JudikaturJustiz3R18/18k

3R18/18k – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
01. März 2018

Kopf

B E S C H L U S S

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss, der in seinem stattgebenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, wird im Übrigen abgeändert, sodass er insgesamt zu lauten hat:

„Die Kosten der betreibenden Partei für die anlässlich der Räumung des Grundstücks 849/2 EZ 764 KG 73111 Greifenburg samt dem darauf befindlichen Gebäude entstandenen Kosten werden wie folgt bestimmt:

Delogierung 09.11.2017 3 Mann + Transportfahrzeug, 11 Std. x 120,- €  1.320,00

Entsorgung 10.11.2017 4 Mann ohne Fahrzeug, 10 Std. x 130,- €  1.300,00

Entsorgung 11.11.2017 5 Mann ohne Fahrzeug, 10 Std. x 150,- €  1.500,00

Entsorgung 12.11.2017 5 Mann ohne Fahrzeug, 10 Std. x 150,- €  1.500,00

Entsorgung 13.11.2017 3 Mann + Transportfahrzeug, 12 Std. x 120,- €  1.440,00

Verpackungsmaterial für Transport und Einlagerung:

Kartonlieferung 09.11.2017, 30 Stk. X 2,- €     60,00 Verpackungsmaterial 09.11.2017 1 Rolle Tesa Klebeband €      3,00 1 Rolle Lufptpolsterfolie 0,5 x 50 m €     20,00 1 Rolle Müllsäcke (10 Stk.) €      7,00

7.150,00“

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei diese Kosten von € 7.150,-- sowie die mit € 72,15 (darin € 23,35 USt) bestimmten Kosten des Kostenbestimmungsantrags binnen 14 Tagen zu Handen der Finanzprokuratur zu ersetzen.

Die verpflichtete Partei ist weiter schuldig, der betreibenden Partei die mit € 348,98 bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu Handen der Finanzprokuratur zu ersetzen

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO iVm § 78 EO jedenfalls unzulässig.

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit Beschluss vom 9. Oktober 2017 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei gegen die Verpflichtete die Exekution durch zwangsweise Räumung des Grundstücks Nr.

**********

samt dem darauf befindlichen Gebäude (ON 2).

Am 9. November 2017 fand der Räumungstermin mit dem Gerichtsvollzieher des Erstgerichtes sowie unter Beteiligung der Parteien, von Personen der Sozialhilfe sowie von 3 Mitarbeitern einer Speditionsfirma mit Möbelwagen statt (ON 3).

Die verpflichtete Partei unterschrieb bei diesem Termin folgende Erklärung (ON 4):

„Die verpflichtete Partei *****, **********, gibt an, dass sämtliche Gegenstände bzw. der Hausrat (zum Teil auch Müll und Sperrmüll) die sich im Räumungsobjekt befinden, völlig wertlos, defekt, unbrauchbar und auch nicht mehr von ihm selbst oder von Dritten benötigt wird.

Diese Gegenstände bzw. der Hausrat sind für die verpflichtete Partei und auch für Dritte ohne Wert. Sie sind weder verkäuflich noch verschenkbar und stehen nicht im Eigentum Dritter!

Daher gibt die verpflichtete Partei ausdrücklich die Zustimmung und den Auftrag, dass die betreibende Partei diese Gegenstände bzw. den Hausrat (zum Teil auch Müll und Sperrmüll) auf Kosten der verpflichteten Partei entsorgen soll.

- Wohnwagen, 2 x Garage, gesamter Keller, Vorraum unten, Stiegenhaus, Schlafzimmer OG, Schlafzimmer EG und alle restlichem im Haus befindlichen Fahrnisse“

Weiters unterschrieben die Parteien sowie der Gerichtsvollzieher eine mit „ Verkaufsandrohung “ überschriebene Urkunde mit folgendem Inhalt (ON 5):

„Die verpflichtete Partei *****, *****, wird hiermit aufgefordert, ihre im Zuge der heute durchgeführten zwangsweisen Räumung weggeschafften und bei der Firma *****, ***** eingelagerten Fahrnisse gegen Bezahlung der noch unberichtigten Lagergebühren binnen 14 Tagen abzuholen.

Die verpflichtete Partei nimmt zur Kenntnis, dass wenn die Fahrnisse nicht innerhalb dieser Frist abgeholt werden, sie auf Rechnung der verpflichteten Partei verkauft werden (§ 349 Abs 2 EO).“

Das beim Räumungstermin angelegte Verwahrungsverzeichnis weist als Verwahrer die ***** aus und enthält u.a. folgende Gegenstände (ON 6):

1 Geschirrspüler, 1 Kühlschrank, 1 Backofen Standgerät, 1 Waschmaschine, 1 Trockner, 2 Ledersessel, 1 Sessel Stoffbezug, 3 Schränke, 1 Glasvitrine dunkelbraun, 1 TV-Gerät, 1 Wohnzimmerverbau, 1 Glasvitrine, 1 Standcomputer, 1 Laptop, 1 Wasserspender 1 TV-Gerät 1 Fernsehschrank, 1 Glasschrank, 1 Schrank, 1 Stehlampe, 1 Rasenmähertraktor, 1 Rolator, 1 Gartentrimmer, und für Hausrat/Wäsche/Diverses: 22 Kartons groß, 4 Kunststoffsäcke groß.

Der Vertreter der betreibenden Partei unterzeichnete beim Räumungstermin weiters folgende Übernahmsbestätigung (ON 7):

„Die betreibende Partei/dessen Vertreter ***** bestätigt die Übernahme der geräumten Liegenschaft in *****

Folgende Schlüssel werden ebenfalls übergeben: 3 Stk. A74032 (neu), 2 Stk 570M002 (alt, Garage) 1 Stk. Bartschlüssel für Tor.“

Im Protokoll des Gerichtsvollziehers ist seine Amtshandlung am 9. November 2017 in der Zeit von 8.00 bis 15.30 Uhr ausgewiesen (ON 8).

Diesem Protokoll sind Fotos über den Zustand der Liegenschaft und der Räumlichkeiten vor der Räumung angeschlossen (ON 8).

Mit dem Kostenbestimmungsantrag vom 23. November 2017 begehrte die betreibende Partei den Ersatz der durch eine mit 20.11.2017 datierten Rechnung der Fa. *****, *****, *****, bescheinigten Kosten von insgesamt € 7.150,-- mit der im Spruch dieser Entscheidung ersichtlichen Aufgliederung (ON 11).

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Entsorgungskosten mit € 1.410,-- und die Kosten des Antrags mit € 72,15 und trug die Summe von € 1.482,15 der verpflichteten Partei zur Zahlung binnen 14 Tagen auf; den weiteren Antrag auf Ersatz von € 5.740,-- wies das Erstgericht ab.

Dabei ging das Erstgericht davon aus, dass nur die bei der Delogierung am 9. November im Zuge der durchgeführten Amtshandlung durch den Gerichtsvollzieher in der Zeit von 8.00 bis 15.30 Uhr entstandenen Kosten als solche des Räumungsvollzuges zuzusprechen seien, (wegen Beendigung der Exekution) nicht jedoch die nach diesem Termin angefallenen Kosten.

Dagegen richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass ihr auch die weiteren Kosten von € 5.740,-- zuerkannt werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Verpflichtete hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Ist eine Liegenschaft zu räumen, so hat das Vollstreckungsorgan gemäß § 349 Abs 1 Satz 1 EO die zu diesem Zweck erforderliche Entfernung von Personen und beweglichen Sachen vorzunehmen und den betreibenden Gläubiger in den Besitz des zu übergebenden Gegenstandes zu setzen. Gemäß Satz 3 dieser Bestimmung wird die Räumung nur vollzogen, wenn der betreibende Gläubiger die zur Öffnung der Räumlichkeiten und zur Wegschaffung der zu entfernenden beweglichen Sachen erforderlichen Arbeitskräfte und Beförderungsmittel bereitstellt.

Die Räumungsexekution nach § 349 Abs 1 EO ist beendet , wenn das zu räumende Objekt nach Entfernung des Verpflichteten und der diesem gehörigen oder von ihm eingebrachten Fahrnisse dem betreibende Gläubiger übergeben wurde (RIS-Justiz RS0002120), also mit der Einweisung der betreibenden Partei in den Besitz des zu übergebenden Objektes (vgl. 3 Ob 108/94, 4 Ob 220/07t).

Dass nicht alle Fahrnisse des Verpflichteten entfernt wurden, steht der Beendigung des Exekutionsvollzuges nicht entgegen (RIS-Justiz RS0002120; 3 Ob 184/06i mwN).

Im vorliegenden Fall war die Räumungsexekution mit dem Abschluss der Vollzugshandlungen am 9. November 2017 beendet, zumal die betreibende Partei, der auch die Schlüssel zum Übergabsobjekt ausgefolgt wurden, die Übernahme bestätigte.

Es ist nun zu prüfen, ob die betreibende Partei Exekutionskosten beanspruchen kann, wenn ihr Räumungskosten erst nach dem Zeitpunkt der Beendigung der Exekution entstanden sind:

Gemäß § 74 Abs 1 EO hat der Verpflichtete dem betreibenden Gläubiger grundsätzlich alle ihm verursachten, zur Rechtsverwirklichung notwendigen Kosten des Exekutionsverfahrens zu erstatten.

Gemäß § 74 Abs 2 EO erlischt der Anspruch auf Ersatz der nicht schon rechtskräftig zuerkannten Exekutionskosten, wenn deren Bestimmung nicht binnen vier Wochen begehrt wird. Die Frist beginnt mit der Beendigung oder Einstellung der Exekution zu laufen. Entstehen jedoch Kosten erst danach , so gilt § 54 Abs 2 ZPO .

Diese Bestimmung besagt:

Entstehen einer Partei nach dem Zeitpunkt, bis zu dem nach Abs 1 das Kostenverzeichnis einzureichen ist, weitere Kosten, deren Ersatz sie von dem anderen Teil verlangen kann, so kann sie eine Ergänzung der Entscheidung über die Höhe der zu ersetzenden Kosten beantragen. Bestehen die Kosten in einer Zahlungspflicht, so gelten sei als mit deren Begründung entstanden; haftet jedoch mit der zum Kostenersatz berechtigten Partei auch deren Gegner solidarisch, gelten die Kosten erst mit Zahlung als entstanden. Der Atnrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung ist binnen einer Notfrist von vier Wochen ab dem Entstehen der Kosten zu stellen; bestehen jedoch die Kosten in einer Zahlungspflicht und ist der Gläubiger nicht der Bevollmächtigte der Partei, so beginnt die Frist erst zu laufen, wenn der Partei ihre Verbindlichkeit zahlenmäßig bekanntgegeben und wenn sie fällig oder wenn sie vorher gezahlt wird.

Zu den Kosten des Räumungsvollzuges , die der Verpflichtete dem betreibenden Gläubiger zu ersetzen hat, gehören die Kosten der Entfernung der Personen, die sich auf der zu räumenden Liegenschaft befinden, und der Fahrnisse, die nicht dem Betreibenden gehören. Zu ersetzen sind daher die Kosten der Beistellung von Arbeitskräften , eines Schlossers und allenfalls von erforderlichen Fachkräften für die Demontage von Fahrnissen, die zu entfernen sind (Installateur, Elektriker); ferner die Transportkosten (an einen geeigneten Verwahrungsort) einschließlich des Verpackungsmaterials (Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 74 Rz 58 mwN).

Da im Rahmen einer Räumungsexekution unter Umständen auch wertloses Gerümpel aus dem Räumungsobjekt zu entfernen ist, kommen zu den Kosten der eigentlichen Räumung gegebenenfalls auch die Kosten der Entrümpelung im Sinn einer Verbringung auf eine Deponie (Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 74 Rz 58/2).

Der Anspruch auf Ersatz der Räumungskosten setzt voraus, dass die Maßnahmen, die diese Kosten verursachten, im Rahmen der vom Gerichtsvollzieher geleiteten Amtshandlung gesetzt oder zumindest eingeleitet wurden. Die Kosten von Maßnahmen, die erst nachträglich vom betreibenden Gläubiger begonnen wurden, gehören nicht zu den Kosten der Räumungsexekution (Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 74 Rz 58/3 mwN).

Im vorliegenden Fall hat der Gerichtsvollzieher am 9. November 2017 die Räumung eingeleitet , an diesem Tag wurde auch ein Teil der Räumung bereits faktisch vollzogen. Aufgrund des aktenkundigen Umfangs der zu verbringenden Gegenstände bzw. des auf der zu räumenden Liegenschaft befindlichen Gerümpels war aber bereits am 9. November 2017 klar, dass die Verbringung der Fahrnisse nicht an diesem Tag abgeschlossen werden kann, sondern von der betreibenden Partei weitere Räumungsschritte zu setzen sein werden.

Die betreibende Partei hat daher nach dem 9. November 2017 die vom Gerichtsvollzieher an diesem Tag eingeleitete Räumung in den darauf folgenden Tagen lediglich fortgesetzt und nicht „Maßnahmen neu begonnen“.

Die von der betreibenden Partei beanspruchten Kosten für das Personal , welches zur faktischen Räumung heranzuziehen war, sowie für Transportfahrzeuge und Verpackungsmaterial fallen nach der oben dargestellten Rechtslage unter jene Kosten, die als Räumungskosten zu ersetzen sind.

Obwohl sie erst nach Beendigung der Exekution angefallen sind, hat die betreibende Partei gemäß § 74 Abs 2 letzter Satz EO iVm § 54 Abs 2 ZPO Anspruch auf Ersatz dieser Kosten.

Der Betreibende ist im Rahmen einer Verpflichtung, bei der Räumungsexekution Transportmittel zur Verfügung zu stellen, nicht verpflichtet, zunächst Kostenvoranschläge von mehreren Transportunternehmen einzuholen, um so das billigste Angebot zu ermitteln. Es steht ihm vielmehr frei, ein Unternehmen seiner Wahl zu betrauen. Das Gericht hat lediglich zu prüfen, ob die Transportleistungen im verrechneten Umfang notwendig waren und auch tatsächlich erbracht wurden. Die Preisangemessenheit ist nur dann zu prüfen, wenn eine Überhöhung offensichtlich ist (Jakusch in Angst/Oberhammer EO³ § 74 Rz 46 mwN).

Eine Unnotwendigkeit oder Überhöhung der in der Rechnung vom 23. November 2017 dargestellten Kosten ist im vorliegenden Fall – insbesondere auch im Hinblick auf den aktenkundigen Umfang der zu räumenden Fahrnisse – nicht offensichtlich.

Nach der Aktenlage wurden die Räumungskosten auch rechtzeitig geltend gemacht (Räumungshandlungen 9. – 13. November 2017, Rechnung vom 20. November 2017, Kostenbestimmungsantrag vom 23. November 2017).

Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO, TP 3A RATG, TP 4 II GGG.

Das Rechtsmittel der Rekurswerberin ist als Kostenrekurs anzusehen (TP 3A RATG), wofür im Exekutionsverfahren eine Pauschalgebühr nicht vorgesehen ist (vgl. Anm 4 zu TP 4 II GGG).

Rechtssätze
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