JudikaturJustiz9ObA136/90

9ObA136/90 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Jelinek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgnag Adametz und Eduard Giffinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Radmilla J***, Arbeiterin, Salzburg, Nußdorferstraße 1a, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei CAFE B*** Gesellschaft mbH, Salzburg, Schwarzstraße 3, vertreten durch Dr. Wolf-Dietrich Jetzelsberger und Dr. Malte Berlin, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 77.744 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Feber 1990, GZ 12 Ra 6/90-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Oktober 1989, GZ 20 Cga 218/88-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.857,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 642,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, auf diese Begründung zu verweisen (§ 48 ASGG). Zu den Revisionsausführungen ist ergänzend zu bemerken:

Auszugehen ist davon, daß die - nicht sehr gut deutsch sprechende - Klägerin, unmittelbar nachdem sie vom Tod ihres Gatten in Jugoslawien erfahren hatte, die Geschäftsführerin der beklagten Partei weinend bat, ihr die nächsten Tage frei zu geben, damit sie am Begräbnis des "Vaters ihrer Kinder" teilnehmen könne. Diese Bitte verweigerte ihr diese mit dem Hinweis, daß die Klägerin mit dem Verstorbenen nicht verheiratet gewesen sei - sie wußte über deren Familienstand nicht genau Bescheid; sie hielt sie für ledig oder geschieden - und jetzt Hochsaison sei; für den Fall des Zuwiderhandelns drohte sie ihr die fristlose Entlassung an. Die Klägerin fuhr dennoch nach Jugoslawien zum Begräbnis. Als sie nach zwei Tagen die Arbeit wieder antreten wollte, erfuhr sie, daß sie entlassen worden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung kann jede unvorhersehbare Kollision von Vertragspflichten mit einer höherwertigen Pflicht das ansonsten pflichtwidrige Unterlassen der Dienstleistung im Einzelfall rechtfertigen. Es ist eine Interessenabwägung bei Kollision der Arbeitsvertragspflichten mit anderweitigen privaten Pflichten vorzunehmen (ArbSlg 9578; 9672; 10.521 mwH; zuletzt 9 Ob A 260/89). Ein rechtmäßiger Hinderungsgrund liegt in der Teilnahme am Begräbnis naher Verwandter oder anderer Personen, zu denen eine sonstige enge soziale Bindung besteht (ArbSlg. 9918). Auch wenn die Klägerin mit dem Verstorbenen nicht oder nicht mehr im selben Haushalt lebte, gehört doch der "Vater ihrer Kinder" in der Regel zu diesem Personenkreis. Ihr Wunsch, ihn zur letzten Ruhe zu geleiten, entspricht Sitte und Anstand und rechtfertigt einen zweitägigen Urlaub, um am Begräbnis im Ausland teilnehmen zu können. Die Klägerin teilte der Geschäftsführerin der beklagten Partei daher einen rechtmäßigen Hinderungsgrund mit, der dann, wenn sie, wie hier, eigenmächtig und entgegen dem ausdrücklichen Verbot dennoch zum Begräbnis fuhr, eine Entlassung nicht rechtfertigt (RdW 1987, 419 ua). Es ist daher unerheblich, ob die Geschäftsführerin der beklagten Partei konkret wußte, daß die Klägerin mit dem Verstorbenen (noch) verheiratet war und ob sie die Äußerung der Klägerin ohnehin in diesem Sinn verstand. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.