JudikaturJustiz4R550/97z

4R550/97z – LG für ZRS Graz Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 1998

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Marburgerkai 49, Abteilung 4, hat als Rekursgericht durch die Richter Hofrat Dr. Gaster (Vorsitz), Dr.Wetzelberger und Dr.Seyffertitz in der Grundbuchssache der Antragsteller *****, und 2.)*****, beide vertreten durch *****, wegen Vornahme einer Grundbuchshandlung in EZ *****, über den Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom (richtig) 6.11.1997, TZ 28052/97, in nicht-öffentlicher Sitzung, den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Text

Begründung:

*****verkauften als grundbücherlich eingetragene Eigentümer der Liegenschaft EZ *****mit Kaufvertrag vom 12.9.1997 ihre Liegenschaft an die Rekurswerber. Der fernmündlich erhobene Einheitswert der Liegenschaft beträgt S 336.000,--.

Diese Liegenschaft besteht nur aus dem Grundstück Nr.*****im Gesamtausmaß von 1299 m2, hievon entfallen nach den Katasterangaben auf Baufläche (Gebäude) 150 m2 und auf landwirtschaftlich genutzte Flächen 1149 m2.

Unter Vorlage des Kaufvertrages, der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes sowie einer "Baulandbestätigung" der Gemeinde Attendorf vom 18.9.1997, GZ 719-0/1997, beantragten die Käufer die Einverleibung ihres Eigentumes ob der genannten Liegenschaft.

Diese an den Machthaber der Antragsteller (Rekurswerber) gerichtete Bestätigung lautet im wesentlichen Wortlaut:

"Zu Ihrer Anfrage vom 17.9.1997 teilt die Gemeinde Attendorf mit, daß das Grundstück Nr. 359, EZ 175, KG Schadendorfberg, im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan 3.00 der Gemeinde Attendorf als Bauland (Dorfgebiet) gemäß § 23 Stmk.ROG idgF. ausgewiesen ist."

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht diesen Antrag gemäß § 2 des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes abgewiesen. Die von den Vertragsparteien vorgelegte Baulandbestätigung der Gemeinde Attendorf reiche nicht aus, um eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung für nicht erforderlich zu halten. Die Feststellung, ob ein Grundstück in einer für die Land- und Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werde oder nicht, kann nicht von der Gemeinde, sondern lediglich von der Grundverkehrskommission getroffen werden. Hiebei bezog es sich auf die Entscheidung 1 R 345/94 dieses Gerichtes.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der fristgerechte Rekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Grundbuchsgesuch stattgegeben werde. Aus der Bestätigung der Gemeinde ergebe sich eindeutig, daß das genannte Grundstück im Dorfgebiet liege, jedoch Bauland darstelle und nicht in einer für die Land- und Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werde. Die Gemeinde sei die kompetenteste Behörde für die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsart von Grundstücken. Das Erstgericht hätte das Einverleibungsgesuch ohne Vorliegen einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bewilligen müssen.

Der Rekurs erweist sich als nicht zielführend.

Rechtliche Beurteilung

Auszugehen ist hier von der Prüfungspflicht der Grundbuchsgerichte gemäß § 94 GBG sowie den Bestimmungen des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 1993/134 (im folgenden mit "Stmk. GVG" bezeichnet).

Zentrale Bedeutung kommt hier dem § 30 Stmk. GVG, der die Zulässigkeit der Grundbuchseintragung regelt, und weiters den Begriffen "land- und forstwirtschaftliches Grundstück" und "Baugrundstück" zu. Danach bestimmt sich, ob die Bestimmungen des I. oder II. Abschnittes anzuwenden sind. In der Kommentarliteratur wird folgende Abgrenzung vorgenommen:

Über die Definition der Begriffe "land- und forstwirtschaftliches Grundstück" und "Baugrundstück" gemäß § 2 Abs. 2 bzw. § 13 Abs. 3 Stmk. GVG sind land- und forstwirtschaftlicher Grundverkehr und Baugrundverkehr durchgehend voneinander getrennt; der Rechtserwerb an einem Grundstück kann somit niemals zugleich einer Genehmigung nach den Bestimmungen über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr und denen über den Baugrundverkehr bedürfen. Allein infolge der Definition gemäß § 2 Abs. 2 und § 13 Abs. 3 Stmk. GVG wäre eine Überschneidung einerseits bei solchen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken denkbar, die - wie hier - die Baulandunterwidmung "Dorfgebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit.f Stmk. ROG 1974 aufweisen, andererseits bei bebauten Grundstücken außerhalb des Baulandes, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden. In diesen Fällen sei wie folgt abzugrenzen: Ist das Grundstück außerhalb eines der Freigebiete im Sinne des § 3 Stmk. GVG gelegen und fällt es - unbeschadet einer etwaigen Ausnahme von der Genehmigungspflicht im Sinn des § 6 Stmk. GVG - in den Kreis der genehmigungsbedürftigen Rechtserwerbe gemäß § 5 Stmk. GVG, so unterliegt es den Bestimmungen über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr. Trifft dies hingegen nicht zu, so unterliegt es, sofern alle Voraussetzungen der §§ 13 bis 16 Stmk. GVG erfüllt sind, den Bestimmungen über den Baugrundverkehr. Dies gilt selbst dann, wenn das Grundstück nur teilweise land- und fortwirtschaftlich genutzt wird (Schneider, Österreichisches Grundverkehrsrecht, Kommentar, Lose- blattausgabe, Wien 1997, Anm. 2 zu § 13 Stmk. GVG). Da hier nach dem Sachverhalt Ausländer nicht beteiligt sind, brauchtauf die Bestimmungen des III. Abschnittes nicht eingegangen zu werden.

Werden diese Kriterien auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, ergibt sich die Anwendbarkeit des I. Abschnittes über den Grundverkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstück. Ein Freigebiet im Sinn des § 3 Stmk. GVG liegt nicht vor, das Rechtsgeschäft betrifft eine (entgeltliche) Übertragung des Eigentums unter Lebenden (vgl. §§ 5, 2 Abs. 1 Stmk. GVG).

Damit nun ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück im Sinne des Gesetzes vorliegt und sich damit die erforderlichen Grundbuchsgesuchsbeilagen gemäß § 30 Abs. 1 Stmk.GVG ergeben, müssen, kumulativ zwei Bedingungen vorliegen.

1.) eine der im Gesetz aufgezählten, bestimmten Widmungen laut Flächenwidmungsplan,

2.) die tatsächliche land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes.

Bleiben oder bestehen Zweifel, ob es sich um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt, so hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 3 Stmk. GVG die Grundverkehrsbehörde auf Antrag darüber mit Bescheid zu entscheiden.

Dieser Bescheid dient zur Klärung von Zweifeln, ob ein Rechtserwerb in den Geltungsbereich der Bestimmungen über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr fällt. Seine Bedeutung liegt darin, daß nach § 30 Abs. 1 und 3 Stmk.GVG Rechtserwerbe an Grundstücken, die weder land- und forstwirtschaftliche Grundstücke noch Baugrundstücke sind, grundsätzlich ohne Befassung der Grundverkehrsbehörde ins Grundbuch eingetragen werden können.

Wegen des Verbotes der Zwischenerledigungen wird das Grundbuchsgericht in dem von ihm durchzuführenden Urkundenverfahren vielfach nicht klären können, daß kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliege und somit keine der im § 30 Stmk. GVG genannten Gesuchsbeilagen erforderlich seinen (vgl. Schneider, Kommentar, Anm. 6 zu § 2 Stmk. GVG).

Soweit die Rekurswerber den Standpunkt vertreten, aus der Bestätigung der Gemeinde Attendorf ergebe sich "eindeutig", daß das Grundstück nicht in einer für die Land- und Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werde, so ist ihnen der Wortlaut dieser Bestätigung entgegenzuhalten. Die Gemeinde bestätigt (nur) die Ausweisung des Grundstückes im Flächenwidmungsplan als Bauland (Dorfgebiet) gemäß § 23 Stmk. ROG. Der behauptete Ausschluß einer typischen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (wie die Rekurswerber offensichtlich meinen) ist nicht enthalten.

Gerade aus der Legaldefinition des Begriffes "Dorfgebiet" gemäß § 23 Abs. 5 lit. f Stmk. ROG 1974 könnte nämlich das Gegenteil folgen:

Danach sind "Dorfgebiete" Flächen, die vornehmlich für Bauten, land- und forstwirtschaftliche Betriebe in verdichteter Anordnung bestimmt sind, wobei auch Wohngebiete und Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner dienen, errichtet werden können.

Gerade deswegen bleiben Zweifel im Sinn des § 2 Abs. 3 Stmk. GVG weiterhin bestehen. Daß kein "Baugrundstück" im Sinn des § 13 vorliegt, wurde oben bereits ausgeführt. Es liegt keine Überscheidung der Anwendungsbereiche vor.

Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 Stmk. GVG sind dem Grundbuchsgesuch der Genehmigungsbescheid oder der Bescheid anzuschließen, aus dem sich ergibt, daß eine Genehmigung im Sinn des § 6 nicht erforderlich ist.

Es könnte nun fraglich sein, ob nur bei Vorliegen einer Ausnahme nach § 6 Abs. 1 Stmk GVG, - welche im vorliegenden Fall unstrittig nicht zutrifft - eine solche Bestätigung der Grundverkehrsbehörde erforderlich ist, nicht aber für den Umstand, ob überhaupt ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt.

Das Rekursgericht hat hiezu in seiner Entscheidung 1 R 345/94, auf die sich das Erstgericht ohnedies bezogen hat, bereits dahin Stellung bezogen, die Vorlage eines Bescheides der zuständigen Grundverkehrskommission nach § 2 Abs. 3 Stmk GVG für erforderlich zu halten. Es sieht sich aus Anlaß dieser Entscheidung, oder aufgrund der Rekursausführungen, nicht veranlaßt von dieser Ansicht abzugehen:

Während der Flächenwidmungsplan nach dem Raumordnungsgesetz in die Kompetenz der Gemeinde fällt und daher Feststellungen daraus von der Gemeinde im Form einer Bestätigung getroffen werden können, ist es Aufgabe der Grundverkehrsbehörde, die Zielsetzungen des Stmk. GVG nach § 1 (die Grundlagen für einen leistungsfähigen Bauernstand entsprechend den strukturellen und natürlichen Gegebenheiten des Landes oder für leistungsfähige land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu erhalten) zu überwachen und daher darüber zu befinden, ob Grundstücke im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes genutzt werden oder nicht. § 2 Stmk. GVG ist nach Ansicht des Rekursgerichtes daher so zu verstehen, daß in der Regel Grundstücke, die als Freiland, als Aufschließungsgebiet oder als Dorfgebiet ausgewiesen sind, land- und forstwirtschaftlich genutzt werden und "im Zweifel", das heißt, daß dies konkret nicht der Fall ist, darüber die Grundverkehrsbehörde zu befinden hat.

Bei anderer Auffassung würde mittels einfacher Bestätigung einer sonstigen Behörde über die tatsächliche Nutzung eines Grundstückes die Einschränkung des räumlichen Geltungsbereiches des Gesetzes (vgl. die Freigebiete gem. § 3) auf eine nicht im Gesetz vorgesehene Weise erweitert werden, was mit der erwähnten Zielsetzung unvereinbar wäre.

Im übrigen ist auf eines noch hinzuweisen und damit dem Standpunkt der Rekurswerber zu entgegnen:

Nach dem alten, Ende 1993 außer Kraft getretenen Grundverkehrsgesetz 1983, LGBl. 1983/72, setzte die Verbücherung eines Rechtsgeschäftes entweder die Zustimmung der Grundverkehrskommission oder, soweit eine Zustimmung nicht erforderlich war, den Nachweis durch öffentliche Urkunden bzw. im Zweifelsfall einen Bescheid (Negativbescheid) der Grundverkehrskommission voraus.

Nunmehr sind - wie bereits ausgeführt wurde - die im Einzelfall erforderlichen Gesuchsbeilagen im § 30 Stmk. GVG genannt.

Andere "öffentliche Urkunden" als Bescheide der zuständigen Grundverkehrskommission oder Erklärungen gemäß § 18 Stmk.GVG erscheinen - soweit die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden sind - nicht (mehr) zulässig, damit auch gesetzlich nicht vorgesehene Baulandbestätigungen von Gemeiden (vgl. dazu auch Schneider, Handbuch des Österreichischen Grundverkehrsrechtes, Wien 1996, Seite 106, Fußnote 9).

Zusammenfassend ergibt sich somit die Erfolglosigkeit des Rekurses.

Gemäß § 126 Abs. 2 GBG iVm § 13 AußStrG idF der WGN 1997 war ein Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch zu treffen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil erhebliche Rechtsfragen von der Bedeutung des § 14 Abs.1 AußStrG. vorliegen:

Soweit feststellbar, fehlt Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum neuen Steiermärkischen Grundverkehrsgesetz, insbesondere zu den hier behandelten Fragen der Auslegung des § 2 Abs. 3, § 30 Stmk.GVG. (Die Entscheidungen 3 Ob 21947/96 k, 3 Ob 2195/96 g betrafen einen anders gelagerten Sachverhalt im Zusammenhang mit einer exekutiven Zuschlagserteilung.)

Rechtssätze
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