JudikaturJustiz37R52/07g

37R52/07g – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
03. Mai 2007

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Claudia Gradwohl-Klein (Vorsitzende), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Susanna Hitzel in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** OEG, *****, 7400 Oberwart, wider die verpflichtete Partei Mag. M***** M*****, Unternehmer, *****, *****, 7011 Siegendorf, wegen Euro 1.317,01 samt Anhang, über die Rekurse der betreibenden Partei gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 09.01.2007, GZ 4 E 2705/06x-13 und vom 07.03.2007, GZ 4 E 2705/06x-16, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Rekursen wird n i c h t Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jeweils jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Antragsgemäß bewilligte das Erstgericht der betreibenden wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von Euro 1.317,01 s.A. ua die Exekution durch Pfändung und Zwangsverwaltung/Zwangsverpachtung der nachfolgenden Gewerbeberechtigungen samt den auf deren Grundlage betriebenen Unternehmen: Organisation, Planung, Vermittlung und Durchführung von Veranstaltungen, Seminaren und Events; Energieberatung und Erstellung von Energiekonzepten; Gärtner, Blumenbinder (Floristen), eingeschränkt auf Gärtner; und erteilte der verpflichteten Partei das Verbot jeder Verfügung über die dem Geschäftsbetrieb zugrundeliegenden Gewerbeberechtigung/Konzession, insbesonders deren Zurücklegung.

Die Entscheidung über den Verwertungsantrag behielt sich das Erstgericht vor.

In der Folge verliefen die Gehalts- und Fahrnisexekution erfolglos. Am 27.07.2006 richtete das Erstgericht an die Wirtschaftskammer Burgenland und die Burgenländische Gebietskrankenkasse sowie die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung die Anfrage um Bekanntgabe, ob die verpflichtete Partei die genannten Gewerbe betreibe und durch die Zwangsverpachtung oder Zwangsverwaltung in absehbarer Zeit Erträgnisse zu erzielen sein werden, welche zur Befriedigung der betreibenden Partei verwendet werden könnte. Die Anfrage an die Wirtschaftskammer ergab, dass die Gewerbeberechtigungen des Einzelunternehmens „Mag. M***** M*****" in 7011 Siegendorf, *****, für Organisation, Planung, Vermittlung und Durchführung von Veranstaltungen, Seminaren und Events seit 18.07.2001 und für Energieberatung und Erstellung von Energiekonzepten seit 28.01.2003 ruhend gemeldet sind. Die Gewerbeberechtigung für Gärtner, Blumenbinder besteht seit 27.04.2005. Die Burgenländische Gebietskrankenkasse antwortete mit Schreiben vom 01.08.2006 (ON 5) dass von der verpflichteten Partei keine Daten und auch keine Dienstnehmer evident seien. Mit Schriftsatz vom 21.08.2006 beantragte die betreibende Partei, das Verfahren zur Verwertung der gepfändeten Gewerbeberechtigung einzuleiten und eine Tagsatzung zur Einvernahme der Parteien über die Verwertung anzuberaumen. Das Erstgericht hat diesen Antrag mit Beschuss vom 25.08.2006 (ON 7) bewilligt (hingegen das Kostenbegehren abgewiesen). Dagegen erhob die betreibende Partei Kostenrekurs, der (nach Ablauf der Rekursbeantwortungsfrist) am 10.11.2006 dem Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht vorgelegt wurde. Mit hg Beschluss vom 16.11.2006 (ON 11) wurde dem Rekurs nicht Folge gegeben. Der Akt langte wieder am 27.11.2006 beim Erstgericht ein, das daraufhin die Zustellungen der Rekursentscheidung an die Parteien verfügte. Zuvor langte am 05.09.2006 (ON 9) eine Mitteilung der BH Eisenstadt Umgebung mit folgendem Inhalt ein: „Herr Mag. M***** M***** ist im Besitz nachtstehender Gewerbeberechtigungen:

1) Gärtner, Blumenbinder (Floristen) gem § 94 Z 24 GewO 1994 idgF, eingeschränkt auf Gärtner am Standort Siegendorf, *****,

2) Energieberatung und Erstellung von Energiekonzepten am Standort Zagersdorf, ***** und

3) Organisation, Planung, Vermittlung und Durchführung von Veranstaltungen, Seminaren und Events am Standort Zagersdorf, *****. Die oa Gewerbeberechtigungen bestehen aufrecht und unterliegen keinerlei Verfügungsbeschränkungen. Vormerkungen hinsichtlich Pacht- oder Stellvertretungsverhältnissen liegen ha nicht auf. Im ho Gewerberegister scheinen nachstehende Exekutionsbewilligungen auf:

Rechtliche Beurteilung

Zum Kostenrekurs:

Das Erstgericht hat grundsätzlich zu Recht darauf hingewiesen, dass es keines eigenen Antrages über die Anberaumung einer Tagsatzung über den Verwertungsantrag bedarf (vgl dazu auch die hg Entscheidung 37 R 5/06v). Es bleibt bei Säumnis eines amtswegig gebotenen Verhaltens der Gerichtsorgane der betreibenden Partei freilich unbenommen, mit einem Urgenzschreiben Abhilfe zu verlangen. Der Schriftsatz ON 12 ist gegenständlich als derartiges Urgenzschreiben zu werten. Die Judikatur betreffend die Honorierung von Urgenzschreiben ist durchaus vielschichtig. Nach einigen Entscheidungen des LGZ Wien stehen einer betreibenden Partei bei Säumnis des Gerichtes durchaus Kosten für die Verfassung eines Urgenzschreibens zu (vgl. LGZ Wien RPflE 1977/179; 1988/93; 1991/143). Dem hat sich auch das LG St. Pölten angeschlossen (RPflE 1995/98). Diesen Entscheidungen ist aber gemein, dass stets ein Verstreichen eines gewissen Zeitraumes notwendig ist, um an das Gericht etwa eine Anfrage über den Stand des Verfahrens zu richten bzw. Urgenzen oder Betreibungsmaßnahmen zu setzen (vgl. auch 6 Ob 303/02f für Urgenzen bei einem SV-Gutachten). Demnach werden Kosten einer Betreibung, Urgenz oder Anfrage nur dann als zur Rechtsverwirklichung notwendig angesehen, wenn für den Gläubiger ausreichende Veranlassung hiefür bestand. Das LG St. Pölten hat hiefür das Verstreichen von etwa drei Monaten als notwendig erachtet. Vom LGZ Wien wurde dies bei einem Verstreichen von ca. drei Monaten (RPflE 1977/179), vier Monate (RPflE 1988/93) oder etwa einem halben Jahr (RPflE 1991/143) bejaht. Das LG Korneuburg hat unter Hinweis auf die Möglichkeit eines Fristsetzungsantrages hingegen jeglichen Kostenersatz für Urgenzschreiben abgelehnt (RPflE 2000/33). Der Rekurssenat schließt sich der oben erwähnten Linie des LGZ Wien bzw des LG St. Pölten an und vertritt, dass hier die Voraussetzungen für die Honorierung der gegenständlichen Betreibungsmaßnahme noch nicht zu bejahen sind (hg 37 R 20/07a; 13 R 164/05y; 13 R 130/06z). In casu ist darauf hinzuweisen, dass das Erstgericht frühestens Anfang September 2006 (nach Einlangen der Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung) die Tagsatzung über den Verwertungsantrag anberaumen konnte. Dass dies nach Ablauf von 4 Monaten geschehen ist, erscheint dem Rekurssenat noch als angemessen. Zu berücksichtigen ist dabei die notorische personelle Unterbesetzung der österreichischen Bezirksgerichte. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Pfändung eines Gewerberechtes nicht um eine alltägliche oder routinemäßige Materie handelt. Es bedarf somit einiger Vorbereitung und Recherche, bevor die Tagsatzung anberaumt wird. Es musste somit nicht weiter erörtert werden, ob die Verzögerung hauptsächlich durch den von der betreibenden Partei eingebrachten Kostenrekurs ON 8 ausgelöst wurde oder ob das Erstgericht gehalten gewesen wäre, mit einem Kopienakt weiter zu verhandeln. Wohl erweist sich eine Urgenz verfahrensrechtlich als zulässig. Im Lichte des strengen Maßstabes des § 74 EO, wonach bei Kostenentscheidungen das Prinzip der Wirtschaftlichkeit zu beachten ist, erscheint dem Rekurssenat aus dem Gesichtspunkt des Kostenrechts der Schriftsatz der betreibenden Partei jedoch nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig zu sein, sodass der angefochtene Beschluss im Kostenpunkt nicht zu beanstanden ist.

Zum Rekurs gegen die Entscheidung über den Verwertungsantrag:

Das Erstgericht hat zur Prüfung des Verwertungsantrages Anfragen bei der Bgld Gebietskrankenkasse, der Wirtschaftskammer Burgenland und bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung eingeholt. Weiters lagen ihm die von der betreibenden Partei mittels Urgenzschriftsatz vorgelegten Urkunden und die Aussage des Verpflichteten in der Tagsatzung am 06.02.2007 vor. Die betreibende Partei hat sich an der Tagsatzung über den Verwertungsanspruch nicht beteiligt. Wohl ist eine Verwertungstagsatzung nicht zwingend vorgeschrieben (vgl 3 Ob 28/99k = SZ 72/108). Freilich hat das Gericht die Art der Verwertung auf Antrag des betreibenden Gläubigers nach Einvernehmung des Verpflichteten und aller Gläubiger, zu deren Gunsten Pfändung erfolgte, zu bestimmen (§ 331 Abs 2 EO). Die Unterlassung der im § 331 Abs 2 EO zwingend vorgeschriebenen Einvernehmung bewirkt die Nichtigkeit des Verwertungsbeschlusses (3 Ob 256/98p; 3 Ob 28/99k). Mit der Durchführung einer Verwertungstagsatzung, zu der alle Beteiligten geladen wurden, hat das Erstgericht diese Pflicht jedenfalls erfüllt. Der betreibenden Partei wurde Gelegenheit gegeben, sich daran zu beteiligen. Damit ist das rechtliche Gehör der betreibenden Partei ausreichend geschützt. Wenn die betreibende Partei ungeachtet dessen zur Tagsatzung nicht erscheint, kann sie in ihrem Rechtsmittel sich nicht mehr darauf berufen, dass ihr vor Beschlussfassung keine Gelegenheit eingeräumt worden sei, sich zu den Erhebungsergebnissen zu äußern. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens oder gar eine Nichtigkeit liegt daher nicht vor.

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass in einer Verhandlung der Grundsatz der Unmittelbarkeit herrscht (vgl SZ 42/40), unabhängig davon, ob das Gesetz eine mündliche Verhandlung vorschreibt oder tatsächlich eine solche durchgeführt wird (EvBl 1994/53; Rassi in Burgstaller/Deixler, EO, § 55 Rz 18). Wenn die Beweise in der Verhandlung unmittelbar vom Entscheidungsorgan aufgenommen wurden, ist eine Überprüfung der Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes durch das Rekursgericht insoweit ausgeschlossen, als jenes den Sachverhalt aufgrund vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat (SZ 66/164; Rassi aaO Rz 19 vgl auch Kodek in Rechberger § 526 ZPO Rz 4). Der Verpflichtete hat in der Tagsatzung ausgesagt, dass er das Gärtnereigewerbe alleine, ohne Beschäftigung von Mitarbeitern, ausübe. Betreffend die übrigen Gewerbe finde keine Geschäftstätigkeit statt; die Gewerbe seien ruhend gemeldet. Das Erstgericht ist dieser Aussage gefolgt und hat sie zur Grundlage seines Beschlusses gemacht. Der betreibenden Partei ist es daher nicht möglich, die Glaubwürdigkeit des Verpflichteten zu hinterfragen und die Beweiswürdigung anzufechten. Davon abgesehen kann aus den von der betreibenden Partei vorgelegten Urkunden auch nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Diese bestehen lediglich darin, dass der Verpflichtete eine Honorarnote im Dezember 2006 über EUR 1.180,-- gelegt hat, wobei allerdings die Honorarnote nach der vorgelegten Urkunde ohnedies nicht ausbezahlt worden ist. Auch der Auszug aus der Homepage reicht nicht hin, um hier von einer „regen Geschäftstätigkeit" auszugehen.

Auf Basis der getroffenen Feststellungen erweist sich der angefochtene Beschluss als fehlerfrei.

Was das Gärtnereigewerbe betrifft, hat das Erstgericht zutreffend auf § 341 Abs 1 Satz 2 EO hingewiesen. Unter diese Bestimmungen fallen ua handwerksmäßige Gewerbe. Welche Gewerbe als handwerksmäßige anzusehen sind, ergibt sich aus den §§ 94 ff GewO (Jakusch in Angst, EO § 341 Rz 21). Demnach gilt „Gärtner, Blumenbinder (Floristen)" als verbundenes Handwerk und fällt daher unter § 341 Abs 1 Satz 2 EO. Der Sinn dieser Exekutionsbeschränkung liegt darin, jene gewerblichen Unternehmen von der Exekutionsführung auf ihre Erträgnisse zu befreien, bei denen die Person des Unternehmers von solcher Wichtigkeit ist, dass ihr Ersatz durch einen Zwangsverwalter oder Zwangsverpächter das Unternehmen zerstören würde (JBl 1994, 420). Es ist gegenständlich im Hinblick auf den vom Erstgericht ausgegangenen Sachverhalt davon auszugehen, dass der Verpflichtete das Gewerbe alleine, ohne Hilfsarbeiter, ausübt, sodass schon deshalb eine Verwertung scheitern muss. Wie oben bereits dargelegt, gehen die von der betreibenden Partei (auf der Tatsachenebene) vorgebrachten Argumente ins Leere.

Auch was die übrigen Gewerbe betrifft, ist der erstgerichtliche Beschluss nicht zu beanstanden. Dies aus mehreren Gründen. Einerseits ist hier zwingend (vgl oben) davon auszugehen, dass keine Geschäftstätigkeit stattfindet. Wohl steht dies einer Exekutionsführung auf ein Unternehmen nicht kategorisch entgegen. Eine Verwertung setzt aber voraus, dass die für das Wesen eines wirtschaftlichen Unternehmens entscheidende organisatorische Erwerbsgelegenheit noch gegeben ist (vgl Jakusch in Angst, § 341 EO Rz 28). Auf die bloße Gewerbeberechtigung kann daher losgelöst von einem auf ihrer Grundlage betriebenen Unternehmen weder nach den §§ 331 ff EO noch nach § 341 EO Exekution geführt werden (Angst/Jakusch/Mohr, § 341 E 38). Auch unter Heranziehung von § 39 Abs 1 Z 8 EO ist vom Grundsatz auszugehen, dass eine Verwertung dann nicht in Betracht kommt, wenn Ertragsüberschüsse sicher nicht zu erwarten sind. Wenn die betreibende Partei in diesem Zusammenhang mit § 129 Abs 2 EO argumentiert, ist ihr im Hinblick auf die besondere Konstellation des vorliegenden Falles nicht zu folgen. Mit der Wahrscheinlichkeit eines im Wege der Exekution nach § 341 EO erzielbaren Ertrages wird jedenfalls immer dann nicht gerechnet werden können, wenn die Möglichkeit, aus dem Unternehmen einen Ertrag zu erzielen, allein auf der persönlichen Betätigung des Verpflichteten als Inhaber des Unternehmens beruht, die - sei es aus tatsächlichen, sei es aus rechtlichen Gründen - nicht durch den Zwangsverwalter oder den Zwangspächter ersetzt werden kann (Jakusch in Angst § 341 EO Rz 6; ZBl 1936/206). Denn der Verpflichtete kann nicht gezwungen werden, seine persönliche Arbeitskraft in den Dienst des betreibenden Gläubigers zu stellen (vgl auch JUS Z 2858). In derartigen Fällen ist der Exekutionsantrag, wenn die Unmöglichkeit, einen Ertrag zu erzielen, schon bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag mit ausreichender Sicherheit erkennbar ist, nach dem allgemeinen Grundsatz, dass eine von vornherein aussichtslose Exekution nicht bewilligt werden darf, abzuweisen (Jakusch in Angst § 3 EO Rz 22, § 341 Rz 6), das auch dann, wenn die Exekutionsbeschränkung des § 341 Abs 1 zweiter Satz EO nicht gegeben ist. Wird die Exekution dennoch bewilligt, hat dies für das Verwertungsverfahren die Folge, dass der Verwertungsantrag nicht zu bewilligen und die Exekution in der Folge einzustellen ist. Aus diesen Erwägungen war auch dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Verwertung nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 40, 50 ZPO, §§ 74, 78 EO. Der Revisionsrekurs ist gemäß § 78 iVm §§ 500 Abs 2 Z 2, 526 Abs 3, 528 Abs 2 Z 1 und 2 ZPO (hinsichtlich des Kostenrekurses auch aufgrund Z 3) jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Eisenstadt

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