JudikaturJustiz37R104/07d

37R104/07d – LG Eisenstadt Entscheidung

Entscheidung
31. August 2007

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch die Richter Mag. Manfred Zechmeister (Vorsitzender), Dr. Jürgen Rassi und Mag. Susanna Hitzel in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, 7000 Eisenstadt, Josef Hyrtl-Platz 4, vertreten durch die Rechtsanwälte Steflitsch OEG in 7400 Oberwart, gegen die beklagte Partei Mag. G***** P*****, Landesbediensteter, 8063 Höf-Präbach *****, wegen Besitzstörung (eingeschränkt auf Kosten), über den Kostenrekurs der klagenden Partei gegen den Endbeschluss des Bezirksgerichtes Oberwart vom 11.6.2007, GZ 5 C 334/07s-5, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird n i c h t Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte ursprünglich in ihrer am 16.5.2007 beim Erstgericht eingelangten Besitzstörungsklage die Feststellung der Störung ihres ruhigen Besitzes an ihrem Privatparkplatz im Südosten des Grundstückes Nr. ***** der KG Oberwart durch das Abstellen eines Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen GU ***** der beklagten Partei und begehrte weiters den Beklagten zu verurteilen, das Abstellen eines von ihm gehaltenen und gelenkten Kfz auf dem Parkplatz zu unterlassen. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass ein vom Beklagten gehaltenes Kfz am 23.4.2007 auf ihrem Parkplatz abgestellt gewesen wäre. Die beklagte Partei sei der Zulassungsbesitzer, sie habe ihr jedoch nur mitgeteilt, das Fahrzeug nicht selber gelenkt zu haben. Die Preisgabe der Identität des Lenkers sei in sittenwidriger Weise verweigert worden. Aus diesem Grund sei es nicht möglich gewesen, den unmittelbaren Störer zu klagen.

Der Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte im Wesentlichen vor, dass keine Wiederholungsgefahr bestünde. Er habe auch eine Erklärung vor Klagseinbringung abgegeben, in Hinkunft derartige Störungen zu unterlassen. Er selbst habe das Fahrzeug nicht gelenkt. Zum Zeitpunkt, als ihm ein Aufforderungsschreiben des KV zugekommen sei, habe er noch nicht gewusst, wer gefahren sei, nämlich ob seine Frau oder deren Bruder. Er habe weiterhin versucht zu eruieren, wer das Fahrzeug gelenkt habe. Als sich herausgestellt habe, dass seine Gattin ihren Bruder zum Krankenhaus gebracht habe, sei auch eine entsprechende Erklärung seiner Frau vorbereitet worden, es sei dann aber bereits die Klage gekommen. Eine entsprechende Unterlassungserklärung der Gattin des Beklagten hat er in der Tagsatzung am 11.6.2007 vorgelegt. In der Folge hat die klagende Partei das Klagebegehren auf Kostenersatz eingeschränkt.

Mit dem angefochtenen Endbeschluss hat das Erstgericht das eingeschränkte Klagebegehren (Kosten) abgewiesen. Es traf dabei folgende Feststellungen:

Am 22.4.2007 überließ der Beklagte sein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen GU ***** seiner Gattin Mag. M***** P*****. Diese fuhr mit dem Fahrzeug nach Wien, wo sie ein Seminar besuchte. Dabei wohnte sie bei ihrem Bruder in Wien. Am nächsten Tag, dem 23.4.2007, fuhr sie ihren Bruder mit dem Fahrzeug des Beklagten ins Krankenhaus Oberwart, wo ihr Bruder einen Bekannten besuchte. In Oberwart stellte sie den Pkw des Beklagten auf den gegenständlichen Mitarbeiterparkplatz, da sie als Ortsunkundige keine andere Parkmöglichkeit kannte. Am 14.5.2007 erhielt der Beklagte ein Schreiben des Klagevertreters, in dem er auf die begangene Besitzstörung hingewiesen wurde, und darauf, dass er eine Besitzstörungsklage dadurch abwenden könne, indem er die beiliegende Erklärung unterfertige, wodurch er sich zur zukünftigen Unterlassung verpflichte und überdies die Kosten von EUR 310,66 bezahle. Für den Fall, dass er das Fahrzeug nicht selbst gelenkt und abgestellt habe, solle er die Identität des Lenkers bekannt geben. Als Frist für eine Rücksendung dieser Erklärung wurde der 15.5.2007 (Poststempel) genannt. Noch am selben Tag schickte der Beklagte eine selbst verfasste Erklärung an den Klagevertreter, in der er verbindlich erklärte, in Zukunft alle Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass sein Pkw von ihm oder anderen Personen nochmals auf dem Mitarbeiterparkplatz des Krankenhauses Oberwart abgestellt werde. Der Beklagte hielt in diesem Schreiben fest, dass der Pkw nicht von ihm gelenkt worden sei. Er führte auch aus, dass im Wesentlichen wegen der Entfernung des Wohnsitzes vom Ort der Störung keine Wiederholungsgefahr gegeben sei und gab seine Telefonnummer für den Fall bekannt, dass der Klagevertreter noch weitere Informationen, Erklärungen oder dgl benötige. Von der Fahrt seiner Frau wusste der Beklagte am 14.5.2007 noch nicht Bescheid. Er erreichte sie erst am 15.5.2007 abends, wo er von ihr den Sachverhalt erfuhr. Daraufhin schickte er an die Mailadresse ihres Bruders eine vorbereitete Erklärung, in der die Gattin erklärte, dass sie es in Zukunft unterlassen werde, ein Kraftfahrzeug auf dem Mitarbeiterparkplatz des Krankenhauses Oberwart abzustellen. Diese Erklärung wurde dann dem Klagevertreter nicht mehr zugestellt, weil inzwischen schon die gegenständliche Besitzstörungsklage zugestellt worden war. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht, dass es für die Zurechnung der Störungshandlung an einen mittelbaren Störer wie den Fahrzeughalter besonderer Zurechnungsgründe bedürfe. Die Tatsache der bloßen Haltereigenschaft allein begründe noch keine Besitzstörung. Gegenständlich verneinte das Erstgericht einen der möglichen Zurechnungsgründe. Insbesondere könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, der Beklagte habe die Preisgabe der Identität des Lenkers verweigert. Weiters verneinte das Erstgericht auch die Wiederholungsgefahr. Die Kosten der beklagten Partei (Fahrtkosten) wurden mit EUR 56,40 bestimmt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Kostenrekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die klagende Partei beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, dass ihre Kosten mit EUR 606,12 bestimmt und die Kosten des Beklagten aberkannt werden. Der Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt. Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Grundsätzlich neigt die Rechtsprechung in der Regel bei der Frage der Passivlegitimation des Störers zu einer großzügigen Zurechnung (vgl LGZ Wien MietSlg 21.015). Häufig findet sich die Formel, dass nicht nur der eigentliche Störer und derjenige, der den Auftrag dazu erteilt hat, passiv klagslegitimiert sei, sondern auch jeder, von dem Abhilfe im Sinn der Beseitigung oder Verhinderung der Störung erwartet werden könne, dessen Hilfsperson der Störer sei oder in dessen Interesse die Störungshandlung vorgenommen wurde. Teilweise finden sich noch weitere Zurechnungskriterien, etwa die nachträgliche Genehmigung oder die Vorhersehbarkeit der Störung (vgl dazu LGZ Wien MietSlg 31.026, 34.028; LG Eisenstadt MietSlg 30.034; Klicka in Schwimann, ABGB3 Rz 29 zu § 339). Die von der Rechtsprechung im Einzelfall erzielten Lösungen weisen jedoch starke Unterschiede auf:

besonders deutlich zeigt sich dies in den Fällen der Besitzstörung durch Kfz (dazu vgl auch Kodek, Die Besitzstörung 358). So nehmen manche Entscheidungen - teilweise unter Berufung auf die Befugnis des Halters, dem Lenker Weisungen zu erteilen (LGZ Wien MietSlg 27.038) - eine generelle Haftung des Halters an (LGZ Wien MietSlg 27.040; LGZ Graz MietSlg 25.031; LGZ Wien ZVR 1987/110; LGZ Wien ZVR 1990/100), während andere dies leugnen und die Erfüllung zusätzlicher Kriterien, insbesondere die Vorhersehbarkeit der Störung (LGZ Linz MietSlg 27.039), fordern. So lehnt die wohl überwiegende Rechtsprechung eine besitzrechtliche Haftung des Halters für störende Handlungen eines Werkstättenunternehmers, dem das Fahrzeug zur Reparatur übergeben wurde, oder von dessen Mitarbeitern ab (LGZ Graz MietSlg 25.031, Kodek aaO 358). Mitunter wird jedoch auch die gegenteilige Auffassung vertreten; so werden dem Halter sogar gegen dessen Willen begangene Störungen zugerechnet (vgl LGZ Wien MietSlg 22.017, 22.022). Kodek billigt in seiner grundlegenden Untersuchung über die Besitzstörung eine großzügigere Zurechnung an den Halter (vgl Kodek aaO 391) und weist unter anderem auf die mit der Ermittlung des unmittelbaren Störers regelmäßig verbundenen Beweisschwierigkeiten hin. Diesem sei es auch leicht möglich, Abhilfe zu schaffen.

Einerlei ob man sich nun der strengeren oder der großzügigeren Haltung anschließt, wäre für die klagende Partei nichts gewonnen. Vertritt man etwa jene Linie der Judikatur, die grundsätzlich neben der Haltereigenschaft keine weiteren Zurechnungskriterien verlangt, wäre die ursprünglich eingebrachte Besitzstörungsklage (vorbehaltlich der Prüfung der Wiederholungsgefahr) grundsätzlich nicht unberechtigt. In diesem Fall verhindert jedoch die Klagseinschränkung auf Kosten durch die klagende Partei (bei noch aufrecht bestehendem Anspruch) einen Rekurserfolg. Das Institut der Klagseinschränkung auf Kosten wurde von der Rsp nur für jene Fälle entwickelt, bei denen der Klagsanspruch vor Schluss der Verhandlung erloschen ist (vgl Fucik in Rechberger, ZPO3 § 41 Rz 3). Besteht der Klagsanspruch noch weiter, kann daher nicht auf Kosten eingeschränkt werden. Die klagende Partei ist nun ausdrücklich gegen den Beklagten als mittelbaren Störer vorgegangen. Die Bekanntgabe der Identität der Lenkerin (= unmittelbare Störerin) und deren Unterlassungserklärung während des Verfahrens laut Beilage ./1 nimmt nun nicht zwingend dem Klagsanspruch die Berechtigung (insbesondere die Wiederholungsgefahr), zumal es zumindest dem Beklagten (bei einer abstrakten Sichtweise) durchaus möglich ist, weiterhin als mittelbarer Störer in Zusammenwirkung mit anderen unmittelbaren Störern Besitzstörungshandlungen vorzunehmen. Durch die Bekanntgabe der Lenkerin bzw der Vorlage der Beilage ./1 erfolgte keine substantielle Änderung der Klagsberechtigung während des Verfahrens. Die klagende Partei stützte die Klagsberechtigung (insbesondere die Wiederholungsgefahr) ua auf die ihrer Meinung nach unzureichende Unterlassungserlärung des mittelbaren Störers. An dem Inhalt seiner Erklärung hat sich jedoch während des Prozesses nichts geändert, sodass - bei Annahme einer inhaltlich zutreffenden Besitzstörungsklage zu Beginn des Verfahrens - eine Klagseinschränkung auf Kosten verfehlt war.

Wenn man hingegen - wie das Erstgericht und wohl auch der Rekurswerber selbst - neben der Haltereigenschaft auch ein weiteres Zurechnungskriterium verlangt, ist davon auszugehen, dass die Besitzstörungsklage von Anfang an unberechtigt war und deshalb aus diesem Grund kein Kostenzuspruch zu erfolgen hatte. Ein entscheidendes Zurechnungskriterium nach der oben zitierten Judikatur liegt nämlich nach Ansicht des Rekurssenates gegenständlich nicht vor, wobei hier auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann (§ 500a ZPO). Hervorzuheben ist insbesondere, dass gegenständlich der Beklagte die Identität des Lenkers nicht in sittenwidriger Weise verweigert hat. Nach den hier unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes, war es dem Beklagten zum Zeitpunkt seiner Antwort an den KV gar nicht möglich, den unmittelbaren Störer bekannt zu geben. Hinzuweisen ist auch auf die äußerst kurze Frist von einem Tag (!), die der KV dem Beklagten eingeräumt hat. Der Beklagte hat in seinem Antwortschreiben die Nennung eines Lenkers nicht ausdrücklich verweigert, sondern zunächst festgehalten, dass er selbst den Wagen nicht geparkt hat. Zu diesem Zeitpunkt konnte er keine verlässliche Angabe über die Person des Lenkers machen. Der Umstand, dass die Antwort diesbezüglich offen blieb, kann aber nicht mit einer sittenwidrigen Verweigerung gleichgehalten werden. Zudem hat der Beklagte in seinem Schreiben vom 14.5.2007 ausdrücklich dem Klagevertreter angeboten, sich mit ihm telefonisch in Verbindung zu setzen, falls dieser noch weitere Informationen, Erklärungen und dergleichen benötigte. Dieses Angebot hat die klagende Partei nicht angenommen, sondern vielmehr unmittelbar nach Erhalt des Schreibens die Besitzstörungsklage beim Erstgericht (dort eingelangt bereits am 16.5.2007) eingebracht. Eine derart rasche Klagseinbringung ist nicht nachvollziehbar, zumal noch genügend Zeit bis zum Ablauf der Klagsfrist blieb. Die entsprechende Frist beginnt nämlich erst mit dem Tag, der demjenigen folgt, an dem der Kläger Kenntnis von der Störung und vom Störer erlangt hat (LGZ Wien EFSlg 41.709; Fucik in Rechberger ZPO2 § 454 Rz 6). Zum Zeitpunkt des Erhalts des Antwortschreibens des Beklagten an den KV war die Frist betreffend den Beklagten im Hinblick auf die Störungshandlung am 23.4.2007 noch nicht abgelaufen. Gegen die damals noch unbekannte Lenkerin hatte die Frist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen. Wer die Störung kennt, muss sich mit zumutbaren Mitteln in angemessener Frist Kenntnis von der Person des Störers verschaffen (Kodek in Fasching/Konecny III3 § 454 Rz 253). Zu den zumutbaren Mitteln hätte im vorliegenden Fall etwa eine telefonische Erhebung beim Beklagten gehört. Dieser wusste bereits am 15.5.2007, dass seine Frau gefahren ist und beabsichtigte auch, dem KV eine entsprechende Unterlassungserklärung zu schicken. Dass die Klägerin mit der rasch eingebrachten Klage dem zuvorgekommen ist, führt nicht dazu, dass hier ein Zurechnungselement im Sinne der strengeren Judikatur vorliegt.

Das Erstgericht hat somit unter Berücksichtigung der obigen Grundsätze das eingeschränkte Klagebegehren zutreffend abgewiesen, sodass nicht mehr auf die Frage der Wiederholungsgefahr (Punkt 2 des Rekurses) näher eingegangen werden musste.

Auch der Zuspruch von Fahrtkosten an den Beklagten erweist sich als fehlerfrei. Eine unvertretene Partei kann nach § 42 ZPO für die Reiseauslagen Ersatz begehren. Wenn der Beklagte an Fahrtkosten für zweimal 75 km das amtliche Kilometergeld begehrt, ist daraus unzweifelhaft abzuleiten, dass er Kosten seiner Anreise mit dem Pkw verlangt hat. Die Ummöglichkeit der Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel muss dann nicht behauptet oder bescheinigt werden, wenn dies notorisch ist. Das ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 11.6.2007 hat bereits um 9.30 Uhr angefangen. Der Beklagte hätte in diesem Fall von Präbach ein öffentliches Verkehrsmittel bereits um 5.36 Uhr in Anspruch nehmen müssen, um rechtzeitig bei der Tagsatzung zu erscheinen (vgl http://fahrplan.verbundlinine.at). Im Übrigen ist die von der klagenden Partei geforderte Bescheinigung von Reisekosten bei einer anwaltlich nicht vertretenen Partei nicht in jedem Fall erforderlich (vgl etwa hg 13 R 17/06g; 13 R 37/05x; LGZ Graz RpflSlgE 1999/70; LGZ Wien RpflSlgE 1999/7). Sie ist nach Ansicht des Rekursgerichtes dann nicht erforderlich, wenn das Ausmaß der bezeichneten Reisekosten auf der Hand liegt bzw gerichtsnotorisch ist. Das amtliche Kilometergeld ist bei einer unzumutbaren Anreise durch öffentliche Verkehrsmittel durchaus ein ausreichender Anknüpfungspunkt, um einer anwaltlich nicht vertretenen Partei Reisekosten zuzusprechen.

Dem unbegründeten Rekurs war daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 500 Abs 2 Z 2, 526 Abs 3, 528 Abs 2 Z 2, 3 und 6 ZPO.

Landesgericht Eisenstadt

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