JudikaturJustiz4R58/12a

4R58/12a – LG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
08. März 2012

Kopf

Das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch Dr. Weber als Einzelrichter gemäß § 8a JN in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Unternehmungsberatung GmbH , *****, vertreten durch Forcher-Mayr, Kantner Ruetz, Rechtsanwälte Partnerschaft in 6010 Innsbruck, wider die beklagte Partei Franz H***** , Unternehmer, *****, vertreten durch Dr. Barbara Jantscher, Rechtsanwältin in 8330 Feldbach, wegen EUR 6.786,50 s.A. über den Rekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse: EUR 1.396,--) gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 10.1.2012, 26 C 1824/09a-39, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die beklagte Partei selbst zu tragen hat, wird F o l g e gegeben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abge ändert, dass diese zu lauten hat:

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

II.

Das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch Hofrat Dr. Grössl als Vorsitzenden sowie Dr. Nigg und Dr. Weber als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Unternehmungsberatung GmbH , *****, vertreten durch Forcher-Mayr, Kantner Ruetz, Rechtsanwälte Partnerschaft in 6010 Innsbruck, wider die beklagte Partei Franz H***** , Unternehmer, *****, vertreten durch Dr. Barbara Jantscher, Rechtsanwältin in 8330 Feldbach, wegen EUR 6.786,50 s.A. über den Rekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse: EUR 1.396,--) gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 10.1.2012, 26 C 1824/09a-39, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Dem Rekurs, dessen Kosten die beklagte Partei selbst zu tragen hat, wird F o l g e gegeben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abgeändert, dass Punkt 3. des Beschlusses ersatzlos behoben wird.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Zu I.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 18.10.2010 wurde MMag. Alexander E*****, zum Sachverständigen bestellt. Zugleich wurde der Beklagte aufgefordert, einen Kostenvorschuss in Höhe von EUR 1.500,-- zu erlegen. Diesem Auftrag kam der Beklagte nach (vgl. Kostenvorschuss zu ARP-Nr 15782/10 = PG-Nr 00996/10).

Mit Schreiben vom 14.12.2010 (ON 24) teilte der Sachverständige mit, dass die zu erwartende SV-Gebühr den gelegten Kostenvorschuss in Höhe von EUR 1.500,-- voraussichtlich überschreiten werde. Aus heutiger Sicht gehe der Sachverständige davon aus, dass sich die SV-Gebühr auf rund EUR 3.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer belaufen werde (ON 24).

Daraufhin forderte das Erstgericht den Beklagten zur Bezahlung eines weiteren Kostenvorschusses in Höhe von EUR 2.100,-- auf. Auch diesen Kostenvorschuss erlegt der Beklagte (vgl. Kostenvorschuss zu ARP-Nr 1000067 = BG-Nr 00080/11).

Mit Schreiben vom 8.7.2011 teilte der Sachverständige dem Erstgericht mit, dass die bisherige Bearbeitung des Falls gezeigt habe, dass die ursprünglich abgegebene Kostenschätzung leider zu gering sei. Aus heutiger Sicht gehe er davon aus, dass sich die SV-Gebühr auf rund EUR 5.000,-- zuzüglich USt belaufen werde (ON 28).

Das Erstgericht hat dieses Schreiben nicht an die Parteien weitergeleitet, sondern erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 18.10.2011 (ON 36) angesprochen.

Am 12.8.2011 langte das schriftliche Gutachten des gerichtlichen Sach verständigen beim Erstgericht ein (ON 30). Gleichzeitig übermittelte der Sachver ständige seine Gebührennote in Höhe von EUR 6.245,52 (darin enthalten EUR 1.040,92 USt).

Mit Schriftsatz vom 9.9.2011 erhob der Beklagte Einwendungen gegen die Gebühren des Sachverständigen und brachte zusammengefasst vor, dass der Sachverständige gegen die Warnpflicht des § 25 Abs 1a GebAG verstoßen habe. Der Beklagte sei lediglich darauf hingewiesen worden, dass die Kosten des Gutachtens den ursprünglichen Kostenvorschuss in Höhe von EUR 1.500,-- übersteigen würden. Daraufhin habe der Beklagte einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von EUR 2.100,-- erlegt. Eine weitere Warnung seitens des Sachverständigen dahin gehend, dass seine Gebühren den voraussichtlichen Kostenbetrag von EUR 3.600,-- übersteigen würden, sei nicht erfolgt. Der Beklagte sei von der Höhe dieser Gebühren völlig überrascht. Diese würden nahezu die Höhe des Streitwerts erreichen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Sachverständige die Warnung unterlassen habe. Außerdem habe der Sachverständige die wertabhängige Entlohnung mit einem Zuschlag von 100% zur zeitabhängigen Entlohnung in Höhe von nochmals netto EUR 1.880,-- verrechnet, was nicht gerechtfertigt sei. Der Verweis des Sachver ständigen auf bereits seit Jahren aufgehobene Honorargrundsätze gehe ins Leere.

Mit Schreiben vom 10.10.2011 äußerte sich der Sachverständige zu den Einwendungen des Beklagten (ON 34). Der Vorwurf des Beklagten, er wäre der Warnpflicht nicht nachgekommen, sei unrichtig. Er habe mit Schreiben vom 8.7.2011 darauf hingewiesen, dass sich die Sachverständigengebühr voraussichtlich auf rund EUR 5.000,-- zuzüglich USt belaufen würde. Entgegen der Meinung des Beklagten entspreche sein Hinweis auf die Honorargrundsätze für Wirtschaftstreuhandberufe dem GebAG, was eine Entscheidung des OLG Wien zeige. Angesichts der Tatsache, dass er für seine Leistungen als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater im außergerichtlichen Erwerbsleben mit Stundensätzen zwischen EUR 180,-- und EUR 200,-- abrechne, sei der gewählte Ansatz jedenfalls gerechtfertigt.

Der Revisor hat in seiner Äußerung zur Gebührennote darauf hingewiesen, dass der Anspruch des Sachverständigen gemäß § 34 Abs 2 GebAG überhöht sei, es sei ein quantifizierter Abschlag von 20% vorzunehmen (ON 30, AS 215).

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen mit EUR 4.996,-- (darin enthalten EUR 832,74 USt) bestimmt. In Punkt 2. des Beschlusses hat das Erstgericht die Buchhaltungsagentur ersucht, insgesamt EUR 3.600,-- aus den vom Beklagten erlegten Kostenvorschüssen an den Sachverständigen zu überweisen und weitere EUR 1.396,-- aus dem Amtsverlag. Zu Punkt 3. sprach das Erstgericht aus, dass betreffend der Gebühren in Höhe von EUR 1.396,-- derzeit der Beklagte dem Grunde nach ersatzpflichtig sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Sachverständige habe seinen Auftrag erfüllt und die Gebühren nach dem GebAG richtig und rechtzeitig verzeichnet. Soweit er seine Kostenwarnung vom 8.7.2011 überschritten habe, wäre der Gebührenanspruch auf netto EUR 5.000,-- zu kürzen. Der Revisor habe auf den Abschlag von 20% nach § 34 Abs 2 GebAG hingewiesen. Die geltend gemachten Gebühren des Sachverständigen in Höhe von netto EUR 5.204,60 würden sich demnach auf netto EUR 4.163,68 kürzen. Zuzüglich 20% USt in Höhe von EUR 832,74 ergebe einen Betrag von rund EUR 4.996,--.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Beklagten aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die erstgerichtliche Entscheidung dahingehend abzuändern, dass die Gebühr des Sachverständigen mit EUR 3.600,-- bestimmt und Punkt 3. des angefochtenen Beschlusses ersatzlos behoben werde. Hilfsweise beantragt der Beklagte die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses dahingehend, dass die Gebühr des Sachverständigen mit einem Betrag von brutto EUR 3.989,52 bestimmt werde.

In der rechtzeitigen Rekursbeantwortung beantragt der Sachverständige, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen. Die klagende Partei und der Revisor haben sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Der Rekurs ist berechtigt .

Der Rekurswerber führt aus, die vom Erstgericht bestimmte Gebühr mit EUR 4.996,-- sei überhöht. Es mag sein, dass der Sachverständige in seinem Schreiben vom 8.7.2011 mitgeteilt habe, dass sich die Gebühren voraussichtlich auf rund EUR 5.000,-- zuzüglich USt belaufen werden. In der Verhandlung vom 18.10.2011 (ON 36) habe das Erstgericht mitgeteilt, dass der Sachverständige mit E Mail vom 8.7.2011 an die Geschäftsstelle eine solche Kostenwarnung ausgesprochen habe. Diese Kostenwarnung sei dem Beklagten nicht zugestellt oder zur Kenntnis gebracht worden. Die Beklagte sei daher von der Höhe der verzeichneten Gebühren von EUR 6.245,52 völlig überrascht worden. Die Sachverständigengebühr könne mit Wirkung gegenüber dem Beklagten daher nur mit einem Betrag von EUR 3.600,-- bestimmt werden. Daher sei auch der Ausspruch in Punkt 3., wonach der Beklagte für den Betrag von EUR 1.396,-- dem Grunde nach ersatzpflichtig sei, nicht richtig. Außerdem sei die grundsätzliche Frage zu klären, ob und inwieweit einer Partei Sachverständigenkosten angelastet werden können, von deren Höhe sie mangels zugekommener Kostenwarnung völlig überrascht worden sei und die der Partei aufgetragenen und eingezahlten Kostenvorschüsse beträchtlich übersteigen. Dieser Frage sei unabhängig von der Endentscheidung des Erstgerichts zu klären, mit der die Klage abgewiesen worden sei. Außerdem habe der Sachverständige seine Gebühren auch nicht dem GebAG entsprechend verzeichnet. Das GebAG kenne keine wertabhängige Entlohnung, sondern lediglich eine Zeitentlohnung. Gemäß § 34 Abs 1 GebAG sei die Gebühr für Mühewaltung die Abgeltung für die aufgewendete Zeit und Mühe des Sachverständigen. Der Sachverständige habe als Gebühr für Mühewaltung einen Stundensatz von netto EUR 94,-- verzeichnet und bewege sich damit im Rahmen des § 34 Abs 3 Z 2 GebAG sowie des § 34 Abs 3 Z 3 GebAG. Er habe jedoch eine wertabhängige Entlohnung mit einem Zuschlag von 100% zur zeitabhängigen Entlohnung in Höhe von nochmals netto EUR 1.880,-- verrechnet, was nicht gerechtfertigt sei. Der Verweis des Sachverständigen auf bereits seit Jahren aufgehobenen Honorargrundsätze gehe ins Leere, weil die Honorargrundsätze für Wirtschaftstreuhandberufe keine gesetzlich vorgesehen Gebührenordnung seien. Aus diesem Grund seien die Honorargrundsätze für Wirtschaftstreuhandberufe von der Kammer für Wirtschaftstreuhänder ausdrücklich widerrufen worden. Der Sachverständige habe als zeitabhängige Entlohnung einen Stundensatz von EUR 94,-- netto geltend gemacht, der sich im rechtlichen Rahmen halte und von der beklagten Partei auch nicht beeinsprucht werde. Der 100%ige Zuschlag stehe jedoch nicht zu. Die Gebührennote sei daher jedenfalls um den 100%igen Zuschlag von netto EUR 1.880,-- zuzüglich USt zu kürzen.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

Zunächst stellt sich die Frage, ob aufgrund des durch Art 26 Z 1 des Budgetbegleitgesetzes 2011 eingefügten § 8a JN über den vorliegenden Rekurs der Einzelrichter oder der Senat zu entscheiden hat, weil im Rekurs nicht nur die Höhe der Gebühr, sondern auch die Grundsatzentscheidung gemäß § 2 Abs 2 GEG angefochten wird. Nach den Materialien wurde die Zuständigkeit des Einzelrichters bei den Landesgerichten, beim Handelsgericht und beim Oberlandesgericht „zur Erzielung einer zusätzlichen Straffung der Verfahren und Einsparung richterlicher Kapazitäten“ eingefügt. Nun stellt sich die Frage, wie die Begriffsfolge „über die Gebühren“ zu verstehen ist. Der Wortlaut der Bestimmung spricht für eine weite Auslegung, da nicht von der „Höhe der Gebühren“, sondern nur von „den Gebühren“ die Rede ist. Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidung nach § 2 GEG eine über die Kosten und nicht über die Gebühren (vgl 9 Ob 50/04z = RS0017282 [T6]; OLG Wien 15 R 165/11m). Auch eine Entscheidung über die Ersatzpflicht der aus Amtsgeldern zu berichtigenden bzw. berichtigten Kosten einer Amtshandlung gemäß § 2 Abs 2 GEG ist eine solche im Kostenpunkt (vgl Zechner in Fasching/Konecny 2 § 528 ZPO Rz 163). Würde man dieser Auffassung folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass über den Rekurs einerseits der Einzelrichter (betreffend die Höhe) und andererseits der Senat (betreffend die Gebührengrundsatz entscheidung) zu entscheiden hat. Das Landesgericht Krems hat dazu die Auffassung vertreten, dass die gesonderte Behandlung der angefochtenen Beschlusspunkte, nämlich der Bestimmung der Gebühren der Sachverständigen und des Ausspruchs nach § 2 Abs 2 GEG einerseits durch den Einzelrichter und andererseits durch den Senat, den vorgegebenen Zweck (Erzielung einer zusätzlichen Straffung der Verfahren und Einsparung richterlicher Kapazitäten) widersprechen würde, sodass das Rekursgericht in Senatsbesetzung zu entscheiden habe (LG Krems/Donau 2 R 6/12p, RKR0000201).

Das erkennende Gericht vermag sich den Ausführungen des LG Krems nicht anzuschließen. Dem Gesetzgeber muss bei Schaffung des § 8a JN bewusst gewesen sein, dass nach ständiger Rechtsprechung die Entscheidung über die Ersatzpflicht der aus Amtsgeldern zu berichtigenden bzw berichtigten Kosten einer Amtshandlung gemäß § 2 Abs 2 GEG eine solche im Kostenpunkt ist (vgl 6 Ob 157/10x; RS0114330). Dennoch hat der Gesetzgeber in § 8a JN die Formulierung „über die Gebühren“ verwendet. Damit hat er nach Meinung des erkennenden Gerichts zum Ausdruck gebracht, dass über Rechtsmittel gegen die Gebührengrundsatzentscheidung nach § 2 Abs 2 GEG weiterhin der Senat entscheiden soll. Es mag sein, dass diese Differenzierung unökonomisch ist, rechtfertigt aber nicht ein Abgehen von der gewollten Gerichtsbesetzung des Gesetzgebers. Auch das LG Krems ist offensichtlich der Meinung, dass bei ausschließlicher Anfechtung der Grundsatzentscheidung nach § 2 Abs 2 GEG der Senat zu entscheiden hat. Nun kann sich aber die Gerichtsbesetzung nicht allein dadurch ändern, dass auch die Entscheidung über die Gebühren(-höhe) bekämpft wird.

Die vom erkennenden Gericht vertretene differenzierende Auffassung mag unökonomisch und unpraktisch sein, entspricht aber dem im Wortlaut des § 8a JN ausgedrückten Willen des Gesetzgebers.

Auf den konkreten Fall umgelegt bedeutet dies, dass über die vom Rekurswerber aufgeworfene Frage, ob der Sachverständige seine Warnpflicht nach § 25 Abs 1a GebAG verletzt bzw die Gebühr für die Mühewaltung richtig verzeichnet hat, der Einzelrichter, während über die in Punkt 3. des erstgerichtlichen Beschlusses ausgesprochene Gebührengrundsatzentscheidung nach § 2 Abs 2 GEG der Senat zu entscheiden hat.

§ 25 Abs 1a GebAG normiert eine Warnpflicht des Sachverständigen. Danach hat der Sachverständige das Gericht rechtzeitig darauf hinzuweisen, wenn zu erwarten ist oder sich bei der Sachverständigentätigkeit herausstellt, dass die tatsächlich ent stehende Gebühr die Höhe des Kostenvorschusses, mangels eines solchen den Wert des Streitgegenstands oder EUR 2.000,--, im Verfahren vor dem Landesgericht aber EUR 4.000,-- übersteigt, wenn das Gericht den Sachverständigen nicht anlässlich des Auftrags von dieser Verpflichtung befreit hat. Unterlässt der Sachverständige den Hinweis, entfällt insoweit der Gebührenanspruch. Unaufschiebbare Tätigkeiten können aber auch vor der Warnung oder dem Zugang einer Reaktion darauf begonnen werden.

Der Sachverständige muss anhand der Angaben des Gerichts zunächst prüfen, ob ein Kostenvorschuss vorhanden ist. Seit der Neuregelung durch das BRÄG 2008 kommt es weder darauf an, dass die Höhe des Kostenvorschusses erheblich überschritten wurde, noch darauf, ob ein aufgetragener Kostenvorschuss auch tatsächlich erlegt wurde (RV303 BlgNr 23. GP 47; OLG Graz SV 2010/2, 97). Maßgeblich ist allein die dem Sachverständigen bekanntgegebene Höhe eines Kostenvorschusses. Wurde ein Kostenvorschuss bekanntgegeben, so bietet dieser die alleinig maßgebliche Grenze für eine Warnpflicht.

Die Ausweitung der Warnpflicht verfolgt den Zweck, dass sich das Gericht und die Parteien möglichst frühzeitig eine grobe Vorstellung von den Kosten des Gutachtens machen können. Bei Gefahr einer erheblichen Kostenüberschreitung kann die Warnung des Sachverständigen auch Anlass werden, den Gutachtensauftrag präziser zu fassen, um (für das Beweisverfahren) frustrierte Aufwendungen zu vermeiden (RV 303 BlgNr 23. GP 47). Durch § 25 Abs 1a GebAG sollen SV-Gebühren in unerwarteter Höhe vermieden werden. Den Parteien sollen die erforderlichen Informationen gegeben werden, um aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen auf den Sachverständigenbeweis zu verzichten. Mit der Einführung der Warnpflicht sollen aber auch Gutachten vermieden werden, die mit ihrer besonders ausführlichen und wissenschaftlichen Arbeit darüber hinaus gehen, was von einem Sachverständigen im Prozess überhaupt erwartet wird. Die Klarstellung des zu erwartenden Prozess aufwands, den die Parteien oft schlecht einschätzen können, soll ihnen ermöglichen, ihre Dispositionen im Verfahren zu treffen (OLG Wien SV 2008/3, 141).

Nun wird in den Materialien ausgeführt, es würde eine weitere Warnpflicht des Sachverständigen auslösen, wenn sich bei der Sachverständigentätigkeit herausstellt, dass die tatsächlich entstehende Gebühr den in der Kostenschätzung des Sachverständigen genannten Betrag übersteigt (RV 303 BlgNr 23. GP 47 unter Berufung auf OLG Wien SV 2000/1, 23).

Diesen Ausführungen kann in ihrer Allgemeinheit nicht gefolgt werden, zumal auch der Gesetzestext keinen Hinweis auf eine „weitere Warnpflicht“ des Sachverständigen enthält. Im Grundsatz hat sich der Sachverständige, nachdem er den Gutachtensauftrag erhalten hat, ein Bild darüber zu machen, welcher Aufwand für die Gutachtenserstattung notwendig ist und welche Kosten damit verbunden sind. Diese Kostenschätzung hat er mit dem Kostenvorschuss bzw den Zweifelsbeträgen zu vergleichen und dann – soweit notwendig – zu warnen. Wenn sich nun in der Folge herausstellt, dass der Sachverständige seine Kosten falsch (nämlich als zu gering) eingeschätzt hat, kann er nicht einfach „neuerlich warnen“. Eine weitere Warnung wäre nur dann zulässig, wenn dem Sachverständigen die unrichtige Schätzung nicht vorgeworfen werden kann (zB unvorhersehbare Probleme; Erweiterung des Gutachtensauftrags (diesfalls wird aber wohl in der Regel ein neuer Kostenvorschuss aufgetragen)). Diese Umstände hat der Sachverständige in seiner (weiteren) Kostenwarnung nachvollziehbar darzulegen und zu bescheinigen, sonst verliert er seinen Gebührenanspruch in jenem Ausmaß, das über die in der vergangenen Warnung angeführte Kostenschätzung hinausgeht.

Daher ist im vorliegenden Fall auch unerheblich, dass das Erstgericht die zweite Warnung des Sachverständigen nicht an die Parteien weitergeleitet, sondern erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 18.10.2011 (ON 36) angesprochen hat. Schon im Rahmen der ersten Warnung am 14.12.2010 hätte sich der Sachverständige ein umfassendes Bild darüber verschaffen müssen, welche Kosten auf die Parteien für die Erstellung des gesamten Gutachtens zukommen. Wenn der Sachverständige nach Aufbrauchen des infolge seiner Warnung aufgetragenen Kostenvorschusses wiederum warnen könnte, weil er auch den zweiten Kostenvorschuss „aufgebraucht“ hat, wären die Parteien trotz des § 25 Abs 1a GebAG dem Sachverständigen quasi ausgeliefert. Nach Meinung des erkennenden Gerichts ist eine weitere Warnung des Sachverständigen daher nur dann zulässig, wenn unvorhersehbare Umstände vorliegen, die der Sachverständige bei der ersten Kostenwarnung nicht berücksichtigen hätte können. Derartige Umstände sind aber weder behauptet, aktenkundig noch sonst ersichtlich.

Darüber hinaus ist dem Sachverständigen im vorliegenden Verfahren vorzuwerfen, dass er nach seiner „zweiten Kostenwarnung“ einfach weitergearbeitet hat, ohne eine Mitteilung des Gerichts abzuwarten oder bei Gericht nachzufragen, ob die Parteien das Gutachten weiterhin noch wollen. Da der Sachverständige damit den Parteien die Möglichkeit genommen hat, ihre diesbezüglichen Dispositionen im Verfahren zu treffen, besteht schon aus diesem Grund der Anspruch des Sachverständigen nur in dem von Rekurswerber zugebilligten Ausmaß.

Daher war dem Rekurs des Beklagten im Sinn des primär gestellten Antrags stattzugeben und die Gebühr des Sachverständigen mit EUR 3.600,-- (inkl Ust) zu bestimmen. Die Auszahlungsanordnung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Der Beklagte hat die verzeichneten Rekurskosten selbst zu tragen, weil ein Kostenersatz in Gebührensachen nicht stattfindet (§ 41 Abs 3 letzter Satz GebAG).

Nach § 528 Abs 2 Z 5 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Innsbruck, Abteilung 4

Innsbruck, am 8. März 2012

Dr. Martin Weber, Richter

Zu II.

Nach Meinung des erkennenden Senats ist § 8a JN so zu verstehen, dass bei Anfechtung eines Gebührenbeschlusses hinsichtlich der Gebühren(-höhe) und der Grundsatzentscheidung des § 2 Abs 2 GEG, die erste Entscheidung der Einzelrichter („über die Gebühren“, vgl § 8a JN) und die zweite Entscheidung („über die Kosten“, vgl 6 Ob 157/10x, RS0114330) der Senat zu treffen hat.

Der Senat hat daher im vorliegenden Fall über den Rekurs des Beklagten insoweit zu entscheiden, als dieser die Kostengrundsatzentscheidung nach § 2 Abs 2 GEG (Punkt 3.) des erstgerichtlichen Beschlusses angefochten hat.

In seinem rechtzeitigen Rekurs beantragt der Beklagte, die ersatzlose Behebung von Punkt 3. des angefochtenen Beschlusses.

In der rechtzeitigen Rekursbeantwortung beantragt der Sachverständige, dem Rekurs des Beklagten den Erfolg zu versagen.

Die klagende Partei und der Revisor haben sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Der Rekurs ist berechtigt .

Aufgrund des Rekurses des Beklagten gegen die Höhe der Sachverständigengebühren hat das Landesgericht Innsbruck den angefochtenen Beschluss dahingehend abgeändert, dass die Gebühren des Sachverständigen mit EUR 3.600,-- bestimmt werden. Für diesen Betrag hat der Beklagte Kostenvorschüsse erlegt, sodass es eines Ausspruchs nach § 2 Abs 2 GEG nicht mehr bedarf.

Der angefochtene Beschluss war daher dahingehend abzuändern, dass Punkt 3. ersatzlos behoben wird.

Im Rekursverfahren gegen einen (Grundsatz-)Beschluss nach § 2 Abs 2 GEG ist ein Kostenersatz nicht vorgesehen (OLG Wien 11 R 131, 132/88; OLG Wien 13 R 70/95; LGZ Wien EFSlg 109.558, EFSlg 112.796 ua), so dass der Beklagte seine Kosten selbst zu tragen hat.

Nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

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