JudikaturJustiz3R8/12d

3R8/12d – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
15. Februar 2012

Kopf

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richterin HR Dr. Melchart (Vorsitz) sowie die Richter HR Dr. Oberheinrich und Dr. Gerard Kanduth in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Mag. Helmut Rieger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über den Rekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 25. November 2011, 7 C 287/11x-2, den

B E S C H L U S S

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Klägerin Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a) bis c) ZPO bewilligt wird.

Die Rekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Klägerin begehrte vom Beklagten Unterhalt nach § 66 EheG und beantragte gleichzeitig mit Einbringung der Klage, ihr Verfahrenshilfe gemäß § 64 Abs 1 lit a) bis c) ZPO zu gewähren. Im Zuge der Klagserzählung beantragte die Klägerin zum Beweis für die Unterhaltsbemessungsgrundlage die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Buchfach; der Beklagte sei Unternehmer.

Mit dem angefochtenen, unmittelbar nach Einbringung der Klage gefassten Beschluss wies das Erstgericht den Antrag der Klägerin ab und stellte aufgrund ihres Vermögens bekennt nisses fest:

Die Klägerin habe ein Einkommen von etwa € 600,- monatlich. Sie sei Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ *****mit dem Haus *****, das der Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses diene. Sie verfüge über einen Bausparvertrag mit einem angesparten Betrag von € 5.858,71. An Verbindlichkeiten hafte ein Wohnbau förderungs darlehen von ca. € 10.000,-- aus.

Rechtlich begründete das Erstgericht seine abweisende Entscheidung damit, dass angesichts des angesparten Bausparbetrages nicht davon ausgegangen werden könne, dass (derzeit) die Klägerin außerstande sei, ohne Beeinträchtigung ihres notwendigen Unterhalts die Pauschalgebühren von € 155,-- zu bezahlen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der Verfahrenshilfeantrag bewilligt werde.

Die Rekurswerberin macht geltend, sie habe auch einen Sachverständigen aus dem Buchfach beantragt, dessen Kosten für die Klägerin nicht ohne Beeinträchtigung ihres dürftigen Unter haltes leistbar seien. Die Klägerin verfüge zwar bei einem Schuldenstand von rund € 10.000,-- über einen Notgroschen, den sie sich über Jahrzehnte angespart habe. Das Sparguthaben unterschreite die aushaftende Darlehensforderung des Landes Kärnten. Das Eigeneinkommen der Klägerin erreiche etwa 2/3 des Existenzminimums.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Maßgeblich sind folgende Rechtsgrundsätze (vgl. MietSlg 57.619, 58.572, 46.616; EFSlg 105.647 mwN, 113.966 mwN, 120.945, 128.410 ua):

Angemessene Rücklagen in Form von Sparguthaben stehen einer Bewilligung der Verfahrenshilfe in der Regel nicht entgegen. Der Begriff des notwendigen Unterhalts, der zur einfachen Lebensführung benötigt wird, besagt nicht, dass dem Betroffenen keine Reserven zur Verfügung stehen dürfen, zumal insbesondere bei den heute gegebenen Wirtschaftsverhältnissen eine Lebensführung ohne jegliche Reserve im Allgemeinen nicht zu verlangen ist.

Die Deckung von Prozesskosten aus einem vornehmlich als Rücklage dienenden Vermögenswert ist einer Partei dann zumutbar, wenn dabei keine unverhältnismäßigen Wertverluste zu besorgen sind. Solche Wertverluste sind aber nach der Lebenserfahrung bei einem Bausparvertrag unvermeidlich, sodass vom Verfahrenshilfewerber üblicherweise nicht gefordert werden kann, darauf zurückzugreifen.

Die Substanz eines Vermögens ist zur Deckung von Prozess kosten dann heranzuziehen, wenn es sich um ein namhaftes Barvermögen handelt, das sofort flüssig gemacht werden kann.

Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ist der Klägerin im vorliegenden Fall die Inanspruchnahme ihres Bausparvertrages (insbesondere auch zur Deckung der zu erwartenden Sachverständigengebühren) nicht zumutbar, zumal ihr Einkommen unter dem Existenzminimum liegt.

Ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten allenfalls einen (hier noch nicht beantragten) Prozesskosten vorschuss als unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf (vgl. RIS-Justiz RS0013486, 1 Ob 67/05t) decken würde, ist hier nicht zu beurteilen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Beim Verfahren über die Gewährung der Verfahrenshilfe handelt es sich um ein Zwischenverfahren besonderer Art mit amtswegigem Charakter, der dem Außerstreitverfahren angenähert ist. Wenn also – wie hier – keine widerstreitenden Anträge vorliegen, sondern das Erstgericht ohne Beteiligung des Gegners entschieden hat, so findet ein Kostenersatz nicht statt (EF 23.100, LG Klagenfurt, 2 R 223/93, 2 R 27/00y,, 2 R 23/07w, 3 R 23/12k uva).

Landesgericht Klagenfurt, Abteilung 3

Rechtssätze
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