JudikaturJustiz7Bs291/11k

7Bs291/11k – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 2011

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Gföllner als Vorsitzende, Dr. A. Henhofer und Dr. Morbitzer in der Strafsache gegen Dr. Sylvia S***** u.a. wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerden des Fachverbandes der Raiffeisenbanken, des Fachverbandes der Volksbanken, des Fachverbandes der Banken und Bankiers, des Fachverbandes der Landes-Hypothekenbanken und des Österreichischen Sparkassen verbandes gegen den Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Juli 2011, 28 HR 196/11f-95, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Den Beschwerden wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er lautet:

Die Anordnung der Staatsanwaltschaft Salzburg auf Erteilung von Auskünften über Bankkonten und Bankgeschäfte gemäß §§ 109 Z 3 lit a (ergänzt: zweiter Halbsatz), 116 Abs 1 StPO wird dahingehend bewilligt, dass nachgenannte Fachverbände die gegenständliche Anordnung an ihre Mitgliedsbanken ausschicken und diese auffordern, dem Landespolizeikommando Salzburg bekanntzugeben, ob Dr. Sylvia S*****, geboren am 14. Juni 1954, und Walter H*****, geboren am 29. September 1942, im Zeitraum von 13. Oktober 2003 bis 31. Dezember 2007 Geschäftsbeziehungen (Konten, Sparbücher, Wertpapierdepots etc) mit einem der Mitgliedsinstitute unterhielten, aus einer solchen wirtschaftlich berechtigt oder für sie bevollmächtigt waren, wobei gegebenenfalls die konkreten Bankverbindungen anzugeben sind:

1. Fachverband der Banken und Bankiers, 1010 Wien, Börsegasse 11;

2. Fachverband der Landes-Hypothekenbanken, 1040 Wien, Brucknerstraße 8;

3. Fachverband der Raiffeisenbanken, 1030 Wien, Am Stadtpark 9;

4. Österreichischer Sparkassenverband, 1030 Wien, Grimmelshausengasse 1

5. Fachverband der Volksbanken, 1010 Wien, Löwelstraße 14.

Für die Durchführung der Maßnahme wird eine Frist bis 20. November 2011 gesetzt.

Text

Begründung:

Bei der Staatsanwaltschaft Salzburg behängt zu 20 St 139/11g ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. Sylvia S***** und Walter H***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall und weiterer strafbarer Handlung. Dr. Sylvia S***** und Walter H***** liegt unter anderem zur Last, zu noch näher festzustellenden Zeitpunkten zwischen 2003 und 2006 in Salzburg und andernorts, die ihnen als Geschäftsführerin (Dr. Sylvia S*****) und Prokurist (Walter H*****) der Druckerei S***** G***** GmbH eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und die S***** G***** GmbH zu verpflichten, dadurch wissentlich missbraucht und der S***** G***** GmbH einen EUR 50.000,00 übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt zu haben, indem sie im Zuge von Einkäufen von Druckfarben und Druckpapier für die S***** G***** GmbH von den Lieferfirmen teils als Beratungsleistungen und Provisionen getarnte Aufschläge und somit Überfakturen zum Nachteil der S***** G***** GmbH veranlassten und die Ausbezahlung der Aufschläge einforderten, wodurch der Druckerei S***** G***** GmbH ein Schade von insgesamt EUR 1,023.645,61 entstanden sei.

Am 12. Juli 2011 beantragte die Staatsanwaltschaft Salzburg gemäß §§ 109 Z 3 lit a, 116 Abs 1 StPO die gerichtliche Bewilligung der Anordnung der Auskunftserteilung über Bankkonten und Bankgeschäfte durch den Verband Österreichischer Banken und Bankiers, den Verband der Österreichischen Landes-Hypothekenbanken, den Fachverband der Raiffeisenbanken, den Österreichischen Sparkassenverband und den Österreichischen Genossen schaftenverband (richtig: Fachverband der Volksbanken) bzw ihrer jeweiligen Mitgliedsinstitute in der Form, dass Unterlagen zugänglich zu machen bzw Auskünfte darüber zu erteilen sind, ob Dr. Sylvia S*****, geboren am 14. Juni 1954, und Walter H*****, geboren am 29. September 1942, Geschäftsverbindungen bei den genannten Mitgliederinstituten unterhalten und alle Angaben bezüglich Konten, die sie unterhalten, und bezüglich Konten, über die die Beschuldigten verfügungs- bzw zeichnungsberechtigt sind, für den Zeitraum 13. Oktober 2003 bis 31. Dezember 2007 in schriftlicher Form mitzuteilen; auch betreffend Konten, über die die Beschuldigten alleine oder gemeinsam mit einer anderen Person verfügungs- und unterschriftsberechtigt oder sonst bevollmächtigt sind oder waren.

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Landesgericht Salzburg die Anordnung der Staatsanwaltschaft antragsgemäß und befristete die Maßnahme bis 20. Oktober 2011.

Gegen diesen Beschluss richten sich die gleichlautenden Beschwerden des Fachverbandes der Raiffeisenbanken (ON 101), des Fachverbandes der Volksbanken (ON 103), des Fachverbandes der Banken und Bankiers (ON 104), des Fachverbandes der Landes-Hypothekenbanken (ON 105) und des Österreichischen Sparkassenverbandes (ON 106) mit der Begründung, die Formulierung der gerichtlichen Bewilligung der Anordnung der Staatsanwaltschaft sei zu weit gefasst, weil er auch Unterlagen zur Geschäftsverbindung umfasse.

Die Beschwerden sind berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 109 Z 3 lit a StPO ist unter „Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte“ die Bekanntgabe des Namens und sonstiger Daten über die Identität des Inhabers einer Geschäftsverbindung sowie dessen Anschrift (erster Halbsatz) und die Auskunft, ob ein Beschuldigter eine Geschäftsverbindung mit diesem Institut unterhält, aus einer solchen wirtschaftlich berechtigt ist oder für sie bevollmächtigt ist (zweiter Halbsatz) sowie die Herausgabe aller Unterlagen über die Identität des Inhabers der Geschäftsverbindung und über seine Verfügungsberechtigung zu verstehen. In § 109 Z 3 lit a erster Halbsatz StPO ist somit die Ermittlung der Identität des Inhabers einer Geschäftsverbindung verankert. Der zweite Halbsatz umfasst die Auskunft darüber, ob eine den Ermittlungsbehörden schon bekannte Person eine Geschäftsverbindung zum befragten Kredit- oder Finanzinstitut hat (Flora in WK-StPO § 109 Rz 9). Fallbezogen kommt (derzeit) nur eine Auskunft nach § 109 Z 3 lit a zweiter Halbsatz StPO in Betracht. Mit dieser Auskunft, die aufgrund der Verpflichtung Österreichs nach Art 1 Prot EU-RHÜbk als Ermittlungsmaßnahme in die StPO eingefügt wurde, kann festgestellt werden, welche Geschäftsbeziehungen ein Beschuldigter zu einem Kreditinstitut unterhält. Die Kreditinstitute müssen darüber Auskunft erteilen, welcher Art die Geschäftsverbindungen (zB Girokonto, Sparkonto, Wertpapierdepot, Safe) sind, ob der Beschuldigte für fremde Geschäftsverbindungen bevollmächtigt wurde oder ob er aus einer Geschäftsverbindung wirtschaftlich berechtigt ist (Flora in WK-StPO § 116 Rz 36). Kontoauskünfte sind zulässig, wenn sie zur Aufklärung einer vorsätzlich begangenen Straftat oder eines Vergehens, das in die Zuständigkeit des Landesgerichts fällt, erforderlich erscheinen und wenn sie verhältnismäßig sind .

Die Auskunft nach § 109 Z 3 lit a zweiter Halbsatz StPO betrifft mithin die äußeren Kontodaten einer Geschäftsverbindung.

Die Beschwerdeführer weisen zu Recht darauf hin, dass die gerichtlich bewilligte Anordnung der Staatsanwaltschaft auch den Inhalt einer Geschäftsbeziehung umfasst, obwohl eine Auskunft nach § 109 Z 3 lit a zweiter Halbsatz StPO dazu dient, die Geschäftsverbindungen eines Verdächtigen zu einem oder mehrere Kreditinstituten aufzudecken (Flora in WK-StPO § 116 Rz 90). Über inhaltliche Kontodaten darf nach dieser Bestimmung keine Auskunft verlangt werden. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass im Zusammenhang mit Auskunftsersuchen, die über die Fachverbände des Österreichischen Banken- und Sparkassensektors an alle oder mehrere österreichische Kreditinstitute ergehen und den betroffenen Kreditinstituten über ihre Fachverbände zugestellt werden, nur positive Rückmeldungen von den einzelnen Kreditinstituten an die Ermittlungsbehörden zu übermitteln sind (Flora in WK-StPO § 116 Rz 52 und 101).

Es war daher – da die übrigen Voraussetzungen für eine Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte iSd § 116 Abs 1 StPO vorliegen, zumal diese Ermittlungsmaßnahme zur Aufklärung des den Beschuldigten Dr. Sylvia S***** und Walter H***** angelasteten Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (der Tatverdacht gründet sich auf den Abschlussbericht des LPK Salzburg vom 11. Mai 2011, ON 89, sowie die Gutachten der Sachverständigen Walter P*****, ON 56, und Mag. Herbert S*****, ON 60) dient und eine Unverhältnismäßigkeit nach Lage des Falls nicht anzunehmen ist - spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen