JudikaturJustiz32Ns68/24z

32Ns68/24z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
18. April 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des A* im Kompetenzkonflikt zwischen dem Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgericht Wien (AZ 190 Bl 1/24p) und dem Landesgericht Linz als Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgericht Linz (AZ 60 Bl 8/24y) in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Für die Durchführung des Verfahrens ist das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts Wien zuständig.

Der Akt wird dem Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht übermittelt.

Text

Begründung

Dem Akteninhalt folgend erhob A* - der in der Justizanstalt Salzburg inhaftiert ist und von 29. November bis 5. Dezember 2023 als „Passant“ in der Justizanstalt Krems an der Donau aufhältig war - am 30. November 2023 eine Beschwerde an den Anstaltsleiter der Justizanstalt Stein wegen des Verhaltens der Justizwachebeamten der Justizanstalt Stein, die ihn am 29. November 2023 im Zuge der Überstellung von der Justizanstalt Stein in die Justizanstalt Krems an der Donau im subjektiv-öffentlichen Recht, nicht gefesselt zu werden (§§ 103 Abs 1 und 4, 98 StVG), verletzt hätten. Aufgrund der Unverhältnismäßigkeit der Fesselung sei er auch in seinem Recht auf Achtung des Ehrgefühls und der Menschenwürde (§ 22 Abs 1 StVG) verletzt worden (ON 7 S 9 ff). Darob entschied die Justizanstalt Stein am 11. Dezember 2023, dass nach Prüfung mitgeteilt werde, dass die Fesselung keinen Anlass zu weiteren aufsichtsbehördlichen Maßnahmen gebiete. Diese Erledigung wurde A* am 12. Dezember 2023 zur Kenntnis gebracht (ON 7 S 13).

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass dieser Erledigung Bescheidqualität zukommt, weil damit zum Ausdruck gebracht wird, dass das vom Beschwerdeführer monierte Verhalten der Justizwachebeamten als berechtigt angesehen wird (Oberlandesgericht Wien, AZ 32 Bs 134/23z für viele andere; Hengstschläger / Leeb , AVG § 58 Rz 10 ff). Überhaupt weist die offensichtliche Bezugnahme auf den von A* gestellten Antrag auf einen Bescheidwillen hin (vgl Hengstschläger / Leeb , AVG § 58 Rz 9 mwN; vgl OLG Wien etwa AZ 33 Bs 387/16b; zuletzt 32 Bs 357/21s, 32 Bs 360/21g, 32 Bs 365/22v, 32 Bs 69/23s). Daran vermag auch der Verweis, wonach es keinen Anlass für weitere aufsichtsbehördliche Maßnahmen gäbe, nichts zu ändern.

In weiterer Folge erhob A* am 13. Dezember 2023 eine Beschwerde gegen die Entscheidung vom 11. Dezember 2023 (verkündet am 12. Dezember 2023), die im Übrigen dem Anstaltsleiter als Vollzugsbehörde erster Instanz zuzurechnen ist (vgl Drexler/Weger , StVG 5 § 120 Rz 5), an das Landesgericht für Strafsachen Wien, wo sie am 29. Dezember 2023 einlangte (ON 1).

Das Landesgericht für Strafsachen Wien übermittelte die Beschwerde dem Landesgericht Salzburg, weil nach § 16 Abs 1 StVG jener Gerichtshof erster Instanz örtlich als Vollzugsgericht zuständig sei, in dessen Sprengel die zuständige Justizanstalt ihren Sitz habe (und nicht die Justizanstalt, in der sich der Strafgefangene als Passant aufhalte). In weiterer Folge übermittelte das Landesgericht Salzburg, AZ 46 Ns 1/24x, den Akt dem Landesgericht Linz als Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts Linz (ON 2). Das Landesgericht Linz, AZ 60 Bl 8/24y, ersuchte den Anstaltsleiter der Justizanstalt Stein um stellungnehmende Berichterstattung unter Vorlage des Personalakts bzw allfälliger bezughabender Stücke (ON 5). In weiterer Folge übermittelte die Justizanstalt Stein dem Landesgericht Linz eine solche Stellungnahme (ON 7). In weiterer Folge legte das Landesgericht Linz den Akt dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt gemäß § 17 Abs 2 Z 1 StVG iVm § 5 AVG vor. Begründend wurde ausgeführt, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien zuständig sei, weil sich die Zuständigkeit des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG als Beschwerdegericht nach der Vollzugsbehörde erster Instanz richte. Da sich die Beschwerde im vorliegenden Fall gegen eine Entscheidung des Leiters der Justizanstalt Stein richte, sei das Landesgericht für Strafsachen Wien zuständig (ON 8).

Rechtliche Beurteilung

Da die in § 17 Abs 2 Z 1 StVG angeführten Bestimmungen im gerichtlichen Beschwerdeverfahren sinngemäß gelten, entscheidet das Oberlandesgericht Wien als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über einen Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Vollzugsgerichten in Bezug auf ein Verfahren nach § 16 Abs 3 StVG ( Pieber in WK 2 StVG § 17 Rz 20).

Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Wien (AZ 32 Ns 338/23d, 32 Ns 339/23a, 32 Ns 340/23y, 32 Ns 341/23w) richtet sich die Zuständigkeit des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG tatsächlich nach der Vollzugsbehörde erster Instanz. Fallkonkret folgt daraus die örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts Wien.

Daher steht dem Landesgericht für Strafsachen Wien die Entscheidung über die Beschwerde des A* gegen die in Rede stehende Erledigung des Anstaltsleiters der Justizanstalt Stein, sohin auch ob dieser überhaupt zur Entscheidung berufen war (vgl Drexler/Weger, aaO § 98 Rz 3; Pieber in WK 2 § 121b Rz 5), zu.

Rechtssätze
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