JudikaturJustiz5C1296/05y

5C1296/05y – BG Melk Entscheidung

Entscheidung
21. September 2005

Kopf

Das Bezirksgericht Melk erkennt durch den Richter Mag. Michael Lokay in der Rechtssache des Klägers J***** M*****, Deutschland, dieser vertreten durch Dr. K***** P. H*****, Rechtsanwalt in Melk, wider den Beklagten N.N, dieser vertreten durch Dr. J***** C*****, *****, *****, wegen Euro 5.287,- samt Anhang nach öffentlicher und mündlicher Verhandlung zu Recht:

Spruch

1) Das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig dem Kläger den Betrag von Euro 5.287,- samt 4% Zinsen aus diesem Betrag ab dem 4.2.2005 zu bezahlen, wird abgewiesen.

2) Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit Euro 366,70 (darin Euro 61,12 Ust) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger brachte vor, dass sein Sohn am 4.2.2005 über eine Internetauktion vom Beklagten einen SS-Ring aus Gold um Euro 500,-

zuzüglich Versandspesen von Euro 11,99 erworben habe. Der Beklagte habe über die Internetplattform „militariaweb.com" diesen Ring angepriesen als Original - SS - Ehrenring mitsamt originaler Verleihungsschatulle und garantiere der Beklagte somit die Authentizität dieser Gegenstände. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass sowohl der Ring als auch die Schatulle erst irgendwann nach 1945 angefertigt worden seien. Der Marktwert des Ringes betrage zirka Euro 200,-, jener der Schatulle liege bei Euro 50,-. Im Falle der Authentizität würde jedoch der Marktwert des Ringes bei rund Euro 3.500,- und jener der Schatulle bei Euro 2.000,- liegen. Der Sohn des Klägers habe dem Kläger sämtliche Ansprüche in diesem Zusammenhang abgetreten.

Der Beklagte handle über die genannte Internetplattform gewerblich mit Militärartikeln und sei diesem somit bewusst gewesen, dass entgegen seiner ausdrücklichen Zusicherung es sich nicht um Originalgegenstände sondern um Fälschungen handle. Der Kläger stütze sich nunmehr auf die Bestimmungen des Schadenersatzrechtes wie wenn ordnungsgemäß geliefert worden wäre.

Es werde der Differenzbetrag von Euro 5.250,- sowie die Kosten des Gutachtens in Höhe von Euro 37,- geltend gemacht.

Der Beklagte bestritt und brachte seinerseits vor, dass er vor Kaufvertragsabschluss dem Sohn des Klägers mitgeteilt habe, dass der Ring eventuell auch nach 1945 von einem Juwelier angefertigt worden sein könne. Die Holzschatulle habe er selbst begutachtet und sei er zum Ergebnis gekommen, dass diese echt sei.

Er habe jedenfalls keinerlei Handlung gesetzt, die ein seinerseitiges Verschulden begründen würden.

Rechtlich folgt:

Rechtliche Beurteilung

Fraglich ist zunächst, welches Recht anzuwenden ist. Nach dem Vorbringen des Klägers könnte es sich bei seinem Sohn um einen Verbraucher und beim Beklagten um eine Person handeln, auf die dies nicht zutrifft, weshalb gemäß Art. 5 EVÜ deutsches Recht anwendbar sein könnte.

Letztlich kann diese Frage - wie nachfolgend dargestellt wird - dahingestellt bleiben.

Gemäß § 1 Abs 1 Abzeichengesetz 1960 dürfen Abzeichen, Uniformen oder Uniformteile einer in Österreich verbotenen Organisation öffentlich weder getragen, noch zur Schau gestellt, dargestellt oder verbreitet werden. Als Abzeichen sind auch Embleme, Symbole und Kennzeichen anzusehen.

Gemäß Abs 2 leg. cit. erstreckt sich das Verbot des Abs 1 auch auf Abzeichen, Uniformen und Uniformteile, die auf Grund ihrer Ähnlichkeit oder ihrer offenkundigen Zweckbestimmung als Ersatz eines der in Abs 1 erwähnten Abzeichen, Uniformen oder Uniformteile gebraucht werden.

Gemäß § 1 Verbotsgesetz sind die NSDAP, ihre Wehrverbände (SS, SA, NSKK, NSFK), ihre Gliederungen und angeschlossenen Verbände, sowie alle nationalsozialistischen Organisationen und Einrichtungen aufgelöst; ihre Neubildung ist verboten.

Daraus folgt, dass die SS eine in Österreich verbotene Organisation darstellt, sodass deren Abzeichen - wozu auch ein SS - Ehrenring samt Verleihungsschatulle zählt - in Österreich nicht verbreitet werden dürfen. Aus diesem Grunde ist auch der Verkauf von Abzeichen dieser Organisationen und somit jener von Abzeichen der SS in Österreich verboten, wobei der Verkauf eines Abzeichens in Österreich als Verbreitung im Sinne des § 1 Abs 1 Abzeichengesetz 1960 anzusehen ist.

Wären also der SS - Ehrenring und die Verleihungsschatulle echt, so würde im vorliegenden Fall die Besonderheit bestehen, dass es sich um Sachen „extra commercium" handelt, die also weder einen Ankaufspreis - rechtens dürfte niemand einen SS - Ring samt Verleihungsschatulle kaufen, ohne gegen das Abzeichengesetz zu verstoßen - noch einen Verkaufspreis hat.

Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall die Differenz der Werte eines Original SS - Ehrenringes und einer originalen Verleihungsschatulle zum Wert eines nicht originalen SS - Ehrenringes bzw einer nicht originalen Verleihungsschatulle nicht verlangt werden kann. Wollte man nämlich dem Kläger den von ihm geltend gemachten Schaden zuerkennen, so würde dies im Ergebnis dazu führen, dass das gesetzliche Verbot von Verbreitung von Abzeichen von in Österreich verbotenen Organisationen umgangen und damit obsolet gemacht werden würde (vgl hiezu OLG Wien vom 17.10.2003, 14 R 118/03f). Auch wenn deutsches Recht anwendbar wäre, würde dies am Ergebnis nichts ändern.

Gemäß Art. 16 EVÜ kann nämlich die Anwendung einer Norm des nach diesem Übereinkommen bezeichneten Rechts dann versagt werden, wenn dies offensichtlich mit der öffentlichen Ordnung des Staates des angerufenen Gerichtes unvereinbar ist. Art. 16 EVÜ normiert daher, dass aus Gründen der öffentlichen Ordnung (Ordre public) von der Anwendung einer Norm des verwiesenen Rechtes abgesehen werden kann. Ein Verstoß gegen den österreichischen Ordre public liegt dabei nur dann vor, wenn die Zugrundelegung des an sich anzuwendenden ausländischen Rechtes das einheimische Rechtsgefühl in untragbarer Weise verletzt, wenn der Unterschied zwischen den staatspolitischen und sozialen Anschauungen, auf denen das fremde und das konkurrierende österreichische Recht beruhen, so erheblich ist, dass die Anwendung des ausländischen Rechts direkt die Grundlage des österreichischen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde.

Werden durch die Anwendung des ausländischen Gesetzes Grundsätze der österreichischen Rechtsordnung verletzt oder subjektive Rechte von Inländern in sittenwidriger Weise beeinträchtigt, so darf dieses Gesetz nicht herangezogen werden (Angst-Jakusch-Mohr, EO14, E 7 und E 8 zu § 81).

Zunächst ist zu beachten, dass es sich beim Verbotsgesetz um in Österreich geltendes Verfassungsrecht handelt. Daraus ist schon zu ersehen, dass das von der NSDAP propagierte nationalsozialistische Gedankengut und die zu dessen Durchsetzung gegründeten Verbände (darunter auch die SS) von der Republik Österreich abgelehnt werden. Weiters ist davon auszugehen, dass es Ziel der NSDAP war, die Eigenstaatlichkeit der Republik Österreich zu beenden und dieselbe in das Deutsche Reich einzugliedern.

Die Gewährung von Schadenersatzansprüchen aus dem Verkauf eines SS - Ehrenringes samt Verleihungsschatulle, mithin eines Gegenstandes einer in Österreich durch Verfassungsgesetz verbotenen Organisation, würde den staatspolitischen und sozialen Anschauungen der Republik Österreich dermaßen widersprechen, dass die Anwendung des ausländischen Rechtes direkt die Grundlage des österreichischen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde. Daraus folgt, dass wenn in Deutschland kein gesetzliches Verbot für den Handel mit NS-Devotionalien bestünde bzw ein solches Rechtsgeschäft im Sinne des § 138 BGB nicht nichtig wäre, aufgrund

Artikel 16 EVÜ deutsches Recht nicht anzuwenden ist und damit österreichisches Recht zur Anwendung gelangt, weshalb der vom Kläger geltend gemachte Schaden - wie oben ausgeführt - nicht zuerkannt werden kann.

Aus diesem Grunde war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO.

Bezirksgericht Melk

3390 Melk, Bahnhofplatz 4

Rechtssätze
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