JudikaturJustiz33R129/23t

33R129/23t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
16. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke ALPENLÄNDISCHER VOLKSMUSIKWETTBEWERB über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 31.7.2023, AM 11007/2022-4, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Der Antragsteller beantragte am 3.6.2022 die Eintragung der Wortmarke „ALPENLÄNDISCHER VOLKSMUSIKWETTBEWERB“ für die Waren und Dienstleistungen der Klassen

9 Ton- und Videoaufzeichnungen; Tonträger, CDs, DVDs und Videofilme;

16 Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); gedruckte Noten und Notenblätter;

41 Unterhaltung, insbesondere Musikdarbietungen (live); Veranstaltung von Konzerten; Ausbildung, insbesondere musikalische Ausbildung; Veranstaltung von musikalischen Wettbewerben; Veröffentlichung von musikalischen Werken.

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte die Rechtsabteilung des Patentamts die Eintragung im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die beteiligten Verkehrskreise das angemeldete Zeichen nur als beschreibenden Hinweis auf einen beliebigen Musikwettbewerb für alpenländische Volksmusik verstehen würden.

Gegen einen Teil der Entscheidung richtet sich der Rekurs des Antragstellers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht. Er beantragt, die Marke nur im Umfang von „Veranstaltung von musikalischen Wettbewerben, nämlich Volksmusik-Wettbewerben“ (Klasse 41) ins Markenregister einzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Der Antragsteller argumentiert, die beteiligten Verkehrskreise seien jene österreichischen Durchschnitskonsument:innen, die die entsprechenden Qualifikationen aufweisen, um an einem Volksmusikwettbewerb teilzunehmen. Für allfällige Zuschauer stelle der Wettbewerb nur eine „Unterhaltung, insbesondere eine Musikdarbietung [live] dar“. Das Zeichen habe außerdem bereits Verkehrsgeltung erlangt.

2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.

2.1. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und sie als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des bezeichnenden Unternehmens verstehen (RS0109431 [T10]). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen“ herstellen können (EuGH C 326/01 P, Universaltelefonbuch , Rn 33; C 494/08 P, Pranahaus , Rn 29; 4 Ob 153/21k, Myflat; vgl auch OLG Wien 33 R 11/22p, Truck Buddy ).

2.2. Dieses absolute Schutzhindernis soll beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz ausschließen, weil die Allgemeinheit ein Bedürfnis an der freien Verwendung dieser Begriffe hat, wobei bereits eine bloße potenzielle Beeinträchtigung der freien Verwendbarkeit des Begriffs ausreicht (C-108/97, Chiemsee , Rn 35; C-80/09 P, Patentconsult , Rn 35f). Dabei ist nicht nur auf die aktuellen Gegebenheiten abzustellen, sondern auch darauf Bedacht zu nehmen, ob eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit des Zeichens vernünftigerweise erwartet werden kann ( Ströbele/Hacker , MarkenG 13 § 8 Rn 426f; Ingerl/Rohnke/Nordemann , MarkenG 4 § 8 Rz 198 und 209ff jeweils mwN).

2.3. Aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken, weshalb die Schützbarkeit zu verneinen ist, wenn sie nur eine Aussage über die Ware selbst enthalten, die sie beschreiben (RS0122385 [T1]).

2.4. Beteiligte Verkehrskreise sind alle Personen, die als Erwerber der Ware und Empfänger der Dienstleistung in Betracht kommen, also die Personen, die potentiell bereit sind, die Ware zu erwerben oder die Dienstleistung zu konsumieren. Das sind neben dem Handel, den Lieferanten und Konkurrenten die durchschnittlich informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren und Dienstleistungen (vgl 4 Ob 78/18a; 4 Ob 49/14f; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 4 Rz 61ff je mwN; RS0079038). Das Registrierungshindernis besteht schon dann, wenn das Zeichen in nur einem der angesprochenen Verkehrskreise als beschreibender Hinweis auf die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen verstanden wird, auch wenn diese Ansicht in anderen Verkehrskreisen nicht geteilt wird. Das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen kann das Registrierungshindernis auch dann bewirken, wenn es sich dabei um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt (4 Ob 77/15z; 4 Ob 126/15f; OLG Wien 133 R 64/18m; OLG Wien 33 R 117/21z).

2.5. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt ein großer Teil der österreichischen Gesamtbevölkerung als Empfänger der Dienstleistung des Antragstellers in Betracht. Abgesehen davon, dass sich die Gruppe der potentiell teilnehmenden Musiker ständig weiterentwickelt und auch Personen an der Teilnahme eines Wettbewerbs interessiert sein könnten, die erst in der Zukunft das musikalische Niveau für eine Wettbewerbsteilnahme erreichen werden, bisher nicht der „Szene“ angehörten oder über kein Insiderwissen verfügen, spricht der Wettbewerb auch Sponsoren und Zuschauer an. Das Rekursgericht geht davon aus, dass der Zuschauer der Darbietungen eines Musik wettbewerbs bewusst einen solchen und nicht eine bloße Musik darbietung besucht.

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Zeichen des Antragstellers ausschließlich beschreibend iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG; die beteiligten Verkehrskreise werden das Zeichen als beschreibenden Hinweis auf einen Volksmusikwettbewerb, der für den Alpenraum abgehalten wird, verstehen.

4. Nach § 4 Abs 2 MSchG wird die Registrierung im Fall des § 4 Abs 1 Z 4 zugelassen, wenn das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise vor der Anmeldung infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft im Inland erworben hat.

4.1. Ob Verkehrsgeltung vorliegt, ist eine aufgrund der entsprechenden tatsächlichen Grundlagen zu lösende Rechtsfrage (4 Ob 12/05a; 17 Ob 29/07z; RIS-Justiz RS0043586).

Je stärker der bloß beschreibende Charakter ist, umso höher müsste der durch Benutzung erworbene Kennzeichnungsgrad sein (vgl 4 Ob 38/06a = RS0120911; 4 Ob 203/17g); je größer das Freihaltebedürfnis und je geringer die Kennzeichnungskraft, desto höher muss die Verkehrsgeltung sein, um einen Schutz zu rechtfertigen (4 Ob 126/01k; 17 Ob 2/08f; vgl RS0078229 [T6]).

Ob eine Marke infolge Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat, ist konkret anhand sämtlicher Gesichtspunkte zu prüfen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die betreffende Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen. Diese Gesichtspunkte müssen sich auf eine Benutzung der Marke als Marke beziehen, das heißt auf eine Benutzung, die der Identifizierung der Ware oder Dienstleistung durch die beteiligten Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend dient (4 Ob 101/20m; EuGH C-217/13 und C-218/13, Oberbank , Rn 40-42, 44; C 215/14, Kitkat I , Rn 63 ). Verkehrsgeltung ist anzunehmen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Zeichen einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblickt (C 215/14, Kitkat I , Rn 58 ff; s auch C 108/97, Chiemsee , Rn 46; C 299/99, Philips/Remington , Rn 61; C 353/03, Nestlé/Mars , Rn 30; RS0078751); maßgeblich ist, dass die beteiligten Verkehrskreise an ein und dasselbe Unternehmen oder an die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen denken, wenn sie mit dem Zeichen konfrontiert werden (vgl RS0078751 [T7]).

4.2. Der Antragsteller versucht, den Nachweis der Verkehrsgeltung anhand von Berichten aus regionalen und nationalen Printmedien, einer Dissertation aus dem Jahr 2019 zum Thema „Volksmusikwettbewerbe als Indikatoren und Impulsgeber – unter besonderer Berücksichtigung der Alpenländischen Volksmusikwettbewerbe in Innsbruck“, der Ergebnisliste einer Suche aus dem ORF-Tirol FS Archiv aus den Jahren 2018 bis 1980, Briefen und Screenshots aus Social Media Auftritten von Musikern und Journalisten zu erbringen.

4.3. Dem Patentamt ist zuzustimmen, dass der Nachweis nicht gelingt:

In der Medienberichterstattung wird das Zeichen teilweise gar nicht erwähnt (zB Artikel in „Die Presse“ vom 29./30.10.1988, Artikel in „Krone“, ohne Datum, Artikel im „Kurier“ vom 22.2.1988). Teilweise sind das Erscheinungsmedium, dessen Auflage oder die geografische Verbreitung unklar. Viele Auftritte stammen aus einem weit vor dem Anmeldetag liegenden Zeitraum (1976 bis 1990). Die Artikel aus Regionalmedien beziehen sich insbesondere auf die südlichen und westlichen Bundesländer. Die großen Tageszeitungen berichteten über den 8. Volksmusikwettbewerb als „8. Alpenländischen Volksmusikwettbewerb in Innsbruck“, und „Alpenländische Musiktage 1988“. Auch sonst ist in der Berichterstattung in den großen Tageszeitungen, unabhängig davon, ob die Artikel überhaupt im bundesweit erscheinenden Teil abgedruckt wurden, keine einheitliche Formulierung gewählt; 1990 wurde etwa von den „Alpenländischen Musiktagen in Innsbruck“ berichtet. Der Wettbewerb wird somit nicht durchgehend mit dem Zeichen in Verbindung gebracht.

Die vorgelegten Screenshots und Briefe lassen keine Rückschlüsse darauf zu, ob und inwieweit die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen zur Kenntnis genommen haben. Eine erkennbare Verknüpfung zwischen dem Zeichen und dem Antragsteller wird nur im Rahmen der vorgelegten Ausschreibungsunterlagen für die Jahre 1974, 1978, 1984 und 2016, in einem Schreiben an die Wettbewerbsteilnehmer aus dem Jahr 1974 und einem Schreiben an einen nicht näher bekannten Empfänger, der darum ersucht wird, die Wettbewerbsmaterialien in seinem Haus aufzulegen, hergestellt; dort scheint der Tiroler Volksmusikverein jeweils als Veranstalter auf. Aus der Dissertation, einer wissenschaftlichen Arbeit unter Berücksichtigung des Alpenländischen Volksmusikwettbewerbs und dessen historischer Entwicklung, lässt sich nicht ableiten, wie das Zeichen verwendet und ob es als Marke wahrgenommen wurde. Die dort enthaltene Statistik setzt sich mit Teilnehmerdaten auseinander und lässt keinen Rückschluss darüber zu, ob das Zeichen als Marke bekannt ist. Auch aus der Übersicht der Fernseheinschaltungen zeigt sich nicht, für welche Waren und Dienstleistungen das Zeichen verwendet wurde. Sofern in den Unterlagen etwa über den „ 11 . Alpenländische[n] Volksmusikwettbewerb“ berichtet wird, kann nicht von der Verwendung einer Marke gesprochen werden, da es in dieser Berichterstattung gerade darauf ankommt, zum wievielten Mal der Wettbewerb stattfindet und nicht auf das Zeichen als Marke.

Insgesamt belegen die Unterlagen des Antragstellers zwar, dass verschiedene regionale und nationale Medien im Lauf der Jahre regelmäßig über den Wettbewerb berichteten, Musikern aus der „Szene“ rege am Wettbewerb teilnahmen und der Antragsteller immer wieder als Veranstalter des Wettbewerbs auftrat. Sie liefern aber keinen Hinweis darauf, dass eine beträchtliche Zahl der in Österreich lebenden Menschen im Zeichen „ALPENLÄNDISCHER VOLKSMUSIKWETTBEWERB“ einen Hinweis auf die Herkunft der so beschriebenen Dienstleistung (Veranstaltung) sieht.

5. Ob ein Begriff rein beschreibend ist und ein Zeichen Verkehrsgeltung hat, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl RS0121895; RS0121679). Aus diesem Grund war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.