JudikaturJustiz37R38/08z

37R38/08z – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
13. März 2008

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Claudia Gradwohl-Klein (Vorsitzende), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Susanna Hitzel in der Rechtssache der klagenden Partei R*****Gen.m.b.H., 7083 Purbach am Neusiedlersee, *****, vertreten durch die Hajek Boss Wagner Rechtsanwälte OG in 7000 Eisenstadt gegen die beklagte Partei Z***** A***** A*****, zuletzt in H-1204 Budapest, *****, Ungarn, wegen EUR 2.267,68 s.A. über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 19.02.2008, GZ 3 C 546/07k-16, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit ihrer Klage vom 24.05.2007 begehrte die Klägerin vom Beklagten EUR 2.267,68 aufgrund eines überzogenen Girokontos. Das Erstgericht hat in der Folge für den 01.10.2007 eine Tagsatzung ausgeschrieben und die Zustellung der (unübersetzten) Klage und Ladung an den in Ungarn aufhältigen Beklagten nach den Bestimmungen der ZustellVO (EG) Nr 1348/2000 über das ungarische Justizministerium verfügt. In der „Bescheinigung über die Zustellung bzw Nichtzustellung von Schriftstücken" nach der ZustellVO (vgl ON 8) wurde von ungarischer Seite ausgeführt, dass ein Grund für die Nichtzustellung des Schriftstückes vorliege, weil „die Schriftstücke vom Empfänger nicht behoben wurden." In einem auf Ungarisch verfassten Begleitschreiben (vgl ON 10), das vom Rekursgericht von Amts wegen übersetzt wurde (vgl AV vom 11.3.2008), ist Folgendes ausgeführt:

„Es wird mitgeteilt, dass die Zustellung nicht durchgeführt werden konnte, weil der Adressat A***** Z***** A***** ... das Dokument trotz mehrmaliger Zustellversuche nicht übernommen hat. Das Dokument ist in allen Fällen mit dem Vermerk `nicht abgeholt´ zum Gericht zurückgekommen." Dieses Schreiben langte (erst) am 10.01.2008 beim Erstgericht ein. Bereits am 01.10.2007 wurde über Antrag der klagenden Partei ein Versäumungsurteil gefällt (ON 9). Dieses Versäumungsurteil konnte dem Beklagten jedoch bislang nicht zugestellt werden, da nach Mitteilung der ungarischen Zustellbehörde der Beklagte unbekannt verzogen ist (vgl ON 14).

In der Folge beantragte die klagende Partei die Zustellung des Versäumungsurteils durch Hinterlegung gemäß § 8 Abs 2 ZustellG (ON 15).

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht diesen Antrag abgewiesen, wobei es darauf hinwies, dass wohl die Klage und die Ladung durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt worden seien. Diese Schriftstücke seien jedoch vom Beklagten nicht behoben worden, weshalb davon auszugehen sei, dass der Beklagte von dem Verfahren tatsächlich keine Kenntnis erlangt habe.

Dem dagegen erhobenen Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Eine Partei, die während eines Verfahren, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Wenn diese Mitteilung unterlassen wird, ist die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 8 ZustellG). Die Verpflichtung besteht während eines Verfahrens, von dem die Partei Kenntnis hat. Der Anfangszeitraum dieser Periode beginnt für den Kläger mit der Klagseinbringung, für den Beklagten mit der wirksamen Klagszustellung (vgl 4 Ob 174/01v; 9 Ob 296/00w). Nach der zutreffenden Ansicht von Stumvoll in Fasching/Konecny II/2² Anh § 87 ZPO (§ 8 ZustG) Rz 3 besteht die Verpflichtung unabhängig von der Zustellart (Hinterlegung, Zurücklassung, etc). Insoweit ist der Begriff der „Kenntnis" zu reduzieren. Der Gesetzgeber hat nämlich für § 8 ZustellG die Bestimmung des § 111 ZPO aF zum Vorbild genommen, wie die Materialien erkennen lassen (Stumvoll aaO). Die hierzu herrschende und auch einzige Ansicht (vgl Fasching1 II 605f [Vorauflage]) war, dass eine wirksame Zustellung ausreicht und die Partei darüber hinaus die Verfahrenseinleitung nicht positiv zur Kenntnis genommen haben muss. Eine weitere Erörterung kann jedoch darüber unterbleiben, weil gegenständlich ohnedies keine wirksame Klagszustellung vorliegt. Die ungarischen Behörden sind von einer unterbliebenen Zustellung ausgegangen, zumal sie ausdrücklich mitgeteilt haben, dass die Zustellung nicht durchgeführt werden konnte. Die ungarischen Behörden haben einerseits bestätigt, dass es zu einer Nichtzustellung der Schriftstücke kam (vgl ON 8). In ON 10 wurde dies damit begründet, dass die Zustellung nicht durchgeführt werden konnte, weil der Adressat das Dokument trotz mehrmaliger Zustellversuche nicht übernommen hat. Nach Art 8 ZustellVO besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Empfänger die Annahme eines Schriftstückes verweigert, wenn dieses nicht in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates (gegenständlich: Ungarn) oder in einer Sprache des Übermittlungsmitgliedstaates (gegenständlich: Österreich) abgefasst ist, die der Empfänger versteht. Gegenständlich wurde die Klage nicht ins Ungarische übersetzt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Beklagte die deutsche Sprache versteht. Sollte man aus den ungarischen Mitteilungen den Schluss ziehen, dass der Beklagte die Annahme der Schriftstücke verweigert hat, ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Beklagte hier durchaus die Möglichkeit hatte, die Annahme der Klage zu verweigern. Mangels wirksamer Klagszustellung ist dem Anwendungsbereich des § 8 ZustellG somit der Boden entzogen, sodass das Erstgericht aus diesem Grund den entsprechenden Antrag der klagenden Partei im Ergebnis zutreffend abgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 500 Abs 2 Z 2, 526 Abs 3, 528 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO. Landesgericht Eisenstadt

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