiter dieser Abteilung war damals der inzwischen verstorbene Dr.Reinhold B*****. Der Kläger hat nie eine Dienstprüfung abgelegt und wurde auch nicht zum Beamten ernannt. Der Kläger betreute hauptsächlich die sogenannten "Universitätslehrgänge". Diese fallen in die Kompentenz des Bundes. Die beklagte Partei stellt für die Lehrgänge aber Büros, Unterrichtsräumlichkeiten und auch Personal zur Verfügung und trägt die hieraus erwachsenden Kosten.

Zu Beginn informierte der Kläger den Abteilungsvorstand über alle Aktivitäten. Nach zwei Lehrgängen wollte Dr.B***** nur mehr über die wesentlichen Entscheidungen des Klägers informiert werden. Der Kläger ließ sich dann ein Briefpapier mit dem Kopf "Geschäftsstelle für Universitätslehrgänge im Amt der Vorarlberger Landesregierung" anfertigen und bezeichnete sich ab einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt als "Geschäftsführer für Universitätslehrgänge". Dies war sowohl dem seinerzeitigen Abteilungsvorstand Dr.B*****, als auch dessen Nachfolger Hofrat Dr.R***** und dem Landesamtsdirektor bekannt. Am 4.11.1987 wies Dr.B***** in einem für den Landeshauptmann bestimmten Amtsvermerk auf die Notwendigkeit einer Klärung des künftigen Status der erwähnten Geschäftsstelle hin, weil die Frage ua auch bezüglich der Budgetverantwortlichkeit und des Weisungsrechtes verschiedentlich zum Diskussionsgegenstand gemacht worden sei. Am 23.8.1988 wies Dr.B***** neuerlich in einem für den Landeshauptmann bestimmten Amtsvermerk darauf hin, daß sich ein immer stärkeres Autonomiebedürfnis des Klägers zeige, der Planung, Aufbau und Betreuung der Bildungseinrichtungen mit Einsatz bewerkstellige. Geklärt werden müsse aber insbesondere die Budgetverantwortlichkeit der direkt vom Kläger aufgrund der gegebenen Situation "ohne Aufsichtspflicht des Abteilungsvorstandes" getragenen Aktivitäten. Schließlich wandte sich Dr.B***** in einem vertraulichen Schreiben an den Kläger selbst, in dem er darauf hinwies, daß die Abteilungsleitung bemüht sie, mit der zu dieser Abteilung gehördenden Geschäftsstelle für Universitätslehrgänge "mit wenig Vorschriften zu koopieren". Bei Mißverständnissen werde um "jeweilige offene und sofortige Information" gebeten. Ab September 1988 würden wieder regelmäßige Sachbearbeitersitzungen aufgenommen. Die Beseitigung von Problemen müsse amikal und kooperativ erfolgen. Nachdem telephonische spezifische Kontaktaufnahmen nicht zielführend erschienen, würden jeweils persönliche Gespräche vorgeschlagen.

Im Mai 1989 verstarb der Abteilungsvorstand Dr.B***** an einem Gehirntumor. Mit 1.7.1989 wurde Hofrat Dr.R***** zum Vorstand der Abteilung ernannt. Über das Thema Kompentenzverteilung kam es am 20.7.1989 zu einem Gespräch zwischen dem Abteilungsvorstand, dem Landesamtsdirektor und dem Kläger, das ebensowenig ein abschließendes Ergebnis brachte, wie ein weiteres Gespräch zwischen dem Abteilungsvorstand und dem Kläger am 2.8.1989. An dieses Gespräch anknüpfend richtete der Kläger am 8.8.1989 ein Schreiben an den Abteilungsvorstand Dr.R*****, in dem er ua ausführte:

".... Ich habe ja schon öfters in den letzten 5 Jahren die bittere Erfahrung machen müssen, daß Sie in bestimmten Situationen die Dinge "drehen" und "wenden" (darstellen), wie es Ihnen gerade genehm erscheint. Dies habe ich ausführlich - nicht erschöpfend - in meinem Brief an Herrn Landeshauptmann vom 10.11.1988 auch dargestellt und Ihnen mit Schreiben vom 21.11.1988 zur Kenntnis gebracht.

Berücksichtigt man Ihre Äußerungen bezüglich Zusammenarbeit beim

Gespräch mit Herrn Landesamtsdirektor am 20.7.1989, so war Ihr

Vorgehen und Ihre Äußerungen bei unserem Gespräch am 2.8.1989 für

mich so etwas wie ein "Keulenschlag" ... Da Sie mir in unserem

Gespräch nach einigen Sätzen nahelegen, "die Konsequenzen zu ziehen",

das hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten, da Sie ja bei der

Herausgabe des Leitbildes der Vorarlberger Landesverwaltung

mitgewirkt haben ... Ob ihr Verhalten bzw Ihre Äußerungen auch den

Tatbestand einer Verletzung Ihrer Dienstpflichten bedeuten, wird noch zu klären sein, insbesondere auch, ob gegebenenfalls ein Dienstrechtsverfahren nach dem AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) auf Grund eines Antrages erfolgen wird oder eine amtswegige Einleitung zu erfolgen hat. Zweck eines solchen Verfahrens nach dem AVG und DVG (DienstrechtsverfahrensG) ist, den maßgebenden Sachverhalt festzustellen, wobei dafür der Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Grundsatz des Parteiengehörs anzuwenden ist". Es folgen dann Erläuterungen zum Begriff des Grundsatzes der materiellen Wahrheit. Schließlich heißt es:

"Ihre vorerwähnte Darstellung gegenüber Dr.W. L***** ist wohl keine schlüssige (plausible) Erklärung für Ihr Verhalten bzw Ihre Äußerungen. Ihr Versuch der "Einschüchterung" und "Drohung" bewirken das Gegenteil dessen, was nach Herrn Landeshauptmann wesentlich für die Verwirklichung des Leitbildes ist, nämlich ein Klima der Offenheit und des gegenseitigen Vertrauens. Das müßten Sie eigentlich doch wissen. Daher liegt die Frage nahe, haben Sie demnach vorsätzlich gehandelt??"

Am 24.10.1989 übernahm Landesstatthalter Dipl.Vw.Siegfried G***** die Abteilung II b in seinen Wirkungsbereich als Mieglied der Vorarlberger Landesregierung. Im Hinblick darauf ersuchte der Abteilungsvorstand Dr.R***** am 23.10.1989 den Kläger mittels Dienstvermerkes unter Bezugnahme auf einen Wunsch dieses nunmehr zuständig werdenden Regierungsmitgliedes um eine vollständige Übersicht über die vom Kläger geplanten Projekte im Rahmen der Hochschullehrgänge bis spätestens 27.10.1989 morgens. Dem Kläger wurde auch zur Kenntnis gebracht, daß alle Schriftstücke zwischen dem Kläger und Universitäten bzw Ministerien - national oder international - dem Abteilungsvorstand vor der Abfertigung zur Gegenzeichnung vorzulegen seien. Darauf sandte der Kläger am 25.10.1989 dem Abteilungsvorstand ein Vorlesungsverzeichnis samt einer Aufstellung über die laufenden Universitätslehrgänge.

Am 15.12.1989 nahm der Kläger als Vertreter der beklagten Partei an einer Feier anläßlich des Abschlusses von Lehrgängen an der Universität Innsbruck teil, wobei er anschließend ein Gespräch mit dem Rektor und zwei Dekanen hatte. Am 16.12.1989 sandte der Kläger dann ohne Kenntnis und Wissen des Abteilungsvorstandes Hofrat Dr.R***** oder des zuständigen Regierungsmitgliedes an den Rektor der Universität Innsbruck ein Schreiben, in dem er sein Konzept für ein universitäres Zentrum in Vorarlberg entwickelte. Mit Schreiben vom 29.12.1989 an das zuständige Regierungsmitglied Landesstatthalter Dipl.Vw.G***** berichtete er dann über das Gespräch und das Schreiben und schloß diesem Schreiben das PS an: "Da die "Wechselbäder", die Herr R***** meint, mir verabreichen zu müssen, für mich langsam unerträglich werden, nehme ich mir in meinem Urlaub die Zeit, Ihnen eine ausführliche Stellungnahme zu den Vorgängen der letzten Wochen und Monaten zu erstellen." Darauf teilte der Landesstatthalter Dipl.Vw.Dr.G***** dem Kläger am 2.1.1990 telephonisch mit, daß dieser nicht befugt sei, irgendwelche Erklärungen an dem zuständigen Regierungsmitglied bzw dem Abteilungsvorstand vorbei gegenüber Universitäten abzugeben.

Am 11.1.1990 richtete der Kläger einen 18-seitigen Brief mit 13 Beilagen an den Landesstatthalter Dipl.Vw.Dr.G*****, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte:

".. Dieser Brief ist sicher ungewöhnlich - in mehrerer Hinsicht.

Ungewöhnlich ist aber auch die Behandlung, die meiner Arbeit und

meinen Ideen im Landhaus zuteil wird. Dr.R***** hat nun den Bogen

überspannt, nicht zuletzt deshalb, weil er meine Würde und Ehre mit

"Füßen getreten" hat. Ich werde Ihnen gründlich und ausführlich

nachweisen, auf welch ungute, ja üble Weise meine Ideen ignoriert und

unterdrückt werden. Deshalb muß ich wohl zunächst Voltaire zu Wort

kommen lassen .... seit 6 Monaten werden allerdings im Landhaus aus

völlig unbegreiflichen Gründen die mit großer Unterstützung von Herrn

Dipl.Ing.Jürgen Z***** und Herrn Dipl.Ing.Günther R***** erfolgreich

eingeleiteten Aktivitäten im Bereich Design blockiert..... In diesem

Gespräch unterbreitete ich Ihnen auch mein starkes Befremden über das "unverschämte Beschneiden" durch Dr.R*****, indem er nicht einmal in der Sitzung der Wissenschaftskommission einen Tagesordnungspunkt "Universitätslehrgang" vorsah (Anlage 2). Sie sagten dazu, daß Sie mit Dr.R***** reden und ich von Ihnen hören werde. Am 4.12.1989 gab es dann auf Ihre Veranlassung hin bei Herrn Landesamtsdirektor Dr.F. E***** ein längeres Gespräch. Dabei war es für mich schon sehr erstaunlich, daß Sie in Kenntnis des dargelegten Verhaltens von Dr.R***** vom 2.8. - siehe Anlage 1 - erklärten, Sie würden voll hinter R***** stehen und ich müsse R***** akzepieren. Ich erwiderte

Ihnen, dies läßt mein Selbstwertgefühl nicht zu ... Am 7.12.1989 ....

sprach ich mit Dr.R***** diesbezüglich ... Herablassend bemerkte er

dazu, er werde dies bei der Sitzung entscheiden. Bei diesem Gespräch kündigte er mir auch Änderungen bei der Abwicklung der Finanzen für 1990 an und fügt gleich hinzu: "Sie sind Sachbearbeiter und wenn Sie das nicht akzeptieren, sage ich Ihnen nochmals, dann müssen Sie eben die Konsequenzen ziehen" ... Bevor ich nun zu dem unglaublichen Verhalten Dr.R***** im eben dargelegten Abschnitt auch zu seinem Blockieren in Sachen Design Stellung nehme möchte ich Ihnen zunächst noch die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung (Diplomarbeit) zur Kenntnis bringen. Ich denke, diese Ergebnisse legitimieren mich auch zu einem Urteil über Dr.R*****, andererseits liefern die Ergebnisse auch jene Gründe, die Dr.R***** so sehr zu unterdrücken bestrebt ist. Ein nachhaltiger Erfolg in der Wissenschaftsabteilung, der nicht seinen Namen trägt, das kann und darf nicht sein. .... Es ist einfach unglaublich, von seiner öffentlichen Ankündigung ein Wissenschaftskonzept zu erarbeiten, war von Dr.R***** abermals kein Wort zu hören und das, was er zur Studie "Wissenschaftsprojekt-Vorarlberg" ausführte, kann ich ebensowenig beschreiben wie Nebel. Einige Teilnehmer, auch Sie Herr Landesstatthalter, haben ja die Ausführungen von Dr.R***** zu genannter Studie als ziemlich nebulos bezeichnet. .... Und daß er meine Arbeit als Vorgesetzter blockiert (Design) und die anderen Bereiche in unerträglicher Weise behindert, habe ich ja bereits ausführlich dargelegt. ....Ich meine, daß Dr.R***** CV-Mitgliedschaft doch erheblich die Bestellung zum Abteilungsvorstand begünstigt hat. Auch der Bestellungsvorgang liefert dafür nachhaltige Hinweise. Die Stellenausschreibung (nur im Amtsblatt der Landesregierung), die Einschränkung der Bewerber mit einem geisteswissenschaftlichen Studium (Dr.phil ist Dr.R*****s akademischer Grad), wie und wann die Zustimmung der Personalvertretung eingeholt wurde (mündlich am Tag des Beschlusses durch die Landesregierung ist zumindest nicht vorschriftsmäßig) stützen diese Aussage. Und daß Dr.R***** zudem gleich pragmatisiert und von der Dienstprüfung "befreit" wurde, ist ein weiteres Indiz dafür. Ob allerdings Dr.R***** im Verwaltungsrecht, Dienstrecht etc kundig ist, wage ich zu bezweifeln. Gleiches gilt für das Hochschulrecht. Seine Stellungnahmen - wenn es überhaupt welche geben wird - zu den Novellen des UOG, AHStG, im Kunsthochschul- und Akademie-Organisationsgesetz werden dies offenbaren ..."

Hierauf fand am 5.2.1990 im Büro des Landesstatthalters eine Unterredung zwischen diesem, dem Landesamtsdirektor und dem Kläger über diesen Brief des Klägers und sein Verhältnis zum Abteilungsvorstand Dr.R***** statt, wobei der Landesamtsdirektor den Kläger darauf hinwies, daß der Leiter der Abteilung Vorgesetzter aller Bediensteten der Abteilung sei und die Verantwortung für die Tätigkeit seiner Mitarbeiter trage, der eine Informations- und Beteiligungspflicht für den Kläger entspreche. Bei diesem Gespräch wurde dem Kläger auch ein mit 2.2.1990 datiertes Schreiben über das Verhalten gegenüber Vorgesetzten übergeben, in dem ua auf die Weisungsgebundenheit der Bediensteten einer Abteilung gegenüber deren Vorstand hingewiesen wurde. Mündlich wies der Landesstatthalter gegenüber dem Kläger auch darauf hin, daß sich der verstorbene Abteilungsvorstand Dr.B***** ihm gegenüber öfters darüber beklagt habe, daß der Kläger die Führungsstruktur der Abteilung nicht anerkannt habe, und äußerte in diesem Zusammenhang: "Sie haben Dr.B***** fertiggemacht". Der Kläger entgegnete, das sei zuviel und G***** dürfe derartiges nicht behaupten. Darauf äußerte der Landesstatthalter, daß er dies aus den Aktenvermerken habe. Die Besprechung endete mit dem Ersuchen des Landesstatthalters an den Landesamtsdirektor, zu prüfen, ob eine Herausssführung der Geschäftsstelle aus der Abteilung II möglich sei.

Eine inzwischen am 2.2.1990 beim Landesstatthalter eingelangte Anfrage der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg betreffend den Hochschullehrgang "Design", die der Landesstatthalter mit der Anweisung, express mit Dr.K***** (der anfragenden Kammer) ein Gespräch über die weitere Vorgangsweise zu führen an den Abteilungsvorstand Dr.R***** weitergegeben hatte, ließ dieser am 5.2.1990 dem Kläger mit dem handschriftlichen Zusatz "mit der Bitte um einen Beantwortungsentwurf für den Herrn Landesstatthalter" zukommen. Darauf reagierte der Kläger mit Schreiben vom 8.2.1990 an den Landesstatthalter, daß er mit bestem Willen der Bitte des Hofrates R***** um Antwortentwurf nicht nachkommen könne und er diese Bitte eigentlich als "ziemliche Provokation" empfinde, da Hofrat R***** am 20.7.1989 erklärt habe, die weiteren Schritte in Sachen Designlehrgang zu setzen. Am 8.2.1990 richtete der Kläger ein weiteres Schreiben an den Landesstatthalter mit folgendem auszugsweisen Inhalt:

"Beim Gespräch am letzten Montag haben Sie Feststellungen getroffen, die mich zwingen, Ihnen folgendes zur Kenntnis zu bringen. Sie begannen die Aussprache mit den Worten, daß Sie meinen Brief vom 11.1.1990 im Urlaub studiert hätten, mit vielem konform gehen, aber meine Hinweise, daß Dr.R*****s CV-Mitgliedschaft den Ausschlag für seine Bestellung zum Abteilungsvorstand gab, wiesen Sie als "Untergriff" zurück. Dazu stelle ich nochmals fest, die fachliche Qualifikation R*****s kann nicht das Kriterium für seine Bestellung gewesen sein, wie sich dies ja ausführlich in Fakten im meinem Brief vom 11.1.1990 belegt habe. Nach Ihren Eingangsfeststellungen erläuterte Herr Landesamtsdirektor Dr.F. E***** die Geschäftsordnung des Amtes der Landesregierung und die Aufgaben des Abteilungsvorstandes und gab mir dazu auch einen Brief, in welchem dies festgehalten ist. Im Verlaufe des weiteren Gespräches trafen Sie zu meiner Person Feststellungen, die ich nur als Einschüchterung auf ...-Niveau bezeichnen kann. Sie zwingen mich, mich dazu schriftlich zu äußern, denn tue ich das nicht, läuft dies ja auf ein Einverständnis meinerseits dazu hinaus. Ihre Feststellung; "Sie haben B***** fertiggemacht" ist für mich einfach zuviel. Auf meine Rückfragen, ob Sie sich der Tragweite eines solchen Vorwurfs bewußt sind, sagten Sie: "Ich bleibe dabei. Mir hat das B***** persönlich gesagt". An dieser Stelle möchte ich mich auf den Hinweis beschränken, daß Dr.R. B***** die erste Dienstbeurteilung über mich im Herbst 1986 abgab. Seine ausführliche Beurteilung hat er vor Übermittlung an die Abteilung PrsA mir zur Kenntnis gebracht. Dabei traf Dr.B***** Feststellungen über die Eigenschaften von mir, die Sie mir am letzten Montag rundum absprachen. ... Sollten Sie also bei Ihrer getroffenen Feststellung bleiben, werde ich für die Klärung/Wahrheitsfindung gegebenenfalls auch Herrn Landeshauptmann aD Dr.H. K***** bemühen müssen.

.... Daß Hofrat R***** eine besondere Gabe für Ankündigungen hat,

macht sein Interview .... einmal mehr deutlich. ... Ich meine, daß

die drei erwähnten Ankündigungen dem Amt der Landesregierung Schaden

zufügten ... Ich fühle mich diesen Sätzen (des Landeshauptmannes)

sehr verpflichtet. Dies schließt für mich ein, daß ich entschlossen bin, bei Ausbleiben von Entscheidungen, die ein faires Verfahren zur Klärung der Probleme bewirken, ich mich an den Rechnungshof wende und gegebenenfalls auch an die Öffentlichkeit gehe (Der Leiter der Grundsatzabteilung im Rechnungshof, Doz.Dr.H*****, genießt ja allseits hohes Ansehen....) ...".

Darauf veranlaßte der Landeshauptmannstellvertreter Dipl.Vw.G***** eine Unterredung mit dem Kläger im Beisein des Altlandeshauptmannes Dr.K*****. Bei diesem Gespräch sagte altlandeshauptmann Dr.K***** zum Kläger, daß sich auch der Kläger unterordnen und den Anordnungen der Dienstgeberseite Folge leisten müsse. Das Ergebnis der Besprechung war aber wieder, daß der Landesstatthalter sich um eine interne Kompentenzabgrenzung für die Universitätslehrgänge, allerdings eingebunden in die Organisationsstrukturen der Landesverwaltung, bemühen werde. Der Landesstatthalter ersuchte dann auch den Landesamtsdirektor um Klärung, ob in bezug auf den Kläger eine Sonderkonstruktion geschaffen werden könne.

Am 16.3.1990 sandte der Kläger ein weiteres Schreiben an den Landesstatthalter, in dem er eine Regelung urgierte, die weiterhin eine effektive Arbeit gewährleiste und führt aus: "Da ich nun über drei Wochen auf eine Antwort von Ihnen warte, kann ich mein Befremden darüber nicht mehr verbergen."

Der Landesstatthalter leitete dieses Schreiben an den Vertreter des Landesamtsdirektors weiter. Inzwischen war aber der Landesamtsdirektor nach Prüfung der Angelegenheit zur Auffassung gelangt, daß eine allfällige Ausgliederung des Klägers aus der Abteilung II b rechtlich nicht möglich sei. Mit Schreiben vom 20.3.1990 machte er den Kläger unter Bezugnahme auf dessen Schreiben vom 16.3.1990 ausdrücklich darauf aufmerksam, daß eine Ausnahmeregelung für ihn (den Kläger) nicht möglich sei. Gleichzeitig wurde "die Einhaltung der diesbezüglichen Vorschriften daher nachhaltig in Erinnerung" gerufen.

Am 28.3.1990 urgierte die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg gegenüber dem Landesstatthalter die Anfrage bezüglich des hochschullehrganges "Design". Als dieses Schreiben dem Kläger zur Kenntnis gelangte, schrieb er am 29.3.1990 an den Landesstatthalter wegen dessen Äußerung gegenüber dem Kläger, er habe "Dr.B***** fertiggemacht" und ersuchte ihn, ihm den Aktenvermerk zu übermitteln, auf den der Landesstatthalter diese Feststellung beim Gespräch mit Altlandeshauptmann Dr.K***** geschützt habe. Er sei ganz sicher, daß eine derartige Behauptung jeder Grundlage entbehre und für ihn sei daher der Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 StGB gegeben, was ihn zwinge, die entsprechenden Schritte zu setzen. Dann brachte der Kläger in Erinnerung, daß Hofrat Dr.R***** seit Anfang Februar 1990 die Anfrage der Handelskammer bezüglich des Hochschullehrganges "Design" nicht beantwortet habe, was ein gravierendes Versäumnis des Hofrates Dr.R***** sei. Er führt dann weiter aus: "Wenn das weiterhin von Ihnen gedeckt wird, sehe ich mich gezwungen, den Landtag unverzüglich zu informieren". Die Abhaltung von Hochschullehrgängen falle in den Wirkungsbereich der Universitäten. Er (der Kläger) habe dies von Anfang sehr beachtet. Der Kläger setzt dann fort: "Wenn Sie Kammeramtsdirektor Dr.P***** und Hofrat R***** glauben, wird sich dies als folgenreiche Fehleinschätzung erweisen.

Anschließend kündige ich Ihnen an, daß ich eine Stellungnahme über das Technikum Vorarlberg und zu Schloß Hofen vorbereite. Was ich da Ihnen, Kammeramtsdirektor P***** und Hofrat R***** nachweisen werde, ist nicht wenig."

Der Landesstatthalter übersandte diesen Brief an den Vertreter des Landesamtsdirektors. Inzwischen hatte der Abteilungsvorstand des Klägers Hofrat Dr.R***** wiederholt beim Landesstatthalter darüber geklagt, daß er vom Kläger über die Geschäfte im Rahmen seiner Abteilung nicht informiert werde. Nach dem 20.3.1990 wurde eine solche Klage vom Abteilungsvorstand nicht mehr erhoben.

Mit Schreiben vom 2.4.1990 wurde dem Kläger zur Kenntnis gebracht, daß die Vorarlberger Landesregierung an diesem Tag beschloß, den Kläger gemäß § 128 Abs 1 lit e LBedG mit sofortiger Wirkung zu entlassen. Die Entlassung des Klägers wird auf dessen Brief vom 29.3.1990 an den Landesstatthalter gestützt, in dem dieser des Vergehens der üblen Nachrede gemäß § 111 Abs 1 StGB geziehen werde, ihm unterstellt werde, eine gröbliche Dienstpflichtverletzung eines anderen Landesbediensteten zu "decken" und er dem Landesstatthalter mit der Aufdeckung eigener Fehlleistungen gedroht habe. Der Landesstatthalter sei der Vorgesetzte des Klägers und der Kläger habe durch den Brief vom 29.3.1990 die im § 38 Abs 1 des LBedG festgelegte Dienstpflicht, den Vorgesetzten gegenüber den gebotenen Anstand zu wahren, gröblich verletzt. Der Kläger habe sich dadurch eine schwere Verletzung der Dienstpflicht zuschulden kommen lassen. Darüberhinaus habe sich der Kläger beharrlich geweigert, die in der Geschäftsordnung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung niedergelegten Vorschriften des Inneren Dienstes, insbesondere betreffend die Weisungsgebundenheit und die Pflicht zur Information der Vorgesetzten, einzuhalten. Auch darin liege eine schwere Verletzung der Dienstpflichten. Das Original dieses Entlassungsschreibens wurde dem Kläger vom Vertreter des Landesamtsdirektors am Nachmittag des 2.4.1990 persönlich übergeben. Die Personalvertretung wurde von der beklagten Partei erst nach erfolgter Entlassung in Kenntnis gesetzt. Mit Schreiben vom 11.4.1990 brachte die Personalvertretung einen Protest gegen die fristlose Entlassung zum Ausdruck. Eine vom Kläger gegen die Entlassungserklärung beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 21.6.1990 mangels Vorliegens eines Bescheides zurückgewiesen.

Der Kläger vertrat in seiner Klage vorerst den Standpunkt, daß er in Wahrheit Beamter sei; ein in diesem Zusammenhang gestellter Antrag auf Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens hinsichtlich der Übergangsbestimmungen zum Vbg-LBedG wurde vom Erstgericht zurückgewiesen. Er begehrt die Feststellung, daß die von der beklagten Partei ausgesprochene Entlassung sowohl als Entlassung als auch als Kündigung unwirksam sei und das Dienstverhältnis aufrecht fortbestehe; die Entlassung sei aus Motiven erfolgt, die rechtlich verpönt seien. Die Entlassung sei nämlich nicht wegen der im Entlassungsschreiben genannten Gründe, sondern deshalb ausgesprochen worden, weil der Kläger in Wahrnehmung seiner dienstlichen, staatsbürgerlichen und vertraglichen Rechte massive Kritik am Wissenschafts- und Ausbildungsbetrieb der beklagten Partei geäußert und noch massivere Kritik angekündigt habe. Die Entlassung sei daher sittenwidrig und verstoße gegen Treu und Glauben. In eventu begehrte der Kläger die Zahlung eines Betrages von 405.696,60 S sA; selbst wenn die Entlassung nicht rechtsunwirksam sei, sei sie doch nach den Bestimmungen des Vbg-LBedG ungerechtfertigt, zumal der Kläger nicht in Beleidigungsabsicht gehandelt habe; allfällige Entlassungsgründe seien nicht rechtzeitig geltend gemacht worden. Dem Kläger stünde daher jedenfalls zu, worauf er im Fall einer Kündigung Anspruch gehabt hätte. Diese Ansprüche errechneten sich mit dem begehrten Betrag.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage; der Kläger sei berechtigt entlassen worden.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren des Klägers ab, verpflichtete die beklagte Partei im Rahmen des Eventualbegehrens zur Zahlung eines Betrages von 361.731,59 S sA an den Kläger und wies das Mehrbegehren ab. Die gesetzliche Grundlage dafür, daß durch die Ernennung des Klägers zum Landesangestellten ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Land Vorarlberg begründet worden sei (§ 2 Abs 3 und drittes Hauptstück des Landesbedienstetengesetzes), sei durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehoben worden. Dem Kläger sei daher der Status eines Vertragsbediensteten zugekommen. Die Entlassung sei deshalb erfolgt, weil der Kläger mehrfach gegen seine Dienstpflichten verstoßen habe. Die in § 132 Abs 2 Vbg-LBedG genannten Motive seien nicht vorgelegen, sodaß sich der Kläger nicht auf den Kündigungsschutz nach dieser Bestimmung berufen könne. Die Entlassung sei jedoch nicht berechtigt, weil insbesondere auch im Hinblick auf die Vorgangsweise seiner Vorgesetzten, sein Verhalten nicht so schwer wiege, daß der Tatbestand des geltend gemachten Entlassungsgrundes des § 128 Abs 1 lit e Vbg-LBedG erfüllt sei. Der Kläger habe daher gemäß § 129 Abs 2 leg cit Anspruch auf die Bezüge bis zu dem Zeitpunkt, in welchem das Dienstverhältnis durch Kündigung hätte aufgelöst werden können, sowie auf alle Leistungen, die ihm im Fall der Kündigung zugestanden wären. Diese Ansprüche errechneten sich in der zuerkannten Höhe, während dem Mehrbegehren keine Berechtigung zukomme.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Teile nicht Folge. Zu Recht sei das Erstgericht zum Ergebnis gelangt, daß die Entlassung unberechtigt erfolgt sei. Wohl sei das Verhalten des Klägers, der im Laufe der Zeit immer selbstherrlicher agiert habe, für seine Vorgesetzten unerträglich gewesen, doch dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, daß er gute Arbeit geleistet habe und seine Allüren von der Regierungsebene sogar vielfach unterstützt worden seien. Im Hinblick darauf, daß sich sein Verhalten über Jahre hingezogen habe, wäre es vor Ausspruch einer Entlassung erforderlich gewesen, daß ihm von seiten der beklagten Partei dieser Schritt für den Fall der Fortsetzung seines Verhaltens angedroht worden wäre. Dies sei unterblieben. Aus der Zusage im Einstellungsschreiben, daß die beklagte Partei eine allfällige Pragmatisierung nicht aus dem Grund ablehnen werde, daß der Kläger das vierzigste Lebensjahr bereits vollendet habe, könne ein vertraglicher Kündigungsschutz nicht abgeleitet werden. Zu einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen der §§ 129, 131 und 132 Vbg-LBedG bestehe schon mangels Präjudizialität kein Anlaß; denn auch dann, wenn man die Bestimmungen des VBG 1948 auf den vorliegenden Fall anwendete, wäre das Dienstverhältnis des Klägers kündbar, weil sein Verhalten den Tatbestand des § 32 Abs 1 lit f VBG erfülle. Auch für einen Gesetzesprüfungsantrag betreffend die Bestimmungen des Vorarlberger Personalvertretungsgesetzes bestehe kein Anlaß, weil nicht von einer Verpflichtung des Landesgesetzgebers, zur Normierung von Bestimmungen ausgegangen werden könne, die den vom Bundesgesetzgeber erlassenen entsprächen. Die Durchlässigkeit der Verwaltung werde hiedurch nicht berührt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Unwirksamkeit der Entlassung (Kündigung) und der Fortbestand des Dienstverhältnisses festgestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die erstgenannte Bestimmung (§ 132 Abs 1 VbgLBedG) mangels Präjudizialität nicht zu prüfen sei, kann nicht beigetreten werden. Hat der Oberste Gerichtshof oder ein zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständiges Gericht gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen (Art 89 Abs 2 Satz 2 B-VG). Ein Normenkontrollverfahren auf Grund eines gerichtlichen Antrages ist sohin zulässig und geboten, wenn die betreffende Norm durch das Gericht bei der Entscheidung über die anhängige Rechtssache anzuwenden ist; die Norm muß präjudiziell sein (Walter-Mayer, Grundriß der österreichischen Bundesverfassung7, 405). Präjudizialität in diesem Sinne liegt dann vor, wenn die Norm bei der dem Gericht zu treffenden Entscheidung unmittelbar anzuwenden ist. Ob die Aufhebung der fraglichen Gesetzesbestimmung auf das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung von Einfluß ist, ist nicht von Bedeutung; in die Prüfung der Frage, wie ohne Berücksichtigung dieser Norm zu entscheiden ist, ist erst einzutreten, wenn sie vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde.

Der Oberste Gerichtshof hegte Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 132 Abs 1 Vbg-LBedG und stellte daher mit Beschluß vom 16.9.1992 an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Wortfolge "Nach mindestens zwanzigjähriger Dienstzeit beim Land" in § 132 Abs 1 Vbg-LBedG als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 10.3.1994 hob der Verfassungsgerichtshof den ersten Halbsatz ("Nach mindestens zwanzigjähriger ununterbrochener Dienstzeit beim Land") im § 132 Abs 1 des Landesbedienstetengesetzes, Anlage zur Neukundmachungsverordnung Vorarlberger LGBl Nr 1/1988 als verfassungswidrig auf und sprach aus, daß die Aufhebung mit dem Ablauf des 31.12.1994 in Kraft und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.

An den Spruch des Verfassungsgerichtshofes sind nach Art 140 Abs 7 Satz 1 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden gebunden. Auf die vor Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles ist das Gesetz mangels eines gegenteiligen Ausspruches des Verfassungsgerichtes nach dem 2.Satz des zitierten Absatzes weiterhin anzuwenden. Anlaßfall ist die Rechtssache, die den Verfassungsgerichtshof zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bewogen hat (VfSlg 3103). Die Rückwirkung der Aufhebung auf den Anlaßfall besteht darin, daß dieser so zu entscheiden ist, als ob die aufgehobene Bestimmung im für die Entscheidung des Anlaßfalles maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr bestanden hätte (VfSlg 3961, 4072) so daß sie im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden ist (VfSlg 8934, SV-NF 5/92).

Daß die Voraussetzungen für die ausgesprochene Entlassung nicht vorlagen, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Zu prüfen ist nur mehr, ob die Auflösungserklärung als Kündigung das Dienstverhältnis (nach Ablauf der Kündigungsfrist) beenden konnte.

Nach den obigen Ausführungen ist für die Entscheidung der

vorliegenden Rechtssache § 132 Abs 1 Vbg-LBedG ohne den einleitenden

Halbsatz anzuwenden. Das Dienstverhältnis des Klägers kann demnach

nur bei Vorliegen eines der in lit a bis e dieser Norm angeführten

Gründe gekündigt werden. Im Hinblick auf das Vorbringen der beklagten

Partei kommt dabei nur der Tatbestand des § 132 Abs 1 lit c erster

Fall Vbg-LBedG in Frage. Danach kann das Dienstverhältnis gekündigt

werden, wenn sich der Bedienstete eines pflichtwidrigen dienstlichen

Verhaltens schuldig macht. Gemäß § 120 Vbg-LBedG sind die die

Pflichten der Landesbeamten betreffenden Bestimmungen dieses Gesetzes

(§ 28 ff leg cit) auf die Dienstverhältnisse der Landesangestellten

anzuwenden. Gemäß § 28 Abs 1 leg cit hat der Landesbeamte die

Geschäfte des Dienstzweiges, in dem er verwendet wird, unter

Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und

Unparteilichkeit zu besorgen. Gemäß § 29 ist er an die Weisungen der

ihm vorgesetzten Organe gebunden und diesen für seine amtliche

Tätigkeit verantwortlich. Gemäß § 38 hat der Landesbeamte gegenüber

seinen Vorgesetzten, seinen Mitarbeitern und den Parteien den

gebotenen Anstand zu wahren. Er hat im Dienst alles zu vermeiden, was

die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht

werden, untergraben könnte. Gemäß § 39 hat er alle Anliegen,

Vorstellungen und Beschwerden in dienstlichen oder sein

Dienstverhältnis berührenden persönlichen Angelegenheiten im

Dienstweg vorzubringen, es sei denn, die Einhaltung des Dienstweges wäre nicht zumutbar.

Gegen diese Verpflichtungen hat der Kläger in gravierender Weise verstoßen. Er war trotz wiederholter Aufforderungen nicht bereit, sich in die Organisation der beklagten Partei einzufügen, insbesondere sich den ihm erteilten Weisungen zu fügen. Obwohl ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß unmittelbare Kontakte zu Hochschulen nur im Weg über den Abteilungsleiter zulässig seien, ist er auch schriftlich unter Übergehung seines Vorgesetzten mit der Universität in Verbindung getreten. Die Mißachtung der Weisung, einen Bericht über einen konkret genannten Lehrgang zu verfassen, und die in diesem Zusammenhang unmittelbar an den Landesstatthalter gerichtete Beschwerde über den Abteilungsleiter ist nur der sichtbare äußere Ausdruck des schon seit längerer Zeit vom Kläger konsequent geübten Verhaltens und seiner grundsätzlichen Einstellung. Er nahm für sich eine Sonderstellung in Anspruch, ging selbstherrlich vor und weigerte sich hartnäckig, die seiner organisatorischen Eingliederung entsprechende Unterordnung unter die dienstliche Aufsicht seines Vorgesetzten zur Kenntnis zu nehmen. Mag es auch so gewesen sein, daß er längere Zeit hindurch das Wohlwollen von Landespolitikern genoß, die seine Allüren weitgehend deckten, so wurde ihm doch noch im Jahr 1989 mit Nachdruck zur Kenntnis gebracht, daß er sich in die Organisation einzufügen und die Weisungen seines Vorgesetzten zu beachten habe; ungeachtet dessen änderte der Kläger sein Verhalten nicht. Besonders ins Gewicht fallen die Schreiben, die der Kläger im Feber und März 1990 an den Landesstatthalter richtete und in denen er sowohl gegen den Leiter der Abteilung, der er eingegliedert war, wie auch gegen den Landesstatthalter selbst gravierende Vorwürfe erhob und dabei auch Drohungen äußerte. Mag der Kläger auch wegen einer Äußerung des Landesstatthalters im Zusammenhang mit seinem früheren, zwischenzeitig verstorbenen Vorgesetzten aufgebracht gewesen sein, rechtfertigt dies keineswegs unqualifizierte Vorwürfe, die mit dieser Angelegenheit in keinem Zusammenhang standen, und verschiedene Drohungen. Das Verhalten des Klägers erfüllte daher in seiner Gesamtheit den Kündigungsgrund des § 132 Abs 1 lit c erster Fall Vbg-LBedG. Dafür, daß der Kündigung ein verpöntes Motiv im Sinne des § 132 Abs 2 Vbg-LBedG zugrunde lag, bestehen keinerlei Anhaltspunkte.

Gemäß § 10 Abs 3 Vbg-Landespersonalvertretungsgesetzes (Vbg-LPVG) ist der Personalvertretung die vorgesehene Auflösung von Dienstverhältnissen möglichst zwei Wochen vorher schriftlich mitzuteilen; gemäß § 11 Abs 7 leg cit hat die Personalvertretung das Recht, innerhalb von einer Woche nach Einlangen der Mitteilung schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen. Anders als nach den Bestimmungen des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (§ 10 Abs 9, § 9 Abs 1 lit i PVG) ist nach dem Vbg-LPVG die vorherige Verständigung der Personalvertretung keine Voraussetzung für die wirksame Kündigung des Dienstverhältnisses. Eine dem § 10 Abs 9 PVG entsprechende Bestimmung enthält das Vbg-LPVG nicht. Der Umstand, daß die Personalvertretung erst nach der Entlassungserklärung verständigt wurde, steht der Beurteilung der Auflösungserklärung als wirksame Kündigung daher nicht entgegen.

Zu einer Anfechtung der von der Revision gleichfalls relevierten

Bestimmungen des Vorarlberger-Landes-Personalvertretungsgesetzes sah

sich der erkennende Senat, wie schon im Beschluß vom 16.9.1992

ausgeführt, nicht veranlaßt. Art 21 Abs 1 B-VG weist in Satz 1 den

Ländern die Gesetzgebung und Vollziehung in Angelegenheiten des

Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Länder, der

Gemeinden und der Gemeindeverbände zu. Im Satz 2 dieses Absatzes wird

bestimmt, daß die in den Angelegenheiten des Dienstrechtes

getroffenen Bestimmungen vom Bundesrecht nicht in dem oben

dargestellten Maß abweichen dürfen. Bezüglich des

Personalvertretungsrechtes wird eine solche Bindung an Grundsätze des

Bundesrechtes nicht vorgesehen. Wenn daher ein Land für den Bereich

der Personalvertretung gesetzliche Bestimmungen trifft, ist es nicht

gehalten, sich an diesbezüglichen Bestimmungen des Bundesrechtes zu

orientieren. Auch wesentliche Abweichungen des

Personalvertretungsrechtes der Länder vom Personalvertretungsrecht

des Bundes verstoßen nicht gegen Art 21 Abs 1 B-VG.

Der Revision mußte daher im Ergebnis ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
7