JudikaturJustiz3Ob143/15y

3Ob143/15y – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. September 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher sowie Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Johannes Bruck, Rechtsanwalt in Groß Enzersdorf, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Thomas Hofer Zeni, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 28. April 2015, GZ 20 R 59/15i 31, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Beklagte zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Die vom Revisionswerber beanstandete, verspätete Zustellung des Protokolls über die letzte Verhandlung erster Instanz kann von vornherein keinen Mangel des Berufungsverfahrens begründen, sondern höchstens einen Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens. Da das Berufungsgericht aber eine in diesem Umstand gelegene Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint hat, kann dieser (vermeintliche) Verfahrensmangel in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS Justiz

RS0042963).

2. Es kann auch keine Rede davon sein, dass sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge des Beklagten nicht oder nur so mangelhaft befasst hätte, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten wären (vgl RIS Justiz

RS0043371).

3.1. Die eheliche Lebensgemeinschaft der Streitteile wurde im Herbst 2009 dadurch aufgelöst, dass sich der Beklagte entgegen den langjährigen Gepflogenheiten der Ehegatten weigerte, aus dem jeweils während der Sommermonate gemeinsam bewohnten Haus in Niederösterreich wieder in die während des übrigen Jahres gemeinsam bewohnte Wiener Wohnung zurückzukehren, und nicht etwa, wie die außerordentliche Revision meint, dadurch, dass die Klägerin damals allein in die Wiener Ehewohnung zurückübersiedelte. Demgemäß war es aber entgegen der Ansicht des Beklagten nicht Sache der Klägerin, ihn iSd § 57 Abs 1 Satz 4 EheG zur Wiederherstellung der häuslichen Gemeinschaft oder zur Erhebung der Scheidungsklage aufzufordern. Da unstrittig auch der Revisionswerber keine solche Aufforderung an die Klägerin gerichtet hat, konnte die Präklusivfrist des § 57 EheG im Hinblick auf die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nicht zu laufen beginnen (§ 57 Abs 1 Satz 3 EheG).

3.2. Im Übrigen kann sich nach ständiger Rechtsprechung der an der Zerrüttung der Ehe allein schuldige Teil, der danach weitere Eheverfehlungen setzt, nicht auf die Verwirkung des Scheidungsrechts durch den an der Zerrüttung schuldlosen Teil mit der Begründung berufen, dieser habe nicht binnen sechs Monaten nach Eintritt der unheilbaren Zerrüttung die Ehescheidungsklage eingebracht (RIS Justiz RS0107286). Der vom Beklagten behauptete Widerspruch zwischen dieser Judikatur und der Entscheidung 3 Ob 188/07d besteht in Wahrheit nicht, weil es in der zuletzt genannten Entscheidung um eine andere Rechtsfrage ging, nämlich um die Behauptungs und Beweislast jenes Ehegatten, der aus der gemeinsamen Ehewohnung ausgezogen ist (hier also: des Beklagten und nicht etwa der Klägerin) für die Unzumutbarkeit eines Verbleibs in der gemeinsamen Wohnung.