JudikaturJustiz4Ob375/87

4Ob375/87 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. November 1987

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*** Datenverarbeitungs- und Verlagsgesellschaft mbH, Wien 1, Wipplingerstraße 32, vertreten durch Dr. Gottfried Peloschek und Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei J*** Verlagsgesellschaft mbH, Wien 2, Robertgasse 2, vertreten durch Dr. Erich Zeiner, Dr. Hans Georg Zeiner und Dr. Norbert Pirker, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisiorialverfahren S 620.000,-- und S 300.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei a) gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 31. März 1987, GZ 2 R 54/87-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 28. Jänner 1987, GZ 17 Cg 1/87-3, teilweise abgeändert wurde, b) gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22. Mai 1987, GZ 2 R 91/87-23, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12. März 1987, GZ 17 Cg 1 /87-9, (teilweise) abgeändert wurde, c) gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 17. Juli 1987, GZ 2 R 13/87-25, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 1. Juni 1987, GZ 17 Cg 1/87-20, abgeändert wurde folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 11 wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 23 wird, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richtet, zurückgewiesen; im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 25 wird zurückgewiesen. Die zu diesem Rechtsmittel erstattete Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei ON 30 wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekurse selbst zu tragen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen ON 21 und 28 vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei bietet eine Handelsregister-Datenbank an, die von Interessenten mit entsprechenden Einrichtungen (BTX-fähigen Geräten) in Anspruch genommen werden kann. Die beklagte Partei bringt seit 40 Jahren das Nachschlagewerk "Handelsregister Österreich" heraus, das in alphabetischer Reihenfolge die in den österreichischen Handelsregistern eingetragenen Unternehmen und deren Rechtsverhältnisse enthält. In diesem Nachschlagewerk war in den letzten Jahren (36. bis 39. Ausgabe) jeweils ein Anerkennungsschreiben des Leiters des Handelsregisters des Handelsgerichtes Wien, Hofrat Dr. Erhard L***, abgedruckt, das unter anderem folgende Wendungen enthielt:

"Das 'Handelsregister Österreich' will nicht nur den in der Praxis stehenden Firmeninhaber oder Gesellschafter, sondern auch die in Ausbildung stehenden Mitarbeiter und Angestellten von Gesellschaften und Unternehmungen über den jeweiligen Registerstand informieren und die Grundlage für weitere Eingaben in Registerangelegenheiten bilden.

Auch für den Richter, Rechtspfleger und Registerführer ist diese neue Auflage zu einer nicht mehr wegzudenkenden Einrichtung geworden, weil sich der Betreffende auch ohne Zuhilfenahme eines Aktes, der Kartei und einer Registereintragung über ein Unternehmen, sei es eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft, erschöpfend informieren kann ....".

Dieses Anerkennungsschreiben wurde von der beklagten Partei in ihrem Nachschlagewerk mit dem (nach dem Vorwort) auf dem Original verwendeten Abdruck des Gerichtssiegels "Handelsgericht Wien" wiedergegeben.

In einem Prospekt (Beilage T 1) kündigte die beklagte Partei Ende 1980 die 40. Ausgabe von "Handelsregister Österreich" mit folgendem Text an:

"Inhalt:

Der erste Teil enthält den amtlichen Protokollierungstext aller handelsgerichtlich eingetragenen Firmen Österreichs mit dem genauen Firmenwortlaut, deren Inhaber beziehungsweise Gesellschafter, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und Prokuristen, insbesondere deren Vertretungsbefugnis .....".

Die klagende Partei behauptet, die Verwendung des Abdruckes des Gerichtssiegels in der Wiedergabe des Anerkennungsschreibens des Leiters des Wiener Handelsregisters widerspreche den einschlägigen Vorschriften der Geo (= Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz), da ein solches Siegel auf privaten Schreiben nicht angebracht werden dürfe. Der Abdruck sei geeignet, den Eindruck einer besonderen staatlichen Förderung und Wertschätzung des Werkes hervorzurufen.

Die Behauptung, man könne sich ohne Heranziehung des Handelsregisteraktes mit Hilfe des Nachschlagewerks "Handelsregister Österreich" über den jeweiligen Registerstand sämtlicher protokollierten Firmen Österreichs erschöpfend informieren, sei irreführend. Nicht einemal mit Hilfe des von der beklagten Partei zusätzlich angebotenen Telefonauskunftsdienstes sei dies möglich, da die erteilten Auskünfte die Handelsregistereintragungen der letzten sechs Wochen nicht berücksichtigten. Auch enthalte das Werk der beklagten Partei viele Fehler, die von Auflage zu Auflage übernommen würden.

Die klagende Partei begehrt zur Sicherung ihres im wesentlichen inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, der beklagten Partei im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, 1. in der oder in bezug auf die Publikation "Handelsregister Österreich" ein Gerichtssiegel (§ 68 der Geo für die Gerichte I. und II. Instanz) abzudrucken oder das Bild eines Gerichtssiegels sonst zu verwenden, insbesondere im Zuge des Abdrucks privater Briefe an die beklagte Partei in der Publikation selbst, 2. die Behauptung aufzustellen und/oder in irgendeiner Form zu verbreiten, daß man sich ohne Zuhilfenahme des Handelsregisteraktes durch die Publikation "Handelsregister Österreich" über den jeweiligen Registerstand erschöpfend über sämtliche protokollierte Firmen Österreichs informieren könne, wenn in Wahrheit dieser Publikation keineswegs alle im Handelsregister eingetragenen Angaben (zB die Namen der Kommanditisten und die Höhe der Hafteinlagen) und der Firmen entnommen werden können und insbesondere ein Anrufer, der sich zur Ergänzung des Werkes des telefonischen Auskunftsservices der beklagten Partei bedient, Auskünfte erhält, die im Durchschnitt die Handelsregistereintragungen der letzten sechs Wochen nicht berücksichtigen, und andere Publikationen auf dem Markt sind, die einen wesentlich höheren Grad an Aktualität besitzen. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 1987 dehnte die klagende Partei ihr Klagebegehren mit dem Vorbringen, die Werbeaussage der beklagten Partei im Prospekt Beilage T 1 sei in bezug auf die Erwähnung der Gesellschafter irreführend, aus und erhob zur Sicherung des gleichlautenden Unterlassungsbegehrens das weitere Sicherungsbegehren, 3. der beklagten Partei zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr in der oder in bezug auf die Publikation "Handelsregister Österreich" die Behauptung aufzustellen, der erste Teil enthalte u.a. die Gesellschafter aller handelsgerichtlich eingetragenen Firmen Österreichs, wenn in Wahrheit die Namen der Kommanditisten von Kommanditgesellschaften und/oder die Namen der Gesellschafter von Gesellschaften mbH nicht angeführt werden. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Sicherungsanträge im wesentlichen mit der Begründung, der Abdruck von Anerkennungsund Empfehlungsschreiben sei zulässig und für deren Inhalt der Verfasser verantwortlich. Die Verwendung des Gerichtssiegels durch den Leiter des Handelsregisters Wien sei zu Recht erfolgt; die beklagte Partei hätte sein Schreiben gar nicht durch Weglassen des Gerichtssiegels verändern dürfen. Zur Sicherung des erweiterten Klagebegehrens könne eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden, solange über die Zulässigkeit der damit vorgenommenen Klageänderung noch nicht entschieden sei. Der Prospekt Beilage T 1

sei bezüglich der Anführung der Gesellschafter nicht mißverständlich.

Das Erstgericht wies (mit zwei gesonderten Beschlüssen) V Pkt 1. und 2. des Sicherungsantrages zur Gänze ab und gab Pkt 3 des Sicherungsantrages teilweise statt: Es verbot der beklagten Partei im geschäftlichen Verkehr in der oder in bezug auf die Publikation "Handelsregister Österreich" die Behauptung aufzustellen, der erste Teil enthalte u.a. die Gesellschafter aller handelsgerichtlich eingtragenen Firmen Österreichs, wenn in Wahrheit die Namen der Kommanditisten von Kommanditgesellschaften nicht angeführt werden; das Mehrbegehren, dieses Verbot auch zu erlassen, wenn in Wahrheit die Namen der Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht angeführt werden, wies es ab. Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Verwendung des Gerichtssiegels durch den Leiter des Handelsregisters Wien zulässig gewesen sei. Das beanstandete Anerkennungsschreiben werde vom Publikum unmißverständlich als private Meinungsäußerung des Verfassers und nicht als Tatsachenbehauptung der beklagten Partei angesehen werden. Derartige Anerkennungsschreiben enthielten erfahrungsgemäß sehr häufig reklamehafte Übertreibungen, die das Publikum als solche erkenne. Die beanstandete Äußerung sei zudem nicht wahrheitswidrig, weil über die Aktualität der Veröffentlichungen das beanstandete Schreiben nichts aussage. Die Ankündigung im Prospekt Beilage T 1 erwecke den Eindruck, daß im Nachschlagewerk der beklagten Partei auch die Namen der Kommanditisten angeführt seien, weil es auf den "amtlichen Protokollierungstext" Bezug nehme, welcher auch die Namen der Kommanditisten enhalte. Bezüglich der Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sei die Ankündigung nicht wahrheitswidrig, weil diese auch im amtlichen Protokollierungstext nicht enhalten seien.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Erstgerichtes betreffend Pkt 1. und 2. des Sicherungantrages teilweise Folge. Es verbot der beklagten Partei den Abdruck des Gerichtssiegels sowie das Aufstellen und Verbreiten der Behauptung, daß man sich ohne Zuhilfenahme des Handelsregisteraktes durch die Publikation "Handelsregister Österreich" über den jeweiligen Registerstand erschöpfend über sämtliche protokollierten Firmen Österreichs informieren könne, wenn in Wahrheit dieser Publikation keineswegs alle im Handelsregister eingetragenen Angaben (zB die Namen der Kommanditisten und die Höhe der Hafteinlagen) und Firmen entnommen werden können. Das Mehrbegehren, der beklagten Partei die letztgenannte Behauptung auch dann zu untersagen, wenn ein Anrufer, der sich zur Ergänzung des Werkes des telefonischen Auskunftsservices der Beklagten bedient, Auskünfte erhält, die im Durchschnitt die Handelsregistereintragungen der letzten sechs Wochen nicht berücksichtigen, und andere Publikationen auf dem Markt sind, die einen wesentlich höheren Grad an Aktualität besitzen, wies es - insoweit rechtskräftig - ab und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes aber S 300.000,-- übersteige.

Gegen den weiteren Beschluß des Erstgerichtes betreffend Pkt. 3. des Sicherungsantrags erhoben beide Parteien Rekurs. Das Rekursgericht gab nur dem Rekurs der klagenden Partei, nicht aber jenem der beklagten Partei Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es diesem Sicherungsbegehren zur Gänze stattgab. Es sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, der Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes aber S 300.000,-- nicht übersteige und der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Rekursgericht war der Ansicht, daß die Anbringung des Gerichtssiegels an dem Empfehlungs- und Anerkennungsschreiben des Leiters des Handelsregisters Wien nicht zulässig gewesen sei, weil es sich hiebei nicht um ein amtliches Schriftstück, sondern um die private Meinung eines Richters gehandelt habe. Durch die Verwendung des Gerichtssiegels sei dem Anerkennungs- und Empfehlungsschreiben für einen nicht unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise ein amtlicher, offizieller Anstrich verliehen worden, der ihm nicht zukomme. Dadurch könne der Eindruck einer besonderen Verbindung zwischen dem Handelsgericht Wien als dem größten Registergericht Österreichs und dem Werk "Handelsregister Österreich" hervorgerufen werden; insbesondere könne dadurch die Annahme des Publikums hervorgerufen werden, das Werk sei amtlich begutachtet oder geprüft worden. Ein solcher Irrtum sei geeignet, den Kaufentschluß zugunsten dieses Werkes zu beeinflussen. Das von der beklagten Partei abgedruckte Gerichtssiegel sei daher als zur Irreführung geeignete Angabe (§ 2 UWG) zu werten, so daß offenbleiben könne, ob die beklagte Partei gleichzeitig gegen § 1 UWG verstoßen habe.

Wer mit Empfehlungs- und Anerkennungsschreiben werbe, mache damit die Angaben des Empfehlenden (Kunden) zu seinen eigenen und müsse sie wettbewerbsrechtlich in vollem Umfang vertreten. Äußerungen Dritter wirkten in der Werbung objektiv und würden daher im allgemeinen ernst genommen. Seien sie geeignet, durch ihren Inhalt über geschäftliche Verhältnisse des Werbenden irrezuführen, so liege ein Verstoß gegen § 2 UWG vor.

Die von der beklagten Partei zu verantwortende Behauptung von Hofrat Dr. L***, aus dem "Handelsregister Österreich" könne man sich ohne Zuhilfenahme eines Aktes, der Kartei und einer Registereintragung über ein Unternehmen, sei es eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft erschöpfend über den jeweiligen Registerstand informieren, sei zur Irreführung geeignet, weil das Buch nicht alle Angaben enthalte, die aus der Registereintragung oder den Akten ersichtlich seien. Das "Handelsregister Österreich" nenne bei Kommanditgesellschaften weder die Namen noch die Einlage der Kommanditisten, obgleich diese im Handelsregister bei den in Abteilung A einzutragenden Gesellschaften vermerkt würden. Es treffe daher nicht zu, daß dieses Buches genauso erschöpfend informiere wie das Handelsregister. Der Versuch der beklagten Partei, der Formulierung von Hofrat Dr. L*** einen anderen Sinn zu geben, scheitere schon deshalb, weil der Werbende bei Mehrdeutigkeit einer Aussage immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen müsse. Auch auf eine marktschreierische Werbung könne sich die beklagte Partei nicht mit Erfolg berufen, weil die mit dem Gerichtssiegel und der Unterschrift des Leiters des Handelsregisters des Handelsgerichtes Wien versehene Zuschrift von den angesprochenen Verkehrskreisen gewiß nicht sogleich als nicht ernst gemeinte Übertreibung aufgefaßt werde.

Der beanstandete Werbetext Beilage T 1 könne auch dahin verstanden werden, daß das Werk der beklagten Partei neben dem amtlichen Protokollierungstext aller Firmen auch deren Inhaber bzw. Gesellschafter enthalte. Da sich der Werbetext auf alle protokollierten Firmen beziehe, sei daraus keine Einschränkung in bezug auf Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu entnehmen. Auch aus dem an den Schluß des Satzes gesetzten Ausdruck "insbesondere deren Vertretungsbefugnis" sei nicht erkennbar, daß sich die vorangegangene Werbeaussage nur auf vertretungsbefugte Gesellschafter beziehe. Die Werbeankündigung der beklagten Partei erweise sich demnach auch insoweit als irreführend, als in der Publikation auch die Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht genannt würden. Die beklagte Partei habe die Mehrdeutigkeit des von ihr verwendeten Ausdrucks zu vertreten.

Die beklagte Partei erhob zunächst gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 11 (Punkt 1. und 2. des Sicherungsantrages betreffend) Revisionsrekurs (ON 18) mit dem Antrag, die Entscheidung der zweiten Instanz im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern. Außerdem stellte die beklagte Partei den Antrag, die Ausführung des angefochtenen Beschlusses bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über ihren Revisionsrekurs zu hemmen. Das Erstgericht gab diesem Antrag statt.

Das Rekursgericht wies ihn im wesentlichen mit der Begründung ab, die beklagte Partei habe nicht vorgebracht, was die Annahme rechtfertige, daß ohne die Hemmung der Ausführung des Beschlusses des Rekursgerichtes der Zweck des Revisionsrekurses der Beklagten vereitelt würde.

Die beklagte Partei erhob auch gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes (ON 25) Revisionsrekurs (ON 27) mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Erstgerichtes als unzulässig zurückgewiesen werde; in eventu beantragt die beklagte Partei die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses oder die Aufhebung des Beschlusses des Rekursgerichtes.

Ferner erhob die beklagte Partei auch gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 23 (Punkt 3. des Sicherungsantrages betreffend) Revisionsrekurs (ON 26) mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag der klagenden Partei zurückgewiesen werde. Hilfsweise beantragt die Revisionsrekurswerberin, diesen Beschluß dahin abzuändern, daß der Antrag der klagenden Partei zur Gänze abgewiesen oder ihr "zur Antragstellung über die Klageerweiterung eine angemessene Frist bestimmt werde", in eventu beantragt sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die klagende Partei erstattete zu den drei Revisionsrekursen Revisionrekursbeantwortungen mit dem Antrag, die Revisionsrekurse als unzulässig zurückzuweisen oder ihnen nicht Folge zu geben.

1.) Zum Revisionsrekurs der beklagten Partei ON 18:

Rechtliche Beurteilung

Dieser Rekurs ist nicht berechtigt.

Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin ist der zweiten Instanz darin zu folgen, daß für das Anerkennungs- und Empfehlungsschreiben des Leiters des Handelsregisters Wien der Abdruck des Gerichtssiegels nicht zu verwenden war, weil die Verfassung derartiger Schreiben nicht zu den dienstlichen Aufgaben eines mit Handelsregistersachen betrauten Richters gehört. Die Verfassung dieses Schreibens war eine private Tätigkeit dieses Richters, auch wenn sein Inhalt mit den dienstlichen Erfahrungen von Hofrat Dr. L*** als Registerrichter in engem Zusammenhang stand. Die Ansicht der Revisionsrekurswerberin, der Verfasser des Schreibens habe die Wahl gehabt, hiebei in seiner amtlichen Funktion oder als Privatperson zu handeln, ist unzutreffend. War aber das Anerkennungsschreiben rein privater Natur, so bedürfen die Fragen, für welche Arten von amtlichen Schreiben das Gerichtssiegel zu verwenden und ob die Aufzählung in § 151 GeO eine erschöpfende ist, keiner Erörterung.

Der erkennende Senat tritt auch der Ansicht des Rekursgerichtes bei, daß derjenige, der mit fremden Äußerungen, insbesondere Anerkennungs- und Empfehlungsschreiben Dritter, wirbt, sich deren Angaben zueigen macht. Er verwendet diese Äußerungen zu Zwecken des Wettbewerbs und muß sie daher - unabhängig davon, ob beim Dritten Wettbewerbsabsicht bestand - auch vertreten (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht14, 1019 f; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 28). Wenn die beklagte Partei das Schreibens des Leiters des Handelsregisters Wien mit dem für die Ausfertigung verwendeten Abdruck des Gerichtssiegels wiedergegeben hat, muß sie es auch vertreten, daß dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der irreführende Eindruck einer amtlichen Begutachtung des Werkes hervorgerufen werden konnte, der geeignet war, den Kaufentschluß zugunsten dieses Werkes zu beeinflussen (Baumbach-Hefermehl aaO 1071). Angaben über amtliche und behördliche Prüfungen und Zulassungen sind nämlich in hohem Maße geeignet, den Verkehr von der Güte und Brauchbarkeit einer Ware zu überzeugen; ein diesbezüglicher Irrtum ist daher beachtlich (4 0b 313/87). Ob die beklagte Partei wußte oder wissen mußte, daß für ein solches Anerkennungsschreiben der Abdruck des Gerichtssiegels nicht zu verwenden war, ist ohne Bedeutung, weil Verschlulden nicht Voraussetzung des Unterlassungsanspruches nach § 2 UWG ist (ÖBl 1972, 11; ÖBl 1977, 30; SZ 53/3 = ÖBl 1980, 43 mwN).

Unzutreffend ist auch die Ansicht der Revisionsrekurswerberin, daß die Behauptung des Leiters des Handelsgerichtes Wien, man könne sich mit dem Nachschlagewerk "Handelsregister Österreich" ohne Zuhilfenahme des Handelsregisteraktes über den jeweiligen Registerstand erschöpfend (!) über sämtliche protokollierten Firmen Österreichs informieren, ein Werturteil sei. Unter "Angaben" sind alle Äußerungen mit objektiv feststellbarem einer Nachprüfung zugänglichem Inhalt zu verstehen, während sich im Gegensatz dazu Werturteile einer objektiven Überprüfung entziehen (Hohenecker-Friedl aaO 23; JBl 1962, 331; ÖBl 1977, 166 ua). Daß die Behauptung, ein bestimmtes Werk informiere über ein Gebiet so erschöpfend, daß andere Hilfsmittel nicht herangezogen werden müßten, eine objektiv nachprüfbare Tatsachenbehauptung und damit eine Angabe im Sinne des § 2 UWG ist, kann nicht zweifelhaft sein.

Es erübrigt sich daher, auf die weitwendigen, begriffsjuristischen Ausführungen des Revisionsrekurses, was "Information" und was "erschöpfend" bedeute, einzugehen. Daß das Publikum das in das Werk aufgenommene Anerkennungsschreiben eindeutig als Äußerung eines Dritten erkennen wird, ändert nichts daran, daß die beklagte Partei die darin gemachten Angaben so zu vertreten hat, als ob sie diese selbst aufgestellt hätte. Die Wirkung einer solchen Reklame besteht ja gerade darin, daß mit dem augenscheinlich neutralen Urteil eines Dritten geworben wird.

Daß das Nachschlagewerk der beklagten Partei nicht ebenso erschöpfend informiert wie das Handelsregister, bestreitet die Revisionsrekurswerberin nicht mehr, so daß es insoweit genügt, auf die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz zu verweisen.

2.) Zum Revisionsrekurs der beklagten Partei ON 26:

Die beklagte Partei bekämpft den Beschluß ausdrücklich in seinem ganzen Umfang und beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages zur Gänze. Soweit das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß bestätigt hat (Verbot der Behauptung, das "Handelsregister Österreich" enthalte die Gesellschafter aller ins Handelsregister eingetragenen Firmen, soweit sich diese Äußerung auf Kommanditisten bezieht), ist das Rechtsmittel der beklagten Partei gemäß § 528 Abs.1 Z 1 ZPO unzulässig und daher zurückzuweisen.

Im übrigen ist der Revisionsrekurs nicht berechtigt. Der Bewilligung der einstweiligen Verfügung stand nicht entgegen, daß der Sicherungsantrag einen Anspruch betraf, um den das Klagebegehren gemäß § 235 Abs.1 ZPO erweitert worden war und zur Zeit der Erlassung der einstweiligen Verfügung über die Zulässigkeit der Klageänderung noch nicht entschieden war (§ 235 Abs.3 ZPO), bzw. keine Einwilligung des Gegners (§ 235 Abs.2 ZPO) vorlag. Daß zur Sicherung eines solchen Begehrens eine einstweilige Verfügung erlassen werden darf, folgt schon daraus, daß eine einstweilige Verfügung schon vor Einleitung eines Rechtsstreites getroffen werden kann (§§ 378 Abs.1, § 391 Abs.2 EO); zur Bewilligung von einstweiligen Verfügungen wegen unlauteren Wettbewerbs ist hiebei auch vor der Einleitung des Rechtsstreites das Gericht des Hauptprozesses zuständig (§ 387 Abs.3 EO). Umso mehr muß es zulässig sein, einen bereits mit Klageerweiterung erhobenen Anspruch durch einstweilige Verfügung zu sichern. Solange die Klageerweiterung nicht wegen erheblicher Erschwerung oder Verzögerung der Rechtssache zurückgewiesen wurde, ist vom Vorliegen einer Klage auszugehen und daher auch keine Anordnung nach § 391 Abs.2 EO zu treffen. Wird die Klageerweiterung in der Folge nicht zugelassen, dann kann eine solche Anordnung gegebenenfalls immer noch nachgeholt werden (vgl. etwa JBl 1960, 268; EFSlg 42.064; EvBl. 1984/43). Es kann daher der klagenden Partei auch nicht schaden, daß sie den mit Klageerweiterung geltendgemachten Anspruch angeblich noch einmal selbständig eingeklagt hat. Auf die prozessualen Folgen einer solchen Vorgangsweise ist hier nicht einzugehen.

Der als irreführend beanstandete Werbetext "Der erste Teil enthält den amtlichen Protokollierungstext aller handelsgerichtlich eingetragenen Firmen Österreichs mit dem genauen Firmenwortlaut, deren Inhaber beziehungsweise Gesellschafter, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und Prokuristen, insbesondere deren Vertretungsbefugnis." kann, wie die zweite Instanz richtig erkannt hat, zwanglos dahin gelesen werden, daß das Werk der beklagten Partei neben dem amtlichen Protokollierungstext aller Firmen auch deren Inhaber bzw. Gesellschafter enthalte, der Benützer also aus dem Werk auch die Firmengesellschafter entnehmen könne. Eine Einschränkung dieser Aussage auf Gesellschafter von Unternehmen mit bestimmter Rechtsform enthält die Angabe der beklagten Partei nicht; sie kann sich daher auch auf Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung beziehen, selbst wenn diese im amtlichen Protokollierungstext nicht aufscheinen. Die Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind aber im Nachschlagewerk der beklagten Partei nicht enthalten, obwohl sie - wenn auch nicht lückenlos - den im Handelsregisterakt erliegenden sogenannten "Jännerlisten" entnommen werden könnten. Die Irreführung über diesen Umstand ist auch beachtlich, weil das Anführen der Gesellschafter von Gesellschaften mit beschränkter Haftung für die Benützer des Nachschlagewerkes von Interesse sein kann. Die Revisionsrekurswerberin vermag dieser ernsthaft vertretbaren Auslegungsmöglichkeit des beanstandeten Werbetextes nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Nicht alle Benützer des Werkes werden über die gesetzliche Regelung der Vertretungsbefugnis bei Handelsgesellschaften so genau Bescheid wissen, daß sie das Wort "Gesellschafter" nur auf vertretungsbefugte Gesellschafter von Personengesellschaften beziehen; ein noch erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird vielmehr die beanstandete Angabe anders verstehen. Daß die beanstandete Angabe den Inhalt des Werkes nur schlagwortartig zusammenfaßt, rechtfertigt Mehrdeutigkeiten nicht. Es ist ohne umständliche Umschreibungen möglich, die Worte "Inhaber beziehungsweise Gesellschafter" durch die Worte "Inhaber oder vertretungsbefugte Gesellschafter" zu ersetzen und dadurch zum Ausdruck bringen, daß im "Handelsregister Österreich" eben nicht alle Unternehmensgesellschafter aufscheinen.

3.) Zum Revisionsrekurs ON 27 (Abweisung des Antrages auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung nach § 524 Abs.2 ZPO durch das Rekursgericht):

Die Vorinstanzen haben dem erkennenden Senat die Revisionsrekurse der beklagten Partei gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 11 und gegen den weiteren Beschluß, womit der Antrag, die Ausführung des Beschlusses ON 11 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den von der beklagten Partei eingebrachten Revisionsrekurs zu hemmen, abgewiesen wurde (ON 25) gleichzeitig vorgelegt. Über den Revisionsrekurs gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 11 wurde mit der vorliegenden Entscheidung endgültig abgesprochen. Wenn auch diese Entscheidung erst mit der Zustellung formell rechtskräftig wird, kommt der (gleichzeitig zuzustellenden) Entscheidung darüber, ob dem Revisionsrekurs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen war, nur noch theoretisch abstrakte Bedeutung zu. Der beklagten Partei fehlt daher das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil der Oberste Gerichtshof gleichzeitig endgültig in der Hauptsache entschieden hat (3 Ob 94, 95/72; 3 Ob 178/74 ua). Die nicht immer einheitlich beantwortete Frage, ob das Interesse an der Abänderung der Kostenentscheidung der Vorinstanzen eine Beschwer begründet, spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, weil die beklagte Partei für ihren Aufschiebungsantrag keine Kosten verzeichnet hat und ihr in zweiter Instanz Kosten nicht erwachsen sind. Der Revisionsrekurs ist daher mangels Beschwer zurückzuweisen.

Zurückzuweisen ist auch die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei, da kein Fall der § 521 a ZPO und § 402 Abs.1 EO vorliegt.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO, 78, 393, 402 EO.

Rechtssätze
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