JudikaturJustiz7Bl61/08a

7Bl61/08a – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
12. Juni 2008

Kopf

REPUBLIK ÖSTERREICH

Landesgericht Klagenfurt

7 Bl 61/08a

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Landesgericht Klagenfurt hat durch den Vizepräsidenten Dr. Lutschounig als Vorsitzenden und Dr. Pasterk und Dr. Schofnegger als weitere Richter in der Strafsache gegen ***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB über die Berufung des Sachwalters ***** gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 10.12.2007, 19 U 684/04s-54, am 12. Juni 2008 in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung des Sachwalters wegen Nichtigkeit wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil gemäß § 470 Z 3 StPO aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner weiteren Berufung wird der Sachwalter auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen und in Abwesenheit des Angeklagten ergangenen Urteil wurde der am 9.2.1947 geborene ***** des Vergehens der Körperverletzung schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle zur Geldstrafe von 80 Tagessätzen à € 12,--, im Uneinbringlichkeitsfall zu 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß §§ 43 Abs 1, 43 a Abs 3 StGB wurde ein Strafteil von 40 Tagessätzen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Nach dem Schuldspruch hat er am 6.8.2004 in Klagenfurt ***** durch Versetzen eines Schlages gegen dessen Gesicht, wodurch dieser eine oberflächliche Hautabschürfung an der Oberlippe und eine Schädelprellung erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt. Gegen diesen Urteil richtet sich die wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruches über die Schuld und die Strafe erhobene Berufung des mit Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 5.11.2004, 3 P 179/02t-37, gemäß § 273 Abs 3 Z 2 ABGB für die Vertretung des Angeklagten vor Gerichten bestellten Sachwalters mit der primären Intention des Freispruchs, allenfalls der Urteilskassation. Bereits die Prüfung in nicht öffentlicher Beratung ergibt, dass das angefochtene Urteil mit dem Nichtigkeitsgrund des § 468 Abs 1 Z 3 StPO behaftet ist, der dessen Aufhebung unumgänglich macht.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist festzuhalten, dass die Vorschrift des § 465 Abs 1 StPO dem Sachwalter eine Rechtsmittelbefugnis neben dem Angeklagten zugesteht. Der Sachwalter wird sohin zur „Partei neben dem Angeklagten" (14 Os 17/03).

Mit Recht zeigt der Berufungswerber - wenngleich nicht in der Berufungsausführung, sondern im gleichzeitig erhobenen Einspruch - auf, dass „Aktenbestandteile" ohne die Zustimmung des Angeklagten verlesen wurden. Dabei ist insbesondere auf die Gutachten der Sachverständigen ***** und ***** (AS 245) zu verweisen. Die Verlesung von Gutachten darf aber gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO bei sonstiger Nichtigkeit nur erfolgen, wenn die Beteiligten, demnach auch der Angeklagte, dem zustimmen. Das erforderliche Einverständnis muss unmissverständlich sein und kann vor allem aus dem Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten nicht abgeleitet werden. Auch die allenfalls stillschweigende Zustimmung des Sachwalters zur Verlesung vermag daran nichts zu ändern, weil der Sachwalter nicht Verteidiger des Angeklagten, sondern Beteiligter neben ihm ist (Ratz WK-StPO § 281 Rz 234, Fabrizy StPO 10 § 252 Rz 20, EvBl 2003/52).

Der aufgezeigte Verfahrensmangel gereicht zum Nachteil des Angeklagten (§ 281 Abs 3 StPO), stützt sich doch das angefochtene Urteil ausdrücklich auch auf die Gutachten der Sachverständigen (US 5).

Wegen Verletzung einer mit Nichtigkeitssanktion versehenen Vorschrift war das angefochtene Urteil demnach gemäß § 470 Z 3 StPO aufzuheben, auf die weiteren Argumente des Berufungswerbers nicht mehr einzugehen und dieser mit seiner darüber hinaus gehenden Berufung auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Nur der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass in der Verlesung der Angaben des Zeugen ***** vor den Sicherheitsbehörden keine Mangelhaftigkeit zu erblicken ist, weil dieser Zeuge überdies unmittelbar durch das erkennende Gericht einvernommen wurde (Mayerhofer aaO § 252 E 4a). Auch die vom Berufungswerber monierte Verjährung ist nicht eingetreten. Zwischen dem inkriminierten Vorfall und der erstmaligen (gerichtlichen) Vernehmung des Angeklagten (ON 7), die inhaltlich einer Vernehmung nach § 164 StPO entsprach, vergingen weniger als acht Monate. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 57 Abs 3 StGB) wurde dadurch in ihrem Fortlauf gehemmt (§ 58 Abs 3 StGB).

Rechtssätze
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