JudikaturJustiz60R80/17w

60R80/17w – LG HG Wien Entscheidung

Entscheidung
29. Dezember 2017

Kopf

Das Handelsgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Richter Hofrat Dr. Schmidt (Vorsitzender), Richterin Dr. in Wittmann-Tiwald und Richter Dr. Steinberger in der Rechtssache der klagenden Partei B***** , vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Haas Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, 76532 Baden-Baden, Deutschland, wider die beklagte Partei Lorenz A***** , vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, wegen EUR 60,- samt Anhang, über den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 158,30) gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 3. April 2017, 5 EuM 365/17k-7, in nicht öffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l – w e i s e Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird um folgende Kostenentscheidung ergänzt, sodass er insgesamt lautet:

„1. Das Verfahren ist beendet.

2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 117,89 bestimmten Prozesskosten (darin enthalten EUR 19,65 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 14,42 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten EUR 2,40 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Über Antrag der Klägerin (Antragstellerin im Europäischen Mahnverfahren) erließ das Erstgericht am 21.3.2017 zu 5 EuM 365/17h einen Europäischen Zahlungsbefehl. Der Beklagte erhob fristgerecht am 31.3.2017 formularmäßig Einspruch, dem ein zusätzlicher Schriftsatz angeschlossen war. Darin beantragte er – durch einen Rechtsanwalt vertreten – die Abweisung der Klage und legte seine Argumente samt Beweismitteln dar. Hiefür verzeichnete er Kosten nach TP 3A des RATG von EUR 158,30.

Die Klägerin hatte bereits in der Mahnklage in der Anlage 2 des Antragsformulars die Überleitung in ein ordentliches Verfahren abgelehnt. (Eine solche Angabe in der Anlage 2 des Antragsformulars ist im Europäischen Zahlungsbefehl nicht enthalten; Artikel 12 Abs. 2 EuMahnVO).

Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte das Erstgericht das Verfahren mit der Begründung für beendet, der Antragsteller habe gemäß Artikel 7 Abs 3 EuMahnVO erklärt, dass er die Überleitung in ein ordentliches Verfahren für den Fall ablehne, dass der Antragsgegner Einspruch einlegt. Eine Entscheidung über die Kosten des Beklagten traf es nicht.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kostenrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und die Klägerin zum Ersatz der Verfahrenskosten von EUR 158,30 zu verpflichten.

Die Klägerin beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt .

Sämtliche verfahrensrechtliche Fragen, die in der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO) nicht ausdrücklich geregelt sind, richten sich nach den nationalen Rechtsvorschriften (Art 26 EuMahnVO). Art 17 der Verordnung legt fest, dass bei fristgerechtem Einspruch das Verfahren vor den zuständigen Gerichten des Ursprungsmitgliedsstaats gemäß den Regeln eines ordentlichen Zivilprozesses weitergeführt wird, es sei denn, der Antragsteller hat ausdrücklich beantragt, das Verfahren in einem solchen Fall zu beenden. Letzteres war hier der Fall.

Da die EuMahnVO für die Honorierung des Einspruchs bei Verfahrensbeendigung keine Regelung vorsieht, muss diese Frage nach Artikel 26 EuMahnVO und damit nach den nationalen Rechtsvorschriften (vgl § 252 Abs 1 ZPO) überprüft werden.

§ 237 Abs 3 ZPO sieht für die Zurücknahme der Klage einen Kostenersatz vor. Danach hat der Kläger dem Beklagten alle diesem nicht bereits rechtskräftig auferlegten Prozesskosten zu ersetzen. Über den Antrag auf Zuerkennung der Kosten entscheidet der Vorsitzende durch Beschluss. Diese Situation ist mit der Verfahrensbeendigung über Antrag des Klägers in der EuMahnklage bei Einspruchserhebung durch den Beklagten im EuMahn-Verfahren vergleichbar (HG Wien 25.1.2017, 50 R 132/16t; 25.7.2017, 60 R 41/17k). Nach Tarifpost (TP) 3A RATG sind im Zivilprozess ua auch Einsprüche gegen Zahlungsbefehle zu honorieren, soweit sie weder unter TP 1 noch unter TP 2 fallen. TP 2 RATG erfasst ua Einsprüche gegen Zahlungsbefehle, soweit diese nicht unter TP 1 fallen und sich auf die bloße Bestreitung der Angaben in der Klage und auf den Antrag auf Abweisung der Klage beschränken. Nach TP 1 RATG sind Einsprüche gegen den Zahlungsbefehl zu honorieren, die sich bloß auf die Erhebung des Einspruchs beschränken.

Im konkreten Fall hat der Beklagte nicht bloß Einspruch erhoben und die kostenpflichtige Klageabweisung beantragt, sondern auch Sachvorbringen samt Beweisantrag erstattet. Damit stehen für den Einspruch Kosten nach TP 3A RATG zu. Der Kostenersatz ist ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe der Kapitalforderung von EUR 60,-- (ohne Zinsen und Kosten, § 4 RATG iVm § 54 Abs 2 JN) wie folgt zu berechnen:

Da es sich beim Einspruch um keinen verfahrenseinleitenden Schriftsatz handelt, betragen die ERV-Kosten nicht EUR 4,10, sondern EUR 2,10 (§ 23a RATG).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs war daher teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41 Abs 1 und 50 ZPO iVm § 11 RATG.

Da ein Kostenergänzungsantrag zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ausreichend gewesen wäre, sind die Rekurskosten nur nach TP 1 RATG auf Basis des ersiegten Betrages zu bestimmen ( Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 90 unter Hinweis auf 4 Ob 237/08v).

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Rechtssätze
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