JudikaturJustiz6R351/09y

6R351/09y – LG Ried/Innkreis Entscheidung

Entscheidung
10. November 2009

Kopf

6 R 351/09 y

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Johannes Payrhuber als Vorsitzenden sowie Dr. Ernst Knoglinger und Dr. Walter Koller in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****AG, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Topic-Matutin, Rechtsanwalt in 5023 Salzburg, Mühlstraße 4A, wider die verpflichtete Partei G***** H*****, *****, wegen € 7.270,-- s.A., infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom 16. Oktober 2009, 2 E 3460/09 k – 2, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Text

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

„Aufgrund des Versäumungsurteiles des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 7.4.1982, 1 Cg 143/82, mit Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 9.7.1982, wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung von € 7.270,-- samt 15,5 % Zinsen aus €

8.284,70 seit 19.7.1982 sowie der mit € 351,87 bestimmten Kosten des Exekutionsantrages die Exekution durch Pfändung von Geldforderungen der verpflichteten Partei gegenüber unbekanntem(n) Drittschuldner(n) nach § 294a EO bewilligt".

Die Rekurskosten der betreibenden Partei werden mit € 464,06 (darin 20 % Umsatzsteuer: € 77,34) als weitere Exekutionskosten bestimmt. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 1 ZPO iVm § 78 EO nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

Am 12.10.2009 beantragte die betreibende Partei zur Hereinbringung einer (Teil)Kapitalforderung von € 7.270,-- s.A. wider die verpflichtete Partei die Bewilligung der Forderungsexekution mit unbekanntem Drittschuldner nach § 294a EO, wobei im Exekutionsantrag ausdrücklich erklärt wurde, dass die betreibende Partei auf die Pfändung und Überweisung der Forderungen verzichte, sofern das AMS als Drittschuldner hervorgehen sollte. Weiters verzichte die betreibende Partei auf die Drittschuldnererklärung durch das AMS und auf die Zustellung der Exekutionsbewilligung an das AMS. Dies alles gelte nur für das AMS.

Die vom Erstgericht (noch vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag) durchgeführte Drittschuldneranfrage ergab als möglichen Drittschuldner das AMS B*****.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Exekutionsantrag der betreibenden Partei ab, weil eine bloße Exekutionsbewilligung, der keine Pfändung und Überweisung zugrunde liege, nach der gesetzlichen Systematik des § 294 Abs. 1 EO nicht denkbar sei. Auch die Sondernorm des § 294a EO bilde von diesem Grundsatz keine Ausnahme, weil auch deren Ziel darin bestehe, letztlich eine „Kanalisierung" auf einen bestimmten Drittschuldner zu erreichen. Da die betreibende Partei auf die Pfändung und Überweisung von Forderungen des Verpflichteten gegenüber dem AMS verzichtet habe, sei der gegenständliche Exekutionsantrag abzuweisen gewesen, weil eine Trennung zwischen Bewilligungs- und Vollzugsakt bei Exekutionen zur Hereinbringung einer Geldforderung vollkommen systemwidrig sei. Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer antragsgemäßen Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294a

EO.

Der Rekurs ist begründet.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Bewilligung der Exekution ist der Exekutionstitel und die beantragte Exekutionsart zu prüfen. In die Prüfung der Frage, ob die begehrte Exekution auch zu einem Erfolg führen wird, insbesondere, ob die behauptete Forderung, deren Pfändung begehrt wird, überhaupt, oder doch in einer die Exekutionsbeschränkung übersteigenden Höhe besteht, hat sich das zur Exekutionsbewilligung berufene Gericht nicht einzulassen (RIS-Justiz RS000122). Abzuweisen ist der Exekutionsantrag nur dann, wenn sich aus ihm selbst – allenfalls aus dem Exekutionsakt – ergibt, dass die Forderung nicht zu Recht bestehen kann (OGH 24.6.2003, 3 Ob 21/03i).

Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn ein betreibender Gläubiger die Bewilligung einer Forderungsexekution mit unbekanntem Drittschuldner gemäß § 294a EO begehrt und dabei in seinem Exekutionsantrag einen bestimmten Drittschuldner vom Vollzug ausnehmen möchte. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat bereits ausgesprochen, dass ein Verzicht des betreibenden Gläubigers auf die Abgabe einer Drittschuldnererklärung lediglich hinsichtlich einzelner, bestimmt bezeichneter Drittschuldner zulässig ist (LG für ZRS Wien 7.5.2001, 46 R 265/01p = WR 939).

Bei der Forderungsexekution bei unbekanntem Drittschuldner gemäß § 294a EO handelt es sich nicht etwa um ein besonderes Exekutionsmittel oder um eine besondere Art der Forderungsexekution, sondern vielmehr um eine normale Forderungsexekution im Sinn des § 294 EO. Die Besonderheit dieser Bestimmung liegt darin, dass die gemäß § 54 EO erforderliche Bezeichnung des Rechtsgrundes der Forderung und des Drittschuldners unterbleiben kann. Exekutionsobjekt sind hier zunächst (nur) alle denkbaren Forderungen nach § 290a EO, wobei sich die Exekution nach Bekanntwerden des Drittschuldners aufgrund der Antrage an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger durch Zustellung des Zahlungsverbotes an den konkreten Drittschuldner auf die konkrete Forderung gegen diesen „kanalisiert". Ebenso kann diese Forderungsexekution jederzeit durch Angabe eines konkreten Drittschuldners durch den betreibenden Gläubiger auf die konkrete Forderung gegen diesen „kanalisiert" werden (EvBl 1994/114, 554; Oberhammer in Angst, EO², § 294a Rz 1).

Durch die Neufassung des Abs 1 Z 2 des § 294a EO durch die Exekutionsordnungs-Novelle 1995 wurde die Möglichkeit geschaffen, aus Gründen der Verfahrensvereinfachung die Exekution erst nach Durchführung der Drittschuldneranfrage zu bewilligen. Das Exekutionsgericht hat also eine Wahlmöglichkeit, ob es zuerst die Exekution bewilligen und erst dann die Drittschuldneranfrage stellen oder umgekehrt zuerst die Drittschuldneranfrage stellen und erst dann die Exekution bewilligen will. Ergibt die Drittschuldneranfrage vor Exekutionsbewilligung ein positives Ergebnis, so ist nicht mehr eine Forderungsexekution im Sinn des § 294a EO, sondern eine ganz normale Forderungsexekution gegen den bekannt gewordenen Drittschuldner nach § 294 EO zu bewilligen. Auch bei negativer Auskunft des Hauptverbandes (oder wenn nur ein bereits bekannter Drittschuldner angegeben wird) ist die Exekution zu bewilligen, diesfalls aber im Sinn des § 294a EO (RPflE 2004/13, 19); dies ist schon deshalb erforderlich, damit der betreibende Gläubiger die Möglichkeit hat, mit weiteren Vollzugsanträgen weitere Drittschuldneranfragen zu erwirken oder gegebenenfalls durch eine nachträgliche Bekanntgabe eines Drittschuldners selbst die „Kanalisierung" der Exekution zu bewirken (Oberhammer aaO, Rz 3).

Solange die gemäß § 294a EO ergangene Exekutionsbewilligung nicht einem Drittschuldner zugestellt wurde, darf eine neue Exekution auf die in § 290 EO genannten Forderungen nicht bewilligt werden. Der betreibende Gläubiger darf und muss entweder eine neuerliche Anfrage an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger oder, wenn dies nicht erforderlich ist, weil er den Drittschuldner kennt, die Zustellung der Exekutionsbewilligung an diesen beantragen (EvBl 1994/114, 545). Bis dahin ist die Exekution nach § 294a EO noch nicht „kanalisiert" und auch nicht endgültig ins Leere gegangen; vielmehr befindet sie sich sozusagen in Schwebe, weshalb sie weder beendet noch einzustellen ist (EFSlg 106.108).

Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Drittschuldneranfrage genau zu dem Drittschuldner geführt hat, den der betreibende Gläubiger vom weiteren Exekutionsverfahren ausnehmen wollte, ist dem Fall gleichzuhalten, dass kein möglicher Drittschuldner bekanntgegeben werden konnte, was zur Folge hat, dass die Exekution nach § 294a EO zwar zu bewilligen ist, aber nicht vollzogen werden kann. Auf diesen Umstand kann aber bei Bewilligung der Exekution noch nicht Rücksicht genommen werden (Angst/Jakusch/Mohr, EO14, E 53 zu § 3). Der von der betreibenden Partei vorgenommene „Ausschluss" eines bestimmten Drittschuldners vom Exekutionsvollzug wäre somit kein Hinderungsgrund für die Bewilligung der Exekution nach § 294a EO gewesen, weshalb der angefochtene Beschluss in diesem Sinn spruchgemäß abzuändern war.

Die Entscheidung über die Kosten des Exekutionsantrages und des Rekurses gründet sich auf § 74 EO.

Landesgericht Ried im Innkreis,

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