JudikaturJustiz3R184/98k

3R184/98k – LG Leoben Entscheidung

Entscheidung
07. September 1998

Kopf

Das Landesgericht Leoben hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Ludwig Mayer (Vorsitz), Dr. Heimo Unger und Dr. Alfred Weixelbaumer in der Rechtssache der klagenden Partei V******reg.Gen.m.b.H. *****, vertreten durch Dr. Anton Heinrich und Mag. Werner Seifried, Rechtsanwälte in 8750 Judenburg, wider die beklagte Partei H***** G***** wegen S 64.497,-- s.A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen Beschluß des Bezirksgerichtes Judenburg vom 16.6.1998, 2 C 1631/98z-2, beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird k e i n e Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 10.6.1998 eingebrachten Mahnklage vom Beklagten die Zahlung von S 64.497,-- s.A. Der Beklagte habe ein bei ihr geführtes Girokonto im genannten Betrag überzogen und trotz Aufforderung nicht abgedeckt. Unter der Rubrik "08" (Kosten) sprach die Klägerin unter anderem auch S 6.779,18 an "vorprozessualen Inkassokosten" an, zu deren Zahlung sich der Beklagte am 12.5.1998 verpflichtet habe. Zum Beweise für Richtigkeit des Vorbringens (Rubrik "14") verwies sie auf Parteienvernehmung und Urkunden, wobei zu letzterem unter anderem "Leistungsverzeichnis und Ratenplan, beide in Fotokopie vorgelegt" genannt wurden. Urkunden waren der händisch eingebrachten Mahnklage jedoch nicht beigelegt.

Das Erstgericht erließ den Zahlungsbefehl antragsgemäß. Von den verzeichneten Kosten wies es aber die verlangten vorprozessualen Inkassokosten von S 6.779,18 mangels gehöriger Aufschlüsselung und Bescheinigung ab.

Gegen die Abweisung richtet sich der fristgerechte Rekurs der Klägerin, dem jedoch keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin führt in ihrem Rechtsmittel aus, daß die Vorlage der in Feldgruppe 14 zum Beweis der vom Beklagten eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung der anerlaufenen Inkassokosten genannten Urkunden versehentlich unterbleiben sei. Da dem Schriftsatz habe entnommen werden können, daß sich die Klägerin auf die Vereinbarung von 12.5.1998 beziehe und es ihr Wille gewesen sei, den entsprechenden Urkundenbeweis in Fotokopie vorzulegen, hätte das Erstgericht vor der Entscheidung über die Kosten eines Verbesserungsvefahrens gemäß § 84 ZPO einleiten müssen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Kostenersatz ansprechende Partei hat gemäß § 54 Abs.1 ZPO bei sonstigen Verlust des Ersatzanspruchs das Verzeichnis der Kosten samt den zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben dieses Verzeichnisses etwa erforderlichen Belegen vor Schluß der Entscheidung über den Kostenersatzanspruch (§ 52 ZPO) unmittelbar vorangehenden Verhandlung, wenn aber die Beschlußfassung ohne vorgängige Verhandlung erfolgen soll, bei ihrer Einvernehmung oder gleichzeitig mit dem der Beschlußfassung zu unterziehenden Antrage dem Gericht zu übergeben. Die ordnungsgemäße Verzeichnis der Kosten erfordert also insbesondere auch die fristgerechte Vorlage von Belegen, falls diese zur Bescheinigung der zum Ersatz angesprochenen Kosten erforderlich sind, was immer dann der Fall sein wird, wenn sich die Berechtigung dieser Ansprüche nicht aus dem Akt selbst ergibt (vgl ÖBl 1993,207 u. a.). Gerade bei vorprozessualen Kosten ist (- im vorliegenden Fall unstrittig -) ein detaillierter Nachweis der einzelnen kostenverursachenden Tätigkeiten unerläßlich. Die zitierte Bestimmung des § 54 Abs.1 ZPO, die mangels abweichender gesetzlicher Regelung auch im Mahnverfahren anzuwenden ist, befristet nun aber nicht nur die Übergabe des Kostenverzeichnisses und der notwendigen Belege mit dem Zeitpunkt des hier in der Hauptsache gestellten Antrages, sondern stellt die Nichteinhaltung der Frist ausdrücklich unter die Sanktion des Verlustes des Ersatzanspruches. Nach Ansicht des erkennenden Senates ist daher die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens gemäß § 84 ZPO ausgeschlossen (vgl auch LGZ Graz 8.3.1991 MietSlg 43.460), und zwar auch im Falle einer bloß versehentlichen Nichtvorlage einer erforderlichen Beilage, mag dies nun auf einem entschuldbaren Irrtum oder auf einer Nachlässigkeit beruhen. Dabei wird nicht verkannt, daß grundsätzlich die Verbesserungsvorschriften der ZPO nicht einschränkend auszulegen sind (EvBl 1985/29 u.a.), es können jedoch diese Bestimmungen auf Grund der eindeutigen Norm des § 54 Abs.1 ZPO im Falle von Fehlern bei der Verzeichnung von Kosten von vornherein nicht angewendet werden. Die Konsequenz des Verlusts des Ersatzanspruches hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut sofort einzutreten, falls die erforderlichen Belege dem Gericht nicht rechtzeitig vorgelegt werden. Für einen Verbesserungsversuch bleibt unabhängig davon, ob man grundsätzlich das Fehlen von Beilagen als einen nach § 84 ZPO zu sanierenden Mangel beurteilen will (so Gitschthaler in Rechberger, ZPO Rdz 5 zu § 84 mit weiteren Belegstellen aus Lehre und Rechtsprechung; aA EvBl 1935/245, 1970/349; JBl 1976, 214; EvBl 1985/77 u.a.) kein Raum.

Das Erstgericht hat daher zu Recht ohne Einleitung eines Verbesserungsverfahrens das Begehren der Klägerin auf Zuerkennung der Inkassospesen als vorprozessuale Kosten abgewiesen. Dem Rekurs war somit der Erfolg zu versagen.

Da im Rechtsmittel auch die Grundsatzfrage angesprochen wird, ob Inkassobürokosten als vorprozessuale Prozeßkosten oder als Teil des Hauptanspruchs geltend zu machen sind, ist darauf zu verweisen, daß das Rekursgericht in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertritt, daß Inkassospesen nur unter der Voraussetzung im Rechtsweg verlangt werden können, daß eine konkrete Vereinbarung über bereits zuvor entstandene Inkassokosten, also eine nach Eintritt des Verzuges getroffene Abrede existiert. Der Entscheidung des OLG Wien von 30.7.1997, 1 R 119/97w, wonach es sich bei Inkassokosten um eine Nebenforderung iS des § 54 Abs. 2 JN handle, vermag sich das Rekursgericht nicht anzuschließen. Es darf nämlich nicht außer Acht gelassen werden, daß Inkassokosten zur Durchsetzung des Hauptanspruches aufgewendet werden und daher mit diesem im akzessorischen Zusammenhang stehen. Solange diese Akzessorietät zum Hauptanspruch besteht, handelt es sich bei Inkassokosten ungeachtet der Tatsache, daß sie für vorprozessuale Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung ohne Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe aufgewendet wurden, um nach den Grundsätzen des Zivilprozesses zu beurteilende vorprozessuale Kosten. Es gibt keinen einsichtigen Grund, die Akzessorietät bereits dann als aufgehoben zu betrachten, wenn der Ersatz derartiger Kosten - worauf sich Rechtsmittelwerber immer wieder berufen - lediglich in allgemein gehaltenen Vertragsklauseln angesprochen wird, zumal bei Vereinbarung solcher Bedingungen ja gar nicht feststeht, ob es überhaupt zum Verzugsfall kommen wird und auch Art und Umfang der Tätigkeit eines Inkassobüros und die dadurch in konkreten Fall anerlaufenen Kosten nicht bestimmt sind (LG Leoben 1 R 98/97x; 3 R 262/97d; 3 R 291/97v; 3 R 73/98m; 3 R 198/98v ua). Auch die Berufung auf den Titel des Schadenersatzes entkleidet die Inkassokosten nach Ansicht des Rekursgerichtes nicht ihres öffentlich-rechtlichen Charakters (LG Leoben 1 R 2/98f; 3 R 145/98z; 3 R 201/98k; LG Feldkirch 1 R 498/97m ua).

Die Ersatzfähigkeit von vorprozessual entstandenen Inkassokosten kann nicht schlechthin abgelehnt werden. Der Gesetzgeber hat in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit einer Änderung des KSCHG in den Materien zu BGBl I 1997/76 zum Ausdruck gebracht, daß die Betrauung eines Inkassoinstituts durch den Gläubiger nicht allein deswegen, weil bestimmte Betreibungsschritte durch einen Rechtsanwalt billiger wären, unzweckmäßig ist. Einem Gläubiger sollen Mahn- und Inkassospesen nach Möglichkeit ersetzt erden. Es ist auch aus praktischer Sicht unbestreitbar, daß außergerichtliche Rechtsverfolgungsmaßnahmen, wie insbesondere die Einschaltung von Inkossobüros, die Gerichte entlasten und damit der steigenden Anzahl von Prozessen entgegenwirken.

Der Tätigkeit von Inkossobüros kommt eine nicht zu leugnende volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung zu ( vgl die Untersuchungen Bertls in RZ 1997, 50ff), der die bisherige Judikatur nicht gerecht geworden ist, indem sie den Zuspruch der mit der Einschaltung von Inkassobüros verbunden Kosten im Rahmen des § 41 ZPO durch strenge Prüfung der Kriterien der Zweckmäßigkeit und der Notwendigkeit im Ergebnis vereitelte. Bemühungen zur Forderungseinbringung (vorerst) ohne Einschaltung der Gerichte sind jedoch nicht von vornherein als aussichtslos zu werten. Derartige außergerichtliche Anstrengungen zur Streitvermeidung oder -schlichtung können durchaus der Durchsetzung von berechtigten Ansprüchen eines Gläubigers dienlich sein. Kosten der Einschaltung eines Inkassobüros sind daher im Regelfall und nach Maßgabe der geltenden Tarife ( Verordnung des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen, BGBl 1996/141) als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen, wobei selbstverständlich stets auf den konkreten Einzelfall abgestellt werden muß (vgl HG Wien 18.12.1997, 1 R 652/97x). Das Rekursgericht billigt daher die Rechtsansicht, daß Inkassospesen grundsätzlich nicht als vorprozessuale Kosten zuzuerkennen sind, nicht mehr (1 R 189/97b; 1 R197/97f; 3 R 210/98h).

Die obigen Erwägungen dürfen aber den kostenrechtlichen Konnex (Ersatzfähigkeit nur der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten) nicht auflösen. Das Rekursgericht vertritt hier die Auffassung, daß die Einschaltung eines Inkassobüros lediglich zur Abfassung von Mahnschreiben in der Regel nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich anzusehen sein wird, zumal einerseits die Abfassung eines solchen Schreibens einem Gläubiger selbst zumutbar ist, andernfalls es zu einer durch nicht s begründbaren Privilegieren nicht dem Anwaltsstand angehöriger Personen, Geschäftsbüros oder Vereinen gegenüber Rechtsanwälten kommen würde, wenn hier der Ersatz solcher Aufwendungen zur vorprozessualen Schadensregulierung ohne die Schranken des § 41 ZPO (notwendige Kosten) und des § 23 RATG (Deckung im Einheitssatz) zugestanden würde (vgl OLG Graz EvBl 1988/99; Messiner in ZVR 1990, 297). Dagegen wird es sicherlich Fälle geben, wo die Betrauung eines Inkassoinstituts mit solchen Eintreibungsmaßnahmen, die von einem Rechtsanwalt nicht durchgeführt werden und dem Gläubiger selbst nicht zumutbar sind - wie das persönliche Aufsuchen des Schuldners, um unmittelbare Zahlung zu erreichen - als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig qualifiziert werden kann ( vgl OLG Innsbruck 30.10.1984 EvBl 1985/17; LG Leoben, 1 R 189/97d; 1 R 197/97f; 3 R 201/98k).

All diese Überlegungen können aber - wie eingangs bereits ausgeführt - nur dann zum Tragen kommen, wenn die behaupteten Kosten iS des § 54 Abs.1 ZPO rechtzeitig und ausreichend bescheinigt sind.

Aus den dargelegten Erwägungen war wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Rekurskosten wurden nicht verzeichnet.

Der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs.2 Z 3 ZPO).

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