JudikaturJustiz3R112/99i

3R112/99i – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
09. April 1999

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter des Landesgerichtes Dr. Künz als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Mähr und Dr. Kempf als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei Norbert M***** vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler und Dr. Michael Kramer, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. Alfred G***** und 2. V***** VERSICHERUNGS AG, ***** vertreten durch Dr. Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, wegen ATS 25.052,-- sA, über den Rekurs der beklagten Parteien gegen die im Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 9.2.1999, 8 C 334/98 f-18, enthaltene Kostenentscheidung (Rekursinteresse ATS 6.405,35) in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Punkt 3. des Urteilsspruches im Kostenpunkt dahingehend abgeändert, dass die beklagten Parteien schuldig erkannt werden, der klagenden Partei die mit ATS 522,72 bestimmten Prozesskosten als Barauslagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit ATS 1.491,07 (darin enthalten ATS 248,51 an USt) bestimmten Kosten des Rekurses zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte mit der am 24. April 1998 beim Erstgericht eingelangten Klage die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von insgesamt ATS 26.838,80, in welchem Betrag an Schmerzengeld ATS 10.000,--, ein Fahrzeugschaden mit ATS 13.984,80, Abschleppkosten von ATS 2.354,-- und pauschale Unkosten von ATS 500,-- enthalten waren.

Die beklagten Parteien erhoben fristgerecht Einspruch, den sie mit Schriftsatz vom 22. Mai 1998 (ON 4) hinsichtlich eines Betrages von ATS 2.854,-- (Abschleppkosten und pauschale Unkosten) zurückzogen und im Umfang von ATS 23.984,80 aufrecht erhielten. Die Haftung dem Grunde nach wurde beklagterseits außer Streit gestellt (ON 4).

Nach Ausdehnung des Klagebegehrens verblieb anlässlich der Streitverhandlung vom 16.6.1998 ein Betrag von ATS 25.052,-- als streitverfangen.

Bei der Tagsatzung vom 16.6.1998 wurde ein Beweisbeschluss gefasst und unter anderem Beweis zugelassen durch Einholung eines kraftfahrzeugtechnischen und eines medizinischen Sachbefundes.

Der Sachverständige Werner Nachbaur erstellte im Auftrag des Gerichtes ein Gutachten. Anlässlich der Streitverhandlung vom 10.11.1998 (ON 13) wurde das Gutachten vom Sachverständigen ausführlich erörtert (Seite 1 bis einschließlich Seite 8 in ON 13). Die Gebühren des Sachverständigen für das schriftliche Gutachten und die mündliche Erörterung wurden antragsgemäß mit ATS 7.886,-- bestimmt und vom Klagsvertreter an den Sachverständigen überwiesen.

Im Anschluss an die Erörterung des Gutachtens erfolgte anlässlich der Streitverhandlung vom 10.11.1998 die Einvernahme des Klägers auch zu den Verletzungen, die er erlitt, und den Schmerzen, die er zu ertragen hatte (Seite 11 und Seite 12 in ON 13). Hierauf stellte der Beklagtenvertreter das Schmerzengeld der Höhe nach mit ATS 10.000,-- außer Streit und zog der Klagsvertreter das Beweisanbot durch medizinischen Sachbefund zurück. Die Streitverhandlung dauerte von 09.00 Uhr bis 10.35 Uhr und wurde zur Einvernahme des klägerischerseits angebotenen Zeugen Martin Nesler erstreckt.

Der Zeuge Martin N**** wurde anlässlich der Streitverhandlung vom 26.1.1999 (ON 17) einvernommen, wobei Gegenstand der Zeugeneinvernahme ausschließlich der klägerischerseits geltend gemachte Fahrzeugschade war. Nach Einvernahme des Zeugen erstatteten beide Parteien weiteres Vorbringen zum geltend gemachten Fahrzeugschaden und legten Kostenverzeichnisse. In der Folge wurde die Verhandlung vom Gericht geschlossen (Dauer 2/2).

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 9.2.1999 wurde die Klagsforderung mit ATS 10.000,-- als zu Recht bestehend, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend festgestellt und die beklagten Parteien zur Bezahlung eines Betrages von ATS 10.000,-- samt Anhang verurteilt und das Mehrbegehren von ATS 15.052,-- samt Anhang abgewiesen. Die klagende Partei wurde zu einem Prozesskostenersatz an die beklagten Parteien in Höhe von ATS 1.952,06 (darin enthalten 20 % USt ATS 325,34) und die beklagten Parteien zum Barauslagenersatz in Höhe von ATS 3.677,12 an die klagende Partei verurteilt. Das Erstgericht begründet die Entscheidung damit, dass dem Kläger auf Grund der bei der Kollision erlittenen Verletzung ein Schmerzengeldbetrag von ATS 10.000,--, nicht jedoch der geltend gemachte Fahrzeugschaden zu ersetzen sei. Die Kostenentscheidung wurde auf § 43 Abs 1 ZPO gestützt und das Verfahren in zwei Phasen unterteilt. Im ersten Verfahrensabschnitt bis zur Streitverhandlung vom 26.5.1998 errechnete das Erstgericht eine Obsiegensquote des Klägers mit 48 %, der Beklagten mit 52 %. Es sprach dem Kläger 48 % der Barauslagen in dieser Prozessphase zu, das sind ATS 522,72. Im übrigen nahm das Erstgericht eine Aufhebung der Kosten vor. Im zweitene Verfahrensabschnitt, beginnend mit der Streitverhandlung vom 26.6.1998, errechnete das Erstgericht ein Obsiegen des Klägers von 40 % und der Beklagten von 60 %. Die dem Kläger in dieser Phase aufgelaufenen Barauslagen, nämlich die Sachverständigenkosten von ATS 7.886,--, wurden dem Kläger mit 40 % zugesprochen, das sind ATS 3.154,14. Die gesamten, dem Kläger zu ersetzenden Barauslagen errechnete das Erstgericht mit ATS 3.677,12. Den beklagten Parteien wurden 20 % der verzeichneten Verdienstsumme der zweiten Prozessphase zugesprochen, das sind ATS 1.626,72 (20 % von ATS 8.133,60).

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der fristgerechte Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, den Beklagten Prozesskostenersatz in Höhe von ATS 5.203,01 und dem Kläger lediglich Barauslagenersatz in Höhe von ATS 522,72 zuzuerkennen.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

§ 43 Abs 1 ZPO stellt für den Fall, dass jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, zwei unterschiedliche Möglichkeiten zur Wahl. Die Kosten sind entweder gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Das Gesetz spricht nur davon, dass die Kosten "verhältnismäßig" zu teilen sind, ohne aber deutlich zu machen, welche Umstände denn zueinander ins Verhältnis gesetzt werden sollen. Hält man die vom Gesetz als relevant anerkannten Kriterien der Kostenhaftung vor Augen, so bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Beantwortung dieser Frage an. Einerseits könnte man prüfen, in welchem Verhältnis jede der Parteien mit ihren Sachanträgen durchgedrungen ist, also inwieweit die gerichtliche Entscheidung ihrem Prozessstandpunkt Rechnung getragen hat. Andererseits könnte man aber auch fragen, welcher Prozessaufwand - und damit welche Kosten - durch das Verfahren über den zugesprochenen bzw abgewiesenen Anspruchsteil verursacht worden sind (M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozess 196 ff). In Österreich wird überwiegend der Grundsatz der Erfolgshaftung betont, die Bestimmungen über den Prozesskostenersatz werden vom Erfolgshaftungsprinzip beherrscht. Das bedeutet, dass für die Kostenentscheidung ausschließlich der Prozesserfolg zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz maßgebend ist (vgl Fasching II 313, 314; Stohanzl ZPO14 § 41 E 65, 4 R 254/96 a OLG Innsbruck). Ausgehend von diesem in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Grundsatz der Erfolgshaftung ist die vom Erstgericht vorgenommene Kostenteilung hinsichtlich der Verdienstsumme nicht zu beanstanden und vermag das Rekursgericht sich den Ausführungen des Rekurswerbers bezüglich der Kosten der Streitverhandlung vom 10.11.1998 und 26.1.1999 nicht anzuschließen. Richtig ist, dass anlässlich der Streitverhandlung vom 10.11.1998 das Gutachten des Sachverständigen zur Höhe des Fahrzeugschadens erörtert wurde und nach Einvernahme des Klägers beklagterseits die Höhe des Schmerzengeldes außer Streit gestellt wurde. Die Haftung dem Grunde nach wurde bereits im Einspruch eingeräumt. Die Beklagten hätten durch ein Teilanerkenntnis anlässlich der Streitverhandlung vom 10.11.1998 bewirken können, dass der anerkannte Streitgegenstand nicht mehr als streitverfangen gilt, sondern im Sinne des § 12 Abs 3 RATG der Streit diesbezüglich erledigt ist, und zwar unabhängig davon, ob die Erlassung eines Teilanerkenntnisurteils erfolgt. Ein solches Anerkenntnis wurde beklagterseits nicht abgegeben. Es erfolgte nur ein gerichtliches Geständnis im Sinne des § 266 ZPO. Das gerichtliche Geständnis unterscheidet sich sowohl in seinem Wesen wie in seinen Folgen wesentlich vom Anerkenntnis. Gegenstand des gerichtlichen Geständnisses sind grundsätzlich Tatsachen; Gegenstand des gerichtlichen Anerkenntnisses könne nur der Sachantrag und das zu Grunde liegende Recht sein. Das Zugestehen von Tatsachen wird in der gerichtlichen Praxis als "Außerstreitstellung" bezeichnet, was zur Folge hat, dass in der beklagterseits vorgenommenen Außerstreitstellung eben kein prozessuales Anerkenntnis zu sehen ist (vgl Fasching LB Rz 841 f). Wäre beklagterseits ein Teilanerkenntnis in Bezug auf das Schmerzengeld erfolgt, so hätte sich tatsächlich eine dritte Prozessphase ergeben und hätten den Beklagten die Kosten für die zweite Stunde der Streitverhandlung vom 10.11.1998 und für die Streitverhandlung vom 26.1.1999 zugesprochen werden können, allerdings auf Basis des um den anerkannten Streitgegenstand verminderten Streitwert. Da ein solches Anerkenntnis nicht erfolgte, erscheint dem Rekursgericht im Hinblick auf das Erfolgsprinzip der Zuspruch der Kosten der zweiten Stunde der Streitverhandlung vom 10.11.1998 und der Streitverhandlung vom 26.1.1999 nicht sachgerecht. Dies auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass anlässlich der Streitverhandlung vom 26.1.1999 von den Parteien die Kostennoten für das gesamte Verfahren gelegt und die Streitverhandlung geschlossen wurde.

Was die Sachverständigengebühren in der Höhe von ATS 7.886,-- anlangt, so fielen diese Kosten ausschließlich für die Ermittlung des Fahrzeugschadens an. Gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO sind die von der Partei getragenen Sachverständigengebühren ihr dabei verhältnismäßig mit dem Teil zuzusprechen, der dem Ausmaß ihres Obsiegens entspricht. Aus 454 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates VI GP geht hervor, dass die Fassung der Bestimmung, besonders die Verwendung des Wortes "verhältnismäßig" ausdrücken soll, dass der Zuspruch nicht mathematisch exakt mit dem Bruchteil des Obsiegens zu berechnen ist, sondern dass bei seiner Bemessung auch auf das Verhältnis des Prozessaufwandes für den zuerkannten und für den aberkannten Teil des Begehrens Bedacht genommen werden kann (vgl WR 571; M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozess, Seite 205). Voraussetzung für das Abweichen von der bloßen Erfolgsquote ist, dass es sich um Barauslagen im Sinne des § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO handelt und dass sich die Kosten tatsächlich genau den einzelnen Anspruchsteilen zuordnen lassen, was beim zum Fahrzeugschaden eingeholten Sachbefund eindeutig möglich ist. Dieser Prozessaufwand bezog sich ausschließlich auf jenen Teil des Klagebegehrens, der abgewiesen wurde. Ein verhältnismäßiger Ersatz der vom Kläger getragenen Sachverständigengebühren erscheint daher nicht gerechtfertigt und hat der Kläger die Sachverständigengebühren zur Gänze zu tragen.

Zusammengefasst ergibt sich sohin, dass der Rekurs teilweise berechtigt ist, da der Kläger keinen Anspruch auf verhältnismäßigen Ersatz der von ihm getragenen Sachverständigengebühren hat. Die Kostenentscheidung des Erstgerichts war dahingehend abzuändern, dass den Klägern an Barauslagen lediglich ATS 522,72 zuzusprechen waren.

Nach den §§ 43, 50 ZPO iVm § 41 RATG hat der Rekurswerber Anspruch auf Ersatz der Rekurskosten auf einer Bemessungsgrundlage von ATS 3.155,12. Die tarifmäßigen Kosten ergeben sich mit ATS 1.491,07.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

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