JudikaturJustiz37R44/07f

37R44/07f – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
25. April 2007

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Berufungs- und Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Claudia Gradwohl-Klein (Vorsitzende), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Susanna Hitzel in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. F***** R*****, Beamter, 7100 Neusiedl am See, *****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz, Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, gegen die beklagten Parteien

1. J***** R*****, Student, 2460 Bruck an der Leitha, *****, 2. Ing. G***** F*****, Angestellter, 1010 Wien, *****, 3. H***** H*****, Kaufmann, 1230 Wien, R*****, vertreten durch Lattenmayer, Luks Enzinger, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, wegen Feststellung, Unterlassung und Duldung, über die Berufung der beklagten Parteien gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 18.1.2007, GZ 6 C 957/05d-32, und über den (als Berufung bezeichneten) Rekurs der klagenden Partei gegen die im Urteil aufgenommene Teilzurückweisung der Klage

I.) zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung der beklagten Parteien wird n i c h t Folge gegeben und das angefochtene Urteil in den Punkten 1. und 2. als Teilurteil bestätigt.

und II.) den Beschluss gefasst:

Hingegen wird dem (als Berufung bezeichneten) Rekurs der klagenden Partei Folge gegeben, die Entscheidung im Übrigen aufgehoben und dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich des Rekurses der klagenden Partei übersteigt nicht EUR 4.000,--, jener hinsichtlich der Berufung der Beklagten EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,--. Der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung über den Rekurs des Klägers ist jedenfalls unzulässig.

Die ordentliche Revision gegen die Entscheidung über die Berufung der Beklagten ist nicht zulässig.

Text

Begründung und Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Eigentümer folgender Grundstücke der KG 32016 Neusiedl am See: Nr. *****41 (Kläger), Nr. *****24 (Erstbeklagter), Nr. *****31 (Zweitbeklagter), Nr. *****33 (Drittbeklagter). Die Beklagten benützen das Grundstück des Klägers (Wasserfläche), um mit ihren Booten zum Neusiedlersee zu gelangen.

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass an seinem Grundstück weder eine Dienstbarkeit zugunsten der Beklagten, noch zugunsten der Grundstücke der beklagten Partei bestehe, weiters die urteilsmäßige Unterlassungsverpflichtung der Beklagten, sein Grundstück über den Gemeingebrauch hinaus zu benützen und sich daran eine Dienstbarkeit anzumaßen. Weiters wurde begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Errichtung eines Steges auf seinem Grundstück zu dulden; hilfsweise die Errichtung eines Steges auf seinem Grundstück entsprechend dem nach dem wasserrechtlichen Bewilligungsbeschluss erteilten Ausführungsplan zu dulden. Der Kläger brachte dazu zusammengefasst vor, er habe sein Grundstück im Jahre 1992 von der Güterdirektion Halbturn gekauft, wobei ihm im Kaufvertrag ausdrücklich die Satz- und Lastenfreiheit des Grundstückes zugesagt worden sei. Tatsächlich bestünden auch keinerlei Real- oder Personalservituten zugunsten der Beklagten oder der in deren Eigentum stehenden Grundstücke. Die Beklagten maßten sich aber eine derartige Servitut an, indem sie sein Grundstück als Zu- und Abfahrt zum Neusiedlersee behaupteten, obwohl der Kanal und seine gedachte Verlängerung als zufahrtsfreie Seefläche völlig ausreichend sei. Allfällige Nutzungsrechte der beklagten Parteien seien jedenfalls durch den Kläger mit Schreiben vom 2.2.2001 aufgehoben worden. Sein Grundstück sei weder mit einer dinglichen noch mit einer obligatorischen Dienstbarkeit belastet worden. Eine zwischen dem Voreigentümer des Grundstückes und den Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern abgeschlossene obligatorische Dienstbarkeitsvereinbarung würde für den Kläger keine Wirksamkeit entfalten.

Die Beklagten bestritten, beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und brachten zusammengefasst wie folgt vor:

Den Beklagten stünden über den Gemeingebrauch hinaus Rechte am Grundstück des Klägers zu. Zugunsten der Beklagten bestehe wohl kein dingliches Nutzungsrecht. Es gäbe auch keinen schriftlichen Vertrag über ein obligatorisches Nutzungsrecht. Zwischen dem Voreigentümer des gegenständlichen Grundstückes und den jeweiligen Eigentümern der daran angrenzenden Grundstücke sei aber vereinbart worden, dass diese das Grundstück benutzen durften, um vom Kanal auf die offene Wasserfläche zu gelangen (und umgekehrt). Die Rechte der hier beklagten Parteien gründen sich daher nicht nur auf Zusicherung seitens der Voreigentümer der gegenständlichen Liegenschaft, sondern auch auf Ersitzung. Zudem sei dem Kläger auch bei Ankauf der Liegenschaft bekannt gewesen, dass eine Dienstbarkeit bestehe bzw. hätte er zumindest eine solche Dienstbarkeit vermuten müssen. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht der Klage hinsichtlich des Unterlassungs- und Feststellungsbegehren stattgegeben. Betreffend das Duldungsbegehren wurde die Klage zurückgewiesen.

Das Erstgericht traf dabei folgende Feststellungen:

Das gesamte Gebiet der nunmehrigen Siedlungsanlage stand zunächst im Eigentum des Paul W*****, also des Eigentümers der „G***** H*****". Das Gebiet (das zunächst eine Schilffläche war) wurde zu Beginn der 60-er-Jahre aufgeschüttet und parzelliert und in weiterer Folge parzellenweise abverkauft, die entsprechenden Parzellierungs- und Bebauungspläne wurden mit Beschluss der Burgenländischen Landesregierung vom 7.10.1964 genehmigt. Mit der Abwicklung der Parzellierung und der Abverkäufe war der damalige Güterdirektor der Güterdirektion Halbturn, Dr. Ing. H***** H***** (bei diesem handelt es sich um den Vater des nunmehrigen Drittbeklagten) betraut, der über die entsprechenden Vollmachten seitens des Eigentümers P***** W***** verfügte.

Der Drittbeklagte erwarb das Grundstück Nr. *****33 mit Kaufvertrag vom 11.4.1964; da er damals noch minderjährig war, wurde der entsprechende Kaufvertrag in seinem Namen durch seinen Vater Dr. Ing. H***** H***** unterfertigt. Auch die Rechtsvorgänger des Erstbeklagten erwarben ihre jeweiligen Grundstücke etwa zu dieser Zeit von P***** W*****.

Die Aufschüttung und Parzellierung wurde so vorgenommen, dass die Fläche des nunmehrigen Grundstückes Nr. *****41 (gemeinsam mit den nunmehrigen Grundstücken Nr. *****63, *****06 und *****07, die mit dem Grundstück Nr. *****41 eine einheitliche Wasserfläche bilden) frei blieb, also nicht aufgeschüttet wurde, sondern als Wasserfläche erhalten blieb. Der Grund hiefür lag einerseits darin, dass den Seglern, die aus dem zwischen Fischerweg und Schwanenweg verlaufenden Kanal kommen und in den Neusiedlersee fahren wollten, auf dieser Fläche das Aufkreuzen ermöglicht werden sollte und andererseits darin, dass eine derart weitreichende Aufschüttung aufgrund der einschlägigen naturschutzrechtlichen Vorschriften nicht genehmigungsfähig gewesen wäre. Diese Fläche verblieb auch im Eigentum des P***** W***** und der damalige Güterdirektor Dr. Ing. H***** H***** vereinbarte mit den damals zuständigen Behörden, dass diese Fläche nicht verbaut werden dürfe, was auch im Teilbebauungsplan entsprechend seinen Niederschlag findet. Als die Abverkäufe der einzelnen Grundstücke erfolgten, legten die Kaufinteressenten Kaufanbote, wobei sie von Dr. Ing. Hans Hamscha darauf hingewiesen wurden, dass sie einen Bereich von 2 m für die Errichtung eines Kanals abtreten mussten. Bezüglich des streitgegenständlichen Grundstückes Nr. *****41 wurden demgegenüber den einzelnen Käufern keinerlei Zusagen gemacht, insbesondere wurden den Käufern keinerlei Rechte an dieser Fläche eingeräumt, sondern wurde bei den einzelnen Vertragsgesprächen die Frage der Nutzung der streitgegenständlichen Fläche nicht erörtert und wurde lediglich klargestellt, dass diese Fläche nach den behördlichen Vorgaben Wasserfläche bleiben müsse und nicht bebaut werden dürfe. Die Beklagten und deren Rechtsvorgänger nutzten von Anfang an das nunmehrige Grundstück Nr. *****41 zur Ausübung von Wassersport, insbesondere zum Segeln, wobei sie nicht nur die gedachte Verlängerung des zwischen Fischerweg und Schwanenweg liegenden Kanals benützten, sondern auch die übrige Fläche, dies insbesondere deshalb, weil sie dies besonders bei bestimmten Windverhältnissen für segeltechnisch sinnvoll hielten und außerdem, weil die direkte Linie zum Neusiedlersee nicht durch die gedachte Kanalverlängerung führt, sondern in Form einer Querung des Grundstückes Nr. *****41. Außerdem ließen die Eigentümer der südlich an das Grundstück Nr. *****33 angrenzenden Grundstücke Nr. *****34 und *****35 (welche mit ihrer westlichen Grenze ebenso wie das Grundstück Nr. *****33 an das Grundstück Nr. *****41 grenzen) bereits im Jahr 1964 mit Wissen und Willen der G***** H***** vier Piloten einschlagen, und zwar drei hievon etwa in der gedachten Verlängerung des westlichen Ufers des zwischen Fischerweg und Schwanenweg verlaufenden Kanals. Diese Piloten dienten dazu, die Boote der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke Nr. *****34 und *****35 zu befestigen; wenn in diesem Bereich Boote lagen, war daher eine geradlinige Ausfahrt vom Kanal zum See hin nicht möglich, sondern mussten die Benutzer des Kanals nach dessen Mündung in das Grundstück Nr. *****41 eine Rechtskurve machen. Lagen in diesem Bereich keine Boote, wäre zwar ein Durchfahren dieses Bereiches möglich gewesen, aber doch erheblich erschwert.

Im Lauf der Zeit wurden verschiedene andere Aktivitäten auf der streitgegenständlichen Wasserfläche gesetzt, wofür aber stets die Zustimmung der G***** H***** eingeholt werden musste. Beispielsweise wurde einem Anrainer einmal schriftlich die Errichtung einer Boje erlaubt oder musste jemand einen in die gegenständliche Fläche ragenden Steg entfernen.

Im Jahr 1992 entschloss sich P***** W*****, die streitgegenständliche Bucht (insbesondere auch das Grundstück Nr. *****41) zu verkaufen und der Kläger (der damals Obmann des örtlichen Siedlervereins war) kaufte die Wassergrundstücke Nr. *****41, *****63, *****06 und *****07. Dem Kläger waren die örtlichen Verhältnisse damals bekannt und ihm war daher bewusst, dass die Anrainer dieser Wasserfläche bzw. des Kanals zwischen Fischerweg und Schwanenweg die gegenständliche Wasserfläche zwangsläufig zumindest zum Teil nutzen mussten, um vom Kanal zum Neusiedlersee und umgekehrt zu gelangen, der Kläger hatte aber keine konkreten Wahrnehmungen darüber gemacht, wer diese Wasserfläche in welcher Weise benützt. Der zwischen P***** W***** und dem Kläger abgeschlossene Kaufvertrag enthält unter anderem folgende Bestimmung:

„Die verkaufende Partei haftet weder für ein bestimmtes Ausmaß noch für eine bestimmte Beschaffenheit oder einen bestimmten Zustand des Kaufobjektes, wohl aber für die vollkommene Satz- und Lastenfreiheit desselben."

Im Lauf der Zeit kam es dann zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und anderen Bewohnern des Refugiums, weshalb der Kläger am 2.2.2001 ein Schreiben mit (unter anderem) folgendem Inhalt verfasste und den anderen Bewohnern des Refugiums übermittelte:

„Wie bereits betont stehe ich zu meinem Versprechen der Herstellung einer Wassertiefe von 1 Meter auf Höhe der Liegenschaft EZ ***** nach Errichtung der Uferbefestigung und erfolgter Anschüttung. In diesem Zusammenhang möchte ich auch meine bereits mehrfach abgegebene Zusicherung bekräftigen, dass allen Kanalanrainern die Benutzung der dem ggst. Kanal vorgelagerten Bucht unter Hinweis auf §§ 492 ff ABGB bis auf jederzeitigen Widerruf gestattet wird . [...]."

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass den Beklagten keine über den Gemeingebrauch hinausgehenden Dienstbarkeitsrechte rechtsgeschäftlich eingeräumt worden seien. Auch die Ersitzung von Dienstbarkeitsrechten wurden vom Erstgericht verneint, weshalb es das Unterlassungs- und Feststellungsbegehren bejahte. Zum Duldungsbegehren führte es aus, dass die Frage, ob die Beklagten die Stegerrichtung durch den Kläger dulden müssten, nichts anderes als die Frage sei, ob durch die Stegerrichtung das den Beklagten im Rahmen des Gemeingebrauches zustehende Recht beeinträchtigt werde oder nicht. Störungen des Gemeingebrauches könnten aber nicht vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden, vielmehr würden über Störungen und Eingriffe in den Gemeingebrauch die Verwaltungsbehörden entscheiden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung. Die Beklagten beantragen die Abänderung des angefochtenen Urteils im klagsabweisenden Sinn; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Gegen die Zurückweisung richtet sich das als Berufung bezeichnete Rechtsmittel der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der Klage zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Berufung der Beklagten war nicht Folge zu geben. Hingegen ist das Rechtsmittel des Klägers im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Berufung der Beklagten:

Die in der Berufung vorgebrachten Argumente erweisen sich über weite Strecken als unbeachtlich. Das trifft insbesondere auf die Beweisrüge zu. Es ist irrelevant, wann gegenständlich der Zweitbeklagte seine Liegenschaft in etwa erworben hat. Auch die Frage, ob jene Grundstückseigentümer, deren Liegenschaften laut Teilregulierungsplan innerhalb des Kanalbereiches liegen, einen Bereich für die Grundstücke für die Errichtung eines Kanals freihalten mussten, spielt für die Frage, ob auf dem gegenständlichen Grundstück eine Servitut besteht oder nicht, keine Rolle. Entscheidend ist gegenständlich auch nicht, ob den Beklagten oder dem Rechtsvorgänger des Klägers Zusagen über die Nutzung der Wasserfläche gemacht wurden.

Hinzuweisen ist nämlich auf das Vorbringen der beklagten Parteien, wonach zugunsten der Beklagten kein dingliches Nutzungsrecht an der gegenständlichen Liegenschaft besteht. Auch wurde zugestanden, dass es keinen schriftlichen Vertrag über ein obligatorisches Nutzungsrecht gibt. Der Standpunkt der Beklagten im Prozess lässt sich wie folgt zusammenfassen: Einerseits wird eine schlüssige Vereinbarung mit dem Rechtsvorgänger des Klägers behauptet, wobei dem Kläger bei Ankauf der Liegenschaft bekannt gewesen sei, dass eine solche Dienstbarkeit bestehe. Zumindest hätte er eine solche Dienstbarkeit vermuten müssen. Auf der anderen Seite wird die Ersitzung der Dienstbarkeit behauptet.

Das bedeutet für die Beweisrüge Folgendes: Sieht man von der (in der Beweisrüge nicht angesprochenen) Ersitzungsproblematik ab, stellt sich - zur Prüfung der Beachtlichkeit der Beweisrüge - die rechtliche Frage, ob hier die bloß obligatorische Einräumung einer Dienstbarkeit den Kläger binden kann. Vertragliche, nicht verbücherte Servituten binden nur inter partes (SZ 44/41). Von dieser Bindung ist auch der Gesamtrechtsnachfolger und bei Übernahme durch den Einzelrechtsnachfolger dieser umfasst (EvBl 1977/68). Bis zur Verbücherung hat ein obligatorisch Dienstbarkeitsberechtigter keine Möglichkeit zu einer bücherlichen Verfügung. Seine Stellung wird durch gutgläubige Dritte gefährdet (SZ 47/29). Wie bei der Behandlung der Rechtsrüge noch näher auszuführen sein wird, ist der Kläger von einer allfälligen Dienstbarkeitsvereinbarung, die der früheren Liegenschaftseigentümer getroffen hat, nicht gebunden, sodass auf die Beweisrüge nicht näher eingegangen werden musste.

Zur Rechtsrüge ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine allenfalls bestehende Dienstbarkeitsverpflichtung durch den Kläger nicht übernommen wurde. Das ergibt sich nämlich weder aus dem Sachverhalt, noch wird dies von den Beklagten behauptet. Das Erstgericht hat diesbezüglich ausdrücklich festgestellt, dass dem Kläger bei Kauf des strittigen Grundstückes Satz- und Lastenfreiheit zugesichert wurde. Ob nun das Erstgericht in der rechtlichen Beurteilung disloziert festgestellt hat, dass den Beklagten schlüssig Dienstbarkeitsrechte vom Rechtsvorgänger des Klägers eingeräumt wurden (Seite 2 der Berufung), kann somit dahinstehen.

Hinsichtlich einer Dienstbarkeit wird nach der herrschenden Meinung das Eintragungsprinzip bei den sogenannten „offenkundigen" Dienstbarkeiten durchbrochen. Wer einen gültigen Titel besitzt, ist trotz Nichtverbücherung geschützt, wenn sichtbare Anlagen auf dem dienenden Grund oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge, die man von dort aus bei einiger Aufmerksamkeit wahrnehmen kann, das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten lassen (SZ 28/30; SZ 47/29; 1 Ob 300/01a). Daraus ist jedoch für die beklagten Parteien aus mehreren Gründen nichts gewonnen. Einerseits handelt es sich auch bei offenkundigen Dienstbarkeiten um dingliche Nutzungsrechte, die dadurch geprägt sind, dass sie auch mangels Verbücherung an der Sache haften und gegenüber Nichtvertragspartnern eingewandt werden können. Weiters ist den beklagten Parteien in Beantwortung der Berufung auf den Seiten 3 f zu entgegnen, dass vorliegend keine offenkundige Dienstbarkeit im Sinne der Entscheidung 3 Ob 101/01a entstanden ist, weil nicht mit hinreichender Sicherheit für den Kläger erkennbar war, dass ein Grundstück dem anderen Grundstück als Dienstbarkeit dient. Hinzuweisen ist hier zunächst auf die Feststellung des Erstgerichtes, dass dem Kläger wohl die örtlichen Verhältnisse bekannt waren und ihm daher bewusst war, dass die Anrainer die gegenständliche Wasserfläche zwangsläufig zum Teil nutzen mussten, um vom Kanal zum Neusiedlersee und umgekehrt zu gelangen. Der Kläger hatte aber auch keine konkreten Wahrnehmen darüber gemacht, wer diese Wasserfläche in welcher Weise benützt. Eine Benützung aufgrund einer Dienstbarkeit musste sich dem Kläger somit nicht aufdrängen. Das Erstgericht hat nämlich (disloziert) in der rechtlichen Beurteilung auch festgestellt, dass die prozessgegenständliche Wasserfläche Teil der Wasserfläche des Neusiedlersees ist. Dieser darf samt eines schiffbaren Kanals im Rahmen des Gemeingebrauches mit einem Segelboot befahren werden (vgl. 1 Ob 161/04i). In der zuletzt zitierten Entscheidung wurde umfangreich dargelegt, dass - entgegen der Rechtsansicht der beklagten Parteien - der Gemeingebrauch an der öffentlichen Wasserfläche des Neusiedlersees auch den Bootsverkehr umfasst. Das Benützen des Kanals über das gegenständliche Grundstück zum Neusiedlersee musste deshalb vom Kläger nicht zwingend mit einer Dienstbarkeit in Verbindung gebracht werden. Daher gehen auch die Ausführungen der Berufung auf Seite 6 ins Leere.

Das Gleiche trifft auch auf die Ausführungen auf Seite 4 zu. Hier befasst sich die Berufung mit dem Inhalt der Vereinbarungen der Beklagten mit dem Rechtsvorgänger der klagenden Partei, die diesen (wie oben bereits ausgeführt) jedoch nicht binden. Das Gleiche gilt auch für das auf Seite 5 und 7 der Berufung Gesagte. Was die Frage der Ersitzung von Dienstbarkeitsrechten betrifft (Seite 7 bis 9 der Berufung), musste hier eine Auseinandersetzung mangels ausreichend schlüssigem Vorbringen im Verfahren erster Instanz unterbleiben. Die Ersitzung ist der Erwerb eines Rechtes durch qualifizierten Besitz während der gesetzlichen bestimmten Zeit und führt zu einem originären Rechtserwerb (Koziol/Welser, Grundriss I 337). Die Ersitzung von Dienstbarkeiten setzt Rechtsbesitz, der redlich, echt und bei der eigentlichen Ersitzung auch rechtmäßig zu sein hat, sowie den Ablauf der Ersitzungszeit voraus (Kiendl/Wendner in Schwimann, ABGB3 § 480 Rz 6). Vorliegend haben die Beklagten weder behauptet noch nachgewiesen, dass sie bzw. ihre Rechtsvorgänger über 30 Jahre redlich Rechtsbesitz ausgeübt haben. Aufgrund dieses Umstandes musste auf die Berufung in diesem Punkt (Seiten 7 bis 9) erfolglos bleiben.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass den Beklagten im Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks durch den Kläger bereits (außerbücherlich) Dienstbarkeitsrechte zugekommen wären, ändert sich am Ergebnis nichts. Diesfalls wäre im Hinblick auf die erstgerichtlichen Feststellungen und die oben dargelegten Erwägungen zur Frage der Offenkundigkeit vom (gutgläubigen) lastenfreien Erwerb des Klägers auszugehen.

Aus diesen Erwägungen war der Berufung der Beklagten keine Folge zu geben.

Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gründet sich auf §§ 500 Abs. 2 Z 1 lit. a und b ZPO. Hinsichtlich der Berufung der beklagten Parteien ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf den rechtlich und tatsächlichen Zusammenhang der Wert des Entscheidungsgegenstandes des Feststellungs- und des Unterlassungsbegehrens zusammenzurechnen war (§ 55 JN). Hier orientierte sich das Berufungsgericht an der Bewertung durch den Kläger; eine Über- oder Unterbewertung ist nicht ersichtlich, sodass auszusprechen war, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000,--, nicht aber EUR 20.000,-- übersteigt.

Gemäß §§ 500 Abs. 2 Z 3, 502 Abs. 1 ZPO war auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist. Die Bedeutung der Entscheidung geht über den Einzelfall nicht hinaus. Das Berufungsgericht orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des OGH.

Da die Berufung der Beklagten ins Leere ging, sich die Aufhebung der Entscheidung im Übrigen als unvermeidlich zeigte (vgl unten), konnte das Urteil in den Punkten 1. und 2. als Teilurteil bestätigt werden. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Zum Rekurs des Klägers:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Zurückweisung einer Klage um einen Beschluss handelt, der - wenn die Klage wie im vorliegenden Fall nach Streitanhängigkeit zurückgewiesen wurde - mit zweiseitigem Rekurs bekämpft werden kann (§ 521a Abs. 1 Z 3 ZPO). Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels als Berufung schadet gegenständlich nicht; die „Berufung" ist vorliegend als Rekurs zu behandeln.

Das Erstgericht hat die Klage hinsichtlich des Duldungsbegehrens zurückgewiesen und die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges verneint. Wohl ist es richtig, dass Störungen des Gemeingebrauches nicht vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden können (SZ 52/63; SZ 53/16 uva). Eine solche Störung wird jedoch von der klagenden Partei gar nicht behauptet. Der Kläger begründet sein Duldungsbegehren mit der von ihm behaupteten unbefugten Rechtsanmaßung der Beklagten. Damit ist ausreichend erkennbar, dass er sich auf sein Eigentumsrecht beruft. Die Entscheidung über den Umfang des Eigentumsrechts und die Legitimation von Eingriffen in dieses Recht fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Gerichte, was auch bei Dienstbarkeiten zutrifft (vgl. Kiendl/Wendner aaO Rz 20). Nach ständiger Rechtsprechung sind nun bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) von Bedeutung. Es kommt auf die Natur und das Wesen des geltend gemachten Anspruches an, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Danach ist zu beurteilen, ob ein privatrechtlicher Anspruch im Sinne des § 1 JN erhoben wurde, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (1 Ob 193/01s; 1 Ob 122/06g). Unerheblich ist dabei, ob der behauptete Anspruch berechtigt ist, weil hierüber erst in der Sachentscheidung abzusprechen ist. Für eine Servitutsklage sind die Gerichte auch dann zuständig, wenn der Kläger einen Eingriff kraft Gemeingebrauchs dulden müsste (vgl. 1 Ob 122/06g). Ob hier der Gemeingebrauch die Errichtung des Steges verhindern kann, hat das Gericht in einem solchen Fall als Vorfrage zu prüfen. Ebenso ob aus anderen Gründen die Beklagten die Errichtung des Steges nicht dulden müssten. Ist das zu bejahen, wäre die Klage abzuweisen. Eine Zurückweisung der Klage kommt jedoch nicht in Betracht, sodass die angefochtene Entscheidung im Umfang der Klagszurückweisung aufzuheben war und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen war. Eine meritorische Entscheidung im Verfahren zweiter Instanz ist nicht möglich (vgl Zechner in Fasching/Konecny ZPO2 § 519 Rz 72; SZ 66/12; 1 Ob 2/95; 1 Ob 122/06g; hg 13 R 290/05b). Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens konnte nur die Frage sein, ob die Zurückweisung hier zu Recht erfolgt ist oder nicht. Dem Rekursgericht ist es aber nicht möglich, die Beweisergebnisse zu verwerten und in der Sache selbst zu entscheiden. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes gründet sich auf § 500 Abs. 2 Z 1 lit. a und b, § 526 Abs. 3 ZPO. Bei der Entscheidung über den Rekurs des Klägers war nur das von ihm mit EUR 2.000,-- bewertete Duldungsbegehren zu berücksichtigen. Hinweise für eine Über- oder Unterbewertung liegen nicht vor.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf §§ 500 Abs. 2 Z 2, 526 Abs. 3, 528 Abs. 2 Z 1 ZPO. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Landesgericht Eisenstadt

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