JudikaturJustiz3R150/07m

3R150/07m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
10. Juni 2008

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Jelinek als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Herberger und Mag. Guggenbichler in der Rechtssache der klagenden Partei Oswald H*****, Inhaber der Firma H*****, vertreten durch Schreiner Lackner Partner, RAe in Eisenstadt, wider die beklagte Partei A***** *****gmbH, *****, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte GmbH in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei A***** ***** GmbH, *****, *****, vertreten durch Wetzl Partner Rechtsanwälte GmbH in Steyr, wegen Euro 25.000,-- samt Anhang, über den Rekurs der Nebenintervenientin (Rekursinteresse EUR 1.500,--) gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 13.11.2007, GZ 12 Cg 16/07h-36, in nicht öffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird, soweit der Nebenintervenientin der Erlag eines Kostenvorschusses aufgetragen wurde, ersatzlos behoben. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Klagsgegenständlich sind auf den Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes gestützte Ansprüche aus der Lieferung und Montage eines Kettengurtförderbandes durch die Beklagte an den Kläger im Jahr 2002. Trotz zahlreicher Verbesserungsversuche der Beklagten funktioniere die Anlage nicht einwandfrei.

Über Streitverkündung durch die Beklagte trat die A***** ***** GmbH dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Nebenintervenientin bei. Sie habe im Juli 2003 jenen Teilbetrieb, der die klagsgegenständliche Leistung erbracht habe, von der Beklagten käuflich erworben. Aufgrund der im Kaufvertrag geschlossenen Vereinbarungen werde sie der Beklagten für den Fall deren Unterliegens im gegenständlichen Rechtsstreit regresspflichtig. Nach Einholung eines SV-Gutachtens zu den behaupteten Mängeln durch das Erstgericht beantragte die Nebenintervenientin in der Verhandlungstagsatzung vom 22.10.2007 dessen Ergänzung hinsichtlich mehrerer Fragestellungen (Seite 7 in ON 33). Daraufhin trug das Erstgericht der Nebenintervenientin zur Deckung der mit der Gutachtensergänzung verbundenen SV-Gebühren einen Kostenvorschuss in Höhe von Euro 3.000,-- auf (Seite 8 in ON 33). Dagegen erhob die Nebenintervenientin mit der Begründung, vorschusspflichtig sei nicht sie, sondern die Hauptpartei, Rekurs (ON 34).

In der Folge beantragte auch die Beklagte mit Schriftsatz vom 6.11.2007 (ON 35) die Ergänzung des Gutachtens, jedoch lediglich in einem Punkt. Die von der Nebenintervenientin weiters beantragte Auseinandersetzung des Gutachters mit der Frage, inwieweit die Anlage auch für die - rein theoretische - Beförderung von Bauschutt ausreichend dimensioniert sei, halte sie nicht für erforderlich. Mit dem nunmehr bekämpften Beschluss änderte das Erstgericht seinen Auftrag zum Erlag des weiteren Kostenvorschusses für SV-Gebühren dahin ab, dass es sowohl der Beklagten als auch der Nebenintervenientin den Erlag von Kostenvorschüssen in Höhe von je Euro 1.500,-- auftrug. Mit Schriftsatz vom 6.11.2007 habe die Beklagte nun ebenfalls die Ergänzung des SV-Beweises, wenn auch in einem eingeschränkten Umfang, beantragt. Gegen den weiterführenden Antrag der Nebenintervenientin habe sie sich jedoch nicht ausgesprochen. Sie halte die Durchführung des weitergehenden SV-Beweises lediglich für nicht erforderlich. Die Prozessordnung sehe keineswegs explizit vor, dass die Vorschrift zum Erlag von Kostenvorschüssen für Zeugen- und SV-Gebühren nicht auch für den Nebenintervenienten gelten. Es bestehe kein vernünftiger Grund, weshalb bei Durchführung des SV-Beweises nicht auch der Nebenintervenient das Kostenrisiko tragen sollte, der ja im Falle des Obsiegens der Hauptpartei auch Anspruch auf vollen Kostenersatz habe.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der Nebenintervenientin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der gesamte Kostenvorschuss der Beklagten auferlegt werde, in eventu anteilig auch dem Kläger. Der Rekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Gem § 365 ZPO ist der Kostenvorschuss für Sachverständigengebühren dem Beweisführer aufzutragen. Gem § 332 Abs 2 iVm § 365 letzter Satz ZPO ist der Beschluss, mit dem der Erlag eines Kostenvorschusses aufgetragen wird, nur hinsichtlich seiner Höhe und nur dann anfechtbar, wenn der Gesamtbetrag der einer Partei aufgetragenen Vorschüsse EUR 2.500,- übersteigt.

Nach überwiegender Rechtsprechung sind im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlaut auch bei Übersteigen der betraglichen Anfechtungsgrenze die Fragen, wer Beweisführer ist und wer daher dem Grunde nach verpflichtet ist, einen Kostenvorschuss zu leisten, und damit überhaupt die verfahrensrechtliche Richtigkeit des Auftrags im Rekursverfahren nicht überprüfbar (Krammer in Fasching/Konecny² III § 365 ZPO RZ 30 mwN).

Zur Frage, ob die Rechtsmittelbeschränkungen des § 332 Abs 2 ZPO auch für den Nebenintervenienten gelten, dem ein Kostenvorschuss aufgetragen wurde, liegen zwei divergierende Entscheidungen des OLG Wien und des OLG Linz vor.

Das OLG Wien verneint in 14 R 166/87 (REDOK 12.563, zitiert von Krammer in Fasching/Konecny² III § 365 ZPO RZ 20) die Geltung der Rechtsmittelbeschränkungen des § 332 Abs 2 ZPO für einen Rekurs des Nebenintervenienten, der zu Unrecht als Beweisführer eingestuft und dem ein Kostenvorschuss aufgetragen wurde. Schon die Formulierung, „[...] wenn der Gesamtbetrag der einer Partei aufgetragenen Vorschüsse 30.000,- S (nunmehr 2.500,- EUR) übersteigt" lasse erkennen, dass dies nur für Vorschüsse gelte, die einer Partei auferlegt wurden. Der Nebenintervenient sei nicht Partei des Verfahrens. Auch der Zweck der Bestimmung spreche gegen die Geltung der Rechtsmittelbeschränkung. Dieser bestehe darin, den Streit über eine bloß vorläufig wirksame Kostenentscheidung abzuschneiden. Unterläge jedoch die vom Nebenintervenienten unterstützte Partei, so wären die mit seiner Einstufung als Beweisführer verbundenen Kostenfolgen von Dauer, während ihm der Ersatz der zunächst von der Gegenpartei bestrittenen Kosten nicht auferlegt werden könne. Schließlich könne der an eine Nichtpartei, die als Beweisführer von vornherein nicht in Frage komme, gerichtete Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses als nicht nur im Einzelfall unrichtiger, sondern schon seiner Art nach unzulässiger Beschluss der Anfechtung nicht entzogen sein.

Das OLG Linz erachtete hingegen in 2 R 142/02v (EFSlg 102.023, zitiert in Klauser/Kodek ZPO16 § 365 E 20e) die Rechtsmittelbeschränkungen des § 332 Abs 2 iVm § 365 ZPO auch für den Rekurs des Nebenintervenienten als anwendbar. Es könne dahingestellt bleiben, ob einem Nebenintervenienten der Erlag eines Kostenvorschusses für eine von ihm beantragte Beweisaufnahme aufgetragen werden könne, obwohl er nach den Regeln des Kostenrechts nicht kostenersatzpflichtig werden könne; immerhin spreche die hiefür maßgebliche Bestimmung des § 332 Abs 1 ZPO vom „Beweisführer" und nicht von einer Partei und stehe auch die diesbezüglich neutral gehaltene Bestimmung des § 3 GEG („ ... von dem Erlag eines Kostenvorschusses abhängig machen") der Auferlegung eines Kostenvorschusses an einen Nebenintervenienten nicht entgegen. Könne jedoch nicht einmal eine der Parteien die gerichtliche Anordnung des Erlages eines Kostenvorschusses dem Grunde nach bekämpfen, dann könne dies schon kraft Größenschlusses umso weniger ein Nebenintervenient.

Hiezu wird erwogen:

Entgegen der Ansicht des OLG Wien in 14 R 166/87 ist aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 332 Abs 2 ZPO für die Frage der Zulässigkeit des Rekurses des Nebenintervenienten gegen den ihm erteilten Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses nichts zu gewinnen. Durch reine Wortinterpretation könnte man sogar zu dem (gegenteiligen) Ergebnis gelangen, dass überhaupt nur solche Beschlüsse (mit den dort genannten Einschränkungen) anfechtbar sind, mit denen einer Partei ein Kostenvorschuss aufgetragen wurde (vgl: „Der Beschluss, mit dem [fiktive Ergänzung des Rekursgerichts: „... wem auch immmer"] der Erlag eines Kostenvorschusses aufgetragen wird, ist nur hinsichtlich seiner Höhe und nur dann anfechtbar, wenn der Gesamtbetrag der einer Partei aufgetragenen Vorschüsse 2.5oo Euro übersteigt"). Die Einschränkung eines im Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelausschlusses dahingehend, dass ausnahmsweise dennoch ein Rechtsmittel zulässig ist, wird von der RSpr nur bei solchen (qualifizierten) Verstößen bejaht, die mit dem Zweck des Rechtsmittelausschlusses unvereinbar wären (Kodek in Fasching/Konecny² III § 261 ZPO RZ 173 mwN).

Wenngleich die Rechtsmittelbeschränkungen des § 332 Abs 2 ZPO auch der Verfahrensbeschleunigung dienen (Krammer in Fasching/Konecny² III § 365 ZPO RZ 30 mwN), besteht der primäre Zweck der Unanfechtbarkeit von Aufträgen zum Erlag eines Kostenvorschusses dem Grunde nach darin, dass die Beurteilung von Fragen der Beweislast nicht in ein Rekursverfahren vorverlagert und dadurch in einem „Prozess im Prozess", sondern erst im Urteil entschieden werden soll (vgl Schalich, Überlick über die Zivilverfahrensnovelle 1983, ÖJZ 1983, 287). Dieser Zweck des Rechtsmittelausschlusses wird durch die Frage, ob der Nebenintervenient kostenvorschusspflichtig ist, wenn er den Beweisantrag gestellt hat, nicht berührt, weil die Frage der Beweislastverteilung immer nur das Verhältnis zwischen den Hauptparteien betrifft. Der Größenschluss, mit dem das OLG Linz argumentiert, kann daher nur dazu führen, dass auch für den Nebenintervenienten die Rechtsmittelbeschränkungen des § 332 Abs 2 ZPO insoweit gelten, als auch er in einem Rekurs gegen den Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses nicht relevieren kann, der Kostenvorschuss wäre der Gegenpartei aufzuerlegen gewesen, weil diese Beweisführer sei. Für die Frage, ob dem Nebenintervenienten ein uneingeschränktes Rekursrecht dagegen zukommt, dass ihm (und nicht der Partei, zu deren Unterstützung er dem Prozess beigetreten ist) der Kostenvorschuss aufgetragen wurde, bildet er hingegen keine taugliche Grundlage.

Nach deren Zweck ist davon auszugehen, dass die Rechtsmittelbeschränkungen des § 332 Abs 2 ZPO dann nicht gelten, wenn der Nebenintervenient den ihm erteilten Auftrag zum Erlag eines Kostenvorschusses mit der Begründung bekämpft, der Kostenvorschuss wäre der Partei, zu deren Unterstützung er beigetreten ist, aufzutragen gewesen.

Damit ist der vorliegende Rekurs zulässig; er ist auch berechtigt. Der Nebenintervenient hat nur ein rechtliches Interesse am Obsiegen anderer Personen, er ist aber nicht selbst Prozesspartei. Er kann daher keine Prozesshandlungen im eigenen Namen setzen, er wird vielmehr im Namen der Prozesspartei zu deren Unterstützung tätig (Schubert in Fasching/Konecny² II/1 Vor §§ 17 ff ZPO, Rz 2 mwN). Alle seine Handlungen erfolgen nur für die Partei und werden für diese wirksam (Schubert aaO § 19 ZPO RZ 1). Wenngleich der Nebenintervenient Streithelfer (aufgrund seines Interventionsinteresses) kraft eigenen Rechts ist und daher nicht als Vertreter der Hauptpartei angesehen werden kann (Schubert aaO § 19 ZPO RZ 1), gilt aufgrund seiner prozessualen Stellung ein von ihm gestellter Beweisantrag als von der Partei gestellt. Nach hL und hRSpr ist Beweisführer nur derjenige, der einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat (Frauenberger in Fasching/Konecny² III § 332 ZPO RZ 7 mwN). Wenn nun - wie dargestellt - die prozessualen Handlungen des Nebenintervenienten nur für die Partei wirken, dann ist es konsequent, auch nur die Partei, zu deren Unterstützung er dem Rechtsstreit beigetreten ist, als Beweisführer anzusehen, wenn der Nebenintervenient einen Beweisantrag stellt. Zutreffend macht die Rekurswerberin geltend, dass demnach vorschusspflichtig nur die beweisführende Partei sei, nicht aber der Nebenintervenient. Beantragt dieser den SV-Beweis allein, dann muss das Gericht dennoch der Hauptpartei die Leistung eines Kostenvorschusses nach § 365 ZPO auferlegen. Dies erscheint auch nicht unbillig, weil die Partei einen Beweisantrag ihres Nebenintervenienten durch ausdrücklichen Widerspruch entkräften kann (Schubert in Faching/Konecny² II/1 § 19 ZPO RZ 4).

Dem Rekurs war daher durch ersatzlose Behebung des angefochtenen Beschlusses, soweit der Nebenintervenientin der Erlag eines Kostenvorschusses aufgetragen wurde, Folge zu geben. Die Auferlegung eines Kostenvorschusses an die Beklagte oder - wie im Rekurs in eventu beantragt - anteilig auch an den Kläger durch das Rekursgericht kommt jedoch nicht in Betracht, weil die Frage, welche der (Haupt )Parteien Beweisführer ist, im Rekursverfahren nicht zu entscheiden ist.

Die Nebenintervenientin hat zutreffend keine Rekurskosten verzeichnet, weil im gesamten Gebührenbestimmungsverfahren - somit auch bei Rekursen gegen Aufträge zum Erlag von Kostenvorschüssen - kein Kostenersatz stattfindet (RIS Justiz RW 0000386). Eine Entscheidung über Rekurskosten hat daher zu entfallen. Gem § 528 Abs 2 Z 5 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

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