JudikaturJustiz47R169/21g

47R169/21g – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
25. August 2021

Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien fasst als Rekursgericht durch den Richter Mag. Eder als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Löschl und Mag. Ofner in der Exekutionssache der betreibenden Partei A***** H *****, vertreten durch Dr. Roland Gabl Rechtsanwalts KG in Linz, wider die verpflichtete Partei C***** H *****, vertreten durch Dr. Thomas Marschall, Rechtsanwalt in Wien, wegen € 33.250,63 s.A., über den Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 8.7.2021, 67 E 2064/21p-2, den

B e s c h l u s s :

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit Beschluss vom 26.5.2021 bewilligte das Erstgericht zu 67 E 1596/21i dem Betreibenden wider den Verpflichteten auf Grund des vollstreckbaren Beschlusses des Landesgerichtes Linz vom 7.8.2020, 15 R 162/20d, zur Hereinbringung der Kapitalforderung von € 23.188,-- samt näher angeführter Zinsenstaffel und Kosten von € 10.062,63 ( Kapitaltitel 1 ) und auf Grund des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes vom 25.2.2021, 3 Ob 170/20a, zur Hereinbringung der Kosten von € 1.017,90 ( Kapitaltitel 2 ) sowie der mit € 853,68 bestimmten Kosten des Exekutionsantrages die Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294a EO antragsgemäß. Mit Beschluss vom 14.6.2021, rechtskräftig seit 30.6.2021, stellte das Erstgericht die Exekution hinsichtlich des 1. Kapitaltitels ein und hob alle schon vollzogenen Exekutionsakte, die zugunsten dieser Forderung vorgenommen wurden, auf. Dem Rekurs des Verpflichteten gegen die Exekutionsbewilligung wurde mit Beschluss des Rekursgerichtes vom 11.8.2021 in Ansehung des Kapitaltitels 2 nicht Folge gegeben, in Ansehung des Kapitaltitels 1 wurde der Rekurs mangels Beschwer zurückgewiesen (47 R 161/21f).

Mit Exekutionsantrag vom 2.7.2021 beantragte der Betreibende wider den Verpflichteten im gegenständlichen Verfahren 67 E 2064/21p des Erstgerichtes auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Linz vom 27.4.2020, 2 Pu 20/13m, mit Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 17.5.2021, zur Hereinbringung der Kapitalforderung von € 23.188,-- samt näher angeführter gestaffelter Zinsen ( Exekutionstitel 1 ), und auf Grund des Beschlusses des Landesgerichtes Linz vom 7.8.2020, 15 R 162/20d, mit Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 17.5.2021, zur Hereinbringung der Kosten von € 10.062,63 ( Exekutionstitel 2 ) sowie zur Hereinbringung der mit € 881,78 verzeichneten Kosten die Bewilligung der Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294a EO (ON 1).

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht die Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294a EO antragsgemäß.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Verpflichteten.

Der Betreibende beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt, die Rekursbeantwortung ist unzulässig.

Der Rekurswerber rügt, dass wegen der verfahrensgegenständlichen Ansprüche bereits zu 67 E 1596/21i des Erstgerichtes die selbe Exekution anhängig sei, weshalb eine neuerliche Exekutionsbewilligung rechtswidrig sei. Die Exekutionsbewilligung verstoße gegen § 295 EO idF GREx, weil noch keine drei Monate vergangen seien, auch sei die Sperrfrist des § 296 nicht beachtet worden. Weiters werde die Vollstreckbarkeit bestritten, weil er gegen den Exekutionstitel 1 einen „Urteils“berichtigungsantrag eingebracht habe.

Vorweg ist festzuhalten, dass das Vorbringen zum Vorverfahren nicht gegen das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot verstößt, weil sowohl das (Prozess-)Hindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache (ne bis in idem) als auch ein mangelndes Vollstreckungsinteresse von Amts wegen wahrzunehmen sind.

Richtig ist, dass nach § 502 Abs 1 EO auf das gegenständliche Exekutionsverfahren die EO in der Fassung der Gesamtreform des Exekutionsrechts - GREx, BGBl I Nr. 86/2021, anzuwenden ist.

Eine bewilligte Exekution ist – wie nach bisheriger Rechtslage - bis zur Einstellung nach § 39 EO oder Beendigung nach § 41a EO anhängig.

Nach herrschender Ansicht (zur Rechtslage vor Inkrafttreten der GREx) sind die Voraussetzungen der Exekutionsbewilligung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung und nicht des Einlangens des Antrages zu beurteilen (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO³ § 3 Rz 26; RS0000019). Es gibt in jedem Exekutionsverfahren nur einen einzigen Exekutionsbewilligungsbeschluss. Dieser Beschluss ist der Rechtskraft fähig. Während der Anhängigkeit einer bestimmten Exekution darf daher wegen der materiellen Rechtskraft der ersten Exekutionsbewilligung dieselbe Exekution (gleiche Parteien, gleicher Titel, gleicher betriebener Anspruch, gleiches Exekutionsmittel, gleiches Exekutionsobjekt) nicht noch einmal bewilligt werden (ne bis in idem). Bei mehreren inhaltlich identen Exekutionstiteln steht einer neuerlichen Exekutionsbewilligung zwar nicht die Rechtskraft der ersten Exekutionsbewilligung entgegen, in der Regel wird aber in einem solchen Fall das Vollstreckungsinteresse des betreibenden Gläubigers an einer neuerlichen Exekutionsführung zu verneinen sein. Wie sich aus § 14 Abs 1 EO aF zweifelsfrei ergibt, steht aber eine bereits erteilte Exekutionsbewilligung der Bewilligung eines anderen Exekutionsmittels oder des gleichen Exekutionsmittels, aber auf ein anderes Vermögensobjekt, ja selbst auf das gleiche Vermögensobjekt, aber mit einem anderen Exekutionsmittel zur Hereinbringung derselben Forderung nicht entgegen. Dasselbe gilt für eine gleichartige Exekution (gleiches Exekutionsmittel, gleiches Exekutionsobjekt) zur Hereinbringung eines anderen (Teil-) Anspruchs aus demselben Exekutionstitel (Jakusch aaO § 3 Rz 39; RS0000116). Die Einstellung bildet den contrarius actus zur Exekutionsbewilligung (Jakusch aaO § 39 Rz 1 und 88). Unter "Einstellung" der Anlassexekution ist die rechtskräftig gewordene Einstellung der Exekution zu verstehen (RS0001807, RS0001074, RS0002159 {T3]). Die Rechtskraftwirkung des Einstellungsbeschlusses beschränkt sich auf das eingestellte Exekutionsverfahren. Dieser Beschluss steht daher einer neuerlichen gleichartigen Exekutionsführung nicht entgegen (Jakusch aaO § 39 Rz 90).

Diese Rechtsprechung ist auch auf die aktuelle Gesetzeslage anwendbar, weil die zugrundeliegenden Bestimmungen inhaltlich nicht geändert wurden.

Der im Vorverfahren 67 E 1596/21i betriebenen Kapitaltitel 1 entspricht dem nunmehr geltend gemachten Exekutionstitel 2, wenngleich die nunmehr betriebene Forderung geringer als die Forderung im Vorverfahren ist. Da die Fahrnis- und Forderungsexekution des Vorverfahrens in Ansehung des Kapitaltitels 1 seit 30.6.2021 rechtskräftig eingestellt (eingeschränkt) ist, stand es dem Betreibenden frei, danach auf Grund dieses Exekutionstitels (nunmehr Exekutionstitel 2) einen neuerlichen Exekutionsantrag einzubringen. Der Exekutionstitel 1 des gegenständlichen Exekutionsverfahrens war nicht Gegenstand des Vorverfahrens, weshalb sich hier die Frage einer Bindung an die Exekutionsbewilligung des Vorverfahrens nicht stellt. Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers liegt ein Verstoß gegen die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung des Vorverfahrens nicht vor.

Gemäß § 295 Abs 2 EO hat auf Antrag des betreibenden Gläubigers oder Ersuchen des Verwalters das Gericht, solange das Exekutionsverfahren weder eingestellt noch unter vollständiger Befriedigung des Gläubigers beendet wurde, eine neuerliche Auskunft vom Dachverband der Sozialversicherungsträger einzuholen, wenn seit der letzten Anfrage mehr als drei Monate vergangen sind oder glaubhaft gemacht wird, dass der Verpflichtete zwischenzeitig einen Bezug im Sinne des § 289 Abs 3 erworben hat.

Die Sperrfrist des § 295 Abs 2 EO entspricht nach den Gesetzesmaterialien der bisherigen Rechtsprechung zu § 294a EO idF vor GREx (RV 770). Nach der bisherigen Rechtsprechung bezieht sich diese Sperrfrist auf die Wiederholung eines Exekutionsantrages, also auf die Fortsetzung einer noch nicht eingestellten oder beendeten Exekution nach § 294a EO aF (Oberhammer aaO § 294a Rz 10; 3 Ob 131/88; LGZ Wien 47 R 392/11m ua). Die (noch anhängige) Forderungsexekution im Vorverfahren ist wegen unterschiedlicher Exekutionstitel nicht mit der gegenständlichen Forderungsexekution ident. Die nur innerhalb einer anhängigen Forderungsexekution anzuwendende Sperrfrist ist auf andere Forderungsexekutionen nicht anwendbar, weshalb sie kein Hindernis für die gegenständliche Exekutionsbewilligung ist.

Gemäß § 296 EO ist eine Exekution nach § 295 nach Bewilligung einer Exekution auf bewegliche Sachen nur dann zu bewilligen, wenn seit Bewilligung ein Jahr vergangen ist oder der betreibende Gläubiger glaubhaft macht, dass er erst nach seinem Antrag auf Exekution auf bewegliche Sachen erfahren hat, dass dem Verpflichteten Forderungen im Sinn des § 290a zustehen.

Diese Bestimmung entspricht nach den Gesetzesmaterialien unverändert dem § 14 Abs 3 EO aF (RV 770).

Die Sperrfrist des § 14 Abs 3 EO aF ist nur anzuwenden, wenn dem betreibenden Gläubiger zur Hereinbringung derselben Forderung bereits die Fahrnisexekution bewilligt worden war (Jakusch aaO § 14 Rz 19), ebenso betrifft sie nicht die gleichzeitige Beantragung der Fahrnis- und Forderungsexekution (Jakusch aaO § 14 Rz 1 und 21).

Da die gegenständliche Exekutionsbewilligung auf unterschiedlichen Exekutionstiteln und unterschiedlichen Forderungen beruht, löst die Fahrnisexekution des Vorverfahrens (in Ansehung Kapitaltitel 1 eingestellt, in Ansehung Kapitaltitel 2 hier nicht betriebenen Exekutionstitel) keine Sperrfrist für die gegenständliche Forderungsexekution aus.

Das Vorbringen über den vom Verpflichteten gestellten Berichtigungsantrag verstößt gegen Neuerungsverbot und ist unbeachtlich.

Hingewiesen wird, dass nach § 33 Abs 1 iVm § 502 Abs 2 EO das gegenständliche Exekutionsverfahren mit dem Vorverfahren zu verbinden sein wird.

Dem unberechtigten Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Das Rekursverfahren ist nach § 65 Abs 3 EO – von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen – einseitig, weshalb die Rekursbeantwortung unzulässig und zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78 EO, 40 und 50 ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses stützt sich auf §§ 78 EO und 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

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