JudikaturJustiz32Bs272/23v

32Bs272/23v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Strafsache gegen A* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter und dritter Fall, Abs 2, Abs 3, Abs 4 dritter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten A* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. August 2023, GZ 72 Hv 56/23s 155.2, sowie deren Beschwerde gegen einen diesen Angeklagten betreffenden Beschluss nach § 494a StPO nach der am 27. Februar 2024 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin Mag. Seidl, im Beisein der Richterin Dr. Vetter und des Richters Dr. Farkas als weitere Senatsmitglieder, in Gegenwart der Vertreterin der Oberstaatsanwaltschaft Staatsanwältin Mag. Weber, LL.M. sowie in Anwesenheit des Angeklagten A* und seines Verteidigers Mag. Philipp Wolm durchgeführten Berufungsverhandlung

I./ zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

II./ den

B e s c h l u s s

gefasst:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche der Mitangeklagten B* und C* enthaltenden Urteil wurde A* des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster Satz zweiter und dritter Fall, Abs 2, Abs 3 und Abs 4 dritter Fall SMG (I./A./) sowie der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (II./) schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem dritten Strafsatz des § 28 Abs 4 SMG bei aktenkonformer Anrechnung der Vorhaft zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt.

Gemäß § 34 SMG iVm § 26 Abs 1 StGB wurde das sichergestellte Suchtgift, nämlich 80.189,60 Gramm Cannabiskraut und 137,5 Gramm Cannabisharz, eingezogen.

Mit unter einem gefassten Beschluss sah das Erstgericht gemäß § 53 Abs 3 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der A* mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. März 2022 zu AZ 62 Hv 128/21b gewährten bedingten Strafnachsicht ab und verlängerte gemäß § 53 Abs 3 StGB iVm § 494a Abs 6 StPO die Probezeit auf fünf Jahre.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat A* in **

I./A./ als Mitglied einer aus im Urteil konkret angeführten Personen bestehenden kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar Cannabiskraut (beinhaltend die Wirkstoffe THCA mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 14 % und Delta-9-THC mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 1,07 %) sowie Cannabisharz (beinhaltend die Wirkstoffe THCA mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 32,05 % und Delta-9-THC mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 2,45 %) mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge zu Punkt 1 besessen und zu Punkt 2 besessen und befördert, wobei er an Suchtmittel gewöhnt war und die Straftat zumindest vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, und zwar

1) im Zeitraum von September 2022 bis 1. Februar 2023, indem er 80.689,70 Gramm Cannabiskraut sowie 143,60 Gramm Cannabisharz in einer Bunkerwohnung aufbewahrte und für den Verkauf bereithielt;

2) am 1. Februar 2023, indem er 3.717,90 Gramm brutto Cannabiskraut aus der Bunkerwohnung abholte, in sein Fahrzeug verbrachte und an einen unbekannten Ort transportierte;

II./ am 26. August 2022 falsche öffentliche Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem er nachgenannte Urkunden im Zuge des Abschlusses des Mietvertrags über die Bunkerwohnung in ** gegenüber D* zum Nachweis der Identität und Meldung des vermeintlichen Mieters „E*“ vorlegte, und zwar

A./ einen auf den Namen „E*“ lautenden, jedoch mit dem Lichtbild des B* versehenen falschen spanischen Personalausweis, somit eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz (§ 2 Abs 4 Z 4 FPG) inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist;

B./ eine auf den Namen „E*“ ausgestellte, mit amtlichem Meldevermerk des Magistratischen Bezirksamts versehene falsche Meldebestätigung, somit eine falsche inländische öffentliche Urkunde.

Bei der Strafzumessung wertete das Erstgericht die einschlägige Vorstrafe, den raschen Rückfall, das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit zwei Vergehen, das Erreichen des 344,06 fachen der Grenzmenge des § 28b SMG zu I./A./ und die teils zweifache Deliktsqualifikation als erschwerend, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgifts, wobei letzterem Milderungsgrund jedoch mangels jeglicher Verdienstlichkeit nur marginales Gewicht beigemessen wurde. Im Rahmen allgemeiner Strafzumessungserwägungen brachte das Erstgericht auch die Tatbegehung während offener Probezeit als schuldaggravierend in Anschlag (US 13).

Nach Zurückweisung der von der Staatsanwaltschaft Wien in Ansehung des Angeklagten A* erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 14. November 2023, GZ 11 Os 128/23t 4, ist nunmehr über deren eine Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe anstrebende Berufung sowie deren Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht unter gleichzeitiger Verlängerung der Probezeit zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Beiden Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig aufgelistet und zutreffend gewichtet.

Soweit die Berufungswerberin vermeint, dass dem Geständnis des Angeklagten A* in Anbetracht der ihn eindeutig belastenden Ermittlungsergebnisse (Vorliegen eindeutiger Observationsergebnisse sowie mehrerer belastender Zeugenaussagen, Auswertung biologischer Spuren und der Ruf und Ortungsdaten des Angeklagten) wenn überhaupt nur marginales Gewicht zukomme, ist hiezu auszuführen, dass ein reumütiges Geständnis nur dann vorliegt, wenn der Angeklagte in Bezug auf die objektive und subjektive Tatseite reuige Schuldeinsicht zeigt (RIS Justiz RS0091585; 13 Os 131/12g).

Der Angeklagte verantwortete sich bei seiner Beschuldigtenvernehmung vor der Polizei am 2. Februar 2023 zunächst damit, dass ihm das in der Wohnung **, vorgefundene Suchtgift ebenso wie die sichergestellten Bargeldbestände nicht gehören würden (ON 6.25 S 4), bei seiner gerichtlichen Beschuldigtenvernehmung am 4. Februar 2023 war er zu einer Aussage nicht bereit (ON 16 S 3) und bekannte sich erst in der Hauptverhandlung zu sämtlichen Anklagevorwürfen, die er mit seiner eigenen Suchtgiftabhängigkeit begründete, schuldig, wobei er jedoch in Ansehung des Anklage bzw Schuldspruchfaktums I./A./2./ ausführte, dass die rund 3,5 kg Cannabiskraut für seinen Eigengebrauch bestimmt gewesen seien, darüber hinausgehende weitere Angaben wollte A* abgesehen von einer pauschalen Entschuldigung nicht machen (ON 155.1 S 4f). In dieser Verantwortung kann aber kein umfassendes reumütiges Geständnis erblickt werden. Allerdings genügt für die Heranziehung des Milderungsgrundes des § 34 Abs 1 Z 17 StGB auch ein allfälliger Beitrag zur Wahrheitsfindung, der jedoch nur dann wesentlich im Sinne des § 34 Abs 1 Z 17 StGB ist, wenn dadurch die Beweisführung maßgebend erleichtert wird (RIS Justiz RS0090940, RS0091510 [T1 und T2], RS0091512 [T3]). Im Hinblick darauf, dass das Erstgericht seinen Feststellungen zur Sache neben der Sicherstellung des Suchtgifts, den im Gutachten der Sachverständigen Dr. F* ausgewerteten molekulargenetischen Spuren und den Wahrnehmungen des Zeugen BI G* sowie ebenfalls jenen zur kriminellen Vereinigung und zum Vorliegen der subjektiven Tatseite auch die geständige Verantwortung des Angeklagten zugrunde legte (US 9f), kommt dessen zur Wahrheitsfindung wesentlich beitragenden Geständnis angesichts der ihn eindeutig belastenden Beweisergebnisse zwar kein uneingeschränktes, jedoch sehr wohl ein bei der Strafbemessung als mildernd zu veranschlagendes Gewicht bei.

Bei rechtbesehener Abwägung der vom Erstgericht zutreffend zur Darstellung gebrachten Strafzumessungslage und ausgehend von einem fallkonkret zur Verfügung stehenden Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe erweist sich die mit der Hälfte der Strafobergrenze ausgemessene Unrechtsfolge durchaus dem Schuld und Unrechtsgehalt sowie dem sozialen Störwert der strafbaren Handlungen entsprechend und trägt auch hinlänglich dem bei der Tatbegehung professionell angelegten Vorgehen sowie dem Ausmaß der letztlich aufgrund der Sicherstellung nicht in Verkehr gesetzten deliktsverfangenen Suchtgiftmenge Rechnung, sodass kein begründeter Anlass zu einer Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafe bestand.

Allein die von der Anklagebehörde ins Treffen geführte Relation zu der über den Mitangeklagten B* ausgesprochenen Strafe stellt schon in abstracto keinen Grund für eine allfällige Erhöhung der strikt täterbezogen auszumessenden Sanktion (§ 32 Abs 1 StGB) dar (vgl 13 Os 71/09d). Im Übrigen übersieht die Berufungswerberin, dass bei B* anders als bei A* von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen war und dessen Strafe vom Erstgericht nicht einmal mit einem Drittel der Strafobergrenze ausgemessen wurde.

Letztlich ist auch die Beschwerde nicht im Recht.

Zwar zeigt die Staatsanwaltschaft zutreffend auf, dass sich A* durch die ihm bereits gewährte Rechtswohltat einer bedingten Strafnachsicht nicht davon abhalten ließ, während offener Probezeit neuerlich im raschen Rückfall und mit massiv gesteigerter krimineller Energie spezifisch einschlägig zu delinquieren, doch ist in casu ein Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 9. März 2022 zu AZ 62 Hv 128/21b gewährten bedingten Strafnachsicht zusätzlich zur nunmehr verhängten Freiheitsstrafe spezialpräventiv nicht geboten, zumal er die ihm angelasteten Taten dem Grunde nach als Fehlverhalten einbekannt hat und nunmehr erstmalig eine länger andauernde Haftstrafe zu verbüßen haben wird. Vielmehr stellt die diesbezügliche Verlängerung der Probezeit auf das gesetzliche Höchstmaß von fünf Jahren eine angemessene Reaktion auf seine neuerliche Straffälligkeit dar und erscheint dies in individuell prohibitiver Hinsicht auch ausreichend, den künftig rechtstreuen Lebenswandel des Angeklagten sicherzustellen.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen