JudikaturJustiz37R30/08y

37R30/08y – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2008

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Claudia Gradwohl-Klein (Vorsitzende), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Alexander Pertmayr in der Rechtssache der Antragstellerinnen 1. C***** Z*****, 7111 Parndorf, *****, 2. A***** Z*****, 7111 Parndorf, *****, 3. B***** Z*****, 7111 Parndorf, Untere Wunkau 1, alle vertreten durch Dr. Michael Kaintz, Rechtsanwalt in 7100 Neusiedl am See, gegen die Antragsgegnerin Verlassenschaft nach S***** Z*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft in 7111 Parndorf, *****, vertreten durch M***** Z*****, Pensionistin, 7111 Parndorf, F*****, diese vertreten durch Dr. Karl Heinz Götz, Dr. Rudolf Tobler, Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Streitwert nach JN EUR 7.270,--), über den Rekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 25.01.2008, GZ 6 C 60/08x-2, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.

Die Rekursbeantwortung der Antragsgegnerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Antragstellerinnen begehrten die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach es der Antragsgegnerin (Verlassenschaft nach S***** Z*****) und deren Rechtsnachfolgern untersagt werde, den Hälfteanteil an der EZ 6*****, KG 32020 Parndorf, BLNr 1 sowie die beiden EZ 2***** und 29***** jeweils KG 32020 Parndorf bis zum rechtskräftigen Abschluss der von den Antrag- stellerinnen einzubringenden Pflichtteilsklage zu belasten oder zu veräußern. Sie brachten dazu vor, dass vor dem Erstgericht zu 2 A 214/07y das Verlassenschaftsverfahren nach S***** Z***** anhängig sei. Als Alleinerbin sei M***** Z*****, das sei die Mutter des Erblassers, eingesetzt worden. Diese habe am 27.10.2007 eine bedingte Erbserklärung abgegeben. Die Erstantragstellerin sei auf den gesetzlichen Pflichtteil gesetzt worden, die beiden anderen Antragstellerinnen seien enterbt worden. Die Enterbung sei unwirksam, weshalb sämtliche Antragstellerinnen als Töchter des Erblassers Pflichtteilsansprüche hätten. Im Zuge des bisherigen Verfahrens habe G***** Z*****, der aufgrund einer der von der Alleinerbin unterfertigten Generalvollmacht auftrete, bereits mehrfach geäußert, dass er unmittelbar nach der Einantwortung namens der Alleinerbin die Liegenschaften veräußern werde. Bei einer Veräußerung der Liegenschaften sei zu erwarten, dass die Antragstellerinnen mit ihren Pflichtteilsansprüchen keine Befriedigung finden werden, weil die Alleinerbin lediglich eine bedingte Erbserklärung abgegeben habe und die Verlassenschaft sonst über kein nennenswertes verwertbares Vermögen verfüge. Die Antragstellerinnen hätten erfahren, dass G***** Z***** bereits mit Dritten Verkaufgespräche führe. Eine subjektive Gefährdung der Befriedigung der Pflichtteilsansprüche der Antragstellerinnen liege daher vor. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht den Antrag ohne Anhörung der Gegenseite abgewiesen. Es vertrat, dass die bloße Veräußerung von Vermögenswerten ohne Hinzutreten eines weiteren Verhaltens des Gegners der gefährdeten Partei keine subjektive Gefährdung darstelle. Dazu komme, dass die Erbin im Hinblick auf die abgegebene bedingte Erbsantrittserklärung ohnedies mit ihrem gesamten Vermögen hafte (wenn auch nur bis zur Höhe der übernommenen Aktiva). Eine subjektive Gefährdung liege somit nicht vor, sodass der Antrag als unschlüssig abzuweisen sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerinnen wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Antragstellerinnen beantragen die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, dass ihrem Antrag auf Erlassung der oben genannten einstweiligen Verfügung stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Sie ist damit darauf zu verweisen, dass das vorliegende Rekursverfahren einseitig ist, weil die Anwendung des § 521a ZPO nicht für einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gilt, wenn der Gegner der gefährdeten Partei zu dem Antrag noch nicht einvernommen worden ist (§ 402 Abs 1 und 2 EO). Die unzulässige Rekursbeantwortung der Verlassenschaft war deshalb zurückzuweisen. Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Rekurs wird das Fehlen von Feststellungen einerseits als Nichtigkeit andererseits auch als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht. Beides trifft hier nicht zu. Die Rekurswerberinnen übersehen offensichtlich das Wesen der Schlüssigkeit. Ein Antrag ist dann schlüssig, wenn sich der behauptete Sachverhalt unter den Tatbestand eines Rechtsatzes subsumieren lässt und die Rechtsfolge dieses Rechtssatzes dem Klagebegehren entspricht (vgl Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO³ Vor § 226 Rz 13; RdW 1986, 272). Lässt sich ein Begehren nicht auf diese Weise aus dem Anspruchsgrund ableiten, weil es keine entsprechende Anspruchsgrundlage im Gesetz gibt, ist ein Antrag unschlüssig und muss meritorisch abgewiesen werden. Grundlage für die Abweisung mangels Schlüssigkeit ist der behauptete Sachverhalt bzw das gestellte Begehren. Ist hier mit Blick auf den Tatbestand eines Rechtssatzes und die Rechtsfolge dieses Rechtssatzes keine Schlüssigkeit ableitbar, ist das Erstgericht gehalten, ohne Durchführung eines Beweisverfahrens den Antrag abzuweisen. Es ist somit nicht nur entbehrlich, sondern sogar ausgeschlossen, dass in einer solchen Situation das Erstgericht Feststellungen trifft. In der Vorgangsweise des Erstgerichtes, das keinen Sachverhalt festgestellt hat, kann daher weder eine Nichtigkeit (vgl Punkt I des Rekurses) noch ein Verfahrensmangel (vgl Punkt II lit c des Rekurses) begründet werden.

Daran anknüpfend ist es dem Erstgericht auch nicht vorzuwerfen, dass die Einvernahme der Parteien und des namhaft gemachten Zeugen nicht durchgeführt wurde. Wenn sich schon der behauptete Sachverhalt nicht unter einen Tatbestand subsumieren lässt, muss das Erstgericht durch ein umfangreiches Bescheinigungsverfahren auch nicht klären, ob der behauptete Sachverhalt auch der Realität entspricht. Auch der unter Punkt II lit b des Rekurses geltend gemachte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

Der Rekurs ist auch in Punkt II lit a unbegründet. Hier macht der Rekurs einen primären Verfahrensmangel geltend und vertritt, dass das Erstgericht aufgrund der Bestimmung des § 54 Abs 3 EO ein Verbesserungsverfahren hätte einleiten müssen. Die Rekurswerber unterlassen im Rekurs freilich jeden Hinweis, dass der von ihnen behauptete Mangel auch abstrakt geeignet ist, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen (vgl Pochmarski/Lichtenberg, Beschluss und Rekurs, 90). Es fehlt jegliche argumentative Auseinandersetzung dahin, welches Vorbringen sie bei Durchführung eines Verbesserungsverfahren erstattet hätten. Im Falle der mangelnden Schlüssigkeit wegen des Fehlens anspruchsbegründender Tatsachenbehauptungen hat der Rechtsmittelwerber aber darzulegen, welche konkreten Behauptungen er aufgestellt hätte, wenn ihm nach Erörterung/Verbesserung Gelegenheit dazu geboten worden wäre (RIS-Justiz RS0037095 [T4][T5][T6]). Das ist hier aber nicht geschehen, weshalb nicht geprüft werden kann, ob die behauptete Mangelhaftigkeit schon bei abstrakter Betrachtung einen möglichen Einfluss auf die Entscheidung gehabt hätte. Der Rekurs musste somit auch in diesem Punkt erfolglos bleiben.

Davon abgesehen, ist nach ständiger Rechtsprechung im Verfügungsverfahren ein unschlüssiger Antrag abzuweisen, ohne dass der gefährdeten Partei ein weiters Vorbringen zu ermöglichen wäre (vgl SZ 4/14; EFSlg 37.044; JBl 1977,94; SZ 61/219; EFSlg 70.098 uva). Selbst wenn man dem mit der neueren Lehre nicht zustimmt (vgl Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner § 389 Rz 21; Konecny, ÖBA 1988, 1186; König, EV³ Rz 6/9; Fasching, GesRZ 1984, 64) und hier die Anwendung des § 54 Abs 3 iVm § 402 Abs 4 EO bejaht, wäre für die Rekurswerberinnen nichts gewonnen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Lehre (vgl Kodek aaO Rz 22) als auch die neuere Rechtsprechung hier deutliche Grenzen einer der Anleitungspflicht/Verbesserung zieht. Kodek weist etwa darauf hin, dass im Verfügungsverfahren eine Anleitungspflicht nur dann besteht, wenn das Sachverhaltsvorbringen unklar oder erkennbar unvollständig ist (Kodek aaO). Noch weiter geht die jüngeren Judikatur, die darauf hinweist, dass etwa ein Antrag auf Bewilligung einer Exekution nur dann gemäß § 54 Abs 3 EO zur Verbesserung zurückzustellen ist, wenn ein Vorbringen gänzlich fehlt, nicht jedoch dann, wenn der Exekutionsantrag mangels Schlüssigkeit des Vorbringens abzuweisen ist (vgl SZ 2005/115) Dem hat sich auch der Rekurssenat angeschlossen (hg 13 R 297/05g = RIS-Justiz RES0000095). Selbst wenn man hier also von der Anwendung des § 54 Abs 3 EO ausginge, wäre für die Rekurswerberinnen nichts gewonnen, sodass ein Verfahrensmangel auch in diesem Punkt zu verneinen ist.

Daran anknüpfend versagt auch die Rechtsrüge. In der Rechtsrüge wird die vom Erstgericht angenommene Unschlüssigkeit argumentativ nicht hinterfragt. Die Rekurswerberinnen gehen lediglich von einem sekundären Feststellungsmangel aus. Ein sekundärer Feststellungsmangel setzt aber voraus, dass das Erstgericht nicht sämtliche Feststellungen getroffen hat, die zur umfassenden rechtlichen Beurteilung der Rechtssache nötig waren. Wie oben bereits ausgeführt, musste das Erstgericht gegenständlich aber überhaupt keine Feststellungen treffen, sodass dem Erstrichter fehlende Feststellungen auch nicht als sekundärer Feststellungsmangel vorgeworfen werden können.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass die hier vom Erstgericht angenommene Unschlüssigkeit vorliegt. Zutreffend hat das Erstgericht darauf hingewiesen, dass der Vorbehaltserbe den Pflichtteilsberechtigten nach der Einantwortung pro viribus, nicht bloß cum viribus hereditatis haftet (RIS-Justiz RS0013032; Welser in Rummel³ § 802 Rz 1). Die bedingte Erbantrittserklärung ist die Annahme der Erbschaft mit Haftungsbeschränkungen. Nach der Einantwortung haftet der Erbe daher wohl nur bis zum Wert der ihm zugekommenen Verlassenschaft, aber persönlich. Die Antragstellerinnen haben die (sonstige) Vermögenslosigkeit nur betreffend die Verlassenschaft behauptet. Dass die mögliche zukünftige Erbin über kein nennenswertes verwertbares Vermögen verfügt, wurde im Verfügungsantrag weder behauptet noch bescheinigt. Für die subjektive Gefährdung der Antragstellerinnen kommt es aber nur auf die Vermögenssituation der Erbin an, zumal die Rekurswerberinnen nur die Gefahr einer Veräußerung unmittelbar nach der Einantwortung behaupteten.

Schließlich ist auch davon auszugehen, dass ein allfälliger Veräußerungserlös einen Haftungsfonds zugunsten der Antragstellerinnen bietet (RIS-Justiz RS0005414 [T2]), zumal gegenständlich auch nicht von einer schenkungsweisen Weitergabe der Liegenschaften die Rede ist. Die Tatsache der Veräußerung von Grundbesitz oder sonstiger Vermögensgegenstände allein reicht für die Bescheinigung der im § 379 Abs 2 EO geforderten subjektiven, durch das Verhalten des Antragsgegners hervorgerufenen Gefährdung noch nicht aus, wenn nicht zu besorgen ist, dass der Schuldner den Verkaufserlös dem Zugriff eines bestimmten Gläubigers entziehen will (RIS-Justiz RS0005271). Ohne Hinzutreten von weiteren Umständen kann daher die bloße Veräußerung von Nachlassgegenständen keine subjektive Gefährdung für die Antragstellerinnen darstellen, zumal diese als allfällige Pflichtteilsberechtigte lediglich einen Geldanspruch gegen die Erbin haben (RIS-Justiz RS0017959).

Das Erstgericht ist somit zutreffend von der (hier nicht zu verbessernden) Unschlüssigkeit des Antrages ausgegangen, sodass die Abweisung nicht zu beanstanden war.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf den § 526 Abs 3, 500 Abs 2 Z 2, 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 402 Abs 2

EO.

Landesgericht Eisenstadt

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