JudikaturJustiz32R24/15x

32R24/15x – LG Leoben Entscheidung

Entscheidung
30. April 2015

Kopf

B e s c h l u s s

Das Landesgericht Leoben hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Günter Kafrda (Vorsitz), Mag. Maria-Luise Schröcker und Mag. Georg Schober in der Exekutionssache der betreibenden Partei Sozialhilfeverband B**-M*** , vertreten durch Dr. Gert Folk, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wider die verpflichtete Partei A*** H***, vertreten durch den Sachwalter F*** P***, wegen EUR 11.947,33 sA, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 20. Februar 2015, 9 E 458/15p-2, beschlossen:

Spruch

Aus Anlass des Rekurses wird die angefochtene Entscheidung als nichtig aufgehoben und der am 5. Februar 2015 zu 9 E 458/15p des BG Bruck/Mur eingelangte Exekutionsantrag zurückgewiesen.

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit seinem am 5. Februar 2015 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte der betreibende Sozialhilfeverband, ihm aufgrund des Bescheides der BH B***/M** vom 21. November 2014, GZ: 9.2-331/14, zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von EUR 11.947,33 sA die Exekution durch zwangsweise Begründung eines Pfandrechtes an dem im Eigentum des Verpflichteten stehenden Hälfteanteil der Liegenschaft EZ *** GB 60404 Mariazell zu bewilligen. Der Spruch des unter einem vorgelegte Exekutionstitels lautet:

Herrn A*** H*** […] wurde Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs in Form der Übernahme der vom 13. März 2014 bis 31. Oktober 2014 angefallenen Anstaltsrestkosten im Pflegeheim St. S*** in Höhe von EUR 11.947,33 gewährt. Herr A*** H*** verpflichtet sich, dass dieser Betrag auf dem ihm gehörenden ½ Anteil der Liegenschaft EZ *** GB Nr. 60404 durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung sichergestellt wird.

Rechtsgrundlagen: §§ 4, 5 und 13 Abs 1 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetz Landesgesetzblatt Nr. 29/1998 in der geltenden Fassung “. Unter einem bestätigte die BH Bruck/Mur gemäß § 3 Abs 2 VVG “, dass der Bescheid keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug unterliege (ON 1 samt Titel).

Mit dem bekämpften Beschluss wies das Erstgericht den Exekutionsantrag ab. Aus dem Titel ergebe sich nicht, dass dem Verpflichteten die Zahlung eines (Geld-)Betrags innerhalb einer Leistungsfrist aufgetragen werde. Da die begehrte Begründung eines Zwangspfandrechtes aber nur zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung bewilligt werden könne, handle es sich beim Bescheid vom 21. November 2014 nicht um einen Titel, der im Wege der §§ 87 ff EO vollstreckt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der fristgerecht aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene (durch anwaltliche Unterfertigung verbesserte) Rekurs des Betreibenden mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass die Exekution bewilligt werden möge. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes rechtfertige der Titel die begehrte Exekution, weil dem Hilfeempfänger damit keine Verpflichtung zum Ersatz der Sozialhilfekosten auferlegt werde und daher nur die Grundlage für eine allfällige Exekutionsführung in dessen verwertbares Vermögen bilde. Dass im Spruch keine Leistungsverpflichtung enthalten sei, entspreche der höchstgerichtlichen Judikatur: Mit Erkenntnis zu 2009/10/0188 habe der VwGH nämlich ausgesprochen, dass mangels verwertbaren Vermögens nur eine Sicherstellung nach § 5 Abs 4 Stmk-SHG, jedoch keine konkrete Verpflichtung zur Leistung von Aufwandersatz angeordnet werden dürfe. Der Umstand, dass die Verwertung des Vermögens des Verpflichteten derzeit unzumutbar sei, ändere aber nichts daran, dass ihm gegen den Verpflichteten schon eine fällige Geldforderung zustehe.

Aus Anlass des zulässigen Rechtsmittels ist der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO wahrzunehmen.

Vorweg ist dem Erstgericht darin beizupflichten, dass - wie das Rekursgericht schon in einer Vielzahl von Entscheidungen ausgesprochen hat - nicht maßgebend ist, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hätte, sondern nur, wozu er im Titel verpflichtet wurde, weil nicht die materielle Rechtslage, sondern allein der Inhalt des Exekutionstitels selbst für den Umfang der Exekutionsbewilligung maßgebend ist (RIS-Justiz RS0000279 und RS0000217; 3 Ob 88/13g, 3 Ob 10/13m, 3 Ob 75/12v und 3 Ob 11/12; Angst/Jakusch/Mohr , EO 15 , E 10 zu § 7; jüngst LG Leoben, 32 R 5/15b und 32 R 36/14k mwN; Jakusch in Angst , aaO, Rz 6 zu § 7; Klicka, aaO, Rz 1a zu § 354; Höllwerth, in Burgstaller/Deixler-Hübner , EO, Rz 13 zu § 7). Das Gericht hat sich bei dieser Beurteilung nur an den Wortlaut des Titels zu halten, die Verpflichtung also nur aufgrund des Exekutionstitels festzustellen, weil allein aus dem Titel zu schließen ist, was die Parteien oder die Titelbehörde in Wirklichkeit gemeint haben (RIS-Justiz RS0000207, RS0000205 und RS0000595 [T3] und [T5]; 3 Ob 150/14a, 3 Ob 90/14b und 3 Ob 68/13s je mwN; Angst/Jakusch/Mohr , aaO, E 2 zu § 7; Jakusch , aaO, Rz 5 zu § 7; Höllwerth , aaO, Rz 13 zu § 7 und Rz 23 zu § 354 uva).

Ein tauglicher Exekutionstitel liegt vor diesem Hintergrund daher nur dann vor, wenn der Titel unmissverständlich einen Leistungsbefehl oder eine Leistungsverpflichtung aufgrund eigener Verpflichtungserklärung enthält, wobei es jedoch genügt, wenn sich die Verpflichtung aus dem Zusammenhang des Titels ergibt. Die bloße Darstellung einer Rechtslage, aus der eine Verbindlichkeit folgt oder folgen soll, kann einen ausdrücklichen Leistungsbefehl allerdings nicht ersetzen (RIS-Justiz

RS0000012, RS0000022 und RS0000487;

3 Ob 103/07d mwN; Angst/Jakusch/Mohr , aaO, E 39 und 40 zu § 7; Jakusch , aaO, Rz 6 zu § 1 sowie Rz 27 und 27b zu § 7; Höllwerth , aaO, Rz 7 zu § 1 sowie Rz 48 bis 50 mwN uva).

Betrachtet man den Titel im Licht dieser Grundsätze, so hat das Erstgericht völlig zutreffend erkannt, dass sich darin eine die begehrte Exekutionsführung deckende Leistungsverpflichtung nicht findet. Die zwangsweise Pfandrechtsbegründung betrifft nämlich die Exekution wegen Geldforderungen nach dem zweiten Abschnitt der EO und steht daher auch nur dann zur Verfügung, wenn eine Geldforderung des Betreibenden befriedigt werden soll. Kurz: Ziel dieses Exekutionsmittels ist Zahlung durch den Verpflichteten (3 Ob 101/04f, 3 Ob 46/02i uva). Dass die Eintragung eines Zwangspfandrechts vorerst nur zur Sicherstellung des Betreibenden führt, ändert daran nichts ( Jakusch , aaO, Rz 1 zu § 87). Eine Geldforderung steht dem Betreibenden nach dem Titel aber gerade nicht zu, weil darin nur die vom Betreibenden übernommenen Anstaltskosten angeführt, dem Verpflichteten aber keine Zahlungen auferlegt wurden. Dies steht im Übrigen auch im Einklang mit der vom Betreibenden selbst ins Treffen geführten Judikatur des VwGH:

Demnach bietet § 5 Abs 4 Stmk-SHG nämlich nur dann die Möglichkeit, Sozialhilfekosten im Grundbuch sicherzustellen, wenn der Hilfeempfänger nicht über verwertbares Vermögen verfügt. Mit einem auf die genannte Bestimmung gestützten Bescheid wird daher nur die Grundlage für die Verbücherung eines Pfandrechtes geschaffen, wohingegen eine Verpflichtung zur Leistung von Aufwandersatz gegenüber dem Sozialhilfeträger nach § 28 Stmk-SHG verwertbares Vermögen voraussetzt (VwGH

2011/10/0112 und 2009/10/0188 mwN). Die im (verbesserten) Rekurs aufgestellte weitere Behauptung, dem Betreibenden stünde schon eine fällige Geldforderung gegen den Verpflichteten zu, findet daher weder im Titel noch im Stmk-SHG Deckung.

Wenn der Betreibende überdies darauf verweist, dass der Titel jedenfalls zur Exekutionsführung berechtige, weil § 5 Abs 4 Stmk-SHG die Möglichkeit einräume, Sozialhilfekosten im Grundbuch sicherzustellen, so missinterpretiert er offensichtlich die Argumentation des Erstgerichtes. Es hat dem Titel mitnichten generell die Fähigkeit abgesprochen, taugliche Grundlage für eine Exekutionsführung zu sein, sondern nur darauf hingewiesen, dass er Exekutionen nach dem zweiten Abschnitt der EO (§§ 87 bis 345 EO) nicht zu rechtfertigen vermag. Selbstverständlich begründet ein auf § 5 Abs 4 Stmk-SHG beruhender Titel aber einen Anspruch auf die Eintragung eines Pfandrechtes und damit auf die Einräumung bücherlicher Rechte nach § 350 EO, was nebenbei auch der Ansicht des VwGH entspricht (VwGH, 2009/10/0180 [Stmk-SHG] und 2012/10/0098 [NÖ-SHG]).

Wenn das Erstgericht den Exekutionsantrag daher abweist, weil er nicht zur Exekution durch zwangsweise Begründung eines Pfandrechts geeignet ist, so ist dies nicht zu beanstanden. Dennoch ist dem Erstgericht nicht gänzlich zuzustimmen, weil die jüngere höchstgerichtliche Judikatur vom Bemühen geprägt ist, übertriebenen Formalismus zu vermeiden, wenn klar ist, was der Betreibende tatsächlich gemeint hat (vgl 3 Ob 153/12i, 3 Ob 264/09h; RIS-Justiz RS0000534 [T1] uva). Obwohl die Wahl des falschen Exekutionsmittels grundsätzlich nicht verbesserungsfähig ist und damit zu Lasten des Betreibenden geht (vgl RIS-Justiz RS0106413 [T3]; A ngst/Jakusch/Mohr , aaO, E 159 zu § 54; Fucik in Burgstaller/Deixler-Hübner , aaO, Rz 18 zu § 54), scheint hier aufgrund der weitgehenden Gleichartigkeit der Exekutionsführung nach §§ 87 ff EO und § 350 EO eine großzügige Betrachtung des Exekutionsantrags angezeigt. Da auch dem Verpflichteten nicht verborgen bleiben könnte, dass der Betreibende mit seinem Exekutionsantrag die Einverleibung eines Pfandrechtes anstrebt, ist dieser als solcher nach § 350 EO zu werten.

Die eigentlich gemeinte Einräumung bücherlicher Rechte ist allerdings unzulässig, weil dieses Begehren nicht im Wege der gerichtlichen Exekution durchgesetzt werden kann. Zwar kommen nach § 1 Z 10 EO als Exekutionstitel auch Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche, die von Verwaltungsbehörden oder anderen hierzu berufenen öffentlichen Organen gefällt wurden und einem die Exekution hemmenden Rechtszug nicht mehr unterworfen sind, in Frage. Dies aber – so wie Titel nach § 1 Z 12 und Z 14 EO auch – immer nur unter der Voraussetzung, dass die Exekution durch gesetzliche Bestimmungen den Gerichten übertragen ist (5 Ob 234/08k und 5 Ob 66/01v mwN; Jakusch , aaO, Rz zu § 1; Höllwerth , aaO, Rz 89 zu § 1 uva; vgl auch Weigand in Kodek , Grundbuchsrecht, Rz 24 zu § 33 GBG). Nun enthält § 3 VVG zwar eine derartige Überweisung, die aber ausschließlich auf die Eintreibung von Geldforderungen beschränkt ist, sodass der Betreibende aufgrund eines Bescheides der Verwaltungsbehörden auch nur solche unmittelbar (§ 3 Abs 3 VVG) exekutiv betreiben kann ( Jakusch , aaO, Rz 66 zu § 1 sowie Rz 4 und 5 zu Art III EGEO; Höllwerth , aaO, Rz 90 zu § 1 mwN). Wie schon eingehend dargelegt, hat der Betreibende hier aber gerade keinen Anspruch auf eine Geldforderung, sondern „nur“ auf die Begründung bücherlicher Rechte. Zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen aufgrund verwaltungsbehördlicher Exekutionstitel (§§ 4 ff VVG) ist aber nur die Verwaltungsexekution zulässig, es sei denn, im jeweiligen Materiengesetz ist eine dem § 3 VVG entsprechende Zuweisung vorgesehen (vgl Jakusch , aaO, Rz 67 zu § 1 und Rz 6 zu Art III EGEO sowie Höllwerth , aaO, Rz 89 zu § 1 mit diversen Bsp). Das ist im Stmk-SHG aber nicht der Fall, sodass einer gerichtlichen Exekution nach § 350 EO das Prozesshindernis der Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen steht ( Jakusch , aaO, Rz 6 zu Art III EGEO). Die anscheinend auch schon vom VwGH (2012/10/0098) zum NÖ-SHG geäußerten Bedenken in diese Richtung, sind daher jedenfalls im Anwendungsbereich des Stmk-SHG berechtigt.

Zusammenfassend ist für den erkennbar auf die Einräumung bücherlicher Rechte nach § 350 EO gerichteten Exekutionsantrag der Rechtsweg unzulässig, was dessen amtswegige Zurückweisung zur Folge hat.

Kosten wurden nicht verzeichnet.

Ein Zulässigkeitsausspruch hatte zu unterbleiben, weil sich das Erstgericht mit der Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht auseinandergesetzt hat. Damit ist der Rekurs gegen diesen Beschluss wie ein gleichartiger berufungsgerichtlicher Beschluss analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und vom Wert des Entscheidungsgegenstandes zulässig (RIS-Justiz RS0043774; jüngst 5 Ob 109/14m; Zechner in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze 2 , Rz 81 zu § 519 ZPO; Kodek in Rechberger , ZPO 4 , Rz 16 zu § 519 uva; vgl auch RIS-Justiz RS0116348 und RS0043861 [je Berufungsverfahren]).

Landesgericht Leoben, Abteilung 32

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