JudikaturJustiz6R4/23i

6R4/23i – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
25. Januar 2023

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr.Bott (Vorsitz) sowie die Richterinnen Mag a .Fabsits und Mag a .Gassner als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei A* AG , **, vertreten durch die Harb Postl Rechtsanwälte OG in Graz, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei B* , **, vertreten durch Mag.Rainer Frank, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei C* GmbH Co KG , **, vertreten durch die Hofmann Kämmerer Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen EUR 19.481,12 sA (hier: wegen Enthebung eines Sachverständigen), über den Rekurs des Sachverständigen DI Dr.D*, **, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 24.November 2022, 7 Cg 25/21m-81, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

1. Die als Rekurs aufzufassende „Eingabe bzw Regress“ gegen den genannten Beschluss wird zurückgewiesen .

2. Die als Rekursbeantwortung aufzufassende „Äußerung“ der klagenden Partei zur Eingabe des Sachverständigen, deren Kosten die Klägerin selbst zu tragen hat, wird zurückgewiesen .

Ein ordentlicher Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig .

Text

begründung:

Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Erstgericht am 10.März 2021 eingelangten Klage von der Beklagten die Bezahlung eines Betrages von EUR 19.481,12 sA mit der Begründung, die Beklagte habe im Kalenderjahr 2010 diverse Glasvordächer bei einer Versicherungsnehmerin der Klägerin mit verdeckten Mängeln hergestellt, die in der Folge zu Glasbrüchen geführt hätten, wofür die Klägerin insgesamt Versicherungsleistungen in Höhe des Klagsbetrags habe erbringen müssen.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung im Wesentlichen mit der Begründung, es treffe sie keinerlei Verschulden am klagsgegenständlichen Schaden, sondern habe die Beschädigungen an den Glasdächern die Versicherungsnehmerin der Klägerin selbst verschuldet.

Der Nebenintervenient trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei.

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 2.September 2021 (ON 25) wurde DI Dr.D* zum Sachverständigen aus den Fachgebieten Hochbau, Statik und Metallkonstruktionen bestellt und mit der Erstellung von Befund und Gutachten beauftragt.

Mit dem nun angefochtenen Beschluss (ON 81) enthebt das Erstgericht den genannten Sachverständigen von seiner Funktion (I.), widerruft sämtliche bisherigen Gutachtensaufträge (II.), weist den Antrag des Sachverständigen auf Gewährung eines Vorschusses auf die Gebühren ab (III.) und spricht aus, dass die Gebühren laut Gebührennoten derzeit aufgrund der Einwendungen nicht bestimmt werden können (IV.).

Offensichtlich nur gegen Punkt I. und II. des Beschlusses richtet sich die beim Erstgericht am 13.Dezember 2022 eingebrachte „Eingabe“ bzw „Regress“ (gemeint offensichtlich Rekurs ) des Sachverständigen mit dem Antrag, diesen Beschluss in Stattgebung seiner Stellungnahme bzw seines Rekurses aufzuheben und ihn mit den weiteren Sachverständigentätigkeiten zu beauftragen.

Die Klägerin erstattet eine beim Erstgericht am 22.Dezember 2022 eingebrachte „Äußerung“ (ON 84) und beantragt, den „Regress“ des Sachverständigen als unbegründet ab- bzw zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Eingaben erweisen sich als unzulässig.

§ 366 Abs 1 ZPO nennt jene Fälle, in denen Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Sachverständigenbeweis (von den Parteien) nicht abgesondert angefochten werden können. Nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur ist diese Bestimmung so auszulegen, dass Beschlüsse, mit denen ein Sachverständiger bestellt bzw enthoben wird, ebenso nicht gesondert anfechtbar sind wie Beschlüsse, mit denen ein Antrag auf Enthebung eines Sachverständigen abgewiesen wurde. Die Zulassung eines sofortigen Rechtsmittels gegen solche Beschlüsse hätte zur Folge, dass unter Umständen die Eignung des Sachverständigen im Rechtsmittelverfahren zu überprüfen wäre, ehe noch entsprechende Grundlagen für eine derartige Überprüfung vorhanden wären. Auch schon vor dem Inkrafttreten der Zivilverfahrensnovelle 2002, BGBl I Nr. 76/2002, war es einhellige Judikatur, dass eine gesonderte Anfechtbarkeit nicht in Betracht kommt, wobei darauf hingewiesen wurde, dass sich die (abgesonderte) Unanfechtbarkeit nicht nur auf § 366 ZPO, sondern vor allem auf die §§ 277 Abs 4 (idF vor der ZVN 2002) und § 291 Abs 1 ZPO gründe. Auch nach dem Inkrafttreten der ZVN 2002 wurde ausgesprochen, dass wegen des im Wesentlichen unveränderten Fortbestands des § 291 ZPO (Unzulässigkeit abgesonderter Rechtsmittel unter anderem gegen Beschlüsse, durch welche Beweisaufnahmen angeordnet werden) kein Anlass zu einem Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung besteht (RIS-Justiz RS0040607 [T 27]; 8 Ob 109/08z; 10 Ob 69/04a mwN).

Die Auswahl eines Sachverständigen liegt schon ganz grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ohne dass die Ermessensübung bei der Sachverständigenbestellung an irgendwelche konkreten gesetzlichen Vorgaben gebunden wäre (8 Ob 20/22g). Die Verhinderung von Zwischenstreitigkeiten über die Zulassung von Beweismitteln betrifft nach der Rechtsprechung auch die Ersetzung eines bestellten Sachverständigen durch einen anderen, ebenso wie die Ablehnung der Bestellung eines anderen Sachverständigen und bei der Enthebung eines solchen ( Schneider in Fasching/Konecny³ III/1 § 366 ZPO mwN aus der Rechtsprechung).

Die in § 366 Abs 2 ZPO genannten Beschlüsse nach §§ 351, 356 und 358 ZPO können nach ganz herrschender Auffassung gar nicht angefochten werden ( Rechberger in Rechberger, ZPO 5 , Rz 2 zu § 366). § 351 Abs 2 ZPO enthält diesbezüglich die ausdrückliche Regelung, dass das Gericht anstelle des oder der zuerst bestellten Sachverständigen andere ernennen kann.

Im vorliegenden Fall liegt jedoch gar kein Rechtsmittel einer der Prozessparteien vor, sondern ein solches des Sachverständigen, in welchem dieser sich ganz offensichtlich gegen die Enthebung seiner Person (Punkt I. des Beschlusses) mit der Begründung wendet, der gegen ihn erhobene Vorwurf einer unterlassenen Ladung eines Parteienvertreters zur Befundaufnahme würde jeder Grundlage entbehren, weshalb er beantragt, ihn auch mit den weiteren Sachverständigentätigkeiten zu beauftragen.

Dieses Rechtsmittel ist schon deshalb unzulässig, da einem Sachverständigen im Verfahren über seine Bestellung und/oder Enthebung keine Parteistellung zukommt, ihm daher in diesem Umfang jegliche Rechtsmittellegitimation fehlt (vgl OLG Innsbruck zu 4 R 89/14s). Die als Rekurs aufzufassende Eingabe des Sachverständigen ist demnach als unzulässig zurückzuweisen.

Gleiches gilt für die eingebrachte „Äußerung“ der Klägerin, in welcher diese nur inhaltlich auf die Unrichtigkeit der Rekursausführungen des Sachverständigen eingeht, jedoch in keiner Weise auf die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels hinweist. Abgesehen davon, dass diese Eingabe seitens des qualifizierten Vertreters der Klägerin nicht einmal als „Rekursbeantwortung“ bezeichnet wird, stünde einer allfälligen Zweiseitigkeit eines Rechtsmittelverfahrens schon die aufgezeigte fehlende Rechtsmittellegitimation des Sachverständigen entgegen.

Im Hinblick auf die Unzulässigkeit einer allfälligen Rekursbeantwortung und auch eine fehlende Kostenersatzpflicht des Sachverständigen, die schon mangels Rechtsmittellegitimation nicht in Betracht kommt, war auszusprechen, dass die Klägerin die Kosten ihrer Eingabe selbst zu tragen hat.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 1 ZPO. Gegen die Zurückweisung eines Rekurses aus formellen Gründen - wie hier - wäre der Revisionsrekurs nur bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne der genannten Bestimmung zulässig (vgl 8 Ob 156/22g; RIS-Justiz RS0044501 uva). Eine solche liegt hier jedoch nicht vor.