JudikaturJustiz6R314/96k

6R314/96k – LG Ried/Innkreis Entscheidung

Entscheidung
27. August 1996

Kopf

Das Landesgericht Ried im Innkreis hat als Rekursgericht durch Dr. Dieter Praxmarer als Vorsitzenden sowie Dr. Walter Koller und Dr. Ernst Knoglinger in der Rechtssache der klagenden Partei Verein "L*****, vertreten durch Dr. E***** T*****, Rechtsanwalt in *****, wider die beklagte Partei A***** B*****, *****, wegen S 1.400,-- s. A., infolge Kostenrekurses der klagenden Partei gegen den Zahlungsbefehl des Bezirksgerichtes Ried im Innkreis vom 18.06.1996, 2 C 600/96 y-2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

B e g r ü n d u n g :

Text

Mit der am 18.06.1996 beim Erstgericht eingebrachten Mahnklage begehrte die klagende Partei den Zuspruch rückständiger Mitgliedsbeiträge in Höhe von S 1.400,-- s.A. An Kosten machte sie neben Normalkosten TP 2 vorprozessuale Mahnspesen im Betrag von S 2.193,60 geltend und brachte dazu vor, daß ihr aus der Beauftragung eines Inkassobüros vorprozessuale Spesen, die den Bestimmungen des BGBl 141/1996 vom 27.03.1996, entsprechen würden, entstanden seien. Weder die klagende Partei, noch der Klagevertreter hätten Einmahnungen außerhalb der Tätigkeit des Inkassobüros vorgenommen. Die Beauftragung des Inkassobüros diente der notwendigen und zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, insbesondere um zu einer außergerichtlichen Einigung und Zahlung zu gelangen. Zur Bescheinigung dieser vorprozessualen Mahnspesen legte die klagende Partei eine Kopie der "Kostennote" der Firma I***** H*****, *****, über einen Gesamtrechnungsbetrag von S 2.193,60 (einschließlich 20 % USt) vor. Folgende Positionen sind darin ausgewiesen: Allgemeine Bearbeitungsgebühr S 308,--, 1. Mahnung S 200,--, 2. Mahnung S 240,--, 3. Mahnung S 240,--, Ausforschungskosten S 420,--, Evidenzhaltungsgebühr 3 Quartale S 420,--, sowie Umsatzsteuer S 365,60.

Das Erstgericht hat am 18.06.1996 in der Hauptsache den Zahlungsbefehl antragsgemäß erlassen und Normalkosten nach TP 2 festgesetzt, jedoch die angesprochenen vorprozessuale Kosten in Höhe von S 2.193,60 mit der Begründung nicht zuerkannt, daß die Inanspruchnahme eines Inkassobüros nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei.

Gegen die Abweisung des zuletzt genannten Kostenbegehrens richtet sich der rechtzeitige Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Kostenentscheidung dahin abzuändern, daß die beklagte Partei auch zur Zahlung der vorprozessualen Mahnspesen von S 2.193,60 schuldig erkannt werde.

Der Rekurs ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurswerber vertritt im wesentlichen den Standpunkt, es habe sich bei der Einschaltung eines Inkassobüros um eine zweckmäßige Rechtsverfolgungsmaßnahme gehandelt. Würde man von der klagenden Partei verlangen, Einmahnungen selbst vorzunehmen, wäre sie gezwungen, mit einem entsprechenden Kostenaufwand eine eigene Mahnabteilung einzurichten. Die vom Erstgericht vertretene Ansicht käme einem Berufsverbot für Inkassobüros gleich. Mit der Verordnung BGBl. Nr. 141/1996 habe der Gesetzgeber ein klares Zeichen dafür gesetzt, daß die durch Eintreibungsschritte aufgewendeten Kosten vom Schuldner zu bezahlen seien.

All diese Ausführungen des Rechtsmittelwerbers vermögen nicht zu überzeugen und insbesondere auch keinen Judikaturwandel herbeizuführen. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich die Inanspruchnahme eines Inkassobüros zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig (vgl. MGA, JN-ZPO14, E 100 zu § 41 ZPO; JBl. 1982, 326; Anwaltsblatt 1982/1639; REDOK 1188; EFSlg. 72.865; hg. 6 R 46/96 y u.v.a.).

Prozeßkosten sind die durch die Prozeßführung verursachten Kosten, wozu nicht nur die Kosten des Streitprozesses, sondern auch jene Kosten zählen, die vor Einleitung des Rechtsstreites oder außerhalb desselben aufgelaufen sind. Der Ersatzanspruch erstreckt sich aber nur auf die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten. Zweckmäßig ist dabei alles, was mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Erfolgsmöglichkeiten in sich birgt. Der Maßstab der Zweckmäßigkeit ist ein objektiver und hat die Gegebenheiten des Rechtsfalles im Zusammenhang mit der Rechtsordnung und dem möglichen Sacherfolg zum Inhalt. Außerrechtliche Zweckmäßigkeitserwägungen können einen Kostenersatzanspruch nicht begründen (Fasching II, 321).

Ist eine Maßnahme zweckmäßig, dann ist noch zu prüfen, welche Kosten für derartige Maßnahmen notwendig sind. Besteht nämlich die Möglichkeit, kostensparendere Handlungen vorzunehmen, die zu dem gleichen sachlichen oder formellen Ergebnis führen, dann kann die Partei nur jene Kosten beanspruchen, die den gleichen Zweck mit geringerem Aufwand erreicht hätten (LGZ Wien, 21.6.1983, WR 3).

Im vorliegenen Fall setzen sich die Kosten des von der klagenden Partei beauftragten Inkassobüros aus einer allgemeinen Bearbeitungsgebühr, aus dem Aufwand für drei Mahnschreiben, aus Ausforschungskosten und aus einer Evidenzhaltungsgebühr zusammen. Die hinter diesen Kosten stehenden Tätigkeiten können aber auch von einem betreibenden Gläubiger selbst durchgeführt werden. Ein Kaufmann oder im vorliegenden Fall ein Verein auf Landesebene muß in der Lage sein, Mahnschreiben an den Schuldner selbst zu verfassen oder damit einen Rechtsanwalt zu betrauen, der für den Fall der Erfolglosigkeit der Mahnung zugleich die weitere Rechtsverfolgung aufnehmen kann (REDOK 1188).

Wird aber ein Rechtsanwalt mit der Einbringung einer Forderung beauftragt und versucht dieser vor Klagseinbringung, den Schuldner durch ein Mahnschreiben zu einer freiwilligen Zahlung zu veranlassen, so ist ein solches Schreiben durch den Einheitssatz abgegolten (EvBl. 1953/274; Anwaltsbaltt 1982/1639). Daraus folgt, daß die anwaltliche Mahnung keine besonderen Kosten verursacht, weshalb auch die Mahnschreiben eines Inkassobüros ebenso als gedeckt angesehen werden müssen (EvBl. 1985/17).

Im Sinne dieser Rechtsprechung wird zwar die Einschaltung eines Inkassobüros zu Mahnzwecken als zulässig angesehen, doch können die damit verbundenen Auslagen im Falle einer späteren gerichtlichen Geltendmachung der Forderung nicht als ein notwendiger, vorprozessualer Aufwand angesehen werden (JBl. 1982, 326; REDOK 1188; hg. 6 R 46/96 y). Daß das OLG Innsbruck in seiner (wohl vereinzelt gebliebenen) Entscheidung zu 2 R 250/84 vom 30.10.1984 (EvBl. 1985/17) die Meinung vertreten hat, daß die Betrauung eines Inkassobüros mit Eintreibungsmaßnahmen, die von einem Rechtsanwalt nicht durchgeführt werden und dem Gläubiger selbst nicht zumutbar sind, etwa das persönliche Aufsuchen des Schuldners, um nunmittelbare Zahlung zu erreichen, ein durchaus zweckentsprechender Schritt zur außergerichtlichen Durchsetzung des Klagsanspruches ist, ist für den gegenständlichen Fall nicht von Belang. Die in dieser Entscheidung angesprochene Inkassotätigkeit (persönlicher Inkassoversuch) liegt nämlich hier nicht vor. Im übrigen wurde aber auch in der zitierten Entscheidung des OLG Innsbruck die Ansicht vertreten, daß die Einschaltung eines Inkassobüros lediglich zur Abfassung von Mahnschreiben nicht als zweckentsprechender Schritt der Rechtsverfolgung anzusehen ist, weil derartige Tätigkeiten einem Kaufmann zumutbar sind oder die Einmahnung durch einen Rechtsanwalt erfolgen kann.

Der Hinweis des Rekurswerbers auf die Alternative der Einrichtung einer eigenen Mahnabteilung mit entsprechendem Kostenaufwand schlägt nicht durch, weil die klagende Partei auch selbst in der Lage sein muß, die eingehenden Zahlungen zu überwachen und allfällige diesbezügliche Mahnschreiben zu verfassen, vor allem aber die allfällige betriebswirtschaftliche Zweckmäßigkeit für die klagende Partei, Eintreibungen nicht selbst durchzuführen, sondern zu vergeben, nichts darüber aussagt, ob die dafür auflaufenden Kosten auf die Schuldner überwälzt werden können.

Auch mit dem Hinweis auf die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten - selbstverständlich nicht des "Gesetzgebers" - über die Höchstsätze der Inkassoinstitute gebührenden Vergütungen (BGBl. 1996/141) ist für den Rechtsmittelwerber nichts gewonnen, weil darin lediglich Höchstbeträge für die den Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen festgelegt werden. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Tragung von Inkassokosten durch den Schuldner wurde damit nicht geschaffen, auch wenn im § 3 der zitierten Verordnung von "Schuldnergebühr" die Rede ist. Sinn dieser Verordnung ist die Schaffung von Tarifen, auf die im Streitfall über die Höhe von Inkassokosten zurückgegriffen werden kann.

Schon der Vergleich der Höhe der Hauptforderung (S 1.400,--) und der für die bloße mehrmalige Einmahnung durch das Inkassobüro aufgelaufenen Kosten (S 2.193,60) zeigt, daß es sich nicht um einen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwand handeln kann.

Nach der Judikatur können vorprozessuale Kosten gesondert eingeklagt werden, wenn die Akzessorietät durch Abschluß einer Vereinbarung aufgehoben wurde (MGA, JN-ZPO14, E 7 zu § 41 ZPO). Wenn in solchen Kosten Übernahmeverpflichtungen des säumigen Schuldners beispielsweise vom Ersatz der tarifmäßigen Kosten der Einschaltung eines konzessionierten Inkassobüros die Rede ist, dann kommt bezüglich der zulässigen Höhe dieser Kosten die vorzitierte Verordnung zum Tragen. Unter welchen Voraussetzungen aber vorprozessuale Inkassokosten in einem Zivilprozeß zu ersetzen sind, wird durch diese Verordnung nicht festgelegt. Es sind hier weiterhin die Kostenbestimmungen der ZPO maßgebend.

Der Einwand, daß durch die ständige Judikatur, wonach Kosten für die Inanspruchnahme eines Inkassobüros nicht als notwendige Kosten im Sinne des § 41 ZPO anzusehen sind, die faktische Ausübung des Inkassogewerbes erheblich erschwert und diesem Gewerbe dadurch die Existenzgrundlage entzogen werde, ist hier völlig unbeachtlich, weil es im vorliegenden Fall nicht um wirtschaftliche oder geschäftliche Belange eines im Prozeß nicht beteiligten Dritten geht, sondern um die Frage des Kostenersatzes zwischen den Prozeßparteien. Dieser richtet sich - wie oben dargelegt - nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung, weshalb letztlich die Entscheidung des Erstgerichtes, wonach die Inanspruchnahme eines Inkassobüros nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei, zu bestätigen war.

Landesgericht Ried im Innkreis, Abt. 6,

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