JudikaturJustiz3R29/16d

3R29/16d – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
03. März 2016

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Brigitta Hütter als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Wolfgang Seyer und die Richterin Dr. Sabine Plöckinger in der Rechtssache der klagenden Partei ********** , vertreten durch Dr. Anton Ullmann, Mag. Manuela Reichl, Rechtsanwälte GmbH in Mattighofen, gegen die beklagten Parteien 1. ***** , vertreten durch Musey Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, 2. ***** , vertreten durch Dr. Katharina Sedlazeck-Gschaider, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen EUR ***** und Feststellung (Streitwert EUR *****) über den Rekurs der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 21. Dezember 2015, 9 Cg 137/15w-6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Erstgericht wird aufgetragen, die Streitverkündung an die erstbeklagte Partei zuzustellen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten erster Instanz zu behandeln.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt von den Beklagten als Solidarschuldner Schadenersatz von EUR ***** und die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche künftigen Schäden aus der mangelhaften Gestaltung des Schenkungsvertrages auf den Todesfall vom ***** zwischen dem Kläger und seinen Eltern. Dazu bringt der Kläger zusammengefasst vor: Der Erstbeklagte habe den Vertrag konzipiert und der mittlerweile verstorbene Notar *****, dessen Alleinerbin die Zweitbeklagte sei, habe diesen als Notariatsakt beurkundet. Der Erstbeklagte habe es pflichtswidrig unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass ein Schenkungsvertrag auf den Todesfall bedingungsfrei sein und einen ausdrücklichen Widerrufsverzicht enthalten müsse und zur Sicherung der Rechtsposition des Klägers ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für sämtliche Grundstücke und ein Vorkaufsrecht für den Kläger verbüchert werden müsse. Der Notar *****, der den Notariatsakt gemäß § 54 Notariatsordnung beurkundet habe, habe es ebenso versäumt, den Kläger entsprechend aufzuklären. Spätestens der Notar hätte darauf hinweisen müssen, dass die gewollte Schenkung auf den Todesfall mit der gewählten Formulierung nicht tragfähig sei. Durch diese Fehler der Vertragserrichter hätten die Geschenkgeber trotz des Schenkungsvertrages auf den Todesfall Grundstücke im Wert von EUR ***** verschenken und weitere Grundstücke im Wert von EUR ***** verkaufen können. Außerdem habe der Kläger einen Prozess gegen die Geschenkgeber, mit dem er ein Belastungs- und Veräußerungsverbot gegen diese habe durchsetzen wollen, wegen der mangelhaften Formulierung des Vertrages verloren, wodurch ihm Prozesskosten von EUR ***** entstanden seien. Für diese Schäden und für die Folgen aus der fehlerhaften Gestaltung des Schenkungsvertrages auf den Todesfall, weil weitere Grundverkäufe bevorstünden, hätten die beklagten Parteien solidarisch zu haften.

Die zweitbeklagte Partei verband mit ihrer Klagebeantwortung eine Streitverkündung an die erstbeklagte Partei, die sie mit einem Regressanspruch nach § 1302 ABGB begründete, weil die erstbeklagte Partei den Vertrag errichtet habe.

Das Erstgericht wies die Streitverkündung mit der Begründung zurück, dass eine Streitverkündung immer nur an Nichtparteien, also an Dritte, ergehen dürfe. Die an die erstbeklagte Partei gerichtete Streitverkündung sei unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs der zweitbeklagten Partei ist berechtigt.

Die Streitverkündung ist die förmliche Benachrichtigung eines Dritten von einem bevorstehenden oder bereits anhängigen Rechtsstreit durch eine Partei dieses Rechtsstreits (Schneider in Fasching/Konecny 3 § 21 ZPO Rz 1 mwN). Das Gericht hat den die Streitverkündigung enthaltenden Schriftsatz nur auf die Einhaltung der Formvorschriften zu prüfen, im Übrigen aber den Schriftsatz ohne weiteren Beschluss dem Adressaten zuzustellen (§ 25 ZPO; SZ 37/130; JBl 1984, 265; 7 Ob 213/98v; Kahl, Die Streitverkündung 65; vgl auch Fucik in Rechberger 4 § 21 ZPO Rz 2, Schubert in Fasching/Konecny 2 § 21 ZPO Rz 12 mwN; OLG Wien, 3 R 14/09i; ebenso grundsätzlich Schneider in Fasching/Konecny 3 § 21 ZPO Rz 10). Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien, 3 R 14/09i, aus der Schneider (in Fasching/Konecny 3 II/1 § 21 Rz 10) eine inhaltliche Prüfungskompetenz des Gerichtes ableiten will, ob der Adressat der Streitverkündung tatsächlich ein „Dritter“ ist, betraf die Zurückweisung einer rechtsmissbräuchlich erhobenen Streitverkündung an den im Verfahren bestellten Sachverständigen, noch ehe dieses Verfahren abgeschlossen war. Diese Entscheidung des OLG Wien, 3 R 14/9i, steht im Einklang zur Judikatur bezogen auf missbräuchlich gestellte Anträge (RIS-Justiz RS0036385; RS0046015). Von einer missbräuchlichen Streitverkündung kann hier jedoch nicht die Rede sein, weil in der Literatur vertreten wird, dass sich einfache Streitgenossen gegenseitig den Streit verkünden können, denn ihre Verfahren sind grundsätzlich unabhängig voneinander (vgl Schneider in Fasching/Konecny 3 Band II/1 § 21 ZPO Rz 6 sowie aaO § 17 ZPO Rz 10; vgl auch Schultes in Münchner Kommentar zur Zivilprozessordnung 3 , § 66 dZPO Rz 4; BGHZ 8, 72; BGH VersR 1985, 80 mwN; Hüßtege in Thomas/Putzo dZPO Kommentar § 66 dZPO Rz3).

Eine bloße

Solidarverpflichtung begründet noch nicht eine notwendige Streitgenossenschaft (Klauser/Kodek, ZPO 17 § 14 ZPO E 73 mwN). Bei den hier Beklagten handelt es sich daher – ausgehend vom Klagsvorbringen - um

einfache Streitgenossen im Sinn des § 13 ZPO.

Der bekämpfte Beschluss ist daher aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen, die Streitverkündung dem Adressaten zuzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Da die vorliegende Entscheidung eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses bedeutet, sind Aussprüche nach §§ 500 Abs 2, 526 Abs 3 ZPO zu machen (vgl Kodek in Rechberger 4 § 527 Rz 3). Ein Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO kann im Hinblick auf die Höhe des Leistungsbegehrens unterbleiben. Der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ist nicht zulässig, weil eine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Prüfungskompetenz des Gerichtes für eine Streitverkündung vorliegt. Zur nicht abgesonderten Anfechtbarkeit wird auf 7 Ob 213/98v hingewiesen (§ 87 Abs 2 ZPO).

Rechtssätze
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