JudikaturJustiz6R12/24t

6R12/24t – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
20. März 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende und die Richterinnen Mag a . Gassner und Dr in . Meier als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Rechtsanwalt in Seiersberg-Pirka, gegen die beklagte Partei B* , **, vertreten durch Mag. Gerald Planner, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Zivilteilung (Streitwert: EUR 38.153,28 samt Anhang), hier wegen Kosten, über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse: EUR 17.078,16) gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Februar 2024, GZ 39 Cg 90/23v-22, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 942,90 (darin EUR 157,15 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig .

Text

begründung:

Der Beklagte zog im Jänner 2020 aus dem auf der klagsgegenständlichen Liegenschaft befindlichen Haus aus. Seit diesem Zeitpunkt wurde zwischen den Parteien diskutiert, wie man die Liegenschaft aufteilen könne, wobei im Frühling 2021 auch kurz Thema war, sie zu verkaufen. Die treibende Kraft dahinter war der Beklagte, der auch bereits seinen Cousin beauftragte, einen Energieausweis für das Haus zu erstellen. Der Plan, das Haus zu verkaufen, wurde allerdings nicht umgesetzt, weil es für die Klägerin immer erste Priorität war, das Haus zu behalten, zumal die gemeinsame Tochter in ihrem Elternhaus bleiben wollte. Daher wurde sodann nur noch darüber diskutiert, unter welchen Voraussetzungen die Klägerin den Hälftemiteigentumsanteil des Beklagten übernehmen würde.

Am 23. August 2022 wurde der Klägerin durch ein Schreiben des Beklagtenvertreters ein Vergleichsangebot dahingehend dargelegt, dass der Beklagte seinen Hälftemiteigentumsanteil an der Liegenschaft gegen Bezahlung eines Betrages von EUR 100.000,00 und Übernahme der Verpflichtung zur Leistung der Kreditverbindlichkeiten in das Eigentum der Klägerin übertragen würde. Auch wurde wörtlich festgehalten: „Für den Fall des Nichtzustandekommens dieser gütlichen Einigung wäre Herr B* zu seinem Bedauern gezwungen eine Teilungsklage bei Gericht einzubringen […]“.

Darauf antwortete Mag. C*, der damalige Rechtsvertreter der Klägerin, dass die Klägerin mit dem Vergleichsanbot nicht einverstanden sei und unterbreitete sogleich ein neues Vergleichsanbot, wobei auch Inhalt dieses Vergleichs nur die Übertragung der Liegenschaftshälfte des Beklagten auf die Klägerin war.

Mit Schreiben des Beklagtenvertreters vom 20. Juni 2023 wurde der Klägerin angeboten, dass man die klagsgegenständliche Liegenschaft – auf Kosten des Beklagten – durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen schätzen lassen könne.

Mit E-Mail vom 5. September 2023 wurde der Beklagtenvertreter schließlich vom Klagsvertreter darüber informiert, dass eine Zivilteilungsklage eingebracht wurde.

Der Beklagte wusste vor Klagseinbringung nicht, dass die Klägerin plant, eine Teilungsklage einzubringen. Er wurde darüber weder von ihr, noch von ihrer Rechtsvertretung in Kenntnis gesetzt und wurde ihm auch kein dahingehender Vergleichsvorschlag unterbreitet.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Miteigentumsgemeinschaft der Streitteile an der Liegenschaft EZ **, KG **, durch gerichtliche Feilbietung aufzuheben. Der Beklagte, dem angeboten worden sei, in eine Zivilteilung einzuwilligen, sei keinem Vergleichsvorgang zugänglich gewesen. Die Klägerin sei daher zur Klagsführung gezwungen gewesen.

Der Beklagte anerkannt den Anspruch der Klägerin auf Zivilteilung in seiner Klagebeantwortung und begehrt Kostenzuspruch gemäß § 45 ZPO. Er habe zur Klagsführung keine Veranlassung gegeben, vielmehr habe er vorprozessual seine Bereitschaft erklärt, die Liegenschaft gemeinsam zu veräußern, was die Klägerin jedoch abgelehnt habe.

Mit Anerkenntnisurteil vom 21. Februar 2024 gibt das Erstgericht dem Klagebegehren auf Zivilteilung statt und verpflichtet in der angefochtenen Kostenentscheidung die Klägerin, dem Beklagten die mit EUR 6.479,22 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt vertritt das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht den Standpunkt, die Voraussetzungen des § 45 ZPO lägen vor. Der Beklagte habe den Anspruch bei erster Gelegenheit anerkannt und die Klagsführung auch nicht veranlasst. Die hier streitgegenständliche Zivilteilung in Form der Verwertung der Liegenschaft als Ganzes sei ihm vorprozessual nämlich nie angeboten worden. Auch habe der Beklagte bereits vorprozessual angekündigt, eine Teilungsklage einzubringen, wenn es zu keiner gütlichen Einigung käme. Er habe daher Anspruch auf Ersatz seiner Verfahrenskosten, wobei der begehrte Kostenzuspruch den Einwendungen der Klägerin folgend um die verzeichneten Kosten für die Triplik des Beklagten zu kürzen seien.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin zum Ersatz ihrer Prozesskosten in Höhe von EUR 10.598,84 verpflichtet werde.

Der Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Klägerin kritisiert die Anwendung des § 45 ZPO und hält ihren Standpunkt aufrecht, der Beklagte habe Veranlassung zur Klagsführung gegeben. Wie sich aus den „vorgelegten Urkunden und ihrem Vorbringen“ ergebe, habe die Klägerin versucht, eine Teilungsvereinbarung mit dem Beklagten zu erzielen, der die Einwilligung in die Zivilteilung jedoch davon abhängig gemacht habe, dass auch seine obligatorischen Forderungen beglichen würden. In Anbetracht der aus der vorgelegten Honorarnote des seinerzeitigen Rechtsvertreters Mag. C* abzuleitenden außergerichtlichen Verhandlungsdauer von rund einem Jahr sei es mehr als wahrscheinlich gewesen, dass weitere außergerichtliche Verhandlungen ergebnislos sein würden, weshalb die Klägerin berechtigt gewesen sei, die Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sie die von ihr verzeichneten Kosten in voller Höhe zugesprochen erhalten müssen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Gemäß § 45 ZPO fallen die Prozesskosten dem Kläger zur Last, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage nicht Veranlassung gegeben und den mit der Klage erhobenen Anspruch sofort anerkannt hat. Diese Abweichung von der Regel des § 41 Abs 1 ZPO, nach der der im Rechtsstreit vollständig Unterliegende dem Gegner alle durch den Prozess verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu ersetzen hat, setzt voraus, dass beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen (M. Bydlinski in Fasching/Konecny II/1 § 45 ZPO RZ 1 [Stand 1.9.2014, rdb.at]). Diese Bestimmung bringt zum Ausdruck, dass es für die Kostenersatzpflicht nicht ausschließlich auf den formalen Prozesserfolg des Klägers ankommt, sondern dieser nur dann Kostenersatz erhalten soll, wenn seine Klagsführung – und damit die dadurch verursachten Kosten – angesichts des Verhaltens seines Gegners überhaupt als zur Durchsetzung seiner Rechtsposition erforderlich angesehen werden kann (OLG Wien 15 R 195/00g = RIS-Justiz RW0000039). Fast allen Rechtsgestaltungsansprüchen ist gemeinsam, dass eine Klagsführung durch eine außergerichtliche, konstitutive Parteienvereinbarung vermeidbar ist, die kostengünstiger geschlossen werden kann ( Obermaier , Kostenhandbuch 3 Rz 1.301).

Im Falle von Teilungsklagen wurde schon mehrfach ausgesprochen, dass der Kläger die Kosten dann zu tragen hat, wenn sich aus dem vorprozessualen Verhalten des Beklagten ergibt, dass die beabsichtigte Rechtsverwirklichung mit größter Wahrscheinlichkeit auch ohne Inanspruchnahme eines gerichtlichen Verfahrens möglich sein würde (RIS-Justiz RW0000039; 13 R 273/06x, 13 R 115/23m, 16 R 232/22p je des OLG Wien). Nach ständiger Rechtsprechung muss der Kläger den anderen Miteigentümer vorprozessual zur Aufhebung der Gemeinschaft unter Setzung einer angemessenen Überlegungsfrist auffordern; unterbleibt das, so gebührt dem anerkennenden Miteigentümer Kostenersatz nach § 45 ZPO ( Fucik in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 45 ZPO Rz 2; M. Bydlinski aaO Rz 5; Obermaier, aaO Rz 1.584; RIS-Justiz RI0000040; RW0000369). Vom Kläger wird etwa verlangt, dass er den anderen Teil vorprozessual zur Aufhebung der Gemeinschaft auffordert, was die Aufforderung umfassen muss, auch an der Schaffung eines Exekutionstitels, zB durch einen vollstreckbaren Notariatsakt oder prätorischen Vergleich, mitzuwirken (RIS-Justiz RW0000369; Obermaier, aaO Rz 1.584). Erst wenn die geforderte Zustimmung zur Rechtsänderung trotz Kenntnis von der Absicht des Klägers, sein Gestaltungsrecht auszuüben, verweigert wird, gibt der Beklagte zur Klage Anlass (EFSlg 63.999; M. Bydlinski aaO Rz 5).

Diesen Anforderungen genügt das vorprozessuale Verhalten der Klägerin, dem Beklagten lediglich anzubieten, ihm seinen Hälfteanteil abzukaufen, nicht. Die Übernahme des Miteigentums des Beklagten durch die Klägerin stellt keine Zivilteilung dar, worunter nach § 843 ABGB die gerichtliche Feilbietung der zu teilenden Sache (also Verwertung der Liegenschaft als Ganzes) samt Verteilung des Kaufpreises unter den Teilhabern zu verstehen ist, worauf auch das Erstgericht bereits zutreffend hinweist. Es steht fest, dass die Klägerin vor Einbringung der Klage weder einen konkreten Teilungsvorschlag erstattet, noch sonstige Schritte zur Schaffung eines einem Teilungsurteil gleichwertigen Titels unter Einbeziehung des Beklagten gesetzt hat und ihn nicht von ihrer Absicht, eine Teilungsklage einzubringen, informierte. Vielmehr war es der Beklagte, der im Rahmen der seit Jänner 2020 erfolgten Diskussionen unter anderem auch vorschlug, die Liegenschaft zu verkaufen, was aber von der Klägerin abgelehnt wurde.

Sämtliche dagegen im Rekurs angeführten Argumente basieren auf feststellungsfremden Tatsachen, die die Klägerin nicht unter Beweis zu stelle vermochte, und sind mit dem festgestellten Sachverhalt nicht vereinbar (vgl zum Erfordernis, strikt am festgestellten Sachverhalt zu argumentieren, RIS-Justiz RS0041585; Pochmarski / Lichtenberg , Beschluss und Rekurs in der Zivilprozessordnung, 105).

Das Rekursgericht teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass im konkreten Fall in Anwendung des § 45 ZPO die Klägerin dem Beklagten die Kosten des Verfahrens zu ersetzen hat. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt hat dieser keine Veranlassung zur Klagsführung gegeben.

Dem Rekurs, der sich nur gegen die Anwendung des § 45 ZPO, nicht jedoch gegen die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten richtet, war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung für das Rekursverfahren gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat Anspruch auf Ersatz seiner zutreffend auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 17.078,16 verzeichneten Kosten (die Summe des begehrten Zuspruchs von EUR 10.598,84 und der begehrten Aberkennung von EUR 6.479,22 bildet das Rekursinteresse, vgl AnwBl 1992/4033; OLG Graz 3 R 54/14g). Zu berücksichtigen war, dass dem Beklagten für seine Rekursbeantwortung nach § 23a RATG nur ein Zuschlag von EUR 2,60 zusteht, weil eine Rechtsmittelbeantwortung kein verfahrenseinleitender Schriftsatz ist (1Ob196/10w; RIS-Justiz RS0126594).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

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