JudikaturJustiz2R35/17p

2R35/17p – LG Feldkirch Entscheidung

Entscheidung
14. Februar 2017

Kopf

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Mahuschek und Hofrätin Dr. Ciresa als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei B***** P***** , vertreten durch HEINZLE NAGEL RECHTSANWÄLTE in Bregenz, gegen die beklagte Partei J***** H***** , vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, wegen Unterlassung, über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 416,26) gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 5. Dezember 2016, 8 C 206/15f-37, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die klagende Partei selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben, sondern der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe bestätig t, dass der Antrag der klagenden Partei auf nachträgliche Kostenbestimmung vom 25.10.2016 abgewiesen wird.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Die Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer der EZ ***** KG ***** (Wohnanlage ***** in *****). Mit ihrer am 21.4.2014 eingebrachten Klage hatte die Klägerin begehrt, den Beklagten zu verpflichten, die kurzfristige Vermietung seines Wohnungseigentumsobjektes zur Beherbergung von Monteuren zu unterlassen.

Das Landesgericht Feldkirch hat mit seinem Urteil vom 21.4.2016, 2 R 98/16a, der Berufung der Klägerin gegen das Ersturteil vom 27.1.2016 Folge und dem Klagebegehren in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung stattgegeben. Es hat ausgesprochen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 5.000,00, nicht jedoch EUR 30.000,00 übersteigt und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist.

Gegen das Berufungsurteil hat der Beklagte am 25.5.2016 die „außerordentliche“ Revision erhoben. Mit Beschluss vom 14.6.2016, 5 Ob 111/16h, wurden die Akten vom Obersten Gerichtshof dem Erstgericht mit der Begründung zurückgestellt, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige zwar EUR 5.000,00, nicht aber EUR 30.000,00, sodass keine außerordentliche Revision zulässig sei (§ 505 Abs 4 ZPO), sondern gemäß § 508 ZPO nur ein mit einer ordentlichen Revision verbundener Abänderungsantrag beim Berufungsgericht gestellt werden könne. Das Rechtsmittel des Beklagten wäre daher gemäß § 507b Abs 2 ZPO – auch wenn es als „außerordentliche Revision“ bezeichnet worden sei – dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Der Oberste Gerichtshof könne darüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz seinen Ausspruch dahingehend abgeändert habe, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei.

Mit Beschluss vom 17.11.2016 hat das Berufungsgericht den Antrag des Beklagten, den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das Urteil vom 21.4.2016, 2 R 98/16a, dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision für zulässig erklärt wird, sowie die ordentliche Revision zurückgewiesen.

Der Beklagte hatte aus Anlass seiner „außerordentlichen“ Revision am 25.5.2016 beim Verfassungsgerichtshof auf Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG gestützte Anträge auf Normenkontrolle eingebracht. Mit Beschluss vom 12.10.2016 hat der Verfassungsgerichtshof zur Zahl G 166-167/2016-7 die Anträge des Beklagten in nicht öffentlicher Sitzung als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Antrag vom 25.10.2016 begehrte die Klägerin beim Erstgericht den Zuspruch der ihr nachträglich entstandenen Kosten von EUR 1.248,00 (darin enthalten EUR 208,00 an USt) für ihre Äußerung vom 7.7.2016 im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zum Antrag des Beklagten auf Normenkontrolle. In ihrer Äußerung habe sie genau auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen, auf welchen der Verfassungsgerichtshof seine Zurückweisung stütze. Für den Antrag auf Kostenbestimmung begehrte die Klägerin Normalkosten nach TP 1 RAT.

In seiner Äußerung vom 15.11.2016 hat der Beklagte beantragt, der Klägerin für ihre nicht notwendige Stellungnahme keine Kosten, in eventu nur solche nach TP 2 zuzusprechen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht den Antrag der Klägerin auf Kostenbestimmung als verspätet zurückgewiesen. Die nunmehr begehrten Kosten seien der Klägerin bereits mit Einreichen ihrer Äußerung beim Verfassungsgerichtshof, somit im Juli 2016 entstanden und der nunmehr eingebrachte Antrag gemäß § 54 Abs 2 ZPO verfristet.

Gegen den Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Abänderungsantrag, den Beklagten zum Ersatz der Kosten von EUR 416,26 zu verpflichten.

Der Beklagte hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

Der Rekurs erweist sich im Ergebnis als unbegründet.

Rechtliche Beurteilung

1. Kosten, die in Verfahren vor Höchstgerichten zur Klärung prozessrelevanter Fragen aufgelaufen sind, sind meist nebenprozessuale Kosten, weil solche Verfahren auch während eines Zivilprozesses stattfinden können. Über solche Kosten, über die nicht von den Höchstgerichten abgesprochen wird, ist in der Kostenentscheidung des Zivilprozesses abzusprechen ( Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 387; vgl zu den Kosten des auf Antrag des Gerichts eingeleiteten Normenkontrollverfahrens [RIS-Justiz RS0036030] bzw des Verfahrens vor dem EuGH [RIS-Justiz RS0109758], auch Kohlegger in Fasching/Konecny³ II/1 Anh zu § 190 ZPO Rz 367 f).

Ein Kostenersatzanspruch ist für das Normenkontrollverfahren über Parteiantrag im VfGG nicht vorgesehen. Gemäß § 27 Satz 1 VfGG findet der Ersatz der Kosten des Verfahrens nur statt, wenn er in diesem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Es besteht selbst dann kein Anspruch der Antragsteller auf Kostenzuspruch durch den Verfassungsgerichtshof, wenn der Normenkontrollantrag erfolgreich wäre, die generelle Norm also aufgehoben wurde (VfGH G 450/2015 ua; Fichtenbauer/Hauer , Parteiantrag auf Normenkontrolle, Rz 163). Die Kosten einer Partei, die ihr in einem über Parteiantrag eingeleiteten Normenkontrollverfahren erwachsen, sind damit Sonderkosten, die im gerichtlichen Anlassverfahren nach Maßgabe des dort anzuwendenden Prozessrechtes bei der Kostenbestimmung zu berücksichtigen sein können ( Fichtenbauer/Hauer aaO; Reiter , Der Parteiantrag auf Normenkontrolle im zivilgerichtlichen Verfahren, 55 [60]; Rohregger , Der Parteiantrag auf Normenkontrolle im zivilgerichtlichen Verfahren („Gesetzesbeschwerde“), AnwBl 2015, 188 [198]).

2. Der Antrag der Klägerin auf nachträgliche Bestimmung der ihr im Normenkontrollverfahren auf Parteiantrag vor dem Verfassungsgerichtshof, also in einem Zwischenverfahren, entstandenen Kosten (§ 54 Abs 2 ZPO) ist am 27.10.2016 beim Erstgericht eingelangt.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung hatte das Berufungsgericht über die Berufung der Klägerin, aber noch nicht über den Abänderungsantrag des Beklagten nach § 508 ZPO entschieden. Ein Vorgehen gemäß § 423 ZPO durch das Berufungsgericht kommt allerdings schon mangels eines versehentlichen Übergehens eines Anspruchs nicht in Betracht (vgl 8 ObS 16/03s). Mangels nachträglicher Zulassung der Revision konnte auch keine Kostenergänzung im Revisionsverfahren erfolgen. Über den Antrag der Klägerin hat daher zutreffend das Erstgericht entschieden (RIS- Justiz RS0036076 [T 4]).

3. Die Partei, welche Kostenersatz anspricht, hat nach § 54 Abs 1 ZPO bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruches das Verzeichnis der Kosten samt den zur Bescheinigung der Ansätze und Angaben dieses Verzeichnisses etwa erforderlichen Belegen vor Schluss der der Entscheidung über den Kostenersatzanspruch (§ 52) unmittelbar vorangehenden Verhandlung, wenn aber die Beschlussfassung ohne vorgängige Verhandlung erfolgen soll, bei ihrer Einvernehmung oder gleichzeitig mit dem der Beschlussfassung zu unterziehenden Antrage dem Gerichte zu übergeben. Entstehen einer Partei nach diesem Zeitpunkt weitere Kosten, deren Ersatz sie von dem anderen Teil verlangen kann, so kann sie nach § 54 Abs 2 ZPO eine Ergänzung der Entscheidung über die Höhe der zu ersetzenden Kosten beantragen. Die Kosten sind binnen vier Wochen ab Entstehen mit Kostenbestimmungsantrag geltend zu machen.

Bei Verfahrensarten, in denen eine Verhandlung nicht zwingend vorgesehen ist, hat das Kostenverzeichnis gleichzeitig mit dem Antrag, über den entschieden werden soll, vorgelegt oder in den Antrag aufgenommen

zu werden ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny³ II/1 § 54 Rz 8). Hier ist es ratsam, alle Leistungen schon schrittweise (sukzessive) mit ihrer Vornahme zu verzeichnen, zB in jedem Schriftsatz. Auf die subjektive Kenntnis der Partei vom Zeitpunkt des Verzeichnungserfordernisses kommt es nicht an ( Obermaier aaO Rz 48 mwN). Bestehen die nachträglich entstanden Kosten in anwaltlichen Leistungen, so sind sie mit der Vornahme der kostenverursachenden Leistung entstanden ( Obermaier aaO Rz 92, 95), woraus das Erstgericht den rechtlichen Schluss gezogen hat, dass die Antragstellung der Klägerin hinsichtlich der bereits im Juli 2016 beim Verfassungsgerichtshof eingereichten Stellungnahme verfristet sei.

Im Rekurs vertritt die Klägerin demgegenüber den Standpunkt, die vierwöchige Frist des § 54 Abs 2 ZPO zur Verzeichnung der Kosten habe erst mit Zustellung der Entscheidung des Höchstgerichts zu laufen begonnen. Nach dem Rechtsstandpunkt des Erstgerichts wäre jede einzelne Anwaltsleistung, die in einem Verfahren bei den Höchstgerichten erbracht werde, jeweils gesondert beim Erstgericht zu verzeichnen. Das Erstgericht sollte aber zweckmäßigerweise über nachträglich entstandene Kosten erst nach Eintritt der Rechtskraft in der Hauptsache absprechen. Eine an den Grundsätzen der Prozessökonomie orientierte Auslegung des § 54 Abs 2 ZPO lasse die vierwöchige Frist des § 54 Abs 2 ZPO daher erst mit Zustellung der Höchstgerichtsentscheidung beginnen.

Sobald das Rechtsmittelgericht Kenntnis davon erlangt, dass beim Verfassungsgerichtshof ein

Parteiantrag auf Normenkontrolle eingebracht wurde, hat es mit dem Verfahren innezuhalten. Das Berufungsgericht hat daher im Verfahren 2 R 98/16a mit Beschluss vom 4.8.2016 ausgesprochen, dass mit der Fortführung des Berufungsverfahrens gemäß § 62a Abs 6 VfGG innegehalten wird. Das Rechtsmittelgericht darf bis zur Verkündung bzw Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nur solche Handlungen, Anordnungen oder Entscheidungen vornehmen bzw treffen, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten (§§ 57a Abs 6, 62a Abs 6 VfGG). Diese Regelung entspricht jener des § 62 Abs 3 VfGG für den Gerichtsantrag nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG.

In § 528b Abs 2 zweiter Satz ZPO ist ebenfalls ausdrücklich angeordnet, dass solche Handlungen, Anordnungen oder Entscheidungen, die die vorläufige Verbindlichkeit, Rechtsgestaltungswirkung oder Vollstreckbarkeit einer Entscheidung betreffen, nicht unter die Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnisse fallen und demnach ungeachtet der Antragstellung vorgenommen oder getroffen werden können.

Nach Einlangen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes über den Normprüfungsantrag ist das Gerichtsverfahren unverzüglich von Amts wegen – unter Berücksichtigung der durch den Spruch des Verfassungsgerichtshofes geschaffenen Rechtslage – fortzusetzen (§ 528b Abs 3 ZPO).

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist über die Kosten der Beteiligung an einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof über einen Gesetzesprüfungsantrag des Gerichtshofes anlässlich der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens abzusprechen (RIS-Justiz RS0036030 [T 2]). Der Entscheidung 9 ObA 212/93 ist zu entnehmen, dass die dortigen Kläger nach Beendigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof eine ergänzende Kostennote legten, über die der Oberste Gerichtshof inhaltlich entschieden hat.

Auch im Zusammenhang mit einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, bei welchem es sich auch um ein Zwischenverfahren handelt und eine nachträgliche Kostenbestimmung in Betracht kommt, akzeptiert der Oberste Gerichtshof ein nach Zustellung der Entscheidung des EuGH an die betreffende Partei – in der Zeit bis zum Datum seiner Folgeentscheidung – gelegtes ergänzendes Kostenverzeichnis. Das Oberlandesgericht Innsbruck fordert die Parteien dazu nach Rücklangen der Akten vom EuGH besonders auf ( Kohlegger in Fasching/Konecny³ II/3 Anh zu § 190 ZPO Rz 370, 373; vgl auch 8 ObA 69/13z).

Nichts anderes kann letztlich aber für den gesetzlich nicht geregelten Fall eines auf Parteiantrag eingeleiteten Normenkontrollverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof gelten, sodass – nicht zuletzt auch im Hinblick auf das gesetzlich angeordnete Innehalten des Rechtsmittelverfahrens bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs – bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Antragstellung nach § 54 Abs 2 ZPO bzw den Fristbeginn ebenfalls auf den Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes an die Parteien abzustellen ist.

Damit wurde vorliegendenfalls die vierwöchige Frist des § 54 Abs 2 ZPO bei Einbringung des Kostenbestimmungsantrags von der Klägerin gewahrt.

4. Zu prüfen bleibt, ob der von der Klägerin im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof eingebrachte Schriftsatz im Sinne des § 41 Abs 1 ZPO als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen ist, was Voraussetzung für seine Honorierung wäre.

Neben der antragstellenden Partei wird im Normenkontrollverfahren auf Parteiantrag den im Anlassverfahren vor dem ordentlichen Gericht beteiligten weiteren Parteien Parteistellung zuerkannt, sie werden nach der Praxis des Verfassungsgerichtshofs zur Stellungnahme zum Normenkontrollantrag aufgefordert ( Fichtenbauer/Hauer aaO Rz 127). Dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.20.1016 ist lediglich das Einlangen eines Schriftsatzes der Klägerin, nicht jedoch zu entnehmen, dass dieser Schriftsatz über Auftrag des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden wäre. Dies wird im Kostenbestimmungsantrag von der Klägerin auch nicht behauptet. Eine Honorierung erfolgt nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte regelmäßig nur dann, wenn die Äußerung über Aufforderung erstattet wurde (4 Ob 31/16m; VfGH B 265/2012). Mangels dieses Nachweise gebührt der Klägerin für ihre Stellungnahme daher kein Kostenersatz, selbst wenn sie zutreffend auf die Unzulässigkeit der Antragstellung des Beklagten hingewiesen hat. An diesem Ergebnis vermag auch die unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot erstmals im Rekurs erhobene Behauptung der Mutwilligkeit der Antragstellung des Beklagten nichts zu ändern.

Dem Rekurs ist daher kein Erfolg beschieden, sondern der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Antrag der Klägerin auf Kostenbestimmung abgewiesen wird.

Gemäß §§ 40, 50 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Feldkirch, Abteilung 2

Feldkirch, am 14. Februar 2017

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