JudikaturJustiz36R291/20s

36R291/20s – LG für ZRS Wien Entscheidung

Entscheidung
12. Mai 2021

Kopf

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht fasst durch den Richter VPräs. Mag. Peter Weiß als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Martin Weiländer und die Richterin Mag. Susanna Kießwetter in der Rechtssache der Klägerin *****, vertreten durch Dr. Monika Krause, Rechtsanwältin in 1020 Wien, wider die beklagte Partei *****, vertreten durch Mag. Erik Focke, Rechtsanwalt in 1030 Wien, wegen EUR 390,- samt Anhang, infolge Kostenrekurses (Rekursinteresse EUR 2.746,53) der Klägerin gegen das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 30.9.2020, GZ 33 C 344/18m-25, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s :

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung in ihrem Punkt 2. dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig der Klägerin die mit EUR 1.286,08 (darin enthalten EUR 150,50 USt. und EUR 383,10 Barauslagen) bestimmten Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig der Klägerin die mit EUR 280,53 (darin enthalten EUR 46,75 USt.) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Klägerin begehrte von der beklagten Partei mit am 4.6.2018 bei Gericht eingelangter Mahnklage die Zahlung von EUR 3.008,56 s.A. und brachte vor, das Klagebegehren setze sich zusammen aus EUR 2.938,56 an fiktiven Reparaturkosten und EUR 70,- an unfallkausalen Nebenspesen aufgrund eines Verkehrsunfalls, an dem den Lenker des Beklagtenfahrzeugs das Alleinverschulden treffe. Mit Schriftsatz vom 5.6.2020 (ON 21) dehnte die Klägerin die Reparaturkostenforderung aufgrund der zwischenzeitlich durchgeführten Reparatur auf EUR 3.036,67 und somit das Zahlungsbegehren auf EUR 3.106,67 samt Anhang aus. In der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 30.9.2020 (ON 24) schränkte die Klägerin das Klagebegehren auf EUR 390,- samt Anhang, bestehend aus Kaskoselbstbehalt von EUR 320,- und unfallkausalen Nebenspesen von EUR 70,- ein, wobei sie dazu vorbrachte, dass sie das Klagsfahrzeug im November 2018 über ihre Kaskoversicherung reparieren habe lassen und daraus einen Selbstbehalt von EUR 320,- zu tragen gehabt habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Mit der nur im Kostenpunkt angefochtenen Entscheidung verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei zur Zahlung von EUR 390,- samt Anhang und die Klägerin zum Kostenersatz an die beklagte Partei von EUR 1.451,20, wobei es vom Alleinverschulden des Lenkers des Beklagtenfahrzeugs ausging. Zur Kostenentscheidung führte es aus, dass die Klägerin bis zur Einschränkung des Klagebegehrens in der mündlichen Streitverhandlung vom 30.9.2020 als unterliegend anzusehen sei, da die Entscheidung den Schadenfall über die Kaskoversicherung abzuwickeln in ihre Sphäre falle. Sie sei in den beiden Verfahrensabschnitten vor der letzten Tagsatzung mit rund 13 % ihres Anspruchs durchgedrungen, weshalb sie 13 % der Pauschalgebühr ersetzt erhalte, jedoch der beklagten Partei 74 % der Kosten dieser beiden Abschnitte zu ersetzen habe. Im letzten Verfahrensabschnitt, der sich auf die letzte Tagsatzung beschränke, habe die Klägerin zur Gänze obsiegt, weshalb sie die gesamten Kosten dieser Verhandlung von der beklagten Partei ersetzt erhalte.

Gegen die in diesem Urteil enthaltene Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag diese dahingehend abzuändern, dass die beklagte Partei schuldig erkannt werde der Klägerin die mit EUR 1.295,33 bestimmten Prozesskosten zu ersetzen.

Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Die Rekurswerberin führt aus, dass sie die Reparaturkosten im November 2018 über ihre Vollkaskoversicherung abgerechnet habe, weil durch die Rechtshilfevernehmung des Lenkers des Beklagtenfahrzeugs mit einer langen Verfahrensdauer zu rechnen gewesen sei. Sie habe nicht über ausreichende Barmittel verfügt um die Reparaturrechnung zu bezahlen. Bis zur Reparatur im November 2018, also bis inklusive der Tagsatzung am 15.10.2018, sei sie mit dem Klagebegehren voll durchgedrungen. Mit dem Fortsetzungsantrag und in der Tagsatzung am 9.9.2020 habe sie nur mit 13 % obsiegt, in der letzten Tagsatzung am 30.9.2020 aber wieder voll. Die Klagseinschränkung hätte bereits mit dem Fortsetzungsantrag erfolgen müssen. Klagseinschränkungen wegen Leistungen des Kaskoversicherers um einen vom Beklagten an sich geschuldeten Betrag seien nicht als Unterliegen des Klägers anzusehen. Die Klägerin sei daher bis 15.10.2018 und in der Tagsatzung vom 30.9.2020 mit ihrem Klagsanspruch voll durchgedrungen, lediglich hinsichtlich des Fortsetzungsantrag und der Tagsatzung vom 9.9.2020 betrage die Obsiegensquote 13 %.

Nach herrschender Rechtsprechung des Rekursgerichts fällt die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung dem Kläger kostenmäßig nicht zur Last (WR 295; 36 R 235/16z; 35 R 79/17b; 34 R 150/17m; 64 R 3/19t). Wird das Klagebegehren wegen Leistung durch den Kaskoversicherer während des Verfahrens eingeschränkt, so sind aus dieser Klagseinschränkung für den Kläger Kostenfolgen nicht abzuleiten (Vrba in ** (Hrsg), Schadenersatz in der Praxis (42. Lfg 2020) Verfahrensrechtliche Sonderprobleme bei Schadenersatzansprüchen Rz 28). In diesem Zusammenhang darf weiters auf die Entscheidung ZVR 1981/216 verwiesen werden. Dort sprach der OGH aus, dass der Geschädigte im Allgemeinen nicht verpflichtet ist, eigenes Kapital zur Schadensbehebung aufzuwenden. Er hat aber im Zug der Schadensminderungspflicht, wenn ihm dies leicht und ohne Nachteil möglich ist, zur vorübergehenden Deckung des Schadens eine allenfalls vorhandene Kaskoversicherung heranzuziehen, wenn hiedurch Kreditkosten vermieden werden können. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts ist daher von einem vollständigen Obsiegen der Klägerin auch in den ersten beiden Verfahrensabschnitten mit folgender Ausnahme auszugehen. Da die Reparatur bereits im November 2018 erfolgte, hätte die Klägerin schon in ihrem Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens vom 27.5.2020 (ON 19) die Einschränkung des Klagebegehrens vornehmen können und müssen. Sie ist daher ab diesem Zeitpunkt bis unmittelbar vor die Tagsatzung vom 30.9.2020 als mit lediglich 13 % obsiegend zu betrachten. Somit hat sie gemäß § 43 Abs 1 ZPO 74 % der Kosten der beklagten Partei in diesem Verfahrensabschnitt zu ersetzen, dabei handelt es sich um die Kosten der Tagsatzung vom 9.9.2020. Entgegen der Berechnungen der Rekurswerberin in ihrem Rekurs, gebührt ihr hingegen für den Antrag vom 27.5.2020 auch kein Kostenersatz im Ausmaß von 13 %, da sie in diesem Abschnitt ja bereits kostenersatzpflichtig und nicht kostenersatzberechtigt war. Den Einwendungen der Klägerin folgend war, wie auch das Erstgericht bereits ausgesprochen hat, die Bekanntgabe der beklagten Partei vom 9.6.2020 (ON 22) nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, da die darin enthaltene Urkundenerklärung auch in der Tagsatzung abgegeben hätte werden können. Somit ergibt sich ein Kostenersatzanspruch der Klägerin von EUR 927,48 netto an Vertretungskosten, von dem EUR 175,- netto an Vertretungskosten der beklagten Partei abzuziehen sind. Bei den Barauslagen steht der Klägerin ein Ersatzbetrag von EUR 720,60 zu, von dem der der beklagten Partei gebührende Ersatzbetrag von EUR 337,50 in Abzug zu bringen ist. Nach Hinzurechnung der USt. von EUR 150,50 ergibt sich somit ein Kostenzuspruch für die Klägerin von EUR 1.286,08, in welchem Ausmaß dem Kostenrekurs Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung für das Rekursverfahren beruht auf den §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Die Rekurswerberin unterlag nur geringfügig, mit weniger als 1 %, weshalb sie die gesamten Kosten des Rekursverfahrens ersetzt erhält. Das Rekursinteresse und damit die Bemessungsgrundlage für die Obsiegensquote und den Tarifansatz nach RATG setzt sich aus dem der beklagten Partei in der angefochtenen Entscheidung zugesprochenen Kostenersatz von EUR 1.451,20 und dem von der Klägerin mit Rekurs begehrten Kostenersatz von EUR 1.295,33 zusammen.

Rechtssätze
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