JudikaturJustiz32Bs249/23m

32Bs249/23m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fachkundigen Laienrichter Oberstleutnant Posch Fahrenleitner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache der A* über die Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Justiz gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 24. August 2023, GZ 2 Bl 53/23x 6, nach § 121b Abs 2 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Vollzugsgericht einer Beschwerde der A* gegen die (der Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** zumindest zuzurechnende Anordnung) „Einzelhaft“ nicht Folge.

In seiner Begründung gab das Erstgericht zunächst den Urteilsspruch des Erkenntnisses wieder aufgrund dessen sich A* in Strafhaft befindet. Im Weiteren wurde wortwörtlich festgehalten wie folgt:

Das Straferkenntnis der Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** vom 2.9.2022, GZ HNR: 183010 FDK/0175 OV/2022 (Vorwurf, die Untersuchungsgefangene A* habe sich „entgegen den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes vorsätzlich einer im Strafvollzuge tätigen Person gegenüber ungebührlich benommen, indem sie am 18.8.2022 um 12:50 Uhr zunächst die ae. Psychologin Mag. a B* und die Kommandantin der Frauenabteilung C* grundlos angeschrien sowie in weiterer Folge die Beamtinnen C* und D* tätlich angegriffen und verletzt hat“) wurde aufgehoben, weil aufgrund der Zuständigkeit des Einzelrichters des Landesgerichtes nach § 107 Abs 3 StVG die Verhängung einer Ordnungsstrafe ausgeschlossen ist (Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 9.11.2022, 2 Bl 62/22v).

Laut Straferkenntnis der Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** vom 10.06.2023, HNR: 183010 FDK/0090 OV/2023, bestätigt mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht zu 2 Bl 47/23i, hat die Untersuchungsgefangene A* „entgegen den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes vorsätzlich in ** den allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 zuwidergehandelt [...], indem sie am 20.5.2023 um 8:35 Uhr den Mitgefangenen E* angespuckt hat“.

Mit Ordnungsstrafverfügungen vom 1.6.2023 zu FDK/0101-OV/2023 und FDK/0102-OV/2023 wurde die Untersuchungsgefangene A* wegen eines tätlichen Angriffs auf eine Mitinsassin sowie ungebührlichen Benehmens gegenüber dem Anstaltsarzt, jeweils am 25.5.2023, belangt, wobei sie laut Meldung von Ordnungswidrigkeit vom selben Tag eine Mitinsassin am Hals packte, welche dann einen Kratzer am Hals sowie eine Rötung am Hals und Kinn aufwies.

Mit Eingabe ihres Verteidigers vom 27.6.2023 wurde ausgeführt, dass die Untersuchungsgefangene A* diesem mitgeteilt habe, dass sie sich nun seit dem 25.5.2023 in Einzelhaft befinde. Für diese Einzelhaft gebe es keine Gründe (mehr) bzw sei diese unverhältnismäßig, weshalb beantragt werde, die Einzelhaft umgehend aufzuheben. Für den Fall, dass diesem Antrag nicht stattgegeben werde, werde gleichzeitig gegen die Einzelhaft Beschwerde erhoben und beantragt, den Akt dem Vollzugsgericht zur Entscheidung über die Aufhebung der Einzelhaft vorzulegen.

Die Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** berichtete hiezu am 29.06.2023 unter Anschluss und unter Verweis auf die Infomaske Ordnungsstrafverfahren samt der Meldungen von Ordnungswidrigkeiten vom 18.08.2022, 20. und 25.5.2023 sowie des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 12.12.2022, 11 Bs 243/22f, dass zwischenzeitlich ein Urteil I. Instanz vorliege und die Beschwerdeführerin zu sechs Jahren Haft (nicht rechtskräftig) wegen schweren Raubes verurteilt worden sei. Die Beschwerdeführerin befinde sich seit 25.7.2022 in der Justizanstalt ** in Untersuchungshaft. Sie sei zunächst – wie erlassgemäß für den Frauenvollzug vorgesehen – im Wohngruppenvollzug mit geöffneten Haftraumtüren angehalten worden. Nachdem sie im August 2022 zwei Beamtinnen tätlich angegriffen habe, habe sie – auch weil sich die übrigen Insassinnen der Frauenabteilung vor ihr fürchten würden – in Einzelunterbringung zurückgestuft werden müssen. Diese sei nach ca zwei Monaten wieder aufgehoben worden, nachdem in dieser Zeit auch eine Medikamentenanpassung durch den Anstaltspsychiater erfolgt sei. Im Mai „2022“ [gemeint wohl: 2023] sei es zu gleich drei Ordnungswidrigkeiten gekommen, wobei die Beschwerdeführerin zunächst am 22.5.2023 einen Mitinsassen angespuckt und am 27.5.2023 neuerlich eine Insassin des Wohngruppenvollzugs völlig unvermittelt tätlich angegriffen und gewürgt habe. Zwischen beiden Insassinnen habe es zuvor keinerlei Dissonanzen gegeben. Daraufhin sei die Beschwerdeführerin wiederum in Einzelunterbringung genommen worden. Aufgrund der wiederholten Tätlichkeiten, verbunden mit verbal aggressivem Verhalten, welche im Wohngruppenvollzug der Frauenabteilung untragbar seien und auch ein Sicherheitsrisiko für die übrigen Insassinnen darstellen würden, werde nicht in Aussicht genommen, die Einzelunterbringung zeitnah aufzuheben. Dies widerspreche einerseits der Fürsorgepflicht gegenüber dem Personal, weil stets nur eine Beamtin im Tagdienst eingeteilt werden könne, sowie anderseits auch gegenüber den weiteren weiblichen Häftlingen. Es sei zu berichten, dass die Beschwerdeführerin eine Vollzugsortsänderung beantragt habe, welche derzeit in Bearbeitung sei. Anzustreben sei, dass diese binnen der nächsten zwei Wochen im System abgeschlossen werde – erforderlichenfalls ohne Äußerung der Zielanstalt – und die Beschwerdeführerin so rasch wie möglich als Passantin in die Justizanstalt Schwarzau verlegt werden könne. Bis zur Verlegung komme aus Sicherheitsgründen kein Wohngruppenvollzug mehr in Betracht. Der Psychologische Dienst habe bereits mehrfach mit der Beschwerdeführerin gesprochen und liege demnach bei ihr eine Impulskontrollstörung mit Gewaltdurchbrüchen vor. Das ergebe sich auch aus dem Protokoll der Untersuchungshaft, wo es heiße, dass die Beschwerdeführerin ihren Partner und Tatkomplizen regelrecht angetrieben habe, mit einer Metallstange auf den Kopfbereich des Opfers einzuschlagen. Inwieweit diese mangelnde Impulskontrolle bereits eine Persönlichkeitsstörung darstelle, könne mit den vor Ort vorhandenen Ressourcen noch nicht abgeschätzt werden.

Mit ergänzendem Bericht vom 5.7.2023 teilte die Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** mit, dass eine Mitinsassin täglich ca zwei Stunden mit der Beschwerdeführerin gemeinsam im Haftraum verbringe und die Beschwerdeführerin weiters am täglichen Außenaufenthalt in Gemeinschaft (Dauer eine Stunde) teilnehmen könne, was sie in der übrigen Zeit auch tue. Somit sei sie rund drei Stunden täglich in Gemeinschaft. Hinzu käme, dass kürzere Unterbrechungen der Einzelunterbringung durch Zeiten der Körperpflege (Duschen inklusive Haarkosmetik), Inanspruchnahme von Besuch oder Gesprächen mit den Fachdiensten sowie während Telefonaten vorlägen.

Mit ergänzendem Bericht vom 14.7.2023 teilte die Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** schließlich unter Anschluss von Termin Info Listen (Im-Haus-Termine mit Beschreibung und Besucherliste) und einer E-Mail im Wesentlichen mit, dass sich die Beschwerdeführerin in Einzelunterbringung nach § 125 StVG befunden habe. Es sei keine besondere Sicherheitsmaßnahme nach § 103 Abs 2 Z 1a StVG angeordnet worden. Die Einzelunterbringung sei insofern sicherheitsrelevant (Fremdschutz) gewesen, weil in Frauenabteilungen gemäß Erlass generell die Anhaltung in Gemeinschaft bzw im Wohngruppenvollzug als Regelfall vorgesehen sei. Während der Zeit der Einzelunterbringung (25.5.2023, 12:45 Uhr bis 12.7.2023, 5:30 Uhr) habe die Beschwerdeführerin neben dem täglichen Außenaufenthalt im Freien (eine Stunde) regelmäßig Kontakt zu anderen Insassinnen gehabt wie folgt: In den Zeiten des Mittagessens (ca 20 bis 25 Min), beim Telefonieren (ca zehn Min) und bei der täglichen Körperpflege (ca 20 Min) sei die Haftraumtüre offen und nicht versperrt gewesen. Darüber hinaus hätten sich auch immer wieder (eine genaue Dokumentation liege diesbezüglich leider nicht vor) andere Insassinnen im Haftraum der Beschwerdeführerin befunden, um mit ihr Kaffee zu trinken und Gespräche zu führen – dazu werde auf das E-Mail der Kommandantin der Frauenabteilung vom 13.7.203 im Anhang verwiesen. Die Beschwerdeführerin habe am 11. und 5.7.2023 am Group-Counselling, am 5.7.2023 an der Sportgruppe sowie am 22.6.2023 an der Kreativgruppe (Malen) teilgenommen. Im Zeitraum der Einzelunterbringung seien insgesamt sechs Besuche dokumentiert (26.5. 12., 19., 20. und 26.6. sowie 3.7.2023). Die Abteilungskommandantin bzw -beamtin habe darüber hinaus mehrmals täglich den Haftraum geöffnet und mit der Beschwerdeführerin gesprochen, sodass das gemäß Judikatur diesbezüglich erforderliche zeitliche Erfordernis von 15 bis 30 Min als vorliegend zu erachten sei.

Zu diesen Berichten erfolgte keine Äußerung seitens der Beschwerdeführerin.

Das Erstgericht erwog, dass die Beschwerde, welche sich gegen die der Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** (zumindest zuzurechnende) Anordnung der Einzelhaft richte, nicht durchdringe. A* sei bei Tag zumindest drei Stunden in Gemeinschaft und sohin nicht in Einzelhaft im Sinne des § 125 StVG angehalten worden. Weiters sei A* aufgrund der von der Anstaltsleiterin ins Treffen geführten Notwendigkeiten zur Erreichung der Zwecke des Strafvollzugs und der Mitgefangenen willen, nicht in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht, tagsüber in Gemeinschaft mit anderen angehalten zu werden, verletzt worden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Justiz gemäß § 121 Abs 5 StVG. § 60 AVG normiere eine Begründungspflicht. In der Begründung seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Auffassung des Vollzugsgerichts, wonach aufgrund der „durch die oben angeführten Unterlagen untermauerten Berichterstattung der Anstaltsleiterin der Justizanstalt **“ zweifellos konstatiert werden könne, dass A* drei Stunden in Gemeinschaft angehalten worden sei, werde nicht geteilt. Es liege keinerlei Dokumentation vor, die belegen würde, dass A* überhaupt bzw wann und wie lange an einem Aufenthalt im Freien teilgenommen habe. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich ebenso nicht, wann und wie oft sich andere Insassen in dem Haftraum der Beschwerdeführerin befunden haben sollen, um mit ihr Kaffee zu trinken und Gespräche zu führen. Aufgrund des Fehlens entsprechender Beweismittel seien die Feststellungen des Vollzugsgerichts mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Gemäß § 124 Abs 1 StVG seien Strafgefangene bei Tag so lange wie möglich in Gemeinschaft mit anderen, während der Zeit der Nachtruhe möglichst einzeln unterzubringen. Gemäß Abs 3 leg cit sei von der Unterbringung eines Strafgefangenen in Gemeinschaft mit anderen bei Tag abzusehen, soweit das aus gesundheitlichen Gründen oder sonst zur Erreichung der Zwecke des Strafvollzugs um seiner selbst oder um seiner Mitgefangenen willen notwendig sei. Aus dieser Regelung werde vom Verwaltungsgerichtshof abgeleitet, dass in Gemeinschaft ein Aufenthalt eines Strafgefangenen mit jedenfalls zwei weiteren Strafgefangenen zu verstehen sei.

Eine Einzelhaft sei im Hinblick auf § 103 Abs 2 Z 1a StVG unterbrochen, wenn der Strafgefangene dazwischen tagsüber wenigstens zwei Stunden in Gemeinschaft angehalten werde. Der Umstand, dass die Haftraumtüre zu gewissen Zeiten geöffnet und nicht versperrt gewesen sei, lasse nicht zwangsläufig den Schluss zu, dass sich die Beschwerdeführerin während diesen Zeiten in Anwesenheit von mindestens zwei weiteren Insassinnen befunden habe. Auch bei Vornahme der täglichen Körperpflege könne die Anwesenheit von zumindest zwei weiteren Insassinnen nicht zweifelsohne angenommen werden. Ebenso könne nicht konkludiert werden, dass A* bei der Führung von Telefonaten in Anwesenheit von mindestens zwei weiteren Insassinnen gewesen sei.

Sohin beantrage die Bundesministerin für Justiz die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts nach § 121b Abs 2 StVG und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck, in eventu, in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Beschwerde Folge gegeben werde (ON 9).

Der Beschwerde kommt – im Ergebnis - Berechtigung zu.

Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.

Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.

Zunächst geht die Rechtsansicht des Erstgerichts, Verfahrensgegenstand sei eine der Anstaltsleiterin der Justizanstalt ** „zumindest zuzurechnende“ Anordnung „Einzelhaft“ (ON 6 S 1 und S 6), fehl. Unter einer Anordnung ist die Geltendmachung der Befehlsgewalt gegenüber einem Strafgefangenen im Sinn des § 26 Abs 1 StVG zu verstehen. Anordnungen sind immer dem Strafvollzugsbediensteten zuzurechnen, der sie dem Strafgefangenen gegenüber trifft, selbst wenn dies in Umsetzung einer Weisung des Anstaltsleiters erfolgt ( Drexler/Weger , StVG 5 § 120 Rz 4 Punkt 2). Die Zurechnung einer Anordnung eines Strafvollzugsbediensteten zur Anstaltsleiterin ist sohin nicht vorgesehen. Lediglich Entscheidungen, also inhaltliche Erledigungen, von Ansuchen oder Beschwerden oder Ordnungsstraferkenntnisse sind immer dem Anstaltsleiter als Vollzugsbehörde zuzurechnen ( Drexler/Weger aaO Punkt 1).

Ausgehend von der verfahrenseinleitenden Eingabe kommt eine Anordnung als Verfahrengegenstand aber ohnedies nicht in Betracht. Nachdem dem Antrag der A*, die Einzelhaft umgehend aufzuheben (ON 1), faktisch nicht stattgegeben wurde (vgl ON 1 S 2), wendet sich die Eingabe vielmehr gegen die Nichtaufhebung der Einzelhaft durch die Anstaltsleiterin.

Über die Anhaltung eines Strafgefangenen in Einzelhaft gegen seinen Willen, wenn diese mehr als vier Wochen dauert (§ 125 StVG), würde im Übrigen das Vollzugsgericht nach § 16 Abs 1 StVG entscheiden (vgl § 16 Abs 1 und 2 Z 7 StVG).

Das Erstgericht geht davon aus, dass keine Einzelhaft vorgelegen habe.

Diese Annahme begegnet Bedenken.

§ 124 StVG normiert - abgesehen von den in Abs 3 leg cit genannten Ausnahmen - das subjektiv-öffentliche Recht der Strafgefangenen, tagsüber so lange wie möglich in Gemeinschaft mit anderen angehalten zu werden, wobei hier schon nach dem Wortlaut der Bestimmung ein situationsbedingter Ermessensspielraum besteht ( Drexler/Weger, StVG5 § 124 Rz 1 mwN; OLG Wien 132 Bs 317/19s). Wie in der Amtsbeschwerde unter Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2008, GZ 2007/06/0069, aufgezeigt, ist unter Unterbringung von Strafgefangenen in Gemeinschaft der Aufenthalt eines Strafgefangenen mit jedenfalls zwei weiteren Strafgefangenen zu verstehen.

Das Vollzugsgericht verneinte eine Verletzung dieses Rechts, weil A* zumindest drei Stunden am Tag in Gemeinschaft und nicht in Einzelhaft iSd § 125 StVG angehalten worden sei.

Wie bereits angesprochen, sind Strafgefangene tagsüber so lange wie möglich in Gemeinschaft mit anderen anzuhalten. Eine Verletzung dieses subjektiv-öffentlichen Rechts nach § 124 Abs 1 StVG liegt demnach bereits vor, wenn die Anhaltung in Gemeinschaft nicht so lange wie möglich erfolgt. Eine bestimmte Stundenanzahl wird vom Gesetz dabei nicht vorgegeben. Die hier nicht in Rede stehende besondere Sicherheitsmaßnahme nach § 103 Abs 2 Z 1a StVG unterscheidet sich im Übrigen von der Einzelunterbringung nach § 124 Abs 3 StVG dadurch, dass der Strafgefangene bei erstgenannter täglich jedenfalls zumindest zwei Stunden in Gemeinschaft anzuhalten ist.

Um beurteilen zu können, ob eine Verletzung des subjektiv-öffentlichen Rechts nach § 124 Abs 1 StVG vorliegt, ist daher zu klären, ob A* unter Berücksichtigung des – bereits angesprochenen - situationsbedingten Ermessensspielraums tagsüber so lange wie möglich in Gemeinschaft, also gemeinsam mit zumindest zwei anderen Personen, angehalten worden ist. Da solche Feststellungen nicht getroffen wurden, war spruchgemäß zu entscheiden.

Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht sich daher unter den aufgezeigten Aspekten mit den bereits vorliegenden Stellungnahmen/Berichten der Anstaltsleiterin (ON 1, 3 und 5) auseinanderzusetzen haben. Dabei wird etwa zu berücksichtigen sein, dass in den Stellungnahmen durchgängig von einer Einzelunterbringung die Rede ist (arg: „Daraufhin wurde Frau A* wiederum in Einzelunterbringung genommen.“; „Gegen diese Einzelunterbringung wurde mit der hier vorliegenden Eingabe Beschwerde eingebracht.“; „... wird nicht in Aussicht genommen, die Einzelunterbringung zeitnah aufzuheben“ [ON 1] bzw „… befand sich in Einzelunterbringung nach § 125 StVG“ ; „Während der Zeit der Einzelunterbringung…“ [ON 5]). Zur Beurteilung des situationsbedingten Ermessensspielraums wäre allenfalls eine gesonderte Stellungnahme einzuholen.

Weiters wäre – wie in der Amtsbeschwerde moniert – auch zu berücksichtigen, dass der Umstand, dass die Haftraumtüre zu gewissen Zeiten geöffnet und nicht versperrt gewesen sei, nicht zwangsläufig den Schluss zulässt, dass sich die Beschwerdeführerin während diesen Zeiten in Anwesenheit von mindestens zwei weiteren Insassinnen befunden hat. Auch bei Vornahme der täglichen Körperpflege kann die Anwesenheit von zumindest zwei weiteren Insassinnen nicht ohne Weiteres angenommen werden. Ebenso kann nicht konkludiert werden, dass A* bei der Führung von Telefonaten in Anwesenheit von mindestens zwei weiteren Insassinnen gewesen wäre.

Bei einer Verletzung der Bestimmung des § 124 Abs 1 StVG wäre – nachdem die von der Beschwerdeführerin ursprünglich angestrebte Aufhebung der Einzelhaft nicht mehr in Betracht kommt – festzustellen, dass A* in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Anhaltung bei Tag so lange wie möglich in Gemeinschaft verletzt worden ist (vgl Pieber in WK² StVG § 121b Rz 7).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht zulässig.

Rechtssätze
0

Keine verknüpften Rechtssätze zu diesem Paragrafen