JudikaturJustiz37R4/08z

37R4/08z – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2008

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Berufungsgericht hat durch die Richter Mag. Manfred Zechmeister (Vorsitzender), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Susanna Hitzel in der Rechtssache der klagenden Partei M***** B*****, 7302 Kroatisch Minihof, *****, vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in 7350 Oberpullendorf, gegen die beklagten Parteien 1.) H***** K***** und 2.) M***** K*****, beide in 7302 Kroatisch Minihof, *****, beide vertreten durch die Rechtsanwalt Dr. Werner Schwarz KG, wegen Beseitigung (Streitwert nach JN Euro 3.600,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 14.11.2007, GZ 2 C 409/07v-6, in nichtöffentlicher Sitzung,

Spruch

I.) den

Beschluss

gefasst:

Die Berufung wegen Nichtigkeit wird verworfen.

II.) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Berufung n i c h t Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien deren mit Euro 596,16 (darin enthalten Euro 99,36 an USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu Handen deren Rechtsvertreterin binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt nicht Euro 4.000,--.

Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft Grundbuch 33024 Kroatisch Minihof, EZ 12*****, bestehend aus den Grundstücken 31***** bzw 315*****. Die Beklagten sind die Eigentümer des Nachbargrundstückes Nr 14*****, EZ 14***** Grundbuch 33024 Kroatisch Minihof.

Die Kläger begehrten, die Beklagten schuldig zu erkennen, ihnen die Liegenschaft EZ 12***** geräumt von entlang der gemeinsamen Grenze zur Liegenschaft EZ 14***** gepflanzten Sträuchern und eines Baumes zu übergeben. Sie brachten vor, dass die beklagten Parteien vollkommen eigenmächtig und ohne den Willen der klagenden Partei bzw ihrer Rechtsvorgänger auf einem Grundstreifen des klägerischen Grundstückes einen Palmkatzenstrauch, danach drei weitere Sträucher und dann einen Tannenbaum gepflanzt hätten.

Die Beklagten bestritten, beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und brachten im Wesentlichen vor, dass die Pflanzen auf Ersuchen des Vaters der Klägerin, als damaliger Miteigentümer der klägerischen Liegenschaft, gepflanzt worden seien. Die Beklagten hätten den strittigen Grundstreifen zudem durch mehr als 30-jährigen gutgläubigen Gebrauch ersessen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Es ging dabei von den den Seiten 4 bis 7 der Urteilsausfertigung zu entnehmenden Feststellungen aus, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Hervorgehoben wird, dass in den 60-iger Jahren des 20. Jahrhunderts sowohl die Eltern bzw die Schwiegereltern der Beklagten als auch die Eltern der Klägerin - als damalige Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke - von einem anderen Grenzverlauf als der Buchgrenze ausgingen. Der Vater der Klägerin ersuchte die Eltern der Zweitbeklagten, im Grenzbereich Pflanzen zu setzen, was ab Herbst 1968 sukzessive geschah. Die Eltern der Klägerin und auch die Eltern der Zweitbeklagten gingen sowohl zum Zeitpunkt des Setzens der Pflanzen als auch später davon aus, dass sich diese auf dem Grundstück der Beklagten befanden. Aus diesem Grund wurde seitens der Eltern der Klägerin auch niemals ein Einwand gegen die Pflanzen erhoben.

In rechtlicher Hinsicht qualifizierte das Erstgericht den Sachverhalt dahingehend, dass die Beklagten und ihre Rechtsvorgänger den klagsgegenständlichen Grenzstreifen zumindest seit mehr als 30 Jahren im guten Glauben an ihr Eigentumsrecht benutzt hätten, weshalb sie diesen Grundstreifen durch Ersitzung erworben hätten. Dagegen richtet sich die Berufung der klagenden Partei wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtigen Tatsachenfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragen, der Berufung nicht Folge zu geben. Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auf große Teile der Berufung war aus folgenden Erwägungen nicht näher einzugehen:

Gegenständlich trachtete die Klägerin danach, die Beklagten zur Beseitigung der im unstrittenen Grenzstreifen gesetzten Pflanzen (Sträucher und Baum) zu verpflichten. Es handelt sich hier somit um eine negatorische Klage (actio negatoria, Eigentumsfreiheitsklage), die dem Eigentümer als Klage aus dem Eigentum zusteht (vgl Klang in Klang II² 602). Die Eigentumsfreiheitsklage dient nicht nur dem Zweck, den Eigentümer vor der Anmaßung oder unberechtigten Erweiterung einer Dienstbarkeit zu schützen, sondern kann auch auf die Abwehr jeder sonstigen Störung des Eigentums durch unberechtigte Eingriffe abzielen (SZ 29/27; MietSlg 31.030; Kiendl-Wendner in Schwimann, ABGB³ II § 523 Rz 5). Die Eigentumsfreiheitsklage ist weder von der Zufügung eines Schadens durch den Eingriff noch von schuldhaftem Verhalten des Störers abhängig. Der Eigentumsfreiheitsanspruch unterliegt auch nicht der Verjährung (Mietslg 52.166). Entscheidend für die Berechtigung einer Eigentumsfreiheitsklage ist - wie bereits oben erwähnt - ein unberechtigter Eingriff in das Eigentumsrecht (vgl auch Hofmann in Rummel³ § 523 ABGB Rz 9). Es ist anerkannt, dass eine Eigentumsfreiheitsklage somit verbotene bzw unerlaubte Eigenmacht des Störers voraussetzt (vgl zwar RIS-Justiz RS0012112; RS0083156). Vorliegend hat das Erstgericht ausdrücklich festgestellt, dass die Pflanzen auf Ersuchen des Voreigentümers des klägerischen Grundstückes gesetzt wurden. Die diesbezüglich erhobene Beweisrüge der Klägerin geht aus folgenden Erwägungen ins Leere:

Gemäß § 272 ZPO obliegt die Beweiswürdigung primär dem erkennenden Richter. Dieser hat nach sorgfältiger Überzeugung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des gesamten Verfahrens zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht. Dabei ist der Richter, anders als nach früheren Prozessordnungen, an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Der persönliche Eindruck des Richters, seine Kenntnisse der Lebensvorgänge, seine Erfahrungen in der menschlichen Gemeinschaft und seine Menschenkenntnis werden zur entscheidenden Grundlage für die Wahrheitsermittlung. An die Stelle der generalisierenden Gesetzesvorschriften früherer Verfahrensordnungen ist damit die konkrete richterliche Überzeugung von der Wahrheit im Einzelfall getreten (Fasching, Lehrbuch² Rz 813). Dabei kommt dem anlässlich der Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck des Richters von der Glaubwürdigkeit der vernommenen Personen naturgemäß maßgebliche Bedeutung zu, sodass einer Beweisrüge erst dann ein Erfolg beschieden sein kann, wenn stichhaltige Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung ins Treffen geführt werden können. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht demgegenüber nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen. Vielmehr ist es Wesen der freien Beweiswürdigung, gegebenenfalls auch mehrere einander widersprechende Beweismittel zu würdigen und den ihnen jeweils im Einzelfall zukommenden Beweiswert zu beurteilen.

Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht überzeugend und nachvollziehbar begründet, aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen es zu seinen Feststellungen gelangte. Die Klägerin vermag nicht schlüssig darzulegen, warum sich die Beweiswürdigung des Erstgerichtes bei richtiger Betrachtung als unlogisch und der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechend darstellt. Bei gut nachbarschaftlichen Verhältnissen ist es nämlich sehr wohl möglich, dass ein Grundeigentümer auf bloßes Ersuchen seines Grundnachbarn im Grenzbereich Bäume und Sträucher anpflanzt, damit die Mauer des Nachbargebäudes trockengelegt wird. Die entsprechenden Feststellungen können sich auf die Angaben der Beklagten stützen. Der Umstand, dass die Klägerin Gegenteiliges aussagt, vermag noch keine erheblichen Bedenken gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung zu erwecken. Das wird auch nicht durch die deutliche Wortwahl in der Berufung erreicht, wonach niemand „der bei Vernunft und klarem Verstand ist", auf Ersuchen seines Grundnachbarn Pflanzen auf seinem Grundstück setzt. Das Berufungsgericht übernimmt deshalb die aufgrund einer fehlerfreien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Setzens der Pflanzen auf Ersuchen des Vaters der Klägerin und legt diese Feststellungen seiner weiteren rechtlichen Beurteilung zugrunde.

Daran anknüpfend musste vom Berufungsgericht nicht geklärt werden, wer der aktuelle Eigentümer des strittigen Grundstreifens ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin Eigentümer jenes Bereiches ist, in dem der Baum und die Pflanzen gesetzt wurden, ginge ihr Klagebegehren ins Leere. Im Hinblick auf das Ersuchen des Rechtsvorgängers der Klägerin ist jedenfalls ein unerlaubter Eingriff von der Gegenseite in das Eigentumsrecht der Klägerin auszuschließen, sodass die Eigentumsfreiheitsklage schon aus diesem Grund ins Leere gehen muss. Aus diesem Grund ist es auch irrelevant, wo sich die Pflanzen konkret befinden bzw von welcher Lage der Pflanzen das Erstgericht nunmehr ausgeht. Liegen die Pflanzen nämlich auf dem Grundstück der Beklagten, ginge die Eigentumsfreiheitsklage mangels materieller Berechtigung der Kläger zu dieser Liegenschaft ins Leere. Liegen die Pflanzen hingegen auf dem Grundstück der Klägerin, kann sie die Beseitigung von den Beklagten aufgrund der obigen Erwägungen (mangelnde Eigenmacht) nicht verlangen.

Die Frage der entsprechenden Lage der Pflanzen bzw die genaue Grundgrenze erweist sich somit für die rechtliche Beurteilung als irrelevant, sodass schon aus diesem Grund die angezogene Nichtigkeit bzw eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens auszuschließen ist. Das Gesetz geht in § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nämlich davon aus, dass lediglich die relevanten Teile des Urteils so mangelhaft oder widersprüchlich sind, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann. Betreffend die konkrete Lage der Pflanzen bzw die genaue Grenze musste jedoch das Urteil gar nicht überprüft werden, sodass hier weder eine Nichtigkeit noch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorliegen kann.

Daran anknüpfend musste auch nicht auf die in Punkt 3.) der Berufung geltend gemachten Stoffsammlungsmängel eingegangen werden, weil sich die Berufung hier ebenfalls nur mit dem konkreten Grenzverlauf bzw der Lage der gegenständlichen Pflanzen beschäftigt. Insoweit Letzteres auch die Beweisrüge betrifft, war darauf ebenfalls nicht näher einzugehen. Die relevanten Teile der Beweisrüge wurden bereits oben behandelt.

Zusammengefasst ist deshalb festzuhalten, dass mangels Eigenmacht die beklagten Parteien jedenfalls nicht zur Beseitigung der gegenständlichen Pflanzen verurteilt werden können, ohne dass vom Berufungsgericht abschließend geklärt werden musste, wer gegenständlich Eigentümer des strittigen Grundstückstreifens ist. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 40, 41 und 50 ZPO, wobei die beklagte Parteien die Kosten bereits richtigerweise nach der aktuellen Verordnung zum RATG BGBl II 379/2007 verzeichnet haben. Der Wertausspruch gründet sich auf §§ 500 Abs 2 Z 1 lit a, Abs 3 ZPO. Dabei orientierte sich das Berufungsgericht an der Bewertung des Begehrens durch die Klägerin. Hinweise für eine Über- oder Unterbewertung liegen nicht vor.

Gemäß §§ 500 Abs 2 Z 2, 500 Abs 2 ZPO war auszusprechen, dass die Revision jedenfalls unzulässig ist.

Landesgericht Eisenstadt

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