JudikaturJustiz54R227/05d

54R227/05d – LG Salzburg Entscheidung

Entscheidung
20. Oktober 2005

Kopf

Das Landesgericht Salzburg hat als Berufungsgericht durch die Richter LGVPräs. Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie Dr. Singer und Dr. Hemetsberger in der Rechtssache der klagenden Partei D***** B*****, D-37213 *****W, vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1) J***** B*****, 5733 B*****, und 2) B***** K*****, 5741 N*****, beide vertreten durch Dr. Klaus Weber, Rechtsanwalt in 5730 Mittersill, wegen € 781,50 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Zell am See vom 6.7.2005, 15 C 27/05z-9, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen des Beklagtenvertreters binnen 14 Tagen die mit € 244,57 (darin € 40,76 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 11.11.2004 zu 33 Hv 152/04g wurden die Beklagten schuldig erkannt, dass sie am 26.12.2003 im bewussten und gewollten Zusammenwirken

1) R***** und I***** F*****, S***** R***** und D***** B***** durch die Äußerung „Wir putzen euch! Wir machen euch hin!" gefährlich bedrohten, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen (Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB);

2) versuchten, R***** und I***** F*****, S***** R***** und D***** B***** durch die Äußerung „Wenn ihr die Gendarmerie ruft, kommen wir zurück und finden euch, dann ist nicht nur der Hund fällig!", mithin durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Körperverletzung, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Erstattung einer Strafanzeige wegen Körperverletzung zu nötigen (Vergehen der versuchten Nötigung nach den §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB). Der Erstbeklagte wurde darüber hinaus schuldig erkannt, am selben Tag R***** F***** und S***** R***** vorsätzlich am Körper verletzt und dadurch das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB begangen zu haben.

Die Klägerin begehrte € 781,50 s.A. mit der Begründung, sie hätte aufgrund der Drohung bzw. der versuchten Nötigung die für den Zeitraum 20.12.2003 bis 3.1.2004 zu Urlaubszwecken gemietete Hütte nur bis 27.12.2003 in Anspruch nehmen können, weil sie aus Furcht den Urlaub vorzeitig abbrechen habe müssen. Sie begehre daher den Ersatz der aliquoten Miete von € 711,50 sowie vorfallskausale Nebenkosten von € 70,--. Im Schriftsatz ON 6 brachte die Klägerin ergänzend vor, dass das rechtswidrige Verhalten der Beklagten direkt auf die vorzeitige Abreise der Klägerin mit ihren Freunden und daher direkt auf die Unmöglichkeit des Gebrauchs der Sache abgezielt habe. Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, dass die Unmöglichkeit des Gebrauchs einer Sache einen ideellen Schaden darstelle, der vom Schädiger grundsätzlich nicht zu ersetzen sei.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Klagebegehren kostenpflichtig abgewiesen. Dazu stellte es entscheidungswesentlich (§ 500a ZPO) fest, dass die Klägerin und ihre Freunde einen Urlaub in N***** am G***** verbrachten. Sie und ihre Freunde reisten nach dem Vorfall am 27.12.2003 vom Urlaubsort ab. Für die für den Zeitraum vom 20.12.2003 bis 3.1.2004 gebuchte Hütte bezahlte die Klägerin einen Mietzins von € 1.423,--, wovon auf die Zeit 27.12.2003 bis 3.1.2004 €

711,50 entfielen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen um frustrierte Aufwendungen und demgemäß um Immaterialschäden handle, deren Ersatzfähigkeit nur in Ausnahmefällen und nur bei außergewöhnlichen Gefühlsbeziehungen zu einer Sache gegeben sei. Bei Sachschäden könnten frustrierte Aufwendungen nur dann gefordert werden, wenn der Gebrauchsgegenstand selbst, für den der Aufwand gemacht wurde, beschädigt worden sei und deshalb nicht verwendet werden könne. Dies müsse auch für die frustrierten Aufwendungen der Klägerin in Bezug auf die von ihr gemietete Almhütte gelten, auch wenn diese Kosten durch ein deliktisches Verhalten der Beklagten entstanden seien. Entscheidend sei der Umstand, dass weder in den Mietvertrag über die Almhütte eingegriffen worden sei noch die gefährliche Drohung bzw. Nötigung auf die unmittelbare Abreise der Klägerin und ihrer Freunde gerichtet gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag auf vollinhaltliche Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen in ihrer Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In ihrer Rechtsrüge rügt die Berufungswerberin die unterbliebene Feststellung, dass sich die Klägerin und ihre Freunde aufgrund der Drohungen und der versuchten Nötigung im Wald versteckten, da sie befürchteten, dass die Beklagten ihre Drohungen wahr machen würden, sodass die Klägerin anschließend am nächsten Tag abreiste. Dazu ist auszuführen, dass die Beklagten diesen von der Klägerin behaupteten Umstand nicht substantiiert bestritten haben. Vielmehr haben sie in diesem Zusammenhang bloß ausgeführt, dass die Unmöglichkeit des Gebrauchs einer Sache einen ideellen Schaden darstelle, der grundsätzlich vom Schädiger nicht zu ersetzen sei. Damit ist gemäß § 267 Abs. 1 ZPO davon auszugehen, dass der Grund der Abreise der Klägerin und deren Freunde im Vorfall vom 26.12.2003 bzw. in der Befürchtung weiterer Tätlichkeiten seitens der Beklagten infolge der Anzeigenerstattung gelegen ist.

Jedoch ist entgegen den Berufungsausführungen davon auszugehen, dass die Zielrichtung der Äußerung der Beklagten bloß darauf gerichtet war, dass die Klägerin und ihre Freunde die Anzeigenerstattung bei der Gendarmerie unterlassen, weswegen die Beklagten auch rechtskräftig verurteilt wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten es auch darauf angelegt hätten, dass die Klägerin und ihre Freunde den Urlaubsort verlassen, sind dem gesamten Strafakt nicht zu entnehmen und erfolgte demgemäß insofern auch keine Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft Salzburg. Demzufolge war das strafgesetzwidrige Verhalten der Beklagten nicht auf den Entzug der Nutzungsmöglichkeit der Klägerin und deren Freunde an der Almhütte gerichtet, sodass aus diesem Grund kein Ersatzanspruch besteht. In Übereinstimmung mit den erstgerichtlichen Ausführungen handelt es sich vorliegend um den Ersatz nutzlos gewordener Aufwendungen und demgemäß bloß um einen Ausgleich für die Beeinträchtigung ideeller Interessen, weil die Kosten für die Almhütte völlig unabhängig vom Verhalten der Beklagten entstanden sind (ZVR 1978/264; 8 Ob 27/87). Verursacht haben die Beklagten nicht die Vermögensminderung, weil die Aufwendungen unabhängig davon bereits getätigt wurden, sondern die Vereitelung des Gebrauches. Dieser Gebrauchsentgang stellt aber nur einen ideellen Nachteil dar. Das Abstellen auf die vom Schädiger nicht verursachten Aufwendungen statt auf den wirklich verursachten Nachteil verdeckt die Tatsache, dass hier ein Immaterialschaden in Geld ausgeglichen werden soll. Ein Ersatz frustrierter Aufwendungen muss daher auf bestimmte, eng umgrenzte Fälle eingeschränkt werden, um nicht die Wertungen des Gesetzes, nach denen ideelle Schäden nur in geringerem Maße zu ersetzen sind als Vermögensschäden, zu hintergehen und zu einer untragbaren Ausweitung des Ersatzes zu gelangen. Der Umstand, dass die Gebrauchsmöglichkeit durch einen tatsächlichen, der Höhe nach meist unschwer feststellbaren Vermögensaufwand erzielt wurde und daher eine Schwierigkeit der Berechnung der ideellen Nachteile in Geld nicht zu erwarten ist, kann für sich allein nicht den Ersatz sämtlicher frustrierter Aufwendungen rechtfertigen (8 Ob 27/87; hg. 22 R 34/04k jeweils mit weitergehenden Ausführungen).

Grundsätzlich muss der Kausalzusammenhang zwischen einem Ereignis und dem eingetretenen Schadenserfolg als Voraussetzung dafür vorliegen, dass derjenige, der dieses Ereignis gesetzt hat oder dem es zurechenbar ist, für den Schaden einzustehen hat. Von der Verursachung her sind keine Schwierigkeiten gegeben, wenn der Geschädigte aufgrund des Schadensereignisses Aufwendungen machen musste, zB für die Heilung der Verletzung, die Anmietung eines Ersatzwagens, die Ausbesserung der beschädigten Sache oder auch die Beweissicherung. Das gleiche gilt auch für Aufwendungen, die der Geschädigte aufgrund seiner Schadensminderungspflicht nach Setzung der schädigenden Handlung vornahm, um die Schadenshöhe möglichst gering zu halten oder den drohenden Schadenseintritt zu verhindern. Die Kausalität ist nicht nur bei derartigen Folgeschäden gegeben, sondern auch dann, wenn eine schuldhafte Gefährdung zu einer Abwehrmaßnahme des Bedrohten führt. Hingegen sind jene Fälle problematisch, in denen vor dem rechtswidrigen Verhalten vom späteren Geschädigten Aufwendungen vorgenommen wurden, die den Zweck hatten, allfällige Schädigungen abzuwehren. Zu erwähnen sind hier etwa die Einstellung eines Nachtwächters oder Detektivs, der Einbau von Warnanlagen oder von Fernsehkameras. Es stellt sich die Frage, ob der Geschädigte Ersatz für solche vorsorglichen Maßnahmen begehren kann, die im Hinblick auf allfällige künftige Schadensereignisse gesetzt wurden. Ein Ersatz solcher Aufwendungen kommt nach schadenersatzrechtlichen Grundsätzen mangels Kausalzusammenhanges zwischen der schädigenden Tat und diesen Aufwendungen nicht in Betracht. Anders liegt die Sache dann, wenn Schutzmaßnahmen durch einen bevorstehenden und späterhin eintretenden konkreten Schadenstatbestand ausgelöst worden sind, so zB wenn der Ersatzberechtigte von dritter Seite auf einen drohenden Einbruch hingewiesen wird und Vorsorge für die Verhütung bzw Aufdeckung der Straftat trifft. Eine potentielle Bedrohung, die nicht schon als aktuelle Störung eines geschützten Rechtsguts verstanden werden kann, reicht hingegen nicht aus, um einen haftungsrechtlichen Anspruch auf Gefahrbeseitigung oder auf Erstattung von Beseitigungskosten zu begründen (10 Ob 342/97k mwN).

Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass der ideelle Schaden der Klägerin infolge Nichtbenützung der angemieteten Almhütte nicht in einem adäquaten Kausalzusammenhang mit der festgestellten gefährlichen Drohung bzw. der festgestellten versuchten Nötigung der Beklagten steht. Diese Maßnahme diente insbesondere nicht zur Abwehr eines konkreten unmittelbar bevorstehenden Schadensereignisses. Es wurde weder behauptet noch festgestellt, dass sich die Beklagten nach Anzeigenerstattung durch die Klägerin überhaupt in irgendeiner Weise der von der Klägerin angemieteten Almhütte genähert hätten. Vielmehr ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass die Beklagten den tatsächlichen Aufenthaltsort der Klägerin und deren Freunde überhaupt nicht kannten. Damit scheitert der begehrte Schadenersatzanspruch bereits mangels einem adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen der Abreise und der strafbaren Handlung der Beklagten.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Gemäß § 23 Abs. 3, 9 und 10 RATG gebührt nur ein Einheitssatz von 60 %. Die Revisionsunzulässigkeit ist streitwertbezogen (§ 502 Abs. 2 ZPO). Landesgericht Salzburg