JudikaturJustiz33R106/23k

33R106/23k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
12. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Tscherner und die fachkundige Laienrichterin Mag. Ornig in der Markenschutzsache der Antragstellerin E***** , vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Dr. David Plasser, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin N***** , vertreten durch die GEISTWERT Kletzer Messner Mosing Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Löschung der Marke „Burning Hot“ (AT275657) über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 21.3.2023, Nm 78/2019-7, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten der Berufung selbst zu tragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Text

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der seit 14.11.2013 unter der Nummer 275657 registrierten Wortmarke „ Burning Hot “. Die Marke ist für folgende Waren und Dienstleistungen eingetragen (Hervorhebungen durch das Berufungsgericht):

Die Antragstellerin beantragte am 16.9.2019 die Löschung der Marke nach § 33a MSchG mit dem Vorbringen, die Antragsgegnerin benutze die Marke nicht kennzeichenmäßig. Die Antragsgegnerin habe das Zeichen in den fünf Jahren vor Einbringung des Löschungsantrags ausschließlich als Bezeichnung für ein kostenloses Onlinespiel benutzt, bei dem es weder monetäre Einsätze noch Gewinnauszahlungen gebe. Das kostenlose Zur-Verfügung-Stellen von Online-Spielen lasse sich unter keinen Begriff des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der angegriffenen Marke subsumieren.

Die Antragsgegnerin erwiderte im Wesentlichen, durch die Benutzung der Wortmarke als kennzeichnender Name eines „Slot-Games“, das heißt eines Automatenspiels, und zwar insbesondere in Form der Online-Version dieses Spiels, habe sie „Burning Hot“ markenmäßig gebraucht. Der Spieltitel versetze die angesprochenen Verkehrskreise in die Lage, das Spiel „Burning Hot“ von anderen Spielen zu unterscheiden. In Österreich biete die Antragsgegnerin Spiele ausschließlich online und in der sogenannten „Social-Variante“ an, in der ein Tochterunternehmen der Antragsgegnerin österreichischen Eigenverbrauchern das Spiel ohne monetäre Einsätze oder Gewinnauszahlungen online zur Verfügung stelle. Dass die Antragsgegnerin ein Interesse am Erhalt der Marke habe, zeige sich auch darin, dass die Spielbank Berlin GmbH und Co KG in Berlin Spielautomaten mit dem Slot-Game „Burning Hot“ betreibe, und zwar mit steigender Spielerzahl.

Bezogen auf Österreich trug die Antragsgegnerin vor, sie biete das Spiel nicht auf physischen Spielautomaten, sondern nur online an, und zwar in einer „Social“-Variante, bei der es keine Einsätze und keine Gewinne gebe (Gegenschrift vom 20.1.2020, Seite 4, Punkt 3.1).

Mit dem angefochtenen Beschluss löschte die Nichtigkeitsabteilung die Marke mit Wirksamkeit vom 16.9.2019. Sie traf die auf den Seiten 11 und 12 der Beschlussausfertigung ersichtlichen Feststellungen, die zum Thema „Benutzung“ wie folgt wiedergegeben werden können:

Die Marke werde über eine online-Plattform vertrieben, und zwar durch eine GmbH, die dafür die Lizenz einer 100-prozentigen Tochter der Antragsgegnerin habe. Auf dieser Internetseite würden den Endkunden Slotspiele im Social Sampling zur Verfügung gestellt. Eine gewisse Anzahl von Spielen sei unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden, danach hätten die Benützer mit einer virtuellen Währung zahlen müssen, die sie bei der Spieleplattform gekauft hätten. Welcher monetäre Umsatz mit dem Spiel Burning hot gemacht worden sei, konnte die Nichtigkeitsabteilung nicht feststellen.

Für den Benutzungszeitraum stellte die Nichtigkeitsabteilung die Zahl der Spieler fest, die das Spiel jährlich in Anspruch genommen hätten (mindestens 13.860, maximal 399.541).

Die Entscheidung enthält auch die Feststellung, dass sich die Geschäftstätigkeit auf online-Spiele beschränke. Eine weitergehende Nutzung der Marke habe nicht stattgefunden.

Rechtlich kam die Nichtigkeitsabteilung zum Ergebnis, dass die festgestellte Nutzung über Online-Spielautomaten unmittelbar als Benutzung der Marke für die von der Registrierung umfassten Waren der Klasse 9: Hardware und Software, insbesondere für Glücksspiele über die Telekommunikationsnetze und/oder Internet ohne Gewinnauszahlung; und die Dienstleistung der Klasse 41: Betrieb von Online Internetcasinos, gewertet werden. Für weitere Waren und Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen sei, habe die Antragsgegnerin keinen Benutzungsnachweis für Österreich erbracht. Von einer Benutzung für Waren der Klasse 28 ging die Nichtigkeitsabteilung nicht aus.

Die festgestellten Nutzerzahlen zwischen 13.860 im Jahr 2017 und 399.541 im Jahr 2018 seien aber angesichts eines Jahresumsatzes für Online-Gaming in Österreich im Jahr 2020 von 284 Millionen Euro im unteren Bereich angesiedelt. Daraus leitet die Nichtigkeitsabteilung offensichtlich ab, dass die festgestellte Nutzung nicht ausreiche, eine ernsthafte kennzeichenmäßige Benutzung in Österreich nachzuweisen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, dass der Löschungsantrag vollständig abgewiesen werde, in eventu dass er hinsichtlich der Waren der Klasse 9: „Hardware und Software, insbesondere für Glücksspiele über Telekommunikationsnetze und/oder Internet ohne Gewinnauszahlung“; und der Dienstleistung der Klasse 41: „Betrieb von Online Internetcasinos“ abgewiesen werde; in eventu, die Entscheidung aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Patentamt zurückzuverweisen.

Die Antragstellerin erstattete keine rechtzeitige Berufungsbeantwortung. Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Fristversäumung hat die Nichtigkeitsabteilung mit Beschluss vom 16.8.2023 rechtskräftig abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Nach § 33a Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer seit mindestens fünf Jahren im Inland registrierten oder gemäß § 2 Abs 2 MSchG in Österreich Schutz genießenden Marke begehren, soweit diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten ernsthaft kennzeichenmäßig iSd § 10a MSchG benutzt wurde, es sei denn, dass der Markeninhaber die Nichtbenutzung rechtfertigen kann. Die Benutzung iSd Abs 1 ist gemäß § 33a Abs 5 MSchG vom Markeninhaber nachzuweisen. Zweck der Benutzungsobliegenheit ist, das Markenregister durch Löschung nicht benutzter Marken zu entlasten (RS0066801; 4 Ob 98/14m, Feeling/Feel II ; Beetz in Kucsko/Schumacher , Marken.Schutz 3 § 33a Rz 4).

2. Eine Marke wird „ernsthaft benutzt“, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zur garantieren, für die sie eingetragen wurde, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (C-40/01, Ansul , Rn 43; C-416/04 P, Sunrider , Rn 70; C-259/02, La Mer Technology , Rn 27; Om 8/11, WEG ; 17 Ob 11/08d, BUZZ! ; 4 Ob 26/18d, Compriband ; RS0123519; RW0000854; OLG Wien 133 R 70/17t, LOOK ; OLG Wien 133 R 112/18w, IST ).

Rechtserhaltend kann daher nur eine kennzeichenmäßige Benutzung sein. Sie liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf sie so gebraucht wird, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren– oder Dienstleistungsart (vgl C-342/97, Lloyd , Rn 25f) annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (4 Ob 391/84, Ford-Spezialwerkstätte ; 4 Ob 79/06f, Smiley; 4 Ob 134/06v, BUZZ! ; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel I ; 4 Ob 26/18d, Compriband ; RS0066671; Beetz aaO Rz 18ff). Das Zeichen muss als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO ; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rz 19, LOTTOCARD ; Om 2/10 Flügerl ; siehe auch RW0000854).

Ist die Marke nur für Waren oder Dienstleistungen benutzt worden, die unter keinen der Begriffe des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses subsumiert werden können, ist die Marke insgesamt unbenutzt und löschungsreif. Eine Benutzung für eine Ware oder Dienstleistung, die den eingetragenen Waren oder Dienstleistungen nur ähnlich ist oder unter einen gemeinsamen, nicht eingetragenen Oberbegriff fällt, ist nicht rechtserhaltend ( Ingerl/Rohnke/Nordemann/Schmitz-Fohrmann , MarkenG 4 § 26 Rz 107; Beetz aaO Rz 62ff).

3. Die Feststellungen der Nichtigkeitsabteilung über die Benutzung der Marke während des relevanten Zeitraums in Österreich sind undeutlich, denn es kommt nicht darauf an, ob „die Marke“ „vertrieben“ wird; relevant ist, ob die registrierten Waren vertrieben oder die registrierten Dienstleistungen zumindest angeboten oder erbracht werden.

Die Feststellung, dass der Benutzer nach dem Absolvieren „einer gewissen Anzahl von Spielen“ nur weiterspielen könne, wenn er mit einer vorher zu kaufenden virtuellen Währung gezahlt habe, ist vom Vorbringen der Antragsgegnerin nicht gedeckt. Dieses [Anm.: gemeint „Ihr“] in der Gegenschrift formulierte[s] Tatsachenvorbringen hat die Antragsgegnerin während des Verfahrens aufrechterhalten.

Das Berufungsgericht geht somit von den Feststellungen der Nichtigkeitsabteilung zur Markenbenutzung in Österreich aus, soweit sie das Vorbringen der Antragsgegnerin nicht überschreiten:

Die Marke wurde im relevanten Zeitraum in Österreich dadurch benutzt, dass mit ihr ein nur online verfügbares Spiel ohne Einsatz und ohne Gewinn bezeichnet wurde.

4. Entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht reicht dieser Gebrauch nicht aus, um die Marke zu erhalten.

Die Antragsgegnerin argumentiert, anhand der festgestellten Spielerzahlen, die darüber hinaus stark angestiegen seien, zeige sich, dass der Gebrauch der Marke in Form der online-Zur-Verfügung-Stellung des als „Burnig Hot“ bezeichneten Spiels für deren Erhalt im Hinblick auf die Waren der Klasse 9: „Hardware und Software, insbesondere für Glücksspiele über Telekommunikationsnetze und/oder Internet ohne Gewinnauszahlung“; und die Dienstleistung der Klasse 41: „Betrieb von Online Internetcasinos“ ausreiche.

Das Berufungsgericht teilt diese Ansicht nicht.

4.1. Zur Klasse 9:

Ein Online-Spiel ist keine Hardware für Glücksspiele. Ein Erhalt der Marke für darunter fallende Waren, scheidet daher aus.

Die Ware Software ist ein Programm für den Betrieb eines Computers; ein Unternehmen, das Software für Glücksspiele anbietet, bietet einen programmierten Datensatz an, der den Betrieb eines Glücksspiels ermöglicht. Die Nutzung des Zeichens „Burning Hot“ erfolgt nicht in Zusammenhang mit dem Anbieten des Produkts Software für Glücksspiele, sondern im Rahmen der Erbringung der Dienstleistung der Zur-Verfügung-Stellung eines – von wem auch immer programmierten – Spiels.

Darüber hinaus ist das Spiel mit der Bezeichnung „Burning Hot“ kein Glücksspiel: Nach § 1 Abs 1 GSpG ist ein Glücksspiel iSd GSpG ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einem Glücksspiel um ein Spiel, für das ein Einsatz geleistet wird und das eine Gewinnmöglichkeit und ein Verlustrisiko bietet. Für das von der Beklagten angebotene Spiel ist kein Einsatz zu leisten, und es gibt keine Gewinnauszahlung.

4.2. Zur Klasse 41 (und 28):

Im allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einem Casino um einen, wenn auch möglicherweise virtuellen, Ort, an dem gegen Zahlung eines Einsatzes Spiele angeboten werden. Die festgestellte Nutzung der Marke durch die Antragsgegnerin fällt weder unter die Dienstleistung des Betriebs von Online Internetcasinos (aus Klasse 41), noch unter die Ware „Casinospiel mit oder ohne Gewinnauszahlung“ (aus Klassen 28), weil die Nutzer dieses online-Spielangebots keinen Einsatz zahlen. Diese Art der (Freizeit-)Beschäftigung wird nicht mit Benutzung einer Ware „Casinospiel“ ausgeübt.

Festzuhalten ist überdies, dass schon die Nichtigkeitsabteilung die registrierten Waren der Klasse 28 insgesamt als unbenutzt erkannt hat; dagegen hat die Antragsgegnerin in der Berufung nichts vorgetragen.

5. Im Ergebnis ist der Nichtigkeitsabteilung zuzustimmen, dass die Antragsgegnerin keinen Benutzungsnachweis erbracht hat.

6. Da die Nutzung des Zeichens nicht unter das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis subsumiert werden kann, für das die Marke eingetragen ist, ist es nicht relevant, ob die festgestellten Nutzungszahlen bei der Nutzung in Österreich erzielt wurden; der in diesem Zusammenhang behauptete sekundäre Feststellungsmangel liegt nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm den §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO. Die Kosten der verspäteten Berufungsbeantwortung sind nicht zu ersetzen.

8. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000 (vgl 4 Ob 66/18m).

9. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Beurteilung, ob ein angemessener Gebrauch iSd § 33a MSchG vorliegt, hängt typisch von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RS0123519; RS0066797; 4 Ob 26/18d).