JudikaturJustiz3R4/12s

3R4/12s – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
09. Februar 2012

Kopf

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richterin HR Dr. Melchart (Vorsitz) sowie die Richter Dr. Müller und Dr. Gerard Kanduth in der Exekutionssache der betreibenden Partei *****Versicherungs AG, *****, *****, *****, vertreten durch Dr. Walter Pfliegler, Rechtsanwalt in 1060 Wien, gegen die verpflichtete Partei *****, *****, *****, wegen Kosten, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 21. Dezember 2011, 7 E 3713/11a-6, den

B E S C H L U S S

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die Rekurswerberin selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:

„Der Antrag der betreibenden Partei vom 28.11.2011 (eingeschränkt auf Kosten mit Antrag vom 7.12.2011) auf Bewilligung der Forderungsexekution gemäß § 294a EO wird zurückgewiesen.“

Der Revisionsrekurs ist gemäß den §§ 528 Abs 2 ZPO, 78 EO jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Exekutionsantrag der betreibenden Partei nach § 294a EO vom 28.11.2011 mit der Begründung zurück, es sei für die betriebene Forderung bereits aus einer früher bewilligten Exekution das Pfandrecht gemäß § 299 Abs 1 EO aufrecht.

Dagegen richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der auf Kosten eingeschränkte Exekutionsantrag bewilligt werde.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die Gründe der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass den Darlegungen im Rekurs gemäß den §§ 526 Abs 3, 500a ZPO, 78 EO nur noch zu entgegnen ist:

Auszugehen ist von folgender Rechtslage:

Das Pfandrecht, welches durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer anderen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Bezüge. Wird ein Arbeitsverhältnis oder ein anderes Rechtsverhältnis, das einer in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung zugrunde liegt, nicht mehr als ein Jahr unterbrochen, so erstreckt sich die Wirksamkeit des Pfandrechts auch auf die gegen denselben Drittschuldner nach der Unterbrechung entstehenden und fällig werdenden Forderungen. Es gilt auch als Unterbrechung, wenn der Anspruch neuerlich geltend zu machen ist. (§ 299 Abs 1 EO).

Die Pfandrechtserstreckung bei Unterbrechung des Bezugs verhältnisses hindert den betreibenden Gläubiger nicht, einen neuen Exekutionsantrag – insbesondere auch nach § 294a EO – zu stellen. Stellt sich jedoch dabei aufgrund der Auskunft des Hauptverbandes (allenfalls nach Einholung eines Versicherungsdatenauszuges) heraus, dass der Verpflichtete (wieder) beim alten Drittschuldner Ansprüche auf laufende Bezüge hat, so ist der neuerliche Antrag wegen bestehender Anhängigkeit einer Exekution zurückzuweisen, weil nach dem Grundsatz „ne bis in idem“ nicht zweimal auf dasselbe Exekutionsobjekt zur Hereinbringung derselben Forderung Exekution geführt werden kann (LGZ Graz mwN in RIS-Justiz RGZ0000008 = 4 R 237/05k = RpflSlgE 2005/90; LG Feldkirch RpflSlgE 2004/87, LG Klagenfurt 3 R 103/06s; Oberhammer in Angst EO² Rz 4 zu § 299; vgl. Heller-Berger-Stix 204, wonach eine Exekution, die nicht vollzogen werden kann, auch nicht bewilligt werden darf).

Die gegenteilige, in RpflSlgE 1996/106 und RpflSlgE 2002/39 vertretene Ansicht wird nicht geteilt, weil sie den Grundsatz „ne bis in idem“ unberücksichtigt lässt.

Wenn nun der betreibende Gläubiger – wie im vorliegenden Fall – eine Verständigung des Drittschuldners nach § 301 Abs 4 EO erhalten hat, ist er also an der Einbringung eines neuen (einleitenden) Exekutionsantrags nach § 294a EO nicht gehindert, um gegebenenfalls einen Pfandrang bei einem neuen Drittschuldner zu erwirken. Allerdings trägt er dabei auch das Risiko eines allfälligen Wiederauflebens seines bereits erworbenen Pfandrechtes nach § 299 Abs 1 EO und der damit verbundenen Zurückweisung seines Antrags (in diesem Sinn auch LGZ Graz in RpflSlgE 2005/90 = RIS-Justiz RS0000008).

Das Rekursgericht übersieht nicht, dass dem betreibenden Gläubiger damit tatsächlich ein Kostenrisiko aufgebürdet wird, insbesondere weil es mit praktischen Schwierigkeiten für ihn verbunden ist, Informationen über eine allfällige Fortsetzung (ein Wiederaufleben) des Bezugsverhältnisses zu erlangen. Dennoch ist auch im Exekutionsrecht der Grundsatz ne bis in idem zu wahren und der Gesetzgeber hat nun einmal eine Pflicht des Drittschuldners zur Information des Betreibenden von einer Fortsetzung (einem Wiederaufleben) des Bezugsverhältnisses nicht normiert (vgl. auch dazu Oberhammer in Angst EO² Rz 4 zu § 299).

Auf eine Kenntnis des Betreibenden von der Fortsetzung (dem Wiederaufleben) des Bezugsverhältnisses zwischen dem Verpflichteten und dem Drittschuldner kommt es also nach geltender Rechtslage nicht an.

Nicht rechtserheblich ist für die vorliegende Entscheidung ferner, dass die betreibende Partei vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses mit Schriftsatz vom 7.12.2011 die betriebene Forderung auf Kosten eingeschränkt hat. Zur Klarstellung, dass sich der Exekutionsantrag auf grund des Einschränkungs antrages nur mehr auf Kosten bezog, war aber der Spruch der bekämpften Entscheidung entsprechend zu modifizieren.

Insoweit die Rekurswerberin auf § 75 EO Bezug nimmt und auf ihr mangelndes Verschulden hinweist, ist ihr zu entgegnen:

Jenen Entscheidungen, in denen im Zusammenhang mit einem Sachverhalt nach § 299 Abs 1 EO die Frage der Aberkennung von Kosten nach § 75 EO eine Rolle spielte, lag zugrunde, dass zuerst die Exekution bewilligt wurde, weil die bereits vorher ergangene Exekutionsbewilligung übersehen worden war. Nach Kenntnisnahme von dieser ersten Exekutionsbewilligung hatte die Einstellung zu erfolgen und im Zusammenhang damit eine Entscheidung nach § 75 EO (bei der nach dem Gesetzeswortlaut die Kenntnis des Betreibenden vom Grund der Einstellung Voraussetzung für die Aberkennung ist).

Ein solcher Sachverhalt ist aber im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil hier das Erstgericht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Exekutionsantrag bereits in Kenntnis des aufrechten Pfandrechtes aus der früher bewilligten Exekution war und demgemäß den Antrag zurückgewiesen hat. § 75 EO kommt daher nicht zum Tragen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO, 78 EO.

Landesgericht Klagenfurt, Abteilung 3

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