JudikaturJustiz40R203/13v

40R203/13v – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
03. September 2013

Kopf

Das Landesgericht für ZRS Wien als Rekursgericht fasst durch HR Dr. Garai als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter des Landesgerichtes Mag. Kainc und Mag. Kulhanek in der außerstreitigen Rechtssache nach dem MRG der Antragsteller 1) Mag. Julio N***** Wien, vertreten durch Dr. Reinhard Rosskopf, Rechtsanwalt in Wien, 2) Elisabeth K***** Wien, vertreten durch Dr. Christian Perner, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1) Ing. Paul O***** Weißenbach, 2) Thomas O***** Krumpendorf, 3) Petra O***** Wien, 4) Vesna K***** Lubljana, sämtliche vertreten durch Mag. Dr. Erhard Buder, DDr. Gabriele Herberstein, Rechtsanwälte in Wien, unter Beiziehung sämtlicher Mieter der Liegenschaft, wegen Durchführung von Erhaltungsarbeiten (§ 3 Abs 2 Z 3 MRG, § 6 Abs 1 MRG), infolge Rekurses der beiden Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7.6.2013, 49 MSch 4/13y-11, den

S a c h b e s c h l u s s :

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Sachbeschluss dahingehend abgeändert, dass er lautet:

"Den Antragsgegner wird aufgetragen, den Personenaufzug des Hauses ***** Wien, *****, dem Stand der Technik entsprechend derart instand zu setzen, dass dieser ohne Gefahr für Leib und Leben, so auch von den Antragstellern, benutzt werden kann. Die Arbeiten sind binnen 4 Wochen fertigzustellen.

Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Erstantragsteller dessen mit € 1.056,16 bestimmten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens, darin € 163,69 USt und € 74,-- Barauslagen und der Zweitantragstellerin deren mit € 906,16 bestimmten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens (darin € 151,03 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Erstantragsteller dessen mit € 519,64 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin € 61,94 USt und € 148,-- Pauschalgebühr) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Zweitantragsteller dessen mit € 504,15 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin € 59,36 USt und € 148,-- Pauschalgebühr) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt € 10.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit dem angefochtenen Sachbeschluss wies das Erstgericht die beiden Sachanträge, den Antragsgegnern unverzüglich die Instandsetzung des Personenaufzuges aufzutragen ebenso ab wie den Antrag, eine Abrechnung der in den vergangenen vorausgegangenen zehn Kalenderjahren erzielten Mietzinsreserve sowie die zur Erfüllung der von der Baubehörde am Personenaufzug aufgetragenen Adaptierungsarbeiten eingeholten Kostenvoranschläge vorzulegen, ab. Es verhielt die Antragsteller zum Kostenersatz.

Das Erstgericht stellte den auf Seiten 3 und 4 der Beschlussausfertigung wiedergegebenen Sachverhalt fest und erachtete rechtlich, dass es sich bei der von den beiden Antragstellern bislang genutzten Aufzugsanlage um keine Gemeinschaftsanlage im Sinn des § 24 MRG handle. Nur in einem solchen Fall wären die Vermieter zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten am Lift zu verpflichten.

Gegen diesen Sachbeschluss, inhaltlich und im Sinne des Rekursantrages aber lediglich hinsichtlich der Instandhaltung des Liftes, wenden sich die Rekurse der beiden Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Die Antragsgegner beantragen, beiden Rekursen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind berechtigt.

Der Liegenschaftseigentümer, der etwa in Befolgung des § 111 der Bauordnung für Wien einen Aufzug mit Ausstiegsstellen in allen Geschossen errichtet, hat bereits eine Gemeinschaftsanlage errichtet. Denn dabei handelt es sich grundsätzlich um Anlagen, die technisch schon aufgrund ihrer Art der gemeinsamen Benutzung der Bewohner, nicht notwendigerweise aller Bewohner, zu dienen geeignet sind (RIS-Justiz RS0070297). Zugangsbeschränkungen durch Schlüsselbetrieb oder deren Aufhebung sowie die zusätzliche allgemeine Öffnung durch Münzautomat (5 Ob 61/95) haben auf den Charakter ob Gemeinschaftsanlage oder nicht, keinen Einfluss. Diese Widmung als Gemeinschaftsanalge ist für den Vermieter durch einseitigen Entschluss nicht rückgängig zu machen (5 Ob 117/02w). So lange es noch keinen einzigen berechtigten Nutzer dieser Gemeinschaftsanlage gibt, ist es den Liegenschaftseigentümern möglich, durch Vereinbarung mit einem Dritten, etwa einem Mieter, ihm die ausschließliche Nutzung einzuräumen und ihm auch das Recht einzuräumen über die Nutzung durch andere, allenfalls auch gegen Entgelt, selbst zu entscheiden. Dadurch wird der als Gemeinschaftsanlage gewidmete Aufzug fortan so lange der Dritte über sie verfügen kann, dieser Eigenschaft verlustig (für viele RIS-Justiz RS0069988; 8 Ob 593/85, 5 Ob 122/01d, 5 Ob 269/03z). Die Anlage steht fortan in Sondernutzung des einzelnen an ihr Berechtigten. Man spricht auch von Maschinenmiete. Dies ist der einzige Fall, dass eine Anlage des Hauses, die von der Errichtung her mehr als einem Objekt dienen kann, nicht als Gemeinschaftsanlage anzusprechen ist. So lange also die Liegenschaftseigentümer als Vermieter von Objekten im Haus über die Mitnutzung des Aufzuges zu entscheiden haben, liegt keine Sondernutzungsvereinbarung vor.

Zu Unrecht hat das Erstgericht die Vereinbarung mit den Antragstellern, dass die den Aufzug gegen Entrichtung der Betriebskosten nutzen dürfen, als "Sondervereinbarung" angesehen. Denn die Vereinbarung mit den Antragstellern ist bloß die in § 24 Abs 1 MRG genannte Vereinbarung zur Nutzung der Gemeinschaftsanlage. Selbstredend ist auch die Vereinbarung unter den Miteigentümern, ob sie nun Mieter nutzen lassen oder nicht ohne rechtliche Relevanz für die Eigenschaft des Aufzuges als Gemeinschaftsanlage. Ob und inwieweit teilnahmewillige, zur Entrichtung anteiliger Betriebskosten bereite Mieter der Liegenschaft die Teilnahme an der Gemeinschaftsanlage erzwingen können, ist nicht im außerstreitigen Verfahren zu klären.

Gemäß § 6 Abs 1 Z 1 MRG ist die Gemeinde, in der das Haus gelegen ist, im eigenen Wirkungsbereich und jeder Hauptmieter des Hauses hinsichtlich der in § 3 Abs 2 Z 3 MRG genannten Erhaltung von Gemeinschaftsanlagen antragslegitimiert. Also jeder einzelne Mieter der Liegenschaft und nicht nur jene, die aufgrund des Mietvertrages oder einer anderen Vereinbarung berechtigt sind, den Aufzug zu benutzen (§ 24 Abs 1 MRG).

Im konkreten Fall kommt hinzu, dass die Instandhaltung des Aufzuges gerade von jenen beiden Mietern begehrt wird, die ihn auch bisher aufgrund einer Vereinbarung mit den Vermietern - der nutzungsgeregelte Miteigentümer vergibt die Hauptmietrechte namens sämtlicher Miteigentümer, die damit Vermieter werden - Anspruch auf Benützung des Aufzuges haben.

Die Weisung der Miteigentümer an den Hausverwalter die notwendige, behördlich aufgetragene Mängelbehebung am Aufzug zu unterlassen, hat auf die Rechtsnatur des Aufzuges als Gemeinschaftsanlage keinerlei Einfluss und ist bloß die Verletzung der Erhaltungspflicht des § 3 Abs 2 Z 3 MRG. Eben für diesen Fall steht jedem Mieter der Liegenschaft die Antragstellung nach § 6 Abs 1 MRG offen.

Damit erwies sich entgegen der Ansicht des Erstgerichtes und der Antragsgegner die mietvertragliche Vereinbarung im Mietvertrag des Erstantragstellers, dass er "berechtigt ist, folgende Gemeinschaftsanlage mitzubenutzen: Aufzug" als völlig korrekt und der Rechtslage entsprechend.

Die Leistungsfrist war mit 4 Wochen zu bemessen, zumal der Hausverwalter für die Durchführung der Arbeiten eine Dauer von 3 bis 4 Wochen als Zeuge angegeben hat. Sollten die Liegenschaftseigentümer ihre Instandhaltungspflicht weiter negieren oder nicht pünktlich ausführen, wird an ihrer Stelle der Zwangsverwalter nach § 6 Abs 2 MRG die Arbeiten durchzuführen haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich sowohl für das erstgerichtliche Verfahren wie auch für das Rekursverfahren auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Bemessungsgrundlage betrug gemäß § 10 Z 3 lit b sublit bb RATG € 2.500,--. Für den schließlich zurückgezogenen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung war dem Erstantragsteller keine Verbindungsgebühr zu gewähren. Der nach Legung der Kostennote noch eingebrachte Schriftsatz ON 9 trug zwar die Namen beider Antragsteller, wurde aber nur vom Erstantragsteller eingebracht, weil der Erstantragstellervetreter sich weder auf eine Vollmacht des Zweitantragstellers berief, noch ihn vertrat, führt er doch den Zweitantragstellervertreter als Vertreter des Zweitantragstellers an. Von diesem stammte der Schriftsatz nicht. Der Zweitantragsteller verzeichnete in seiner Kostennote keine Pauschalgebühr, weshalb ihm eine solche auch nicht zu ersetzen ist. Im Rekursverfahren war nur der einfache Einheitssatz zu gewähren, weil ein Berufungsverfahren im Sinne des § 23 Abs 9 RATG nicht vorliegt. Auch für den Rekurs des Zweitantragstellers betrug die Pauschalgebühr lediglich € 148,--.

Der Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil für die hier entscheidenden Rechtsfragen Judikatur des OGH vorliegt.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen