JudikaturJustiz3R261/06a

3R261/06a – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
15. November 2006

Kopf

REPUBLIK ÖSTERREICH

Landesgericht Klagenfurt

3 R 261/06a

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter HR Dr. Kurt Straschuschnig (Vorsitz), Dr. Hubert Müller und Dr. Gerard Kanduth in der Exekutionssache der betreibenden Partei *****, vertreten durch Dr. Matthäus Grilc Partner, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, gegen die verpflichtete Partei ***** nunmehr vertreten durch Dr. Siegfried Rack, Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwälte in 9100 Völkermarkt, wegen € 180.219,03 s. A., über den Rekurs des Verpflichteten gegen den Verteilungsbeschluss des Bezirksgerichtes Eisenkappel vom 23. 6. 2006, E 720/04m-57, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird Folge gegeben.

Der angefochtene Verteilungsbeschluss und das vorangegangene Verfahren E 720/04m des Bezirksgerichtes Eisenkappel wird ab Beginn der Verteilungstagsatzung vom 23. 6. 2006, ON 56, als nichtig aufgehoben und wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO iVm § 78 EO jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 2. 12. 2004, ON 3, bewilligte das Erstgericht der Betreibenden gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von € 180.219,03 s. A. und der Kosten des Exekutionsantrages neben der Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294 a EO auch die Exekution durch Zwangsversteigerung der im Eigentum des Verpflichteten befindlichen Liegenschaft EZ *****. Am 28. 2. 2006 wurde den Erstehern ***** um das Meistbot von € 571.000,-- je zur Hälfte der Zuschlag erteilt. Der Verpflichtete war bis dahin unvertreten gewesen.

Am 6. 3. 2006 beantragten die Ersteher als Betreibende nach Erfüllung der Versteigerungsbedingungen gegen den Verpflichteten die Bewilligung der Räumungsexekution nach den §§ 156 Abs 2 und 349 EO sowie die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten dieses Antrages und allfälliger weiterer Kosten (ON 41). Mit Beschluss vom 4. 4. 2006, ON 42, bewilligte das Erstgericht die Räumungsexekution und beraumte für 11. 5. 2006 den Räumungstermin an, den Antrag auf Bewilligung der Fahrnisexekution wies es ab. Der Verpflichtete stellte hierauf mit Fax vom 10. 5. 2006, ON 43, einen Antrag auf Aufschiebung der Räumungsexekution und gab gleichzeitig bekannt, dass er in der Räumungssache die Rechtsanwälte Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt habe und diese sich gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf die ihnen erteilte Bevollmächtigung berufen. Das Erstgericht wies den Aufschiebungsantrag mit dem - unbekämpft gebliebenen - Beschluss vom 18. 4. 2006, ON 45, ab. In der Folge wurden auch im Versteigerungsverfahren sämtliche Beschlüsse und auch die Ladung zur Meistbotsverteilungstagsatzung vom 23. 6. 2006, ON 51, jeweils nur den Rechtsvertretern des Verpflichteten, nicht aber diesem selbst wirksam zugestellt (vgl auch die Postfehlberichte ON 53 und 55 hinsichtlich des Beschlusses vom 23. 5. 2006, ON 48).

Zur genannten Verteilungstagsatzung erschienen nur ein Vertreter der Betreibenden und der Ersteher *****, für den Verpflichteten war niemand anwesend.

Mit dem angefochtenen Verteilungsbeschluss wies das Erstgericht die Verteilungsmasse von € 571.000,-- in der bücherlichen Rangordnung mit € 539.012,60 der Betreibenden, mit € 970,92 den Erstehern und mit €

736,49 der Gemeinde ***** jeweils zur vollständigen Berichtigung ihrer Forderungen durch Barzahlung zu. Es verblieb demnach eine Hyperocha von € 30.279,99. Die Meistbotszinsen von € 877,63 und die nicht bekannten Fruktifikationszinsen wurden der Betreibenden mit 94,40 % und dem Verpflichteten mit 5,60 % zugewiesen. Außerdem erließ das Erstgericht die entsprechende Ausfolgungsanordnung. Auch die Zustellung dieses Beschlusses erfolgte (am 5. 7. 2006) nur an die Anwälte Dr. Rack/Mag. Tazol und nicht an den Verpflichteten. Dagegen richtet sich der am 17. 7. 2006 und somit jedenfalls rechtzeitig zur Post gegebene Rekurs des Verpflichteten, mit welchem er in erster Linie Aufhebung des angefochtenen Beschlusses als nichtig und hilfsweise Abänderung dahingehend begehrt, dass der Betreibenden nur ein Betrag von € 414.012,60 zugesprochen werde und somit eine Hyperocha von € 155.279,99 verbleibe. In eventu wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist in seinem Hauptantrag begründet.

Anders als jene des Klagsvertreters (vgl § 31 Abs 1 Z 3 ZPO) ermächtigt die Prozessvollmacht des Beklagtenvertreters nicht auch zur Vertretung seines Mandanten im Exekutionsverfahren (Klauser/Kodek JN-ZPO16 § 31 E 12; Angst/Jakusch/Mohr EO14 § 52 E 3 und 7). Auch deshalb bedarf es einer eigenständigen, gegebenenfalls in der Form des § 30 Abs 2 ZPO nachzuweisenden Bevollmächtigung. Die Exekutionsbewilligung und die Beschlüsse des Exekutionsverfahrens können dem Bevollmächtigten nur dann zugestellt werden, wenn ihm Vollmacht auch für das Exekutionsverfahren erteilt wurde (Zib in Fasching Kommentar I/1² §§ 31, 32 ZPO Rz 32 mwN).

Eine Duldungsvollmacht ist im Prozessrecht ausgeschlossen (Klauser/Kodek aaO § 30 ZPO E 1).

Gemäß § 156 Abs 2 zweiter Satz EO ist auch im Zwangsversteigerungsverfahren die Übergabe der Liegenschaft - wenn alle Versteigerungsbedingungen erfüllt sind - nach den Bestimmungen des § 349 EO zu vollziehen. Dem Ersteher kommt bei der zwangsweisen Räumung der versteigerten Liegenschaft die Stellung eines betreibenden Gläubigers zu (Angst/Jakusch/Mohr aaO § 156 E 98). Es handelt sich hiebei um ein (eigenes) Exekutionsverfahren nach § 349 EO, dessen einzige Besonderheit darin besteht, dass es ohne Exekutionstitel zu bewilligen ist (Angst in Angst EO-Kommentar § 157 EZ 15).

Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze gelangt der erkennende Senat zur Auffassung, dass die gemäß Bekanntgabe ON 43 auch ausdrücklich nur für das Räumungsverfahren erteilte Vollmacht der Anwälte Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol nicht auch die Vertretung des Verpflichteten im Zwangsversteigerungsverfahren selbst umfasst. Es existiert keine gesetzliche Vorschrift, die eine solche Erstreckung normieren würde, auch der Wortlaut der Vollmachtsbekanntgabe lässt insoweit keinen Auslegungsspielraum zu.

Das Erstgericht hätte also mit Ausnahme des Kostenbestimmungsbeschlusses betreffend die Kosten der Ersteher, ON 50 (vgl § 156 Abs 2 letzter Satz EO, die im Räumungsverfahren rechtskräftig zugesprochenen Kosten hätten von den Erstehern übrigens nicht im Meistbotsverfahren geltend gemacht werden dürfen, vgl Angst/Jakusch/Mohr aaO § 156 E 110) die weiteren, zum Zwangsversteigerungsverfahren zählenden Zustellungen ausschließlich an den Verpflichteten selbst und nicht an seine Vertreter im Räumungsverfahren verfügen müssen. Die Annahme einer Duldungsvollmacht kommt - wie dargelegt - nicht in Betracht, sodass insoweit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und somit eine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO vorliegt.

Insbesondere wäre der Verpflichtete auch persönlich zur Meistbotsverteilungstagsatzung zu laden gewesen.

Seinen Vertretern im Räumungsverfahren muss dennoch vorgeworfen werden, dass sie in Anwendung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht die ihnen irrtümlich zugestellten Sendungen wohl jeweils gleich retournieren und das Erstgericht auf den Mangel der Vertretungsbefugnis rechtzeitig aufmerksam machen hätten müssen. Dennoch wird im fortgesetzten Verfahren das Erstgericht dem Verpflichteten auch den Beschluss über die grundbücherliche Einverleibung, ON 48, zuzustellen und ihn auch persönlich zur neuerlich anzuberaumenden Verteilungstagsatzung zu laden haben. Weiters wird zu klären sein, ob der Verpflichtete nun auch im erstinstanzlichen Versteigerungsverfahren und nicht nur - wegen des hier geltenden Anwaltszwanges (vgl Angst/Jakusch/Mohr aaO § 65 E 168) - im Rekursverfahren anwaltlich vertreten ist. Bejahendenfalls würde auch die Bestimmung des § 52 EO, wonach die Parteien und sonstige Beteiligte im Exekutionsverfahren sowohl in Person als durch Bevollmächtigte handeln können, zu beachten sein.

In Anbetracht der vorliegenden Nichtigkeit ist auf die übrigen Rekurseinwendungen hier nicht weiter einzugehen.

Aus diesen Gründen war dem Rekurs schon in seinem Hauptantrag Folge zu geben, der angefochtene Verteilungsbeschluss einschließlich des Verfahrens ab Beginn der Verteilungstagsatzung als nichtig aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach entsprechender Verfahrensergänzung aufzutragen.

Da hinsichtlich dieser Nichtigkeit kein Zwischenstreit vorliegt, hat der Verpflichtete die Kosten seines - wenngleich erfolgreichen - Rekurses selbst zu tragen (wie zuvor § 74 E 187).

Landesgericht Klagenfurt

als Rekursgericht

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