JudikaturJustiz4R9/00y

4R9/00y – LG für ZRS Graz Entscheidung

Entscheidung
17. April 2000

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Marburgerkai 49, Abteilung 4, hat als Rekursgericht durch die Richter Dr.Wetzelberger (Vorsitz), Dr.Schneider und Dr.Seyffertitz in der Grundbuchssache der Antragsteller ***** Pensionistin, geboren am 27.6.1938, und ***** Büchsenmacher, geboren am 18.10.1970, beide wohnhaft in ***** beide vertreten durch Dr.Anton Rosenberger, öffentlicher Notar in 8106 Weiz, wegen Eintragungen in *****, über den Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 15.Oktober 1999, TZ 22621/99, in nicht-öffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

Der (ordentliche) Revisionsrekurs ist zulässig.

Text

Begründung:

Gegenstand dieses Verfahrens ist die Liegenschaft EZ *****bestehend aus den Grundstücken 507/2 und .195; sie stand bis zur Verbücherung des angefochtenen Beschlusses (Entscheidungspunkt I.) im grundbücherlichen Eigentum von *****. (Diese mit dem Entscheidungspunkt I.) des angefochtenen Beschlusses bewilligte Einverleibung des Eigentumsrechtes an der bezeichneten Liegenschaft im Rang der angemerkten Rangordnung für *****zu 348/516-Anteilen und für *****zu 168/516-Anteilen aufgrund des notariellen Übergabevertrages vom 26.8.1998 ist - als rechtskräftig geworden - nicht mehr Gegenstand dieses Rekurses).

Mit dem dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Gesuch begehrten die (nunmehrigen) Liegenschaftseigentümer (Rekurswerber) - außer der bereits erwähnten Eigentumseinverleibung - aufgrund des Wohnungseigentumsvertrages vom 26.8.1998, des Nutzwertgutachtens vom 10. August 1998 von DI.Johann Fromm samt Einreichplan vom 25.Mai 1998, des Gutachtens gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 WEG vom 10.8.1998 und des Baubewilligungsbescheides vom 27.7.1998, GZ: 131/9-Ob 1/98 der Marktgemeinde Kalsdorf bei Graz, bei der bezeichneten Liegenschaft weiters

a) in der Aufschrift des Gutsbestandsblattes ersichtlich zu machen, dass mit dieser Liegenschaft Wohnungseigentum verbunden sei,

b) bei den 348/516-Miteigentumsanteilen des ***** das Wohnungseigentum an Wohnung top 1 und bei den 168/516-Miteigentumsanteilen der ***** das Wohnungseigentum an Wohnung top 2 einzuverleiben, sowie

c) im Lastenblatt bei den genannten Anteilen, mit denen das Wohnungseigentum an den bezeichneten Wohnungen untrennbar verbunden ist, wechselseitig das auf alle Veräußerungsarten ausgedehnte Vorkaufsrecht gemäß Punkt "Siebentens" des Wohnungseigentumsvertrages vom 26.8.1998 einzuverleiben.

Mit dem angefochtenen Beschluss (dessen Entscheidungspunkt II.) wies das Erstgericht das Begehren auf Einverleibung von Wohnungseigentum an den Anteilen der Liegenschaftseigentümer und auf Einverleibung des wechselseitigen Vorkaufsrechtes gemäß § 94 Abs. 1 Z. 1 GBG iVm § 12 Abs. 2 Z. 2 WEG ab. Es vertrat die Ansicht, bei der erstmaligen Nutzwertfestsetzung müsse es sich immer um eine Gesamtparifizierung der Liegenschaft (des Grundbuchskörpers) handeln. Im vorliegenden Gutachten gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 WEG vom 10.8.1998 erfolge die Parifizierung jedoch nur hinsichtlich des Grundstücks 507/2 der genannten EZ. Die EZ ***** bestehe jedoch aus den Grundstücken 507/2 und .195. Das Grundstück .195, mit dem offensichtlich kein Wohnungseigentum verbunden sein solle, wäre vor der Begründung von Wohnungseigentum von der EZ ***** abzuschreiben.

Gegen diesen ihr Gesuch abweisenden Teil des angefochtenen Beschlusses richtet sich der fristgerechte Rekurs der Liegenschaftseigentümer (Antragsteller) mit dem Antrag, den Beschluss im angefochtenen Umfang abzuändern und das Gesuch vollinhaltlich zu bewilligen. Die Rekurswerber vertreten - zusammengefasst - den Standpunkt, der Begründung des Erstgerichtes für die Abweisung fehle jede Rechtsgrundlage.

Der Rekurs erweist sich als nicht zielführend.

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall sind die Änderungen des WEG 1975 durch Artikel II des BTVG, BGBl.I. 1997/7, insbesondere der §§ 3 und 12, aufgrund der Übergangsvorschriften anzuwenden. Das bedeutet, dass zur Vorbereitung einer Wohnungseigentumseinverleibung - im Gegensatz zur früheren Rechtslage - eine gerichtliche (allenfalls gemeindebehördliche - § 26 Abs. 3 WEG) erstmalige Festsetzung der Nutzwerte, die üblicherweise als "Parifizierung" bezeichnet wurde (wobei dieser Begriff an sich dem WEG fremd ist), nicht mehr zu erfolgen hat. Insoweit konsequent ist dem Grundbuchsantrag um Verbücherung (Einverleibung) von Wohnungseigentum - soweit hier von Relevanz - nicht mehr die rechtskräftige Entscheidung des Gerichtes (sowie richtigerweise zu ergänzen: allenfalls der Gemeinde-Schlichtungsstelle - § 26 Abs. 3 WEG; dazu Faistenberger-Barta-Call, WEG § 12 RZ 21) über die Festsetzung der Nutzwerte beizulegen, sondern das Gutachten über die Nutzwertberechnung (iSd § 3 Abs. 1 Z. 2 WEG) eine in dieser Gesetzesstelle bezeichneten, hiezu befugten Ziviltechnikers oder Sachverständigen.

In der Rechtsprechung wurde - ausgehend von der früheren Rechtslage - die Ansicht vertreten, der Verweis auf "alle Wohnungen" im § 3 WEG lasse erkennen, dass es sich immer um eine Gesamtparifizierung der Liegenschaft (des Grundbuchskörpers) handeln müsse, gleichgültig, ob sämtliche Räume auch in Wohnungseigentum überführt werden. Die Parifizierung erfasse aber nur Objekte gemäß § 1 Abs. 1 und 2 WEG, nicht dagegen allgemeine Teile der Liegenschaft (wie etwa Wege, Zufahrten oder Gemeinschaftsräume [SZ 54/87 = MietSlg 33.452/15]). Zur neuen Rechtslage liegt - soweit feststellbar - Judikatur noch nicht vor. In der Literatur wird weiterhin diese Ansicht vertreten (siehe Palten, Wohnungseigentumsrecht², Rz 47b, der die neue Rechtslage bereits verarbeitet).

Nach Ansicht des Rekursgerichtes hat sich der Inhalt dieses Begriffes der "Gesamtparifizierung" - soweit er jetzt nach Wegfall der erstmaligen Nutzwertfestsetzung ("Parifizierung") noch verwendet werden kann (darf) - jedoch gewandelt, und zwar nicht zuletzt auch aufgrund der verfahrensrechtlich relevanten Systemumstellung vom (kontradiktorischen) außerstreitigen MSch-Verfahren zum reinen Urkundsverfahren in Grundbuchsachen:

Es ist nunmehr zu fordern (und dies ist der neue Begriffsinhalt der "Gesamtparifizierung"), dass die Nutzwertberechnung des hiezu befugten Ziviltechnikers oder Sachverständigen, die an sich gemäß § 3 Abs. 1 WEG dem Verfahren zugrunde zu legen ist, sich mit allen Grundstücken der Liegenschaft befasst. Das Berechnungs-Gutachten muss schlüssig in dem Sinn sein, dass es vollständig ist. Selbst wenn gewisse Flächen als nicht wohnungseigentumstauglich auf die eigentliche Nutzwertberechnung der Wohnungseigentumsobjekte keinen Einfluss haben können, weil sie die Verhältniszahl nicht beeinflussen, müssen sie vollständig in diesem Nutzwertberechnungsgutachten erwähnt werden.

Werden nicht alle Grundstücke im Gutachten (in der Berechnung) erwähnt, fehlt insoweit eine Eintragsgrundlage nach § 12 Abs. 2 Z. 3

1. Fall WEG.

Werden diese Überlegungen auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, so zeigt sich, dass das Nutzwertgutachten über die Berechnung und Festsetzung der Nutzwerte von DI.Fromm zum Stichtag 10.8.1998 sich ausdrücklich nur auf das Grundstück Nr. 507/2 der EZ *****KG ***** bezieht (siehe Seite 3 Mitte).

Dies ist im Sinne der obigen Ausführungen nicht ausreichend. Es hätte - mag auch nach der Vereinbarung daran Wohnungseigentum nicht begründet werden sollen, sodass es sich um eine sogenannte allgemeine Fläche handle - auch das Grundstück .195 einbezogen werden müssen. Für dieses Grundstück .195 fehlt somit die Eintragungsgrundlage nach § 12 Abs. 2 Z. 3 1.Fall WEG.

Das Erstgericht hat somit letztlich zutreffend das Wohnungseigentumsgesuch nicht bewilligt, wenn es - erkennbar ausgehend von Rechtsprechung und Literatur - die "Gesamtparifizierung", auch unter Einschluss des Grundstücks .195 fordert.

Darüber hinaus liegt nach Ansicht des Rekursgerichtes ein weiterer bisher noch nicht aufgegriffener Abweisungsgrund vor:

Der Wohnungeigentumsvertrag vom 26.8.1998 bezieht sich erkennbar auf die gesamte Liegenschaft (auf beide Grundstücke). Das darin bezogene und schon früher erwähnte Nutzwertgutachten von DI Fromm zum Stichtag 10.8.1998 bezieht sich - wie schon ausgeführt wurde - nur auf das Grundstück 507/2 der KG *****. Darin liegt auch ein gewisser Widerspruch, denn das Nutzwertberechnungsgutachten deckt den Vertrag und damit das Grundbuchsgesuch nicht zur Gänze. Es liegt somit auch das Eintragungshindernis nach § 94 Abs. 1 Z. 3 GBG vor. Die weiters beantragte Einverleibung des wechselseitigen Vorkaufsrechtes steht offenbar nach der Absicht der Liegenschaftseigentümer in so engem Zusammenhang mit der Einverleibung des Wohnungseigentumsrechtes, dass sie sie nur gemeinsam anstreben und jetzt die Abweisung nicht gesondert bekämpfen oder auch nur hilfsweise zumindest die Verbücherung des Vorkaufsrechtes beantragen.

Dem Rekurs war somit ein Erfolg nicht zu bescheiden. Der (ordentliche) Revisionsrekurs ist nach § 126 Abs. 2 GBG iVm § 14 Abs. 1 AußStrG zulässig. Es fehlt - soweit feststellbar - oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den §§ 3, 12 WEG idF des BTVG, insbesondere zu dem hier aufgeworfenen Problem des (gewandelten) Begriffes der "Gesamtparifizierung", soweit man diesen Begriff nicht überhaupt als überholt anzusehen hat.

In diesem Fall braucht ein Bewertungsausspruch nach § 13 AußStrG iVm § 126 Abs. 1 GBG nicht getroffen zu werden.

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