JudikaturJustiz2R62/99d

2R62/99d – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
19. Februar 1999

Kopf

Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Dr. Mähr als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Künz und den Vizepräsidenten Dr. Bildstein als weitere Mitglieder des Senates in der Rechtssache der klagenden Partei K*****Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in Ried, gegen die beklagte Partei Hannelore P***** wegen ATS 23.361,58 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen die Kostenentscheidung im Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 22.12.1998, 3 C 1380/98 t-2, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die Rekurswerberin selbst zu tragen hat, wird keine Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Aufgrund der im elektronischen Rechtsverkehr (ERV) eingebrachten Klage erließ das Erstgericht antragsgemäß einen Zahlungsbefehl. Ein Kostenmehrbegehren von ATS 6.938,94 wurde mit der Begründung "abgewiesen", dass diese verzeichneten Kosten nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen würden. Die zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben erforderlichen Belege seien der Mahnklage nicht angeschlossen gewesen.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung über das Kostenbegehren von ATS 6.938,94 zurückzuverweisen. Aufgrund der Verpflichtung, Mahnklagen im elektronischen Rechtsverkehr zu übersenden, habe der Nachweis hinsichtlich der tatsächlich entstandenen Inkassospesen nicht schon gleichzeitig mit der Klage dem Gericht übersandt werden können. Es sei jedoch darauf hingewiesen worden, dass die geltend gemachten Kosten tatsächlich entstanden seien und jederzeit urkundlich nachgewiesen werden könnten. Die Spesen seien auf alle Fälle für die klagende Partei zur Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Durch die Nichtbeachtung einer Empfehlung bzw eines Vorschlags der Kommission (der Europäischen Gemeinschaft), eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs sowie einer Verordnung des Bundesministers für Wirtschaftliche Angelegenheiten sei vom Erstgericht das Gemeinschaftsrecht nicht nur falsch ausgelegt, sondern hinsichtlich der Zulässigkeit von Vereinbarungen bezüglich des Ersatzes von Inkassospesen bei Zahlungsverzug überhaupt nicht beachtet worden.

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die im Rechtsmittel der klagenden Partei angeführten Entscheidungen, Empfehlungen, Vorschläge und Verordnungen stehen mit der nunmehr ständigen Rechtsprechung der Rechtsmittelsenate beim Landesgericht Feldkirch in Einklang, wonach privatrechtliche Vereinbarungen über den Ersatz von Prozesskosten bzw vorprozessualer Kosten grundsätzlich zulässig sind, und dementsprechend den (an sich öffentlich-rechtlichen) Kostenersatzanspruch zu einem privatrechtlichen machen, welcher als solcher auch einklagbar ist (1 R 116/98 m, 1 R 125/98 k, 2 R 34/98 k, 3 R 35/98 m ua, alle Landesgericht Feldkirch).

Auch brachte der Gesetzgeber erst jüngst mit der Einführung des Verbots der Auflastung übermäßig hoher Betreibungs- und Eintreibungskosten gemäß § 6 Abs 1 Z 15 KSchG (BGBl I 1997/6) zum Audruck, dass der Verbraucher bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zumindest zur Erstattung jener Kosten verhalten werden kann, die zur zweckentsprechenden Betreibung oder Einbringung der Forderung notwendig waren, wobei alleine deswegen, weil bestimmte Betreibungsschritte durch einen Rechtsanwalt billiger wären, die Betrauung eines Inkassobüros durch den Gläubiger nicht unzweckmäßig sei (Deixler-Hübner, Konsumentenschutz2 63). Es ist der Rekurswerberin auch zuzustimmen, dass es aus praktischer Sicht unbestreitbar ist, dass außergerichtliche Rechtsverfolgungsmaßnahmen, wie etwa die Einschaltung von Inkassobüros, die Gerichte entlasten und damit der steigenden Prozessflut entgegenwirken. Mahn- und Inkassospesen sind daher bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 ZPO (notwendige Kosten) und nach Maßgabe der geltenden Tarife (Verordnung des Bundesministers für Wirtschaftliche Angelegenheiten über die Höchstsätze der Inkassoinstituten gebührenden Vergütungen, BGBl 1996/141) unter Bedachtnahme auf § 23 RATG (Deckung im Einheitssatz), soweit sie ausreichend bescheinigt sind (§ 54 ZPO), als vorprozessuale Kosten zuzusprechen.

Um jedoch im Einzelfall überprüfen zu können, ob die Einschaltung eines Inkassobüros zur Eintreibung der Forderung tatsächlich notwendig war, muss behauptet und bescheinigt werden, welche konkreten Eintreibungsmaßnahmen (schriftliche Mahnungen, persönliches Aufsuchen des Beklagten etc) gesetzt wurden. Ein solches Kostenersatzbegehren hat demnach detailliert aufgeschlüsselt und substantiiert zu sein (1 R 125/98 k Landesgericht Feldkirch).

Gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 1995), BGBl 559/1995, können nunmehr unter anderem Klagen, über die ein bedingter Zahlungsbefehl zu erlassen ist, elektronisch bei den Gerichten angebracht werden. Wenn auch die Einbringung der Mahnklage auf elektronischem Wege - entgegen der Ansicht der Rekurswerberin - nicht zwingend vorgeschrieben ist, übersieht das Rekursgericht nicht, dass es der Intention des Gesetzgebers, die Gerichte zu entlasten, entgegenwirken würde, wenn die Bescheinigung der geltend gemachten vorprozessualen Kosten ausschließlich durch Vorlage von Belegen als ausreichend angesehen würde, was eine Übermittlung der Klage mittels ERV ausschließen würde.

Um jedoch die Angemessenheit (Höhe) der Inkassokosten und die Sinnhaftigkeit des getätigten Aufwandes (der Eintreibungsmaßnahmen), nicht zuletzt in Relation zur betriebenen Forderung, überprüfen zu können, kann auf das Erfordernis der Bescheinigung des geltend gemachten Kostenersatzanspruches, soweit er sich nicht auf Tatsachen stützt, die sich aus dem Akt selbst ergeben oder gerichtsbekannt sind, nicht verzichtet werden. Den Kläger von der Bescheinigungspflicht gemäß § 54 Abs 1 ZPO zu entbinden und das Gericht von einer Prüfungsmöglichkeit deshalb auszuschalten, weil sich der Beklagte, der die Hauptsache nicht bestreitet, am Verfahren nicht beteiligt, ist sachlich nicht gerechtfertigt und mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen.

Es bedarf jedoch nicht zwingend der Vorlage von Belegen, um dem Gericht die geltend gemachten Aufwendungen zu bescheinigen. Wer nämlich eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich hiezu aller Beweismittel - mit Ausnahme der eidlichen Vernehmung der Parteien - bedienen (§ 274 Abs 1 ZPO). Der Richter muss demnach von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Behauptung überzeugt werden (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 1 zu § 274). Zur Glaubhaftmachung von Tatsachenbehauptungen können - mit Ausnahme der ausdrücklich untersagten eidlichen Parteienvernehmung - sämtliche in der Zivilprozessordnung erwähnten paraten Beweismittel herangezogen werden.

Ausgehend von diesen Überlegungen erscheint es dem Rekursgericht auch ausreichend, wenn durch den - der Disziplinargewalt unterliegenden - Rechtsanwalt in der (elektronisch überreichten) Klage ausdrücklich bestätigt wird, dass die detailliert und konkret aufgeschlüsselten Befriedigungs- und Eintreibungshandlungen tatsächlich gesetzt wurden.

In einem solchen Fall kann das Gericht in ausreichendem Maße eine Überprüfung der geltend gemachten Inkassospesen auf deren Notwendigkeit vornehmen und wäre der Kläger damit der ihn treffenden Behauptungs- und Bescheinigungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen.

Vorliegendenfalls wurde in der Klage jedoch lediglich vorgebracht, dass der Ersatz der Kosten eines Inkassobüros bei Zahlungsverzug vereinbart worden sei, dass die Einschaltung desselben zweckmäßig und zur Rechtsverfolgung notwendig gewesen wäre und dass der Klagsvertreter erkläre, dass die als vorprozessuale Kosten geltend gemachten Inkassospesen der klagenden Partei tatsächlich entstanden seien und urkundlich nachgewiesen werden könnten. Damit ist jedoch der geforderten detaillierten Aufschlüsselung der - in nicht unbeträchtlichem Umfang - geltend gemachten Spesen keinesfalls Genüge getan und ist die Rekurswerberin ihrer Obliegenheit, diese konkreten fallbezogenen Behauptungen aufzustellen, nicht nachgekommen. Bereits aus diesem Grunde scheitert die Zuerkennung der begehrten Inkassospesen als vorprozessuale Kosten, sodass dem Rekurs, dessen Kosten die Rekurswerberin gemäß §§ 50, 40 ZPO selbst zu tragen hat, kein Erfolg beschieden sein kann.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung jedenfalls unzulässig.

Rechtssätze
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