JudikaturJustiz64R13/19p

64R13/19p – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
17. Mai 2019

Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien erkennt als Berufungsgericht durch den Richter Mag. Eder als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Löschl und Dr. Längle in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P***** K***** , vertreten durch Mag. Matthias Strohmayer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A***** , vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Beseitigung, Feststellung und Unterlassung (Streitwert nach JN: € 40,--; nach RATG: € 1.143,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 15.11.2018, 32 C 783/18a-10, gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit € 314,71 (darin enthalten € 52,45 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt nicht € 5.000,--.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Am 16.10.2017 erhielt der Kläger den Zuschlag bei einer Justiz-Auktion des Oberlandesgerichtes Innsbruck für ein iPhone 7 der Marke Apple. Der Versteigerungsgegenstand war ausdrücklich als "iPhone 7 - iCloud Sperre vorhanden. Betriebstauglichkeit konnte nicht überprüft werden!" bezeichnet. Der Kläger konnte das Gerät aufgrund der Aktivierungssperre nicht verwenden und wandte sich mit dem Ersuchen an die Beklagte, die Sperre aufzuheben, welche nicht tätig wurde. Die Beklagte ist ein Unternehmen im iPhone-Herstellerkonzern Apple. Sie vertreibt unter anderem iPhone-Mobiltelefone, auf denen sich standardmäßig die Betriebssystemsoftware iOS befindet. Die Software wird dem Verwender eines iOS-Geräts (wie eines iPhones) gemäß Punkt 1.a des "Apple-iOS-Softwarelizenzvertrags" für die Nutzung im Rahmen der Lizenz lizenziert und nicht verkauft. Dem Lizenznehmer ist es gemäß Punkt 3. nicht gestattet, die iOS-Software zu vermieten, zu verleasen, zu verleihen, zu verkaufen, neu zu verteilen oder Unterlizenzen für die iOS-Software zu vergeben. Er ist berechtigt, eine einmalige, permanente Übertragung aller Lizenzrechte an der iOS-Software an einen Dritten in Verbindung mit der Übertragung des Eigentums am iOS-Gerät vorzunehmen, vorausgesetzt, die Übertragung umfasst das iOS-Gerät, die komplette iOS-Software, einschließlich aller Komponenten und des Lizenzvertrags, der Übertragende behält keine Kopie der iOS-Software oder von Teilen davon, einschließlich der Kopien, die sich auf einem Computer oder einem anderen Massenspeichergerät befinden und die Partei, die die iOS-Software erhält, liest und akzeptiert die Bestimmungen des Lizenzvertrages.

Um Diebstähle von iPhones zu reduzieren, ist es iOS-Benutzern möglich, eine Aktivierungssperre am Betriebssystem zu setzen, die verhindert, dass andere das iPhone verwenden können. Von da an müssen die Apple-ID oder ein spezieller Gerätecode eingegeben werden, um die Sperre wieder zu deaktivieren, das Gerät zu löschen oder erneut zu aktivieren und verwenden zu können. Über die Aktivierungssperre ist dem Berechtigten auch eine Fernlöschung seiner Gerätedaten möglich. Ohne Eingabe der Apple-ID kann das Gerät jedoch auch dann von niemand anderem benutzt werden. Auf der Apple-Konzernwebseite wird explizit darauf hingewiesen, dass ein gebrauchtes iPhone mit aktiver Aktivierungssperre von einem neuen Erwerber nicht verwendet werden kann. Neben der Deaktivierung der Aktivierungssperre durch denjenigen, der sie zuvor gesetzt hat, ist es auch der Beklagten möglich, diese zu entfernen. Dafür verlangt sie entweder den ursprünglichen Kaufbeleg als Beweis für den Erwerb oder ein Gerichtsurteil, das sowohl die Eigentumsrechte am Gerät, als auch den Schutz persönlicher Daten berücksichtigt und Apple auffordert, die Aktivierungssperre zu entfernen.

Mit seiner (modifizierten) Eigentumsfreiheitsklage begehrte der Kläger von der Beklagten die Entfernung der Aktivierungssperre auf dem näher genannten Gerät iPhone 7plus und die Wiederherstellung der Werkseinstellung auf diesem Gerät (Punkt 1), die Feststellung, die Beklagte sei nicht berechtigt, ohne Einwilligung des Klägers eine Aktivierungssperre auf dem genannten Gerät aufrechtzuerhalten oder die Wiederherstellung der Werkseinstellung zu behindern und dadurch das Eigentum des Klägers und seiner Rechtsnachfolger zu stören (Punkt 2) sowie die Unterlassung der unter Punkt 1 genannten Störungshandlung und jeder ähnlichen nicht durch den Kläger eingewilligten Handlung (Punkt 3).

Er brachte - soweit im Berufungsverfahren wesentlich - vor, er habe als Meistbietender bei einer "Justiz-Auktion" im Sinne des § 277a EO am 16.10.2017 den Zuschlag des Oberlandesgerichtes Innsbruck für ein Mobiltelefon der Marke Apple und des Modells iPhone 7 Plus ("Klagsgegenstand") erhalten. Auf dem Klagsgegenstand befinde sich eine vollumfänglich funktionsfähige Version des Betriebssystems, die einer Aktivierungssperre unterliege. Der Erwerb eines Datenträgers, auf dem sich eine fertige Standardsoftware befinde, sei als Kauf einer körperlichen Sache zu behandeln. Der Kläger habe am 19.10.2017 beim Versuch der Inbetriebnahme festgestellt, dass sich die Aktivierungssperre nicht entfernen lasse. Er habe daraufhin den Kundenservice der Beklagten kontaktiert. Die Beklagte habe im Rahmen einer telefonischen Auskunft eingestanden, technisch zum Entfernen der Aktivierungssperre in der Lage zu sein. Die Beklagte habe sich bereit erklärt, gegen Vorlage des "Originalkaufbelegs" oder einer gerichtlichen Entscheidung, die Bedacht auf den Schutz der personenbezogenen Daten des Vorbenutzers nehme und Apple die Entfernung der Aktivierungssperre auftrage, diese zu entfernen.

Die Beklagte greife durch das Aufrechterhalten der Aktivierungssperre fortwirkend in die Rechtssphäre des Klägers ein. Sie sei in der Lage, auf den Klagsgegenstand über eine Internetverbindung ein Signal zu übermitteln, wodurch die Aktivierungssperre entfernt werde, die Verknüpfung zwischen dem Klagsgegenstand und dem Benutzerkonto des Vorbenutzers aufgehoben werde und alle auf dem Klagsgegenstand befindlichen Daten und Inhalte gelöscht werden. Der Eingriff in das Telefon des Klägers sei rechtswidrig, der auch durch die vertragliche Verpflichtung der Beklagten zum Ersteigentümer nicht gerechtfertigt werde. Passivlegitimiert sei auch jener, von dem Abhilfe im Sinne einer Beseitigung der Störung erwartet werden könne. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe der Kläger von der Beklagten keine Rückmeldung erhalten.

Die Beklagte bestritt und brachte vor, der Kläger versuche sich in Kenntnis der eindeutigen Versteigerungsbedingungen, die eine "Rücknahme" ausschließen, und der völlig klaren Produktbeschreibung, dass es sich um ein gesperrtes Mobiltelefon ohne überprüfte Betriebstauglichkeit gehandelt habe, in eine ihn unrechtmäßig bereichernde und unzulässig verbessernde Rechts- und Sachposition zu versetzen. Er verlange die Herstellung eines Zustandes des iPhone 7, der gemäß den Versteigerungsbedingungen explizit ausgeschlossen gewesen sei. Es müsse zwischen dem Erwerb des physischen Telefon und der Nutzung entsprechend der zugrunde liegenden Lizenzverträge unterschieden werden. Soweit eine Aktivierungssperre vorliege, sei Apple gegenüber dem Vornutzer und berechtigten Lizenznehmer verpflichtet, diese nicht ohne seine Einwilligung aufzuheben oder das Gerät zurück zu setzen, die zu einer unwiderruflichen Vernichtung sämtlicher auf dem Gerät befindlicher Daten führe. Weiters sei Apple aus datenschutzrechtlichen Gründen dazu verpflichtet, die Daten des Vornutzers zu schützen. Die Voraussetzungen eines Anspruches gemäß § 523 ABGB lägen nicht vor. Die Eigentumsfreiheitsklage sei kein Universalanspruch, um den Eigentümer einer gebrauchten und schon beim Erwerb nicht funktionstüchtigen Sache in genau jene Position zu versetzen, in der er nie gewesen sei.

Die Beklagte sei nicht passiv legitimiert, da sie keinen unbefugten Eingriff in das Eigentum des Klägers gesetzt habe. Sie habe die Aktivierungssperre weder veranlasst noch werde diese von ihr aufrechterhalten. Eine "allgemeine" Abschaffung der Aktivierungssperre in den Fällen originären Erwerbs sei nicht Pflicht der Beklagten. Sie würde einen Vertragsbruch mit ihren Nutzern begehen, würde sie die Aktivierungssperre des Geräts entfernen und die Daten ihres Nutzers (= Vertragspartners) einem Nichtberechtigten freigegeben oder löschen. Selbst unter der Annahme der Überlassung der Nutzung des Betriebssystems könne der Kläger von der Beklagten keine Verbesserung in einen Zustand, den es bei ihm niemals gehabt habe, verlangen.

Der Kläger sei nicht aktiv legitimiert, da er nicht Berechtigter des auf das Gerät aufgespielten Betriebssystems sei. Er habe weder ein Nutzungsrecht an der Software noch Urheber- und Lizenzrechte, ein Gutglaubenserwerb von Urheberrechten und daraus abgeleiteten Rechten sei ausgeschlossen. Nach dem Lizenzvertrag werde das Betriebssystem mit sämtlichen Inhalten nicht verkauft, sondern im Rahmen der dort angeführten Bedingungen an den Originalkäufer lizenziert. Lediglich der Käufer wäre auf derivativen Weg berechtigt, die Lizenzrechte unter bestimmten Bedingungen zu übertragen.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren (Punkte 1-3) ab und verpflichtete den Kläger zum Prozesskostenersatz von € 507,38 (Punkt 4).

Ausgehend von den auf Seiten 5 bis 6 der Urteilsausfertigung getroffenen und oben wiedergegebenen Feststellungen, folgerte das Erstgericht rechtlich, dass der Erwerb eines Softwarenutzungsvertrages im Hinblick auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 5 Ob 504/96 als Kauf zu qualifizieren sei. Bei einer öffentlichen Versteigerung wäre es somit grundsätzlich möglich, auch Eigentum an der iOS-Software, allenfalls eingeschränkt durch Urheber- und sonstige Immaterialgüterrechte, zu erwerben. Der Kläger habe aber im Hinblick auf die ausdrückliche Bezeichnung des Versteigerungsgegenstandes – mit einer iCloud-Aktivierungssperre belegt – wissentlich ein iPhone mit nicht nutzbarer Software ersteigert bzw. habe ihm jedenfalls klar sein müssen, dass die Betriebstauglichkeit nicht gesichert sei. Aufgrund des mangelnden Eigentums des Klägers an der Betriebssystem-Software iOS sei gar nicht zu prüfen, ob die Beklagte als (mittelbare) Störerin die Aktivierungssperre zu beseitigen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Der Berufungswerber vertritt die Ansicht, er habe an der Betriebssystem-Software Eigentum erworben.

Dies hängt davon ab, welche Sachen gepfändet wurden. In der Fahrnisexekution können bewegliche körperliche Sachen, deren Begriff sich aus dem bürgerlichen Recht ergibt, gepfändet werden (Mohr in Angst/Oberhammer³ § 249 Rz 5). Gemäß § 292 ABGB sind körperliche Sachen diejenigen, welche in die Sinne fallen; sonst heißen sie unkörperliche; z.B. das Recht zu jagen, zu fischen und alle anderen Rechte. Sinnliche Wahrnehmbarkeit ist als räumliche Abgrenzbarkeit in festem, flüssigen oder gasförmigen Zustand zu verstehen, weil nur dann Beherrschbarkeit und damit ein taugliches Objekt dinglicher "Herrschafts"-Rechte gegeben ist. Daher müssen (derzeit noch) die - von ihrem Trägermedium losgelöst gedachten - Schallwellen, Strahlen uÄ sowie die Software (strittig; nach P. Bydlinski, AcP 198, 288ff, insb 316, ist stets Verkörperung der Software mit einem Datenträger gegeben; kritisch gegen die Qualifizierung stets als körperliche Sachen 5 Ob 504/96 = SZ 70/202) und überhaupt Daten, Formeln, Codes, Informationen uÄ als unkörperliche Sachen gelten (Eccher/Riss in KBB 5 § 292 Rz 1). Bei Qualifikation der Software als unkörperliche Sache kann sie im Zuge der Fahrnisexekution nicht gepfändet werden und der Kläger kann an ihr kein Eigentum erworben haben.

Nach den Feststellungen wird die Software den Verwendern eines iOS-Geräts für die Nutzung im Rahmen der Lizenz lizenziert und nicht verkauft. Die Pfändung eines derartigen Lizenzrechtes müsste gemäß § 331 EO durch Doppelverbot an Lizenzgeber und Lizenznehmer erfolgen (Oberhammer in Angst/Oberhammer³, § 331 EO Rz 62), das Lizenzrecht kann jedoch nicht im Zuge einer Fahrnisexekution gepfändet werden.

In dem der Entscheidung 5 Ob 504/96 (5 Ob 505/96) zugrunde liegenden Sachverhalt schlossen die Streitteile einen "Programm-Nutzungsvertrag" über ein EDV-Programm ab, das für die Verwendung in Rechtsanwaltskanzleien erstellt wurde. Der OGH erachtete im dortigen Sachverhalt im Hinblick auf den für den dortigen Erwerber in erster Linie maßgeblichen funktionalen Aspekt die Übertragung fertiger Standardsoftware auf Datenträgern gegen einmaliges Entgelt als Kauf einer beweglichen körperlichen Sache. Dies jedenfalls dann, wenn Standardsoftware gegen Zahlung eines einmaligen Entgelts überlassen wird, und keine Wartungs-, Instandhaltungs-, Update- oder sonstigen Dauerleistungsverpflichtungen bestehen. Er führte aus, der "Programm-Nutzungsvertrag" sei auch kein Bestandvertrag. Die Eigentumsübertragung aufgrund eines solchen Kaufvertrages hat daher den Datenträger, der die Software verkörpert, zum Gegenstand (MR 2012, 334; RIS-Justiz RS0108706 = 5 Ob 504/96).

Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall das Smartphone nicht vom Verpflichteten gekauft und dann an den Ersteher weiter verkauft, sondern beim Verpflichteten gepfändet und der gepfändete Gegenstand in der Folge versteigert wurde, ist auch unter der Annahme, dass die Software als bewegliche körperliche Sache (mit)gepfändet wurde, für den Berufungswerber im Hinblick auf den Inhalt des Versteigerungsedikts nichts gewonnen.

2. Der Berufungswerber rügt, das Erstgericht verkenne die Bedeutung der Bezeichnung des Versteigerungsgegenstands. Daraus lasse sich keine Beeinträchtigung des Eigentumserwerbs ableiten und dies entspräche auch nicht dem Willen der Parteien dieses Rechtsgeschäfts. Die Erklärungen "i-Cloud Sperre vorhanden" und "Betriebstauglichkeit konnte nicht überprüft werden" seien bloße Wissenserklärungen, also Mitteilungen über Vorstellungen. Der Kläger habe an der auf dem Gerät befindlichen Standardsoftware - vorbehaltlich allfälliger Urheberrechte und sonstiger Immaterialgüterrechte anderer - ein unbeschränktes Eigentumsrecht im Sinn des § 362 ABGB erworben. Unterstelle man dem erklärenden Oberlandesgericht Innsbruck andererseits die Vorstellung, dass ein mit einer Aktivierungssperre belegtes iPhone über keine darauf befindliche Standardsoftware mit dem Betriebssystem iOS verfüge, würde dies eine für den Eigentumserwerb unerhebliche Fehlbezeichnung darstellen. Die Bezeichnung des Versteigerungsgegenstandes schließe auch die für den Gutglaubenserwerb erforderliche Redlichkeit nicht aus. Auf Geräten wie dem Versteigerungsgegenstand befinde sich standardmäßig das Betriebssystem iOS, der Kläger habe keinerlei Gründe daran zu zweifeln, dass sich die (voll funktionsfähige) Betriebssystem-Software auf dem Versteigerungsgegenstand befinde.

Die Zwangsversteigerung nach der EO ist kein Geschäft des Privatrechtes (RIS-Justiz RS0002763). Nach dem Wortlaut des § 1089 erster Halbsatz ABGB finden auch bei gerichtlichen Verkäufen die über Verträge, und den Tausch- und Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der Regel statt. Auf den gerichtlichen Zwangsverkauf lässt sich dieser Lehrsatz jedoch deshalb nicht beziehen, weil dieser die Wirkung eines Kaufvertrages zwischen dem Verpflichteten und dem Ersteher der Sache nicht hervorbringt. Es fehlt an dem Veräußerungswillen des Verkäufers und an dem Erfordernis der Willenseinigung zwischen dem Verpflichteten und dem Ersteher des exekutiv versteigerten Pfandgegenstandes. Die Zwangsversteigerung ist also - dies ist jedenfalls die herrschende Lehre - kein Kaufvertrag, sondern ein Akt öffentlichen Rechts (RIS-Justiz RS0003681).

Der Ersteher von Fahrnissen erwirbt mit dem Zuschlag Eigentum (RIS-Justiz RS0003740). Gegenstand des Zuschlags an den Meistbietenden im Sinn des § 278 Abs 1 EO ist die mit dem exekutiven Pfandrecht des betreibenden Gläubigers belastete bewegliche Sache. Das exekutive Pfandrecht an beweglichen Sachen erstreckt sich auch auf Gegenstände, die nach dem äußeren Aussehen als Zubehör anzusehen sind (SZ 60/152).

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers ist mangels Vorliegens eines Rechtsgeschäftes weder eine Willenserklärung des Oberlandesgerichtes Innsbruck auszulegen noch zu prüfen, ob bloß eine Wissenserklärung oder eine unerhebliche Fehlbezeichnung vorliegt.

Der Ersteher erwirbt das Eigentum kraft behördlicher Verfügung (durch einen konstitutiven Hoheitsakt) und nicht aufgrund eines "publizistischen Verkaufsgeschäfts" oder eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts (Angst in Angst/Oberhammer³ § 156 EO Rz 3).

Der Gegenstand der Versteigerung wird durch den Inhalt der Versteigerungsbedingungen und des Versteigerungsediktes festgelegt. Ihr Inhalt ist für den Umfang des Eigentumserwerbes des Erstehers (§ 156) maßgebend (vgl. RIS-Justiz RS0002851 zu § 146 EO hinsichtlich der Versteigerung von Liegenschaften und Superädifikaten; Mini/Breinl in Deixler-Hübner, EO, 27. Lfg., § 170 EO Rz 2). Nichts anderes kann für die Versteigerung in der Fahrnisexekution gelten, da auch diese Versteigerung gemäß § 272a Abs 1 EO mit Edikt bekannt zu machen ist. Aufgrund der Ergänzung durch die EO-Nov 2008 sind die zu versteigernden Sachen gemäß § 272a Abs 2 nicht nur zu bezeichnen, sondern auch zu beschreiben. Anders als bei der Beschreibung im Pfändungsprotokoll, bei der der Zweck der Beschreibung die Feststellung der Nämlichkeit der Sachen ist, soll bei Beschreibung im Edikt die Information der Kaufinteressenten verbessert werden (s ErläutRV EO-Nov 2008, 295 BlgNR 23. GP 20; Mohr in Angst/Oberhammer³ § 272a EO Rz 8). Mit dem Versteigerungsedikt wird den Kaufinteressenten bzw. den künftigen Käufern somit nicht nur konkret mitgeteilt, welche Sachen (Art) erworben werden können, sondern auch deren Eigenschaften, Funktionen etc. bekannt gegeben. Damit wird (auch) der Umfang des Eigentumsrechtes dargelegt.

Nach den Feststellungen wurde der Versteigerungsgegenstand im Versteigerungsedikt derart beschrieben, dass beim Smartphone die iCloud-Sperre vorhanden ist und die Betriebstauglichkeit demnach nicht überprüft werden konnte. Der Kläger konnte daher - unabhängig von der Frage des Erwerbs der Software - als Ersteher lediglich ein iPhone 7 mit Aktivierungssperre erwerben.

Soweit der Berufungswerber ausführt, er habe keinerlei Gründe gehabt, daran zu zweifeln, dass sich die (voll funktionsfähige) Betriebssystem-Software auf dem Versteigerungsgegenstand befinde, so ist dies, soweit er damit meint, dass er auf diese Zugriff haben wird und die Betriebstauglichkeit prüfen kann, nicht nachvollziehbar, da im Versteigerungsedikt ausdrücklich festgehalten wurde, dass aufgrund der iCloud-Sperre eben gerade kein Zugriff besteht und folglich auch die Software nicht überprüft werden kann. Durch diesen Hinweis wird der gute Glaube des Erstehers ausgeschlossen (Angst aaO § 170a Rz 1 und 3).

Nach dem allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz des § 442 ABGB "nemo plus iuris transferre potest, quam ipse habet" (vergleiche 3 Ob 40/18f) konnte die Behörde (Gericht), die das Smartphone nur mit Aktivierungssperre pfändete, im Zuge des Hoheitsaktes auch nicht dem Berufungswerber als Ersteher ein Smartphone ohne Aktivierungssperre übertragen, zumal damit auch vom Inhalt des Versteigerungsediktes abgegangen werden würde. Der Berufungswerber wurde daher nicht Eigentümer eines Smartphones ohne Aktivierungssperre, sodass er schon deshalb mit seiner Eigentumsfreiheitsklage - ungeachtet allfälliger Urheberrechte oder sonstiger Immaterialgüterrechte, deren Bestehen auch der Berufungswerber einräumt, - keinen Erfolg haben kann. Die Eigentumsfreiheitsklage kann (nur) gegen einen unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht erhoben werden (RIS-Justiz RS0012040). Das Eigentumsrecht des Klägers ist aber durch die Aktivierungssperre beschränkt. Ein Eingriff liegt nicht vor.

3. Der Berufungswerber vertritt die Ansicht, im vorliegenden Fall bestehe ein "allgemeiner" Kontrahierungszwang. Aufgrund der gerichtsnotorischen faktischen Übermacht der Beklagten, die ohne sachlich gerechtfertigten Grund einen Vertragsabschluss verweigere, sei sie dazu verpflichtet, mit dem Kläger einen Werkvertrag über die Zurücksetzung des Telefons abzuschließen bzw. das Telefon zurückzusetzen, dies allenfalls Zug-um-Zug gegen Bezahlung eines angemessenen Lohns.

Dabei verkennt der Berufungswerber, dass er im Verfahren erster Instanz gar kein Begehren auf Abschluss eines Vertrages mit der Beklagten stellte. Das Vorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot. Darüber hinaus besteht kein Kontrahierungszwang. Eine Einschränkung des Grundsatzes der Privatautonomie wird nur bei Vorliegen besonderer Umstände zur Lösung schwerwiegender Interessenskollisionen in Kauf genommen, wie etwa im Falle monopolartiger Betriebe, denen Kontrahierungszwang zu angemessenen Bedingungen auferlegt wird. Dies wird dem Verkehr jedoch nur in solchen Fällen zugemutet, in denen die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern oder Leistungen zu sichern ist und in denen die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Anbietern und Nachfragenden nicht anders ausgleichbar sind (RIS-Justiz RS0113652).

Bei einem iPhone handelt es sich aber um kein lebensnotwendiges Gut. Es gibt eine Vielzahl von Smartphone Herstellern, sodass eine Monopol- oder marktbeherrschende Stellung der Beklagten zu verneinen ist.

Zusammengefasst gilt:

Der Ersteher eines Mobiltelefons (hier: iPhone) erwirbt durch Zuschlag Eigentum an einer versteigerten Sache in dem Zustand oder Umfang, wie diese im Versteigerungsedikt beschrieben ist. Wird im Versteigerungsedikt auf eine Aktivierungssperre hingewiesen, hat der Ersteher gegenüber dem Hersteller keinen auf seinem Eigentumsrecht beruhenden Anspruch auf Löschung der Aktivierungssperre.

Der Berufung ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet auf §§ 41 und 50 ZPO, wobei gemäß § 23 Abs 10 RATG lediglich der einfache Einheitssatz von 60 % zusteht.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision stützt sich auf § 502 Abs 2 ZPO.

Rechtssätze
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