JudikaturJustiz6Rs62/19p

6Rs62/19p – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten Dr.Bott (Vorsitz) sowie die Richterinnen Dr.Kraschowetz-Kandolf und Mag a .Gassner als weitere Senatsmitglieder in der Sozialrechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Moser Mutz Rechtsanwälte GesbR in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch ihre Angestellten *****, wegen Versehrtenrente, hier: Kosten (Rekursinteresse EUR 360,00), über den Rekurs der klagenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 14.August 2019, 32 Cgs 313/17m-28, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig .

Text

begründung:

Im zweiten Rechtsgang gibt das Erstgericht mit dem nur hinsichtlich der Kostenentscheidung angefochtenen Urteil einem (verbesserten) Klagebegehren auf Feststellung verschiedener Verletzungen aus einem am 29.Mai 2017 erlittenen Arbeitsunfall sowie einem Begehren auf Gewährung einer Versehrtenrente statt. In seiner Kostenentscheidung verpflichtet es die Beklagte zum Ersatz der mit EUR 2.288,28 (darin EUR 381,38 USt) bestimmten Verfahrenskosten. Zu diesem Betrag gelangt es, indem es die Schriftsätze des Klägers vom 30.Jänner 2018 (ON 6), 16.März 2018 (ON 8), 10.April 2018 (ON 9) und vom 16.April 2019 (ON 21) entgegen der Verzeichnung entsprechend den Einwendungen der Beklagten nur nach TP 1 des RATG honoriert.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, sie in Zuerkennung eines Mehrbetrags von EUR 360,00, somit eines Kostenbetrags von insgesamt EUR 2.648,28 (darin EUR 441,38 USt) abzuändern.

Die Beklagte , die eine Rekursbeantwortung erstattet, beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In seinem Rechtsmittel akzeptiert der Kläger die Honorierung der Bekanntgaben vom 16.März 2018 und 10.April 2018 lediglich nach TP 1, macht jedoch geltend, dass der Schriftsatz vom 30.Jänner 2018 einerseits gemäß § 257 Abs 3 ZPO zulässig gewesen sei und andererseits als Replik auf die Klagebeantwortung der Vorbereitung der mündlichen Streitverhandlung gedient habe. Damit sei er nach TP 3a des RATG zu honorieren.

Auch der Schriftsatz vom 16.April 2019 sei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen und sei zumindest nach TP 2 des RATG zu honorieren. Ausgehend davon ergebe sich das Rekursinteresse.

Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen.

Auszugehen ist davon, dass der Kläger bereits in der Klage detaillierte Ausführungen zu den wohnlichen Gegebenheiten und damit zur Unfallsörtlichkeit sowie zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls tätigte. Dem vom Erstgericht erteilten Verbesserungsauftrag kam er mit seinem Schriftsatz vom 22.Dezember 2017 (ON 3) nach, indem er das Klagebegehren unter detaillierter Aufzählung der von ihm im Einzelnen erlittenen Verletzungen neu fasste.

Die Beklagte hat in ihrer Klagebeantwortung – der Unfall selbst ist ebenso unstrittig wie die Unfallsörtlichkeit – dargestellt, aus welchen Erwägungen der Unfall des Klägers ihrer Auffassung nach nicht von Versicherungsschutz umfasst sei.

Mit Beschluss vom 12.Jänner 2018 (ON 5) beraumte das Erstgericht für 7.Februar 2018 eine mündliche Streitverhandlung an. Daraufhin brachte der Kläger am 30.Jänner 2018 (ON 6) einen weiteren Schriftsatz ein, in dem er neuerlich Ausführungen zur Unfallsörtlichkeit und zum Unfallshergang tätigte, aber auch mehrere höchstgerichtliche Entscheidung darstellt, aus denen seiner Auffassung nach das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zu bejahen sei.

Strittig ist im Rekursverfahren demnach zunächst, ob der genannte Schriftsatz ON 6 wie vom Kläger verzeichnet nach TP 3a RATG oder wie von der Beklagten eingewendet und vom Erstgericht zuerkannt lediglich nach TP 1 RATG zu honorieren ist.

Es entspricht ganz gefestigter Judikatur auch des Rekursgerichts, dass auch in Sozialrechtssachen ein Kostenersatz nur für jene Verfahrensschritte in Betracht kommt, die der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung dienen (vgl Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.498). Da § 77 ASGG nur Teile des Kostenersatzrechts selbst regelt, bleiben die Bestimmungen der ZPO (zumindest subsidiär) in Geltung, demnach auch die grundsätzliche Regelung des § 41 Abs 1 darüber, welche Kosten als notwendig anzusehen sind. Grundgedanke dieser Bestimmung ist, dass auch die Kostenersatzregeln der ZPO davon ausgehen, dass Prozesskosten so niedrig wie möglich zu halten sind und notwendig und damit ersatzfähig nur jene Kosten für Prozesshandlungen sind, die den gleichen Zweck mit einem geringeren Kostenaufwand erreichen (RIS-Justiz RS0035774; hg 6 Rs 60/19v; 7 Rs 24/94).

Ebenso entspricht es ganz gefestigter Judikatur auch des Rekursgerichts, dass auch in Sozialrechtssachen eine Honorierung eines Schriftsatzes nach Erstattung der Klagebeantwortung nur dann stattzufinden hat, wenn seine Einbringung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Eine Honorierung hat jedoch zu unterbleiben, wenn der Inhalt eines solchen Schriftsatzes entweder früher vorgetragen hätte werden können oder dieser zwar einen Neuheitswert hat, die neuen Tatsachen aber auch ohne nennenswerte Schwierigkeiten in der nächsten Verhandlung vorgetragen hätten werden können (hg 6 Rs 49/19a, 6 Rs 25/17v, 6 Rs 34/15i; Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 674 sowie Kostenhandbuch 3 Rz 164 je mwN).

Wie eingangs dargestellt, war und ist zwischen den Parteien weder die Unfallsörtlichkeit noch der Unfallshergang strittig. Unterschiedliche Auffassungen bestanden ausschließlich in rechtlicher Hinsicht, inwieweit bei „gemischt genutzten Räumen“, wie im Fall des Klägers, Unfallversicherungsschutz besteht oder nicht, welche Frage letztlich zugunsten des Klägers beantwortet wurde.

Der Kläger begründet den von ihm angestrebten Honoraranspruch damit, er habe inhaltlich auf das Vorbringen der Beklagten im Rahmen der Klagebeantwortung repliziert und zur Vorbereitung der Tagsatzung dienende Rechtsausführungen getätigt.

Diese Argumente vermögen jedoch eine Honorierung dieses Schriftsatzes nach der angestrebten Tarifpost nicht zu rechtfertigen. Den Rechtsmittelausführungen lässt sich einerseits nicht entnehmen, welches allfällige Vorbringen der Beklagten in der Klagebeantwortung den Kläger gezwungen hätte, ein in der Klage bzw. im Verbesserungsschriftsatz noch nicht mögliches Vorbringen nachträglich zu erstatten. Wie bereits ausgeführt bedurfte es hinsichtlich der Unfallsörtlichkeit, des Unfallshergangs und auch der eingetretenen Verletzungsfolgen keinerlei weiterer Ausführungen oder Wiederholungen. Dass es dem Kläger möglich gewesen wäre, die zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls erstatteten Rechtsausführungen auch in der kurz darauf stattfindenden Tagsatzung zu tätigen, bedarf keiner Erörterung, was an sich schon einer Honorierung des Schriftsatzes entgegenstünde (vgl 10 ObS 1/08g). Da die Beklagte eine Honorierung dieses Schriftsatzes nach TP 1 ohnedies zugesteht und das Erstgericht Kosten nach diesem Tarifansatz auch zugesprochen hat, kann sich der Kläger damit nicht als beschwert erachten.

Damit verbleibt die Frage, nach welcher Tarifpost die Eingabe des Klägers vom 16.April 2019 (ON 21) zu honorieren ist. Dabei handelt es sich um einen Antrag auf Erlass einer prozessleitenden Verfügung, mit welchem er nach Vorliegen des orthopädischen Gutachtens beim Erstgericht den Antrag stellt, dem neurologischen Sachverständigen die ehestmögliche Erstattung des noch ausständigen Gutachtens aufzutragen. Während der Kläger für diese Eingabe eine Honorierung nach TP 2 des RATG anstrebt, will die Beklagte entsprechend ihren Einwendungen diese Eingabe ebenfalls nur nach TP 1 abgegolten wissen, welchem Einwand das Erstgericht gefolgt ist.

Das RATG sieht unter anderem für Schriftsätze eine Honorierung nach verschiedenen Tarifposten vor. Nach TP 1 I c sind in allen Verfahren Schriftsätze zu honorieren mit Ansuchen und Erklärungen, die Fristen, Tagsatzungen, Zustellungen und ähnliche Vorgänge des Verfahrens betreffen. Der Antrag auf Betreibung eines noch ausständigen medizinischen Gutachtens ist nach Auffassung des Rekursgerichts als ein solches Ansuchen zu werten, welches Fristen (nämlich die zeitgerechte Erstattung eines Gutachtens) bzw. „ähnliche Vorgänge des Verfahrens“ betreffen. Die Honorierung dieser Eingabe des Klägers nach TP 1 RATG begegnet demnach keinen Bedenken, womit sich insgesamt die erstgerichtliche Kostenentscheidung als zutreffend erweist.

Dem Rekurs ist damit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

Oberlandesgericht Graz, Abteilung 6

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