JudikaturJustiz43R799/97m

43R799/97m – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
21. Oktober 1997

Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien hat als Rekursgericht durch seine Richter Dr. Heinrich Stumvoll als Vorsitzenden sowie Dr. Hans Sperl und Dr. Gabriele Fink-Hopf in der Rechtssache der klagenden Partei Eveline S*****, Büroangestellte, ***** Orth/Donau, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gerhard

S***** Student, ***** Wien, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 70.000,--, gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 8.7.1997, 8 C 10/97a-13, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Einrede der beklagten Partei über die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges verworfen wird.

Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des streitigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Gegen diesen Beschluß ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Text

Begründung:

Klagsgegenständlich ist ein behaupteter Schadenersatzanspruch aus der behaupteten rechtswidrigen Nichtausfolgung von Möbeln, Kindersachen und persönlichen Gebrauchsgegenständen (Wiederbeschaffungswert S 132.112,--, geltend gemacht werden S 70.000,--). Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht der Einrede des Beklagten auf Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges stattgegeben, den streitigen Rechtsweg für unzulässig erklärt und die Rechtssache in das außerstreitige Verfahren dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu 8 F 190/95w überwiesen.

Zur Begründung führte es aus, daß dem Aufteilungsverfahren der Vorrang gegenüber einem Verfahren im streitigen Rechtsweg zu geben sei, wenn ein Ehegatte - unabhängig vom Rechtsgrund - Ansprüche an den anderen Ehegatten "hinsichtlich eines Gegenstandes des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse" geltend mache. Im vorliegenden Fall sei daher der von der Klägerin begehrte Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten im Rahmen des Aufteilungsverfahrens abzuhandeln, da ein Zusammenhang mit dem Aufteilungsverfahren gegeben sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Partei aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, die Einrede des Beklagten auf Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges zu verwerfen; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wurde beantragt, die beklagte Partei zum Kostenersatz an die klagende Partei zu verpflichten.

Unter dem Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht die Rekurswerberin geltend, daß ihre Parteienvernehmung nicht durchgeführt worden sei. Im Falle der Einvernahme der Klägerin hätte sich herausgestellt, daß sie die Gegenstände nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft angeschafft habe, sodaß der von ihr nunmehr begehrte Schadenersatz nicht in das Aufteilungsverfahren falle.

In der Rekursbeantwortung beantragte der Beklagte, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Ziel der nachehelichen Vermögensaufteilung liegt in einer billigen Zuweisung der real vorhandenen Bestandteile des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Zur Aufteilungsmasse gehören grundsätzlich nur jene Vermögenswerte, die während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft von beiden Ehegatten gemeinsam geschaffen wurden und zu deren Erwerb sie während der Ehe beigetragen haben (vgl. MGA ABGB34 E. 1 und E. 2 zu § 81 EheG). Gegenstand des Aufteilungsverfahrens bilden daher das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse zur Zeit der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft (EFSlg. 78.716). Aus den Akten des Erstgerichtes betreffend die Besitzstörung zwischen den Ehegatten, 8 C 26/94z und dem Exekutionsakt, 70 E 3409/96i,ergibt sich, daß die Klägerin am 19.10.1993 mit ihren Kindern die Ehewohnung verließ und nicht mehr dorthin zurückkehrte. Weiters wurde festgestellt, daß der Beklagte den ruhigen Besitz der Klägerin an der Ehewohnung gestört hat, weshalb er verpflichtet wurde, der Klägerin einen Schlüssel zur Ehewohnung auszuhändigen. Im folgenden Exekutionsverfahren wurde der Klägerin als betreibende Partei gegen den Beklagten als verpflichtete Partei die Exekution durch Wegnahme des in der Gewahrsame der verpflichteten Partei befindlichen Schlüssels für die eheliche Wohnung bewilligt. Dieser Beschluß wurde mit Beschluß des LG für ZRS Wien vom 21.11.1996, 26 R 1282/96m, 46 R 1325/96k bestätigt.

Aus den Klagsangaben läßt sich daher zweifelsfrei ableiten (und dies wurde mit Ausnahme der Anschaffung des Bettes auch nicht bestritten), daß die Klägerin jene Gegenstände, für die sie nunmehr Schadenersatz begehrt, zu einem Zeitpunkt anschaffte, als die eheliche Gemeinschaft längst aufgelöst war. Im übrigen wird von der beklagten Partei im Aufteilungsverfahren bestritten, daß die Ehewohnung hier der Aufteilung unterliege, worauf aber in diesem Zusammenhang nicht einzugehen ist. Insbesondere ergibt sich aber (Vorbringen der klagenden Partei ON 5), daß die behaupteten klagsauslösenden Handlungen des Beklagten nach Auflösung der Ehegemeinschaft erfolgten. Der Einvernahme der Klägerin als Partei bedurfte es daher nicht. Überdies hat das Erstgericht bei der Prüfung der Prozeßvoraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsweges vom Vorbringen in der Klage auszugehen, wobei der Inhalt des Begehrens und des Vorbringens maßgeblich ist (vgl. EFSlg. 66.853 u.a.).

Wie der Oberste Gerichtshof in zwar anders strukturierten, aber vergleichbaren Fällen bereits mehrfach ausgesprochen hat, bilden aber Schadenersatzbeträge keinen Gegenstand der nachehelichen Aufteilung (vgl. etwa EFSlg. 43.754, 43.755). Vielmehr ist die Intention des Gesetzgebers auf die Aufteilung nur jenes Vermögens gerichtet, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen und zu dessen Erwerb sie während der Ehe beigetragen haben (vgl. OGH 25.3.1980, 5 Ob 507/80 = SZ 53/52). Daher sind Streitigkeiten über Sachen, die nach § 82 Abs 1 EheG nicht der Aufteilung unterliegen, im Zivilprozeß auszutragen. Für die hier geltend gemachten Schadenersatzansprüche mag das Ergebnis des Aufteilungsverfahrens ganz oder teilweise präjudiziell sein; derartige Schadenersatzansprüche, die auf Handlungen gestützt sind, die nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft gesetzt wurden, sind aber jedenfalls kein Gegenstand des Aufteilungsverfahrens.

Naturgemäß ist im derzeitigen Verfahrensstadium keine Aussage darüber möglich, inwieweit die klagende Partei tatsächlich verfügungsberechtigt über jene Fahrnisse war, deren Wertersatz sie hier einklagt.

Das Erstgericht hat daher zu Unrecht der Einrede des Beklagten auf Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges Folge gegeben, da es sich nach dem Vorbringen um die Geltendmachung eines Schadenersatzbetrages betreffend angeschaffte Gegenstände handelt, die die Klägerin lange nach dem Zeitpunkt der Auflösung der Ehe erworben haben soll. Vor allem aber liegt das behauptete schädigende Ereignis vor diesem Zeitpunkt. Es fehlen daher Anhaltspunkte für eine Wertung der von der Klägerin angeschafften Gegenstände als eheliches Gebrauchsvermögen oder als eheliche Ersparnisse, sodaß auch die sogenannte "Adhäsionskompetenz" nach § 235 Abs 1 AußStrG zu verneinen ist (vgl. hiezu EFSlg. 39.920/5).

Dem Rekurs war daher Folge zu geben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens im streitigen Rechtsweg aufzutragen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 52 Abs 1 ZPO.

Gegen diesen Beschluß ist gemäß § 528 Abs 1 ZPO der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Landesgericht für ZRS Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

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