JudikaturJustiz3R138/11w

3R138/11w – LG Klagenfurt Entscheidung

Entscheidung
24. November 2011

Kopf

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richterin HR Dr. Brigitte Melchart (Vorsitz) und die Richter Dr. Hubert Müller und Dr. Gerard Kanduth in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) *****, und 2.) *****, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei *****, wegen Besitzstörung (Streitwert € 4.000,--) I.) über den Rekurs des Beklagten und II.) über den Kostenrekurs der Kläger gegen den Endbeschluss des Bezirksgerichtes Feldkirchen in Kärnten vom 6. 5. 2011, 2 C 164/09y-55, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs des Beklagten und dem Kostenrekurs der Kläger wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, den Klägern binnen vierzehn Tagen an Kosten des Rekursverfahrens den Betrag von € 206,60 (darin Umsatzsteuer € 34,43) zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 3 und 6 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpfte Begrün-dung des angefochtenen Endbeschlusses für zutreffend, sodass den Darlegungen im Rekurs des Beklagten und im Kostenrekurs der Kläger gemäß §§ 526 Abs 3, 500a ZPO nur noch zu entgeg-nen ist:

1.) Zum Rekurs:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 72 Abs 1 lit b), e) und f) WRG 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF BGBl. I Nr. 82/2003 haben die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten unter anderem zur Ausführung und Instandhaltung von Wasserbauten und Anlagen, zur Durchführung von Maßnahmen zur Vermeidung und Bekämpfung einer Gewässerverunreinigung und zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke insbesondere zur Zu- und Abfuhr und zur Ablage-rung von Baustoffen, Geräten, Werkzeugen und dgl. insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist; die Wasserberechtigten sind in gleicher Weise gehalten, eine vorübergehende Einschränkung oder Einstellung der Wasserbe-nutzung zu dulden.

Wie vom Erstgericht zutreffend dargelegt, begründet § 72 Abs 1 WRG nach ständiger Rechtssprechung des Verwal-tungsgerichtshofs eine Legalservitut, die eine vorübergehende und in einer die Substanz nicht beeinträchtigenden Weise die Benutzung benachbarter Grundstücke ohne Zustimmung des betroffenen Eigentümers und ohne wasserrechtliches Verfahren ermöglicht. Allerdings kann diese Verpflichtung rechtens erst aufgrund eines die Duldungsverpflichtung konkret aussprechenden Bescheides umgesetzt werden (vgl. VwGH 92/07/0023, 2007/07/0008 ua).

Diese Bestimmung ist nur unter strikter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer verfassungs-konformen Interpretation zugänglich. Maßnahmen nach § 72 Abs 1 WRG dürfen nur vorübergehend und nicht mit einem Eingriff in die Substanz der belasteten Nutzung verbunden sein; danach muss grundsätzlich projektsgemäß der frühere Zustand wiederhergestellt werden (vgl. RIS-Justiz RS0109023; 1 Ob 197/97w).

Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob bei den umfangreichen Grabungsarbeiten, die der Beklagte durch die Firma Kogelnig am Grundstück Nr. 158/1 der Kläger, EZ 4 GB 72304 Bach, durchführen ließ, überhaupt noch von einer die Substanz des Grundstücks nicht beeinträchtigenden Benutzung gesprochen werden kann.

Selbst wenn die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 72 Abs 1 WRG zu Gunsten des Beklagten bejaht würde, hätte er zur Verhinderung von Eigenmacht vor Beginn der Arbeiten einen konkreten Duldungsbescheid erwirken müssen.

Sein weder im ersten noch im zweiten Rechtsgang sondern erst im gegenständlichen Rekurs erhobener Einwand, wonach die Einholung eines Bescheides wegen der Dringlich-keit der Maßnahmen unzumutbar gewesen wäre, verstößt einerseits gegen das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot und ist auch inhaltlich verfehlt, weil er sich schon in den Jahren 2002 und 2003 – erfolglos – um eine Zustimmung der Kläger zu den Maßnahmen bemüht hatte. Er hat also mehr als acht Jahre lang keinen entsprechenden Antrag bei der Wasserrechtsbehörde gestellt, sodass von Dringlich-keit keine Rede ist.

Der ausschließlich wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Rekurs ist also nicht begründet.

2.) Zum Kostenrekurs:

Gemäß § 54 Abs 1a ZPO ist das am Schluss der mündli-chen Streitverhandlung erster Instanz (§ 193) dem Gericht zu übergebende Kostenverzeichnis gleichzeitig auch dem Gegner auszuhändigen. Dieser kann dazu binnen einer Notfrist von vierzehn Tagen Stellung nehmen. Soweit der durch einen Rechtsanwalt vertretene Gegner gegen die verzeichneten Kosten keine begründeten Einwendungen erhebt, hat das Gericht diese „ungeprüft“ seiner Entscheidung zu Grunde zu legen.

Es trifft zwar zu, dass der Beklagte keine Einwendun-gen gegen das am Schluss der Tagsatzung vom 6. 5. 2011, ON 54, gelegte Kostenverzeichnis der Kläger erhoben hat, allerdings konnte er vor Erhalt des Endbeschlusses nicht wissen, wie viel von den einbezahlten Kostenvorschüssen der Kläger in der verzeichneten Höhe von € 1.380,60 tatsächlich verbraucht wurde, nämlich € 149,60, und dass demnach € 1.231,-- an sie rücküberwiesen wird.

Das Erstgericht hat in der angefochtenen Kostenent-scheidung zwar ohne Begründung, aber richtigerweise nur den verbrauchten Kostenvorschuss in Ansatz gebracht.

Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkennt-nis vom 5. 10. 2011, G 84/11 das Wort „ungeprüft“ im dritten Satz des § 54 Abs 1a ZPO idF BGBl I 11/2010 als unsachlich und nicht verfassungskonkorm aufgehoben, was jedenfalls auch zur amtswegigen Berücksichtigung von Rücküberweisungen erlegter Kostenvorschüsse führen muss.

Es war daher auch dem Kostenrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 40, 41 und 50 Abs 1 ZPO.

Der in der Sache selbst unterliegende Beklagte hat den Klägern die Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Hingegen haben sie die Kosten des erfolglosen Kosten-rekurses selbst zu tragen.

Eine Kostenrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Landesgericht Klagenfurt, Abteilung 3

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