JudikaturJustiz7Bs33/14y

7Bs33/14y – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
11. März 2014

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Gföllner als Vorsitzende, Dr. Henhofer und Mag.a Hemetsberger in der Strafsache gegen K***** A***** u.a. wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des K***** A***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 23. Jänner 2014, 13 Hv 131/13d - 75, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit – nicht rechtskräftigem - Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 23. Jänner 2014, 13 Hv 131/13d-74, wurden K***** A***** und A***** U***** (so weit hier von Relevanz) zu Punkt A. des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Demnach haben am 2. Juni 2013 in Dauersdorf den Ehegatten H***** T***** A***** und E***** A***** sen. fremde bewegliche Sachen in einem EUR 50.000,00 übersteigenden Wert, nämlich einen Schranktresor beinhaltend EUR 40.000,00 Bargeld, Schmuck und Uhren im Wert von zumindest EUR 40.000,00 und 10 Stück ATS 1.000,00 Goldmünzen, weiters eine Geldbörse samt EUR 4.000,00 Bargeld sowie ein Mobiltelefon der Marke Nokia im Wert von EUR 55,90 durch Einbruch in ein Gebäude mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

I. A***** U***** in bewussten und gewolltem Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten M***** M***** und einem bislang unbekannten Mittäter, indem M***** M***** und der unbekannte Mittäter das südöstlich gelegene Fenster zum Esszimmer des Wohnhauses der Familie A***** mit einem unbekannten Flachwerkzeug aufzwängten, derart in das Haus einstiegen und in der Folge die angeführten Wertgegenstände mitnahmen, während A***** U***** Aufpasserdienste leistete und dafür Sorge zu tragen hatte, den Abtransport der Beute durch Kontaktaufnahme mit K***** A***** zu gewährleisten, wobei

II. K***** A***** zu der oben angeführten Tathandlung beitrug, indem er A***** U*****, den abgesondert verfolgten M***** M***** und den bislang unbekannten Mittäter durch Weitergabe von Informationen auf das Tatobjekt und die Tatbeute aufmerksam machte, sie bezüglich Tatörtlichkeiten und modus operandi instruierte, sie in der Tatnacht mit seinem PKW zum Tatobjekt fuhr, nach vollendeter Tat einen Fluchtfahrer in der Person des H***** Ü***** organisierte und in weiterer Folge auch daran mitwirkte, den Tresor im Keller der Pizzeria des N***** Ö***** zu öffnen.

In der Hauptverhandlung vom 23. Jänner 2014 gab K***** A***** zu seinem Auto befragt an, er habe sein (neues) Auto im Februar/März 2013 um EUR 10.000,00 gekauft, es habe das Kennzeichen *****. Die Staatsanwältin beantragte daraufhin die „Konfiskation des Fahrzeuges nach § 19a Abs 1 StGB und gleichzeitig die Beschlagnahme dieses Fahrzeuges zur Sicherung der Entscheidung über die Konfiskation gemäß § 115 Abs 1 Z 3 StGB“. K***** A***** sowie dessen Verteidigerin sprachen sich dagegen aus (AS 26 ff in ON 73).

In der Folge fasste der Schöffensenat den Beschluss auf Beschlagnahme des im Eigentum des K***** A***** stehenden PKW BMW 560L, Bj. 2006, Fahrgestell Nr. WBANC31040CX74549, sowie des dazugehörigen Typenscheins und der beiden Fahrzeugschlüssel gemäß §§ 115 Abs 1 Z 3 erster Fall iVm 210 Abs 3 StPO, den der Vorsitzende in der Hauptverhandlung mündlich verkündete. Zur Begründung führte er aus, dass der BMW der Konfiskation unterliegen könnte, weil der Verdacht bestehe, das Fahrzeug sei bei der Begehung von strafbaren Handlungen verwendet worden (AS 35 f in ON 73). Eine Rechtsmittelbelehrung dazu ist dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen. Die Verteidigerin des K***** A***** erklärte laut HV-Protokoll, gegen den Beschlagnahmebeschluss Beschwerde einzubringen (AS 37 in ON 73).

Die schriftliche Ausfertigung des Beschlagnahmebeschlusses, der keine Rechtsmittelbelehrung enthält, wurde gemeinsam mit dem HV-Protokoll und der Urteilsausfertigung (siehe Zustellverfügung auf S 16 in ON 74) am 10. Februar 2014 zugestellt.

Dagegen richtet sich die am 24. Februar 2014 eingebrachte Beschwerde des K***** A*****, mit der er beantragt, die in der Hauptverhandlung ausgesprochene Beschlagnahme für unzulässig zu erklären und aufzuheben (ON 89).

Die (fristgerechte) Beschwerde ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auch wenn der angefochtene Beschluss in der Hauptverhandlung gefasst wurde, ist er nach der allgemeinen Bestimmung des § 87 Abs 1 StPO mittels Beschwerde (abgesondert) anfechtbar.

Gemäß § 35 Abs 2 StPO entscheiden die Gerichte mit Beschluss, soweit sie nicht bloß eine auf den Fortgang des Verfahrens oder die Bekanntmachung einer gerichtlichen Entscheidung gerichtete Verfügung erlassen. In der Hauptverhandlung entscheidet das Schöffengericht überdies immer dann mit Beschluss (also auch hinsichtlich bloß den Fortgang des Verfahrens betreffende Umstände), wenn darüber widerstreitende Anträge der Beteiligten vorliegen oder der Vorsitzende einem unbestrittenen Antrag eines Beteiligten nicht Folge zu geben gedenkt (§ 238 Abs 2 StPO). Solche in der Hauptverhandlung zu verkündende Beschlüsse, bei denen – entgegen der allgemeinen Regel des § 86 Abs 2 StPO - Ausfertigung und Zustellung zu unterbleiben haben, sind gemäß § 238 Abs 3 letzter Satz StPO nicht gesondert anfechtbar (vgl 15 Os 184/09m; Danek in WK-StPO § 238 Rz 13 f).

Der Beschwerdeausschluss des § 238 Abs 3 StPO bezieht sich erkennbar auf Zwischentscheidungen prozessleitender Natur, um insbesondere Verfahrensverzögerungen hintanzuhalten. So gibt es gegen Beschlüsse über Beweisanträge in der Hauptverhandlung kein selbstständiges Rechtsmittel, sie können aber gemeinsam mit dem Urteil (über den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO) angefochten werden. Auch gegen den Beschluss auf Vertagung steht den Beteiligten gemäß § 226 Abs 4 StPO kein selbstständiges Rechtsmittel zu Verfügung; aber auch hier kann das Urteil über § 281 Abs 1 Z 4 StPO angefochten werden. Schließlich ist eine Beschwerde gegen den Beschluss nicht zulässig, mit dem die Öffentlichkeit einer Hauptverhandlung ausgeschlossen wird (§ 229 Abs 3 StPO). In diesem Fall ist eine Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO möglich. Aus diesen Einzelbestimmungen könnte der Schluss gezogen werden, dass es gegen Beschlüsse in der Hauptverhandlung kein selbstständiges Rechtsmittel gibt. Auf Grund der generellen Regel des § 87 StPO – aber auch im Hinblick auf Art 13 MRK - muss dies aber explizit im Gesetz festgehalten sein, andernfalls sehr wohl ein Rechtsmittel zulässig wäre (vgl Tipold in WK-StPO § 85 Rz 6 mwN). Die Grundtendenz des Gesetzes (ableitbar aus §§ 238 Abs 3, 226 Abs 4 und 229 Abs 3 StPO), wonach in der Hauptverhandlung gefasste Beschlüsse überwiegend nicht selbstständig anfechtbar sind und diesbezügliche Mängel ausschließlich im Wege der Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen aufgegriffen werden können, ist nicht verallgemeinerungsfähig bzw abstrahierbar (Nimmervoll, Beschluss und Beschwerde in der StPO, 129 f).

Den Fortgang des Verfahrens betreffende prozessleitende Verfügungen sind nach der Rechtsprechung etwa die Anberaumung der Hauptverhandlung, die Ladung zur Hauptverhandlung, generell gerichtliche Ladungen, aber auch sämtliche Maßnahmen im Rahmen der Leitung der Hauptverhandlung durch den Vorsitzenden wie etwa die Unterbrechung der Hauptverhandlung, die Vertagung der Hauptverhandlung, Entscheidungen zum Ablauf der Befragung von Zeugen oder Sachverständigen sowie über die Verhandlung in vorübergehender Abwesenheit des Beschuldigten (Nimmervoll, aaO 23 f mwN).

Ein (auch in der Hauptverhandlung gestellter) Antrag auf Beschlagnahme zur Sicherung einer vermögensrechtlichen Anordnung ist weder ein Beweisantrag iSd § 55 Abs 1 und 2 StPO noch ein die Leitung des Verfahrens bzw den Fortgang des Verfahrens betreffender Antrag iSd § 238 StPO. Dass über diesen Antrag in der Hauptverhandlung entschieden und der Beschluss mündlich verkündet wurde, steht einer gesonderten Anfechtung nicht entgegen.

Die Beschlagnahme ist stets ein gerichtlicher Beschluss, dessen Inhalt sich nach § 86 Abs 1 StPO richtet und den Betroffenen gemäß § 86 Abs 2 StPO zuzustellen ist Tipold/Zerbes in WK-StPO § 115 Rz 18).

Die Beschlagnahme, die im Hauptverfahren gemäß § 210 Abs 3 StPO vom Gericht auch ohne Antrag der Staatsanwaltschaft angeordnet wird (Tipold/Zerbes, aaO, § 115 Rz 14), stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum dar. Rechtsmittellegitimiert ist gemäß § 87 Abs 1 StPO neben der Staatsanwaltschaft und dem Beschuldigten/Angeklagten jede andere Person, der durch den Beschluss unmittelbar Rechte verweigert werden oder Pflichten entstehen oder die von diesem Zwangsmittel betroffen ist (Tipold, aaO, § 87 Rz 12; Tipold/Zerbes, aaO, § 115 Rz 46).

Dem Beschwerdevorbringen zuwider erfolgte die Beschlagnahme zur Sicherung der Konfiskation zu Recht.

Gemäß § 19a Abs 1 StGB sind Gegenstände, die der Täter zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei der Begehung dieser Straftat verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, zu konfiszieren, wenn sie zur Zeit der Entscheidung im Eigentum des Täters stehen. Nach Abs 2 leg cit ist von der Konfiskation abzusehen, soweit sie zur Bedeutung der Tat oder zu dem den Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis steht. Ihrem Konzept und Aufbau nach ist die Konfiskation eine Strafe, weil dem Täter durch Zugriff auf den Vermögenswert als Ganzes ein Übel zugefügt und er getadelt wird. Als Strafe hat die Konfiskation im Urteil ausgesprochen zu werden (Fuchs/Tipold in WK2 § 19a Rz 17 mwN).

Nach der konkreten Verdachtslage verwendete K***** A***** das in seinem Eigentum stehende Fahrzeug BMW 560L mit dem Kennzeichen ***** dazu, in Kenntnis des geplanten Einbruchsdiebstahls die unmittelbaren Täter zum Tatobjekt zu fahren. Damit wurde dieses Fahrzeug – der Aktenlage nach - zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat verwendet. Angesichts des inkriminierten Deliktes, des konkreten Tatbeitrages des Beschwerdeführers und des Beutewerts von mehr als EUR 50.000,00 kann eine Unverhältnismäßigkeit iSd § 19a Abs 2 StGB nicht erblickt werden.

Der Beschwerdeführer vermeint, der Antrag der Staatsanwaltschaft sei unzureichend konkretisiert gewesen. Diesem Einwand ist zunächst zu erwidern, dass im Hauptverfahrens das Gericht nach § 210 Abs 3 StPO auch ohne vorangegangene Sicherstellung (Tipold/Zerbes, WK-StPO § 109 Rz 7) und oder entsprechenden Antrag die Beschlagnahme anzuordnen hat, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Darüber hinaus kann - ausgehend vom Hauptverhandlungsprotokoll - kein Zweifel daran bestehen, dass sich der Antrag der Staatsanwaltschaft genau auf jenes Auto des K***** A***** mit dem Kennzeichen ***** bezog, welches dieser als sein Eigentum bezeichnete.

Die mit dem „strafrechtlichen Kompetenzpaket“ BGBl I 2010/108 eingeführte Konfiskation bezieht sich auf Gegenstände, die der Täter verwendet hat oder von ihm zur Verwendung bestimmt waren oder durch die Handlung hervorgebracht wurden. Konfisziert können nur Gegenstände, daher körperliche Sachen werden; ansonsten ist die Konfiskation sehr weit gefasst (Fuchs/Tipold, aaO, § 19a Rz 3, 9 f). Der in § 115 Abs 4 StPO enthaltene Verweis auf die Bestimmungen der Exekutionsordnung über einstweilige Verfügungen bezieht sich (nur) auf Beschlagnahmen durch Drittverbot und Veräußerungs- oder Belastungsverbote (§ 109 Z 2 lit b StPO). Die diesbezüglich subsidiäre Anwendung der Bestimmungen der EO beschränkt sich auf den Inhalt der genannten Sicherungsmittel (Fabrizy StPO11 § 115 Rz 4).

Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

Rechtssätze
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