JudikaturJustiz5Ob133/07f

5Ob133/07f – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Juli 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1) Mag. Bettina N*****, 2) Waltraud R*****, 3) Dr. Henriette S*****, alle vertreten durch die Mietervereinigung Österreichs, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, 4) Ing. Günther B*****, gegen die Antragsgegner 1) Mag. Eva P*****, 14) Mag. Rudolf D*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, sowie die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft *****, über den Revisionsrekurs der Erst-, Zweit- und Drittantragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. Dezember 2006, GZ 41 R 185/06v-42, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 31. Mai 2006, GZ 3 Msch 28/05g-36, aufgehoben wurde, den Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft in Wien. Der aus dem Jahr 1990 stammende Wohnungseigentumsvertrag enthält unter anderem die Regelung, dass der Verwalter Aufträgen, die in die Rechte eines oder mehrerer Miteigentümer eingreifen oder eine Änderung der zuletzt gehandhabten Übung bewirken, nur dann nachzukommen hat, wenn ein einstimmiger Beschluss der Miteigentümer oder die rechtskräftige Entscheidung einer Behörde darüber vorliegt. In dem Objekt besteht seit ca 20 Jahren eine Gas-Zentralheizungsanlage, an die alle Wohnungen angeschlossen sind. Der Verbrauch für Heizung und Warmwasserversorgung wird für jede Wohnung gesondert ermittelt.

Im Juni 2005 übersandte der Hausverwalter an sämtliche Wohnungseigentümer eine Einladung zu einer Hausversammlung für den 28. 6. 2005. Als Tagesordnungspunkte wurden unter anderem „Heizung - allgemein" und „Plantausch Warmwasser und Wärmemengenzähler" angegeben. In der Hausversammlung wurde über die Frage einer Umstellung der Heiz- und Warmwasserversorgung auf Fernwärme nicht abgestimmt. Diese Frage sollte in einem Umlaufbeschluss geklärt werden.

In diesem Umlaufbeschluss stimmte die Anteilsmehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer der Umstellung auf Fernwärme zu. Das Ergebnis dieses Umlaufbeschlusses wurde allen Mit- und Wohnungseigentümern durch Zusendung sowie durch Anschlag im Haus zwei bis drei Tage nach dem 4. 8. 2005 bekannt gegeben. Der Hausanschlag erfolgte an einer im Hauseingangsbereich befindlichen Pin-Wand, die sich im Erdgeschoss der Stiege 1 befindet. Der einzige Weg zur Stiege 2 des Objektes führt an diesem Eingangsbereich und damit an der Pin-Wand vorbei. Das Schreiben des Hausverwalters mit der Zusammenfassung des Ergebnisses der Abstimmung enthielt keinen Hinweis auf den Beginn der Anfechtungsfrist durch den Hausanschlag, den Zeitpunkt des Aushanges und das Ende der Anfechtungsfrist.

Die Antragsteller begehren in ihrem nach Ablauf der einmonatigen Frist des § 24 Abs 5 WEG 2002 eingebrachten Antrag die Aufhebung des Umlaufbeschlusses wegen 1. des Verstoßes gegen das vertraglich festgelegte Gebot der Einstimmigkeit, 2. einer übermäßigen Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer iSd § 29 Abs 1 WEG durch den kostenintensiven und aufwendigen Ersatz einer erst vor zwei Jahren sanierten Heizanlage sowie durch die zu erwartenden höheren Energiekosten.

Die Antragsgegner werten die beschlossene Erneuerung der Heizanlage als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung, für die ein Beschluss der einfachen Mehrheit genüge.

Das Erstgericht stellte die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses unter anderem deshalb fest, weil die vertraglich vereinbarte Einstimmigkeit nicht erzielt worden sei. Einstimmig zu fassende Beschlüsse unterlägen nicht den Fristen zur Anfechtung von Mehrheitsbeschlüssen. Das vom 14. Antragsgegner angerufene Rekursgericht teilte diese Auffassung nicht, hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Überprüfung der geltend gemachten Anfechtungsvoraussetzungen iSd § 29 Abs 2 WEG 2002 auf.

Der in § 24 Abs 5 Satz 1 WEG 2002 geforderte Anschlag in jedem Stiegenhaus solle nur sicherstellen, dass jeder Wohnungseigentümer beim Zugang zu seinem Wohnungseigentumsobjekt an der in § 24 Abs 5 WEG 2002 genannten „deutlich sichtbaren Stelle des Hauses" vorbeigehen müsse. Hier genüge daher der Anschlag an nur einer Stelle, nämlich in Stiege 1, zumal die Wohnungseigentumsobjekte der Antragsteller in dieser Stiege gelegen seien. Nicht relevant sei die Abgrenzung zwischen ordentlicher oder außerordentlicher (§ 29 Abs 1 WEG 2002) Verwaltung. In beiden Fällen müsse die Anfechtung innerhalb der Monatsfrist des § 24 Abs 6 WEG 2002 erfolgen. Diese Anfechtungsfrist gelte nur dann nicht, wenn gar keine Verwaltungshandlung, sondern eine Verfügung iSd § 828 ABGB oder eine Änderungsmaßnahme nach § 16 Abs 2 WEG 2002 vorlägen. Der Ablauf der Anfechtungsfrist stehe der Geltendmachung allfälliger Mängel der Beschlussfassung (Einstimmigkeit) entgegen. Hinsichtlich der Anfechtung nach § 29 Abs 2 WEG sei der Antrag aber nicht verfristet, weil die hiefür geltende dreimonatige Frist eingehalten worden sei. Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit dem Hinweis auf die Entscheidung 5 Ob 16/05x; danach gelte die einmonatige Anfechtungsfrist des § 24 Abs 6 WEG 2002 bei fehlender und erforderlicher Einstimmigkeit der Beschlussfassung nicht. Der Revisionsrekurs der Erst-, Zweit- und Drittantragsteller beantragt die Abänderung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Stattgebung des Antrages, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der 14. Antragsgegner beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angegebenen Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

I: Anfechtung nach § 24 Abs 6 WEG 2002

Jeder Wohnungseigentümer kann gemäß § 24 Abs 6 WEG 2002 innerhalb eines Monats ab Anschlag eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft mit einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richtenden Antrag verlangen, dass die Rechtsunwirksamkeit eines Beschlusses der Eigentümergemeinschaft wegen formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit gerichtlich festgestellt wird.

Die Willensbildung in der Gemeinschaft erfolgt nach § 24 Abs 1 WEG

2002 vornehmlich durch die Eigentümerversammlung, doch erachtet die

oberstgerichtliche Judikatur auch sogenannte Umlaufbeschlüsse (wie

hier in Form einer jedem Wohnungseigentümer übersandten

Abstimmungsbeilage) grundsätzlich für zulässig (5 Ob 146/01h = ecolex

2002, 172/67 = immolex 2002, 113/58 = MietSlg 53/26; 5 Ob 116/06d =

wobl 2007, 165/69; Kletecka, Die Beschlussfassung nach dem WEG 2002, wobl 2002, 143 [144]).

Die in § 24 Abs 6 WEG 2002 gewährte Anfechtungsmöglichkeit gilt sowohl für Beschlüsse über Maßnahmen der ordentlichen als auch der außerordentlichen Verwaltung (5 Ob 183/05f; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 24 WEG Rz 38; Kletecka aaO, 146). Der Unterschied zwischen außerordentlicher und ordentlicher Verwaltung ist für die Anfechtung allerdings insofern von Bedeutung, als Beschlüsse in Angelegenheiten der außerordentlichen Verwaltung (§ 29 Abs 1 WEG 2002) (wie der nützlichen Verbesserungen oder sonstige über die Erhaltung hinausgehende bauliche Veränderungen) innerhalb von drei Monaten, bei unterbliebener Verständigung von der beabsichtigen Beschlussfassung innerhalb von sechs Monaten ab Hausanschlag angefochten werden können.

Die Dauer der Frist richtet sich demnach danach, ob ein formeller Mangel iSd § 24 Abs 6 WEG 2002 geltend gemacht wird oder eine Anfechtung nach § 29 WEG 2002 erfolgt (5 Ob 183/05f = immolex 2005/150 [Prader] = wobl 2006/4 [Call]; Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 38; Kletecka aaO 146; Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 24 WEG Rz 55).

Nachdem die dreimonatige Anfechtungsfrist des § 29 Abs 1 WEG 2002 jedenfalls eingehalten wurde, ist zunächst zu überprüfen, ob ein nach § 24 Abs 6 WEG 2002 anfechtbarer Beschluss vorliegt. Die Antragsteller qualifizieren die von der Anteilsmehrheit beschlossene Umstellung auf Fernwärme weder als Angelegenheit der ordentlichen noch der außerordentlichen Verwaltung, sondern als „rechtlich unerheblichen Nichtbeschluss". Sie stützen diese Auffassung auf zwei Argumente: 1. die wirtschaftlichen Nachteile der Umstellung, welche einer Wertung als nützliche Verbesserung und damit als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme entgegenstehen, 2. die Verletzung der vertraglich vereinbarten Einstimmigkeit. Im ersten Punkt übersehen die Antragsteller, dass § 29 Abs 1 WEG 2002 in Abgrenzung zu den im § 28 leg cit genannten Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung als außerordentliche Verwaltung Veränderungen an den allgemeinen Teilen der Liegenschaft bezeichnet, und dabei die nützlichen Verbesserungen nur beispielsweise nennt (Würth in Rummel ABGB³ § 29 WEG 2002 Rz 2). Die höchstgerichtliche Judikatur (5 Ob 93/95 = SZ 68/148 = wobl 1996/74 = MietSlg 57.520/24) wertet die Umstellung einer ölbefeuerten Heizanlage auf die Versorgung mit Fernwärme grundsätzlich als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung im Sinn des damals geltenden § 14 Abs 3 WEG aF. Die im Revisionsrekurs betonte hohe Kostenbelastung ist im Rahmen der Anfechtungstatbestände des § 29 Abs 2 WEG 2002 zu überprüfen. Genau dazu dient letztlich die vom Rekursgericht angeordnete Verfahrensergänzung.

Das zweite Argument läuft auf die Geltendmachung einer absoluten Nichtigkeit hinaus, die laut AB 1050 BlgNR XXI. GP 8 bei besonders krassen Verstößen gegen die Rechtsordnung oder die Grundsätze des Wohnungseigentumsrechtes denkbar ist. Demgegenüber soll nach den ErlRV 989 BlgNR XXI. GP 62 der in § 24 Abs 6 WEG 2002 genannte Anfechtungsgrund des Fehlens der erforderlichen Mehrheit auch umfassen, dass ein Beschluss nicht die Zustimmung aller Wohnungseigentümer gefunden habe, etwa zu einer Benutzungsregelung oder einer Kostenregelung nach § 32 Abs 2 WEG.

Bereits die zu § 13b Abs 4 WEG 1975 (der Vorgängerbestimmung des § 24

Abs 6 WEG 2002) ergangene Judikatur löste die Abgrenzung zwischen

befristet bekämpfbaren anfechtbaren Beschlüssen zu unbefristet

bekämpfbaren nichtigen Beschlüssen dahin, dass es auf den Anschein

(Rechtsschein) eines Mehrheitsbeschlusses ankomme (5 Ob 306/02i =

EvBl 2003/117 = immolex 2003, 238/131 [Kletecka] = MietSlg 55.521 =

MietSlg 55.535 = SZ 2003/2; 5 Ob 263/03t = MietSlg 55.523 = MietSlg

55.544 = immolex 2005, 24/8 [Kletecka] = RIS-Justiz RS0118450 = RIS-Justiz RS0109645 [T2] = RS0117554 [T1]). Fehler bei der Mehrheitsberechnung oder der Stimmauszählung wurden in der Lehre nur als Anfechtungsgrund gewertet (Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft 242; Niedermayr in Schwimann IV² § 13b WEG Rz 21/aA noch Kletecka, Probleme der Willensbildung in der Wohnungseigentümergemeinschaft, wobl 1995, 82 und die Beschlussfassung in der Wohnungseigentümergemeinschaft im Licht der Rechtsentwicklungen der letzten Jahre, NZ 2001, 259). Zweifelsfälle, ob der Anschein eines Mehrheitsbeschlusses gegeben war, entschied die Judikatur im Interesse der Rechtssicherheit zugunsten einer befristeten Anfechtbarkeit (5 Ob 263/03t = immolex 2005/8 [Kletecka]; RIS-Justiz RS0118451).

Das Abgrenzungskriterium des Anscheines eines Mehrheitsbeschlusses hat der Oberste Gerichtshof zu § 24 Abs 6 WEG 2002 fortgeschrieben und das Fehlen einer Mehrheit als binnen Monatsfrist geltend zu machenden Anfechtungsgrund dem § 24 Abs 6 WEG 2002 unterstellt (5 Ob 155/06i = wobl 2006/135 [Call]; 5 Ob 183/05f); ein Ergebnis, das mit den in der Lehre vertretenen Meinungen in Einklang steht (Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 24 WEG Rz 83 f; Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 34; Kletecka, Die Beschlussfassung nach dem WEG 2002, wobl 2002, 143 [146, 147], mit dem Hinweis, dass dies auch für eine qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit iSd §§ 32 Abs 2, 29 Abs 5 oder bei einer Benützungsvereinbarung gelte; vgl Würth in Rummel³ § 24 WEG 2002 Rz 9, der sogar eine „absolute Nichtigkeit" kritisch sieht).

Die hier zu beurteilende Verwaltungsmaßnahme, welche nach dem Gesetz einer Beschlussfassung durch die Mehrheit zugänglich ist, hat somit den Anschein eines Mehrheitsbeschlusses für sich. Ein derartiger Beschluss kann aber nach Ablauf der einmonatigen Anrechnungsfrist nicht mehr aus den in § 24 Abs 6 WEG 2002 genannten Gründen angefochten werden. Die gleichzeitige Geltendmachung eines Anfechtungsgrundes nach § 29 WEG führt nicht zur Verlängerung der Anfechtungsfrist aufgrund formeller Mängel (5 Ob 250/05h = SZ 2005/180 = wobl 2006/60 [Call] = RIS-Justiz RS0120359). Dieses Ergebnis steht auch nicht in Widerspruch zu der sowohl vom Rekursgericht als auch im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 5 Ob 16/05x. Die Antragsteller übersehen nämlich den Unterschied zwischen Verwaltungshandlungen und Verfügungen über das Gemeinschaftsgut oder einzelner Anteile: Verwaltungshandlungen zielen darauf ab, gemeinschaftliche Pflichten zu erfüllen oder gemeinschaftliche Interessen wahrzunehmen (5 Ob 41/05y; 5 Ob 213/04s; 5 Ob 299/99b; 5 Ob 250/05h), während eine Verfügung die Substanz der Gemeinschafts- oder Anteilsrechte verändert (5 Ob 216/98w; 5 Ob 116/01x; 5 Ob 268/02a; 5 Ob 16/05x; 5 Ob 250/05h; RIS-Justiz RS0109188). Der Oberste Gerichtshof qualifizierte in 5 Ob 16/05x die dort beschlossene bauliche Maßnahme aufgrund ihres unmittelbaren und massiven Eingriffes in das Anteilsrecht eines Wohnungseigentümers (sein Alleinbenützungsrecht an einer Terrasse) als Verfügungshandlung iSd § 828 ABGB, welche nach dem Gesetz Einstimmigkeit fordere. Ein Verstoß gegen das im Gesetz unabdingbar vorgeschriebene Einstimmigkeitserfordernis könne somit auch außerhalb der Anfechtungsfrist des § 24 Abs 6 WEG 2002 geltend gemacht werden.

Die Entscheidung 5 Ob 250/05h wertete eine ebenfalls von der Mehrheit beschlossene bauliche Maßnahme (Dachausbau mit anschließender alleiniger Nutzung durch die Wohnungseigentümer der darunter liegenden Objekte) nicht als Verwaltungshandlung, sondern als Änderung am Wohnungseigentumsobjekt iSd § 16 Abs 2 WEG, für welche die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich sei. Ein in einem solchen Fall gesetzwidrig ergangener Mehrheitsbeschluss müsse nicht innerhalb der einmonatigen Frist des § 24 Abs 6 WEG angefochten werden.

Keine dieser Fallkonstellationen liegt hier vor. Es geht jedenfalls nicht um eine gesetzlich geforderte Einstimmigkeit; zu beurteilen bleibt eine Maßnahme der Verwaltung, die ungeachtet der im Wohnungseigentumsvertrag vereinbarten Einstimmigkeit aus dem Anfechtungsgrund des Fehlens einer erforderlichen Mehrheit nur innerhalb der Anfechtungsfrist des § 24 Abs 6 WEG 2002 bekämpft werden kann.

Die Frage, ob eine derartige vertragliche Vereinbarung nach der gesetzlichen Regelung des § 24 Abs 7 WEG 2002 (vgl auch § 20 Abs 1 WEG 2002) überhaupt zulässig ist, muss aus diesen Erwägungen nicht beantwortet werden.

II: Beginn der Anfechtungsfrist:

Fristauslösendes Moment ist nach § 24 Abs 6 WEG 2002 der Anschlag im Haus, dessen Erfordernis in Abs 5 Satz 1 und 4 leg cit geregelt ist. Satz 1 fordert den Anschlag an einer für alle Wohnungseigentümer deutlich sichtbaren Stelle des Hauses (bei mehreren Häusern oder mehreren Stiegenhäusern an einer entsprechenden Mehrzahl solcher Stellen). Der Zweck dieses „Mehrfachanschlages" liegt darin, die Kenntnisnahme durch jeden Wohnungseigentümer zu ermöglichen (Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 24 WEG Rz 20). Die Möglichkeit der Kenntnisnahme ist deshalb von vorrangiger Bedeutung, weil nicht die individuelle Übersendung des Beschlusses an jeden Wohnungseigentümer, sondern ausschließlich der Hausanschlag die Anfechtungsfristen auslöst (§ 24 Abs 6 WEG 2002, § 29 Abs 1 WEG 2002). Muss der Eingangsbereich mit dem vorgenommenen Hausanschlag zwingend durchquert werden, um ein anderes Stiegenhaus zu erreichen, wäre die Forderung nach einem zusätzlichem Anschlag in diesem Stiegenhaus ein übertriebener, mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinender Formalismus. Die Revisionsrekurswerber können auch deshalb keine rechtsunwirksame Zustellung zu ihren Lasten geltend machen, weil ihre Wohnungseigentumsobjekte auf Stiege 1 liegen.

Dass die nach § 24 Abs 5 letzter Satz WEG 2002 den übersendeten Beschlüssen beizufügenden Hinweise hier unterlassen wurden, hindert nicht die Auslösung der einmonatigen Anfechtungsfrist (Löcker in Hausmann/Vonkilch aaO Rz 71; 5 Ob 155/06i).

Das Rekursgericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass der Beschluss nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist nicht mehr nach § 24 Abs 6 WEG 2002 angefochten werden kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 37 Abs 3 Z 17 MRG, 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 78 Abs 1 AußStrG.

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