JudikaturJustiz4R237/05k

4R237/05k – LG für ZRS Graz Entscheidung

Entscheidung
18. Juli 2005

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, Marburgerkai 49, Senat 4, hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Wetzelberger (Vorsitz), Dr. Seyffertitz und Dr. Katter in der Exekutionssache der betreibenden Partei *****vertreten durch Dr. Alexander Milavec, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wider die verpflichtete Partei ***** wegen € 473,77 samt Anhang, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Graz vom 12. Mai 2005, 49 E 2928/05 v-2, in nicht-öffentlicher Sitzung den

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die Rekurswerberin selbst zu tragen hat, wird keine Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag nicht ab- sondern zurückgewiesen wird.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

BEGRÜNDUNG:

Nach den Angaben der betreibenden Gläubigerin im Exekutionsantrag hat die Verpflichtete laut Zahlungsbefehl des Erstgerichtes vom 10.11.1986, 26 C 1689/86g, (jetzt:) € 473,77 samt Anhang zu bezahlen. Zur Hereinbringung dieses Betrages samt 14 % Zinsen seit 31.10.1986, der Kosten von € 93,20 samt 4 % Zinsen daraus seit 10.11.1986 sowie der mit € 129,98 bestimmten Antragskosten bewilligte das Erstgericht der betreibenden Gläubigerin mit dem Beschluss vom 4.3.2004, 49 E 1518/04i-2, die Forderungsexekution nach § 294a EO. Die Anfrage an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zum Stichtag 1.3.2004 ergab das Arbeitsmarktservice Graz als möglichen Drittschuldner; diesem wurde die Exekutionsbewilligung am 10.3.2004 zugestellt.

Mit der elektronischen Eingabe vom 3.5.2005 begehrte die betreibende Partei ihr die zur Hereinbringung desselben Kapialbetrages aufgrund des oben angeführten Zahlungsbefehles samt 14 % Zinsen daraus seit 31.10.1986, der Kosten von € 93,20 samt 4 % Zinsen seit 10.11.1986 und der Kosten von € 129,98 aus der genannten Vorexekution sowie der Antragskosten dieser Exekution gegen die Verpflichtete wiederum einleitend die Forderungsexekution nach § 294a EO zu bewilligen. Dazu brachte sie vor, dass laut Mitteilung des AMS gemäß § 301 Abs 4 EO seit 14.7.2004 kein Leistungsbezug mehr bestehe.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht unter Bedachtnahme auf das schon zur Entscheidung vorliegende Anfrageergebnis nach § 294a Abs 1 Z 2 EO (zum Stichtag 6.5.2005, das wiederum das Arbeitsmarktservice Graz ergab) und nach einer (gesonderten) Versicherungsdatenanfrage beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger den Antrag der betreibenden Gläubigerin, ihr neuerlich die Forderungsexekution nach § 294a EO einleitend zu bewilligen, ab. Zur Hereinbringung derselben Forderung samt Anhang sei bereits mit dem Beschluss vom 4.3.2004 zu 49 E 1518/04i eine Gehaltsexekution bewilligt worden, diese werde laut Einsicht in die Versicherungdaten nach wie vor in Evidenz gehalten. Das Erstgericht ging erkennbar davon aus, dass ausgehend vom Versicherungsdatenauszug eine mehr als sechsmonatige Unterbrechung des Versicherungsverhältnisses nicht stattgefunden habe (§ 299 EO).

Gegen diesen Beschluss richtet sich der fristgerechte Rekurs der betreibenden Gläubigerin mit dem Abänderungsantrag dahin, die Exekution neuerlich einleitend zu bewilligen. Zur Begründung führt die Rekurswerberin aus, sie habe im Antrag vorgebracht, dass gemäß Mitteilung des AMS seit 14.7.2004 kein Leistungsbezug mehr bestehe. Aufgrund dieser Mitteilung sei der gegenständliche Antrag zu Recht gestellt worden. Gestützt auf in der MGA-EO14 genannte Rechtsprechung zu § 299 EO vertritt die Rekurswerberin den Standpunkt, dass die Pfandrechtserstreckung des § 299 EO den betreibenden Gläubiger nicht daran hindere, einen neuen Exekutionsantrag, insbesondere auch nach § 294a EO, zu stellen. Stelle sich dabei aufgrund der Auskunft des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger heraus, dass der Verpflichtete wieder beim alten Drittschuldner beschäftigt sei, sei die Exekution dennoch zu bewilligen, wobei der betreibende Gläubiger Befriedigung nach Maßgabe seines früher begründeten Pfandranges erlange. Der Exekutionsantrag wäre daher zu bewilligen gewesen. Der als solcher zwar jedenfalls zulässige Rekurs (§ 65 Abs 2 EO) erweist sich in der Sache selbst jedoch als nicht zielführend.

Text

Beschluss

gefasst:

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung des Erstgerichtes steht mit der gleichbleibenden Rechtsprechung des Rekursgerichtes im Einklang (auch unter Bedachtnahme auf die mit der EO-Novelle 2000 eingeführte Verständigung vom Bezugsende [zuletzt z.B. 4 R 114/05x uva]). Wiederholt die betreibende Partei den Exekutionsantrag - selbst nach Ablauf der Sperrfrist von einem Jahr im Sinn des § 294a EO - und stellt sich heraus, dass zur Hereinbringung derselben Forderung aus dem nämlichen Exekutionstitel nur die bereits gepfändete (idente) Forderung neuerlich gepfändet werden soll, ist der Exekutionsantrag nach Ansicht des Rekursgerichtes zufolge Anhängigkeit einer gleichartigen Exekution zurückzuweisen (Grundsatz des "ne bis in idem"), zumal die EO-Novelle 1995 in § 294a Abs 1 Z 2 EO zur Verfahrensvereinfachung die Möglichkeit geschaffen hat, die Drittschuldneranfrage bereits vor der Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen (darauf ist noch zurückzukommen).

Die Rechtsfolge der Zurückweisung ergibt sich aus dem von der Judikatur zu § 3 EO entwickelten Grundsatz der Einheit der Exekutionsbewilligung, worauf das Erstgericht erkennbar Bezug nimmt (vgl Heller/Berger/Stix, 163 f; Jakusch in Angst, EO-Kommentar, § 3, Rz 39).

Die Exekution gemäß § 294a EO ist - auch nach deren Umwandlung zufolge Kanalisierung in eine gewöhnliche Forderungsexekution nach § 294 EO - bis zu ihrer Einstellung oder sonstigen Beendigung anhängig (vgl Heller/Berger/Stix, 485). Da die Vorexekution 49 E 1518/04i nach der Aktenlage weder eingestellt wurde, noch zur (vollen) Befriedigung der betreibenden Gläubigerin geführt hat, blieb sie anhängig. Die Rekurswerberin wendet sich ersichtlich auch nicht gegen diese Ansicht des Erstgerichtes, das (ersichtlich) von einer Pfandrechtserstreckung im Sinn des § 299 Abs 1 Satz 2 und 3 EO ausgeht.

Im Fall einer nicht mehr als sechsmonatigen Unterbrechung besteht ein Pfandrang des betreibenden Gläubigers weiter; das "unterbrochene" Rechtsverhältnis ist so zu behandeln, als ob es durchgehend bestanden hätte. Hat es aber in diesem Sinn durchgehend bestanden, kommt wegen des vorhin erwähnten Grundsatzes "ne bis in idem" eine neuerliche (einleitende) Exekutionsbewilligung nicht in Betracht. Der gegenteiligen Ansicht (siehe MGA-EO14 § 299 E 6, auf die sich die Rekurswerberin stützt) des Landesgerichtes Eisenstadt (RpflSlg E 1996/106, der Oberhammer in Angst, aaO, § 299 Rz 4 folgt) und des Landesgerichtes für ZRS Wien (RpflSlg E 2002/39) kann nicht beigetreten werden, weil eine neuerliche Bewilligung der Exekution auf dasselbe Exekutionsobjekt zur Hereinbringung derselben Forderung mit dem genannten Grundsatz ne bis in idem in Widerspruch stünde. Auch der Ansicht des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien in der genannten Entscheidung, dass zwar die EO-Novelle 1995 die Möglichkeit einer der Bewilligung vorgehenden Anfrage eingeführt habe, die Entscheidung über den Exekutionsantrag aber vom Anfrageergebnis unabhängig sei, sodass es dem Bewilligungsgericht verwehrt sei, die Ergebnisse der vorweg durchgeführten Anfrage als Grundlage für seine Entscheidung über den Exekutionsantrag heranzuziehen (diese Argumentation geht letztlich - soweit feststellbar - auf Mohr, Vereinfachtes Bewilligungsverfahren und andere am 1. 10. 1995 in Kraft getretene Bestimmungen der EO-Nov 1995, ÖJZ 1995, 889 [897], zurück; ihm folgen ersichtlich Kloiber,

Die EO-Novelle 1995 - Ein Überblick, ÖA 1996, 3, [7], Zechner, Forderungsexekution, § 294a, Rz 2, Seite 240, sowie das Landesgericht Linz, RpflSlg E 1997/87), vermag sich das Rekursgericht aus folgenden Überlegungen nicht anzuschließen:

Mit der Einführung der Möglichkeit, eine Anfrage noch vor der Bewilligung durchzuführen, wollte der Gesetzgeber laut den insoweit eher knapp gehaltenen erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur EO-Novelle 1995 (abgedruckt z.B. bei Albrecht, Die Exekutionsordnungs-Novelle 1995, 99) eine "Verfahrensvereinfachung" erreichen. Dass nur "gerichtsinterne Rationalisierungseffekte" erreicht hätten werden sollen, wie Kloiber sowie (ersichtlich ihr folgend) Zechner und das Landesgericht Linz, jeweils aaO, vertreten, kann daraus jedoch nicht zwingend abgeleitet werden. Die Verwertung des Anfrageergebnisses - allenfalls eines ergänzend eingeholten Versicherungsdatenauszuges (siehe dazu Souhrada, Versicherungsdatenauszug - Information über Sozialversicherungsdaten, SozSi 1996, 488; Zechner, aaO, Seite 241) für die Entscheidung des Exekutionsgerichtes über den Antrag kann sehr wohl nach Ansicht des erkennenden Senates zu einer (nach dem Willen des Gesetzgebers angestrebten) Verfahrensvereinfachung führen: Wird durch das vorweg eingeholte Anfrageergebnis - wie hier - bekannt, dass schon eine Exekution zur Hereinbringung derselben Forderung auf dasselbe Exekutionsobjekt geführt wird, kann eine neuerliche Exekutionsbewilligung vermieden werden. Wollte man der Ansicht folgen, das Anfrageergebnis sei nicht zu verwerten, wäre damit ein größerer Aufwand verbunden: Es müsste - unter den sonstigen Voraussetzungen - die Exekution bewilligt werden; sollte sich in der Folge (etwa durch die Drittschuldneräußerung oder durch ein Rechtsmittel des Verpflichteten) herausstellen, dass schon eine Forderungsexekution zur Hereinbringung derselben Forderung auf dasselbe Exekutionsobjekt geführt wird, müsste in der Folge die Exekutionsbewilligung für nichtig erklärt oder sonst die Exekution eingestellt werden. Hinzuweisen ist auch auf die von Heller/Berger/Stix, 204, vertretene Ansicht, wonach eine Exekution, die nicht vollzogen werden kann, schon nicht bewilligt werden darf. Die (allfällige) Verständigung nach § 301 Abs 4 EO kann den betreibenden Gläubiger zwar nicht hindern, einen neuen (einleitenden) Antrag nach § 294a EO zu stellen, um gegebenenfalls einen Pfandrang bei einem neuen Drittschuldner zu erwirken. Allerdings trägt er im Sinn der obigen Ausführungen auch das Risiko eines allfälligen Wiederauflebens seines bereits seinerzeit erworbenen Pfandrechtes nach § 299 Abs 1 EO und der damit verbundenen Zurückweisung seines Antrages (zumal der Drittschuldner nach den bisherigen Erfahrungen des Rekursgerichtes auf das Aufleben des Pfandrechtes gemäß § 299 Abs 1 EO in seiner Verständigung hinweist).

Die Bewilligung des neuerlichen Exekutionsantrages bloß deswegen, weil der betreibende Gläubiger aufgrund der Verständigung nach § 301 Abs 4 EO über das Bezugsende allenfalls vermuten hätte können, der Verpflichtete habe in der Zwischenzeit weitere pfändbare Forderungen im Sinn des § 294a EO erworben, steht nach Ansicht des Rekursgerichtes mit dem Gesetz nicht im Einklang. Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur EO-Novelle 2000 gehen selbst davon aus, dass die zweite Exekution - mit Ausnahme der Kosten - einzustellen sei, sollte sich herausstellen, dass das vorige Arbeitsverhältnis weiterbestanden habe. Dem Antrag der betreibenden Gläubigerin, ihr in Ansehung der bereits zu 49 E 1518/04i beim Erstgericht betriebenen Forderung neuerlich einleitend die Forderungsexekution zu bewilligen, konnte daher ein Erfolg nicht beschieden sein. Die angefochtene Entscheidung ist daher zu bestätigen, allerdings mit der Maßgabe, dass der Antrag nicht ab-, sondern zurückgewiesen wird.

Die Judikaturlinie, dass trotz nicht aufrechter Erledigung des Antrags in der Hauptsache ausnahmsweise Kosten für den Antrag zugesprochen werden können (siehe Jakusch in Angst, aaO, § 74 Rz 19), kommt hier nicht zum Tragen, weil nicht aktenkundig ist, dass der Exekutionsantrag zumindest nach der Sachlage im Zeitpunkt der Antragstellung zu bewilligen gewesen wäre.

Die Entscheidung über die Selbsttragung der Rekurskosten ergibt sich aus § 40 und § 50 Abs 1 ZPO in Verbindung mit § 78 EO. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO in Verbindung mit § 78 EO jedenfalls unzulässig.

Rechtssätze
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